Was bedeutet Leidensdruck/gibts Menschen,die nicht leiden können?

Hier können Sie Fragen zu Begriffen, Diagnosen und sonstigen Fachworten stellen, die einem gelegentlich im Zusammenhang mit Psychologie und Psychotherapie begegnen oder die Bedeutung von Begriffen diskutieren.
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mathilda1981
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Beitrag Fr., 05.07.2019, 15:54

candle. hat geschrieben: Fr., 05.07.2019, 15:44 Also ich habe deinen ersten Thread gelesen und habe den Eindruck, dass du noch nicht gewiss bist, ob du Therapie "verdient" hast oder machen darfst, ob alles schlimm genug ist...
Ja, damit hadere ich wirklich immer noch sehr stark

Ich danke dir für deine Worte

Lg Mathilda

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mio
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Beitrag Fr., 05.07.2019, 16:13

mathilda1981 hat geschrieben: Fr., 05.07.2019, 15:45 Ich bin auf der Suche danach, was mich daran hindert/was mir fehlt um die Dinge zu ändern.
Aber wenn das "Leidensdruck" ist, dann fehlt mir vielleicht einfach was anderes...
Setze Dich doch mal hinter Deinen Mann - oder lass ihn sich hinter Dich setzen und das beschriebene tun - und dann halte einfach nur Deine geöffnete Hand über seinen (Hinter)Kopf. Mit eben so viel Abstand, wie Du brauchst um sein Haar nicht zu berühren. Und dann versuche mal zu fühlen was passiert. Und lass ihn beschreiben, was passiert. Klingt vielleicht ein bisschen esoterisch, aber probier es ruhig mal.

Das irre ist nämlich: Da passiert was! Spürbar. Und das was da passiert, das ist Kontakt. Und ich glaube der fehlt Dir. Zu Dir selbst, zu anderen. (Was sich gegenseitig bedingt.)

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Claude
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Beitrag Di., 15.10.2019, 20:23

Kein Mensch leidet gerne.

Das wollte ich hier rein schreiben.

Vielleicht ist eines deiner Themen Mathilde auch: Wie viel Schmerz kann man zulassen zu fühlen und ertragen? Welchen Schmerz sollte man sich stellen, damit es einen auf lange Sicht besser geht? Geht es einen danach besser? Kommt die Erleichterung wenn man da durch ist?
Ist aber nur eine Vermutung.

Das Thema Leidensdruck ist für mich auch ein schwieriges Thema. Die Frage, die ich mir stelle ist nicht nur ob mehr Leidensdruck mir helfen würde, sondern auch ob zu viel Leidensdruck sich nicht negativ auf meine psychische Gesundheit auswirken würde. Und wenn ich weiß welcher Leidensdruck auf lange Sicht gut für mich ist, bin ich dann bereit mich diesen Leid des Leidensdruckes zu stellen? Habe ich den Mut, die Selbstdisziplin und den Fleiß dazu?

Auch gute Laune und Zuversicht kann ein Antrieb sein etwas zu tun. Die Freude darauf, etwas zu erreichen. Depressive haben keinen Antrieb weil sich ihre Seele schlecht fühlt.


sine.nomine
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Beitrag So., 10.11.2019, 23:24

Es gibt Menschen, die körperliche Schmerzen verschwinden lassen oder "wegatmen" können. Die haben dann, zumindest körperlich gesehen, keinen Leidensdruck.

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Waldschratin
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Beitrag Mo., 11.11.2019, 12:50

sine.nomine hat geschrieben:Es gibt Menschen, die körperliche Schmerzen verschwinden lassen oder "wegatmen" können. Die haben dann, zumindest körperlich gesehen, keinen Leidensdruck.
Soooo "einfach gestrickt" ist das nicht, schön wärs, wenns so wär.

"Wegatmen" hilft aushalten, ertragen und klarkommen damit.
Es kann lindern, also Schmerzreduktion bringen.
Wenn die Schmerzen durch sowas "verschwinden", dann wars vorher ein Problem der Verspannung und des Überbewertens, kanns leider nicht anders bezeichnen.

