Hallo zusammen,
ich habe vor einem halben Jahr eine 4-jährige tiefenpsychologische Psychotherapie abgeschlossen - ehrlicherweise massivst erfolgreich - ich hatte quasi keine Symptome mehr, eine wahnsinnige Sicherheit in mir selber und auch ganz neu gewonnenes Selbstbewusstsein und habe super starke und stabile Beziehungen. Diese Therapie hat mein Leben um 180 Grad gedreht.
Bescheuert ist nur, dass gerade der Abschied und das Therapieende mir nach dieser ewig langen Zeit eine höllische Angst eingejagt haben- ich kannte mein „neues Ich“ ja nur im Zusammenhang mit der Therapie. Außerdem ist mir meine Therapeutin in 4 Jahren sehr ans Herz gewachsen und das sagen vermutlich alle, aber ich hatte wirklich das Gefühl, dass wir schon außergewöhnlich gut zusammengepasst haben. Es gab in 4 Jahren kaum Konflikte, wir haben beide NIE einen Termin abgesagt, wir sind bis in die letzten Tiefen abgetaucht und haben uns dabei blind verstanden. Sie hatte genau dieselbe Art wie ich, Gefühle zu verstehen, wenn man versteht was ich meine. Ohne diese Top-Qualität der Beziehung hätte das ganze wohl nie funktioniert. Ich wollte aber auch wirklich aus ganzem Herzen an meinen Themen arbeiten.
Folgendes Problem - da ich ursprünglich mit Zwangsgedanken zu kämpfen hatte, gehört es irgendwie immer zu mir, mich massivst in Dinge hineinzusteigern, so auch in das Therapieende. Ich wollte unbedingt vorher die Sicherheit haben, dass es ohne Therapie klappt und hab dummerweise damit wirklich alles verschlimmert. Ich hab mir versucht die Sicherheit bei anderen Menschen zu suchen, von denen ich wusste, dass ich sie von ihnen nicht kriegen kann, weil ich Panik hatte, sie in mir selbst zu suchen. Das war so bescheuert, dass sich meine Symptomatik zum Ende total verschlimmert hat, einfach nur weil ich einfach einen dreifachen Boden Sicherheit wollte. Dann ist mir in der vorletzten Therapiestunde was total unangenehmes passiert - ich war so verzweifelt, dass ich, als ich mein verheultes Taschentuch in den Mülleimer geworfen hab, den Mülleimer genommen hab und ihn, anstatt ihn sanft aufzustellen, genommen habe, und richtig mit Wumms auf den Boden gehämmert habe. So ein total unkontrollierte Verzweiflung. Meine Therapeutin hat selbstverständlich genauso reagiert wie ich es mir gewünscht habe, also verständnisvoll und irgendwie wusste ich, dass sie so reagieren wird, sonst wär mir das auch nicht passiert, aber ich glaube sie war auch ehrlicherweise ein bisschen überfordert damit, wie sehr mich dieses Therapieende zur Verzweiflung getrieben hat. In diesen 4 Jahren war ich wohl vermutlich normalerweise unkompliziert und vor allen Dingen kontrolliert - ich schäme mich sehr für diesen „Ausbruch“, obwohl ich es wahrscheinlich nicht müsste. Ich war einfach impulsiv und ich hasse nichts mehr als impulsiv zu sein, normalerweise verhindere ich das sehr gekonnt in Beziehungen, weil es mein Selbstbild sehr triggert.
Nun ja, die Wochen nach dem Therapieende hatte ich so sehr das Gefühl des Sicherheitsverlustes, dass ich emotional gesehen wirklich super labil, also wirklich an meinem emotionalen Tiefpunkt (Zwangsgedanken ohne Ende, nur geweint und lauthals geheult und meine Verzweiflung lauthals verkündet) war, habe mich dann sogar noch 3 mal sehr verzweifelt bei meiner Therapeutin gemeldet - ziemlich genau 8 Wochen lang bis ich mich zusammengerissen hab, gemerkt hab, dass ich es jetzt alleine packen muss und mich getraut hab, alles alleine anzuwenden. Ehrlicherweise hat das auch sehr gut geklappt, jetzt , 4 Monate später bin ich so stabil wie nie, weil ich einfach merke, dass diese Sicherheit in mir liegt und ich wirklich richtig selbstbewusst bin. Das einzige was an mir knabbert, ist dieses holprige Ende - warum bin ich da so durchgedreht? Ich wünschte, ich könnte die Zeit zurückdrehen. Wie ich das Ende gehandhabt habe ist mir so unangenehm, so viel Drama und Verzweiflung und am Ende war es komplett unnötig. Hatte sogar nochmal ein „Kontrollgespräch“ bei meiner Therapeutin vor Kurzem, sie war sichtlich froh, dass ich mich doch so gefangen habe und alles doch so gut läuft, wie sie es erwartet hat, aber im Winter hab ich sie glaube ich auch richtig dolle verzweifeln lassen, weil sie damit in dieser Intensität nicht gerechnet hatte. Normalerweise kann ich mit Abschieden leben, die Trennung von meinem Ex-Freund hat mich nicht ansatzweise so umgehauen wie das. Da hab ich nochmal richtig gemerkt, wie instabil ich werden kann, was mich ärgert und beschämt. Und ich hasse es, dass ich immer noch jeden Tag an sie denke und so eine schreckliche nostalgie fühle, wenn ich an die Zeit zurückdenke.
