2013 wurde bei mir eine Dissoziative Störung diagnostiziert.
Ich hab keine Freunde- hatte ich noch nie. Meine Familie hat sich auf meine Eltern und meine Kinder beschränkt und dann gibt es noch meinen Ex.
Meine Persönlichkeit war schon immer eine Katastrophe und seit meiner Diagnose weiß ich auch warum. Früher hatte ich teilweise gar keine Erinnerung daran, was ich stunden- oder tagelang gemacht habe. Teilweise hatte ich auch eine verschwommene Vorstellung davon, welche einem Traum glich, an den man sich nur schemenhaft erinnert. (Diese Wahrnehmung habe ich aktuell ständig)
Diese Tatsache ist ziemlich blöd, denn auch meine Träume sind immer schon hyperrealistisch. Meistens knüpfen sie an ein tatsächliches Erlebnis an aber mit leichten bis schweren Abweichungen.
Da noch den Überblick zu behalten ist wirklich schwer. Wurde ich tatsächlich auf der Party vergewaltigt? Hab ich die Beziehung zu meinem Verlobten wirklich beendet? Hab ich ihn tatsächlich mit seiner Kollegin im Bett erwischt? Hab ich wirklich ein Baby, dass ich später von der Oma abholen soll?! Mittlerweile kann ich mit bestimmten Hilfestellungen relativ sicher heraus finden, was real war und was nicht. Ab und zu muss ich auch jemanden dazu befragen, was oft nicht gut ankommt
Und wenn man dann auch noch einen Psychopathen als Partner hat, der diesen Zustand schamlos ausnutzt,... Dann ist man wohl ich.
Ich hasse mein Leben. Zumindest die meisten Ich's von mir. Es gibt da nämlich auch die Party-Queen, die ich-ganz ehrlich- am allerliebsten wäre, denn sie ist frei. Doch leider kommt sie nur sehr kurzfristig raus, meistens wird sie nämlich schnell wieder vertrieben, sobald mich etwas triggert und das sind ziemlich viele Dinge. Von Gerüchen, zu Geräuschen, Orte, bestimmte Wörter, bestimmte Gefühle, etc.
Ich hab sogar ein suizidales Ich, das wird dann immer besonders spannend, ob wir das Überleben. Sie kommt bei Verlustängsten zum Vorschein oder wenn ich Mal wieder hintergangen oder belogen werde.
Ich hab auch ein ziemlich aggressives Ich, welches sich bei den selben Triggern zeigt. Diese beiden sind furchtbar anstrengend, denn sie ruinieren alles.
Dann hab ich noch ein Ich, welches ich schwer beschreiben kann. Es ist fies, sarkastisch, selbstsüchtig, unzufrieden. Es ist da, wenn ich im Stress bin.
Und dann bin ich noch "Ich", also ich denke jedenfalls, dass ich immer nur so gewesen wäre, wäre ich normal aufgewachsen. Dieses Ich fühlt sich am angenehmsten und am "richtigsten" an, denn es ist liebevoll, lustig, verständnisvoll, energiegeladen, produktiv,...
Ein Leute-Magnet. In den wird sich verliebt, mit dem möchte jeder befreundet sein. Diesem Ich vertraut jeder.
Ich erlebe diesen Teil ca. einmal im Monat für wenige Stunden... Das kommt auf mein Umfeld an und wie sehr meine anderen Ich's die Beziehungen und unser Leben während meiner Abwesenheit zerstört haben.
Mein Partner hat sich vor kurzem endgültig von mir getrennt..er sagte, er empfindet nichts mehr für mich. Ich bin eifersüchtig, aggressiv, langweilig, anstrengend, etc. Ja, das bin ich alles wirklich. Aber ich kann es nun mal nicht abstellen oder kontrollieren und ich weiß ehrlich gesagt nicht so richtig was ich genau getan habe, dass es zu einer Trennung kommen konnte. Da ich viele Dinge nicht miterlebt habe, weiß ich auch nicht mehr wem ich vertrauen kann, was real ist und was nicht. Es fühlt sich an wie eine Serie, von der es täglich neue Folgen gibt, aber man nur jede 8. auch tatsächlich sieht. Alles was dazwischen passierte, muss man sich selbst zusammen reimen.
Mein (Ex-) Partner und ich haben Kinder. Wir haben uns eine gemeinsame Wohnung genommen. Wir haben uns sogar das selbe Tattoo stechen lassen, weil wir doch Seelenverwandt sind... und jetzt bin ich hier- drei Jahre später. Am Ende meiner Nerven, weil ich nicht mehr weiß was real ist und was nicht.
Ich hab schon viele Therapien versucht, doch keiner scheint zu kapieren, was da in mir los ist. Und vorallem ist es schwer, wenn die Partyqueen wichtige Termine absagt, weil sie lieber durch die Wohnung tanzen möchte und sich soo gut fühlt, dass sie keine Therapie braucht. Und dann kommt mein suizidales ich, das plötzlich Panik bekommt, weil alles den Bach runter geht und meldet sich einfach nicht mehr bei der Therapeutin, und dann kommt mein Fieses-Ich, dass ihr Dinge unter der Gürtellinie schreibt.
Ich verliere alles. Meinen Seelenverwandten, meine Kinder, mein Zuhause, mein Leben.
In einem Monat hab ich einen Termin bei einer neuen Psychologin... ich hoffe auf eine ordentliche Behandlung und vielleicht eine Kur, Reha oder so.