Der Leidensdruck ist Frage der Interpretation und wieviel Stress der Schmerz macht.
Stress bedeutet Schmerz immer und automatisch, kommt drauf an, ob mans irgendwie ausgeglichen bekommt, wenigstens zum Teil, wenn schon nicht ganz.
Geht das nicht mehr, dann macht der Stress den Leidensdruck.

Zu nem großen Teil "fabriziert" aber v.a. die eigene Interpretation die Stärke des Leidensdrucks.
Schmerz "darf" nicht sein, "soll" nicht sein, man denkt, man kann "erst wirklich leben/glücklich sein, wenn..." und dergleichen.
Claude hat geschrieben:Depressive haben keinen Antrieb weil sich ihre Seele schlecht fühlt.
Das ist mir zu pauschal betrachtet.
Erstmal gibt es ganz unterschiedliche Arten von Depression, und Depris können auch in "Schüben" verlaufen.
Manchen kann man vorbeugen durch entsprechende Lebensführung und ner gewissen Disziplin, anderen nicht, die "überfallen" einen einfach.

Sehr vielen Depressiven merkt man ihre Depression gar nicht an, die "funktionieren" in nem stinknormalen Alltag und Berufsleben, haben Hobbies oder sorgen für ihre Familie, und keiner kriegt was mit.

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Sinarellas
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Beitrag Mo., 11.11.2019, 15:07

Mal eingeworfen:
"Kein Mensch leidet gerne."
Stimmt nicht, ich kenne es von mir selbst und vielen anderen Menschen die mit psychischen Krisen konfrontiert waren. Manchmal ist der Weg des Leides ein sehr viel bekannterer Weg und somit ein wohlwollen eingeschlagener Weg, als der andere. Da kann man durchaus schonmal von "gerne leiden" sprechen.
Wenn ich "gerne leide" ist es ein Moment des "in die alte Welt zurück eintauchen" und ein "hier kenne ich mich aus, soweit fühle ich mich wohl", weil der Schmerz und das ganze Leid was es mitsich gebracht hat ein bekanntes Umfeld war. Ich kenne auch einen Menschen der das so von sich ebenfalls behaupten kann (männlich).

Schmerzen ansich kann ich durchaus verschwinden lassen. Gut das mag an der extrem ausgeprägten DIssoziationsfähigkeit liegen, ist aber trotzdem möglich. Dann kann ich bewusst es für eine Zeit X hinbekommen keinen Leidensdruck bei körperlichen Schmerzen zu spüren.
"Wenn die Schmerzen durch sowas "verschwinden", dann wars vorher ein Problem der Verspannung und des Überbewertens, kanns leider nicht anders bezeichnen."
Das kann ich nicht bestätigen.

Ich muss sagen, depressive Mitmenschen bemerke ich ziemlich schnell und eigentlich wenn man etwas darauf achtet, sind sie nicht so unsichtbar wie man meint. "Nicht mitkrigen" ist ein bewusstes Wegschauen und ein bewusstes Desinteresse oder auch eine verkrüppelte Empathiefähigkeit.
..:..

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Federchen
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Beitrag Fr., 29.11.2019, 08:29

Blume1973 hat geschrieben: Do., 04.07.2019, 06:18 Ich selbst behaupte von mir, ein „starker“ Mensch zu sein. Aber trotzdem weiß ich von mir, dass ich keinen Leidensdruck auf länger aushalte. Ich brauche/suche/möchte Veränderung, sobald ich unter einer Sache so richtig leide.
Das ist auch für mich hier einer der wichtigen Punkte. Leidensdruck führt bei mir zu Handlungsnot/druck/zwang. Und dann weiß ich, dass der "Leidensdruck" real und zu hoch ist. Das mit der Handlungsnot zieht sich bei mir durch das Leben. Bei der Angst vor Krankheiten führte der Druck letztendlich immer zum Googeln etc. In Beziehungen dagegen dazu, nachzuhaken, zu meckern, mich zu erklären, Hauptsache irgendetwas zu tun. Leidensdruck ist also bei mir einerseits vorhanden, wenn ich in alte Muster zurückfalle und in die "destruktive" Handlungsnot komme..

Aber Leidensdruck war auch bei mir vorhanden, als ich dann letztendlich in die Therapie gegangen bin, weil meine "Handlungsnot" im bisherigen Muster nicht zum Erfolg (Abnahme von Druck) geführt hat.