Danke fürs Lesen erstmal- das war viel Chaos aus meinem Kopf. Habt ihr Gedanken dazu, habt ihr Ideen, wie ich damit umgehen kann, dass es so chaotisch lief alles und wie ich das in Zukunft verhindern kann? Und wird das vermissen nochmal besser oder muss ich damit leben?
LG
Holpriges Therapieende
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Willkommen im Leben, Julia04097 !
Zum Leben gehören Licht und Schatten und bei dir selbst ganz unterschiedliche Seiten.
Dir hätte am Ende deiner Therapie nichts Besseres passieren können. Obwohl du dich hast hineinfallen lassen in deine innere Verzweiflung, in Ängste und ins (scheinbare) Versagen, obwohl du impulsiv warst, was ja das Schlimmste für dich zu sein scheint - es ist nichts Schlimmes passiert. Es war gut so.
Du hattest die Möglichkeit, dich mit deiner „schlimmen Seite“ zu zeigen - und es ist in Wirklichkeit nichts Schlimmes passiert. Für deine Therapeutin war es völlig in Ordnung.
Du selbst haderst noch damit. Aber ehrlich - ist es nicht viel schöner, sich vergewissert zu haben, dass auch das für dich Schlimmste, dein impulsives „Versagen“, am Ende kein anderes Verhalten provoziert hatte?
Du hast dich auf diese Weise vergewissern können und hast dir Sicherheit mitgenommen ins eigene Leben. Du bist kontrolliert in Ordnung, du bist aber auch unkontrolliert und impulsiv in Ordnung. Licht und Schatten. Beides eben.
Ein schöner Abschied, finde ich.
Zum Leben gehören Licht und Schatten und bei dir selbst ganz unterschiedliche Seiten.
Dir hätte am Ende deiner Therapie nichts Besseres passieren können. Obwohl du dich hast hineinfallen lassen in deine innere Verzweiflung, in Ängste und ins (scheinbare) Versagen, obwohl du impulsiv warst, was ja das Schlimmste für dich zu sein scheint - es ist nichts Schlimmes passiert. Es war gut so.
Du hattest die Möglichkeit, dich mit deiner „schlimmen Seite“ zu zeigen - und es ist in Wirklichkeit nichts Schlimmes passiert. Für deine Therapeutin war es völlig in Ordnung.
Du selbst haderst noch damit. Aber ehrlich - ist es nicht viel schöner, sich vergewissert zu haben, dass auch das für dich Schlimmste, dein impulsives „Versagen“, am Ende kein anderes Verhalten provoziert hatte?
Du hast dich auf diese Weise vergewissern können und hast dir Sicherheit mitgenommen ins eigene Leben. Du bist kontrolliert in Ordnung, du bist aber auch unkontrolliert und impulsiv in Ordnung. Licht und Schatten. Beides eben.
Ein schöner Abschied, finde ich.
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- sporadischer Gast
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Vier Jahre Therapie und ohne Konflikte? Das bindet emotional natürlich, aber nach dem Therapieende kommt die Bewährungsprobe, die Bindungsgefühle langsam abzubauen, was man ja nur allein ohne Therapeut machen kann, und allmählich allein ohne die Bindungsgefühle selbstständig leben zu können, auf eigenen Beinen zu stehen. - Viel Erfolg wünsche ich dir dazu!julia04097 hat geschrieben: Mi., 26.03.2025, 00:08 Habt ihr Gedanken dazu, habt ihr Ideen, wie ich damit umgehen kann, dass es so chaotisch lief alles und wie ich das in Zukunft verhindern kann? Und wird das vermissen nochmal besser oder muss ich damit leben?

Hallo Julia,
schön, dass du so eine gute Therapieerfahrung gemacht hast.
