Bei mir wurde nie "offiziell" eine Essstörung diagnostiziert, aber ich habe schon immer ein Essverhalten, dass sehr stark von meinen emotionalen Zuständen beeinflusst wird (Stress, Frust, aber auch bei (Vor-)Freude). Ich esse dann regelmäßig viel zu viel (auch über längere Zeiträume) oder zu wenig bis gar nicht...
Es gibt Phasen, da hab ich regelmäßige Fress-Attacken, auch über längere Zeiträume. Im Laufe der Jahre hab ich mir ein paar Strategien zugelegt, um das zumindest ein bisschen besser zu regulieren, vielleicht hilft dir davon auch was weiter? Das ist klassische VT, ändert erstmal wenig am emotionalen Grundproblem, aber man gewöhnt sich ein anderes Verhalten an. Und das kann erstmal den Druck rausnehmen, bis man sich dem emotionalen Knäuel besser nähern kann...
Direkt aus dem Kühlschrank/aus dem Kochtopf/ aus der Packung etc. essen versuche ich zu vermeiden. (Klappt nicht immer, aber 6 oder 7 x von 10 und das ist ja auch schon mal was!) Stattdessen "gönne" ich mir eine Portion, die ich versuche, auf ein halbwegs "normales" Maß zu begrenzen. Diese Portion kommt auf den Teller, in ein Schälchen etc. und wird möglichst hübsch angerichtet, möglichst bewusst und mit Besteck gegessen (ok, Chips nicht unbedingt mit Besteck...), dh möglichst nicht nebenbei lesen, TV oder Handy. Sondern ich versuche, mich wirklich aufs Essen zu konzentrieren. Gründlich und ausgiebig zu kauen. Versuchen zu schmecken, was ich da esse - also klassische Achtsamkeitsübungen
Das alles bewirkt, dass ich das Tempo etwas rausnehme.
Eine zweite Maßnahme ist, dass ich mir ein Time-Out verordne, bevor es einen "Nachschlag" gibt. Dh eine weitere Portion ist nicht per se verboten, aber ich versuche, 10, besser 15 Minuten zu warten und eine Pause einzulegen. Das ist manchmal hart und klappt nicht immer. Weil der Drang einfach größer ist. Aber wenn ich die Pause hinbekomme, dann merke ich oft, dass ich nach der Pause gar nicht mehr so einen großen Drang habe. Vielleicht sogar total satt bin. Oder ich habe mich in der Pause so effektiv ablenken können, dass der unmittelbare Drang vorbeigegangen ist.
Und den Tipp von Candy finde ich auch wichtig. Im Grunde weiß man ja, was "vernünftige" oder "gesunde" Snacks sind. Die ungesunden Sachen scheinen aber das emotionale Grundbedürfnis "besser" zu befriedigen (nicht wirklich, aber irgendwie glaubt man selbst in dem Moment immer dran... hinterher ist es dann ja klar, dass es nichts besser macht, wenn man zuviel Schokolade gegessen hat, oder tütwenweise Chips...) Versuchen, sich auf die gesunden Sachen zu konzentrieren. Rohe Möhren finde ich prima, weil man da so intensiv kauen muss. Und ein Käsebrot, das ich langsam und bewusst esse, kann schon auch ein bisschen glücklich machen... Das verschiebt für mich irgendwas bzw. bekämpft es diesen Heißhunger-Fress-Flash.
Ganz wichtig: Für mich klappt es nicht mit "Verboten". Mir das Essen in solchen Momenten komplett zu verbieten, geht nach hinten los. Stattdessen versuche ich, diesen Ess-Anfall erstmal so stehen zu lassen, im Sinne "das ist jetzt gerade einfach so". Und dann versuchen, in diesem Moment mich möglichst für die "gesündere" Option zu entscheiden. Und vor allem das Tempo rausnehmen.
Mir hilft auch, das alles im Moment zu lassen. Also mir nicht vorzunehmen, ab heute/jetzt machst du (für immer) das Bessere, Gesündere. Da ist das Scheitern (und damit sich-Schlechfühlen) schon vorprogrammiert. Sondern zu sagen: Für heute. Für die nächsten 1-2 Stunden. Das ist überschaubar. Und wenn es nicht klappt, dann gibt es ein neues Heute mit einer neuen Chance.
Auf lange Sicht hat mir ein Selbsthilfebuch geholfen. Da gibt es Unmengen von, ich würde einfach mal in einen Buchladen gehen und in solchen Büchern blättern und dann einfach eins mitnehmen, das dich irgendwie (posititv) anspricht. Da sind oft Aufgaben drin. Gute Fragen zur Selbstbeobachtung: in welchen Situationen steigt bei mir der Essdruck? Worauf hab ich dann Hunger? Welches Bedürfnis steckt dahinter? Das mal systematisch zu beobachten, hat mir sehr geholfen, meinen eigenen Mustern da besser auf die Spur zu kommen, den jeder hat da ja andere Auslöser... Und so ein Buch bietet dir da eine gute Struktur. Das ist aber eher eine mittelfristige Geschichte....