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Kim58
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Beitrag Fr., 13.12.2019, 15:47

Emily_Erdbeer hat geschrieben: Do., 04.07.2019, 14:08 Ich lese aus deinen Worten erhebliches Leiden.
Allerdings ist es abstrakt.
Höchstwahrscheinlich fehlt dir der Kontakt zu deinen Gefühlen.
Wenn ein Mensch nicht fühlt, leidet er auch nicht.
Du leidest, weil du nicht leiden kannst.
Dein Verstand sagt du solltest, aber es geht nicht.
Ist doch auch eine Form von Leid.
Korrigiere mich, wenn ich falsch liege. Ich möchte dir nix überstülpen.
Das kenne ich auch, glaube ich.
Ich finde es verdammt schwer, mir das einzugestehen und noch während ich schreibe, kommen mir Zweifel an der Wahrhaftigkeit meiner Worte.
Und in der Therapiestunde, dem Ort, an dem ich Unterstützung bekommen, anfangen könnte, erst recht.
Mit einem "Ja" zu meinem Leid wäre ich auch "offiziell" dafür verantwortlich. Müsste ich mich damit auseinandersetzen und die Konsequenzen daraus schultern. Das ist ein großer Schritt.
Und die Angst davor hat ja auch gute Gründe (gehabt?).

Wenn da bodenlose Angst ist, die Sorge, zu verschwinden, sobald ich "es" mir erstmal laut eingestehe, wenn ich vor Abschied zu vergehen glaube, aber genau darin so viel Neues erahne, dann weiß ich: es ist wahr.

Ich versuche das nicht zu vergessen.

Gruß,
Kim58

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Beitrag Sa., 14.01.2023, 01:22

Ich denke unter Leid fällt auch Selbsthass. Leid ist alles was sich ungut anfühlt aber nur schwer zu etragen ist und das Leben maßgeblich einschränkt. Jetzt sind diese Gefühle ja in unterschiedlicher Ausprägung vorhanden. Und wenn diese Gefühle noch zu etragen sind leidet man nicht genug um sich jetzt zum Beispiel mal verletzlich zu zeigen. Oder halt das zutun wovor man sich unbewusst drückt. Es sind ja die unbewussten Anteile die die Krankheit aufrecht erhalten. Dass man an die aber herankommt kann man nicht erzwingen. Oft muss man sich wirklich richtig richtig schlecht fühlen. Es muss so ein Druck an negativen Emotionen da sein dass die Verdrängung aufbricht. Leidensdruck. Narzisstem sind zum Beispiel sehr sehr selten in Therapie weil sie super in unsere Gesellschaft passen. Bis da mal druck von außen kommt und die narzisstische Welt zusammenbricht braucht es lange. Es ist selten genug Leidensdruck da. Es gibt in der Medizin oder in der Psychologie die Devise..bin mir da grad nicht sicher, hab das mal irgendwo aufgeschnappt... Dass Krankheit erst da ist umd behandelt werden soll wenn der Mensch leidet. Ich glaub das gilt eher für die Psychologie. Muss das noch mal nachlesen 🤔. Ich glaube es ging um die Definition von Krankheit. Finde ich ja ansich ein guter Ansatz. Das wirkt dem überschnellen pathologisieren endgegen.
Ich glaub es war ungefähr so: Symptome jeglicher "Krankheiten" sind nur Reaktionen auf die uns einwirkende Umwelt. In der Psychologie sind das dann in der Regel negative Erfahrungen die durch das Symptom versucht werden zu kompensieren. Beim Diabetes ist es der übermäßige Zuckerkonsum. Der Unterschied zu einer Reaktion unseres Körpers auf die Umwelt die ja immer irgendwie da ist ist ausschließlich das Leid das dadurch endsteht. Leidet der Patient nicht unter seinen Symptomen und kann er sein Leben so führen dass er zufrieden ist ist auch keine Krankheit im üblichen Sinne gegeben. Es gibt verschiedene Ansätze Krankheit zu definieren aber dies ist einer. Daher kann die Aussage des Therapeuten auch ganz neutral und wissenschaftlich gemeint sein. Vielleicht will er damit garnicht sagen : Hey mach weiter Therapie. Sondern wenn du damit leben kannst ist es ok. 🤷‍♀️

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