Aber: Du bist sicher nicht "in die letzten Tiefen abgetaucht". Denn dann würdest du nicht das berichten, was du hier schilderst. Zum Beispiel: Wenn du es noch "brauchst", im realen Leben auszurasten, dann hast du in der Therapie enorm viel (unbewusst) zurückgehalten - wahrscheinlich auch, um die gute Beziehung zu deiner Therapeutin (aus deiner Sicht) zu "schützen". Was aber leider genau das verhindert, in Bereiche vorzudringen, die es ermöglichen, tatsächlich erwachsen und im besten Sinne unabhängig zu werden. Falls dein angegebenes Alter stimmt, wäre das auch noch viel zu früh und es ist enorm viel Potential da. Wichtig wäre dafür aber, eine Therapeutin nicht zu überhöhen!
Gruß alatan
schön, dass du so eine gute Therapieerfahrung gemacht hast.
Aber: Du bist sicher nicht "in die letzten Tiefen abgetaucht". Denn dann würdest du nicht das berichten, was du hier schilderst. Zum Beispiel: Wenn du es noch "brauchst", im realen Leben auszurasten, dann hast du in der Therapie enorm viel (unbewusst) zurückgehalten - wahrscheinlich auch, um die gute Beziehung zu deiner Therapeutin (aus deiner Sicht) zu "schützen". Was aber leider genau das verhindert, in Bereiche vorzudringen, die es ermöglichen, tatsächlich erwachsen und im besten Sinne unabhängig zu werden. Falls dein angegebenes Alter stimmt, wäre das auch noch viel zu früh und es ist enorm viel Potential da. Wichtig wäre dafür aber, eine Therapeutin nicht zu überhöhen!
Gruß alatan
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- sporadischer Gast
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Ich glaube, Nostalgie ist erstmal etwas Normales. Schadet es dir, dass du jeden Tag an sie denkst? Oder kannst du dich trotzdem auf dein Leben außerhalb dieser Therapie fokussieren? Denn du schreibst, dass du so selbstsicher wie noch nie bist und stabile Beziehungen aufgebaut hast. Das ist doch eine stabile Basis, oder?
Wahrscheinlich schämst du dich für den Ausbruch, weil du sonst in der Therapie kontrolliert warst. Weil es eine Seite von dir gezeigt hat, die du vielleicht nicht zeigen wolltest. Ich finde deine Verzweiflung nachvollziehbar. Dass du wütend über das Ende warst, ist eine verständliche Reaktion. Deine Therapeutin hat das ja sicherlich auch nachvollziehen können. Vielleicht kannst du es versuchen zu akzeptieren.
Wahrscheinlich schämst du dich für den Ausbruch, weil du sonst in der Therapie kontrolliert warst. Weil es eine Seite von dir gezeigt hat, die du vielleicht nicht zeigen wolltest. Ich finde deine Verzweiflung nachvollziehbar. Dass du wütend über das Ende warst, ist eine verständliche Reaktion. Deine Therapeutin hat das ja sicherlich auch nachvollziehen können. Vielleicht kannst du es versuchen zu akzeptieren.
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Thread-EröffnerIn - neu an Bo(a)rd!
, 20
- Beiträge: 1
SpaceOddity hat geschrieben: So., 30.03.2025, 11:29 Ich glaube, Nostalgie ist erstmal etwas Normales. Schadet es dir, dass du jeden Tag an sie denkst? Oder kannst du dich trotzdem auf dein Leben außerhalb dieser Therapie fokussieren? Denn du schreibst, dass du so selbstsicher wie noch nie bist und stabile Beziehungen aufgebaut hast. Das ist doch eine stabile Basis, oder?
Wahrscheinlich schämst du dich für den Ausbruch, weil du sonst in der Therapie kontrolliert warst. Weil es eine Seite von dir gezeigt hat, die du vielleicht nicht zeigen wolltest. Ich finde deine Verzweiflung nachvollziehbar. Dass du wütend über das Ende warst, ist eine verständliche Reaktion. Deine Therapeutin hat das ja sicherlich auch nachvollziehen können. Vielleicht kannst du es versuchen zu akzeptieren.
Danke erstmal - ich bekomme meinen Alltag eigentlich prima hin & bin die meiste Zeit zufrieden. Allerdings scheint es mich doch schon sehr zu stören, dass ich meine Therapeutin immer noch auf ein Podest stelle, sie immer noch so sehr idealisiere. Habe das Gefühl, hier nicht ganz in der Realität angekommen zu sein, manchmal bin ich sogar regelrecht neidisch auf sie… Irgendwas in mir scheint diese Ideale Bezugsperson noch zu brauchen (also nur in meinen Gedanken) und das stört mich einfach, weil es mich unnötig traurig macht.
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