Erste Therapie - Angst sich zu öffnen...

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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afog
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Erste Therapie - Angst sich zu öffnen...

Beitrag Fr., 23.11.2018, 16:44

Hi,

ich bin vor ca. 8 Wochen nach einigen körperlichen Beschwerden, Krankschreibungen in welchen ich tagelang nichts tun konnte, extremen Stimmungsschwankungen und wiederkehrenden Suizid Gedanken im Gespräch mit meinem HA dazu gekommen, dass ich Unterstützung benötige. Mein HA hat das ganze nicht so ernst gesehen, da ich ja durchaus sehr "aufgeweckt" wirke. Dabei bin ich nicht auf die Suizid Gedanken eingegangen, da ich mich davor irgendwie schäme... Ich habe sehr zügig, die ersten 3 Gespräche wahrnehmen können, da ich zeitlich sehr flexibel bin. Meine Frau weiß davon, dass ich in Therapie bin, wir reden auch darüber (wenn auch nicht über alles, da ich Sie nicht zu sehr belasten möchte und sie selber bereits Depressionen hatte) und meine bisherigen Erkenntnisse.

Nun hatte ich meine 4 Stunde und in der nächsten Stunde wird ein "Fragebogen" mit grundlegenden Themen über mich besprochen - ich habe Angst! Ich habe Angst davor mich richtig zu öffnen und die unterschiedlichen Gedankenwelten von "meinen" Strängen "preis zu geben". Ich habe starke Stimmungsschwankungen, fühle oft "nichts" - habe kaum/keine Empathie und Mitgefühl, wo hingegen an einem anderen Tag / Woche wieder alles normal ist. An anderen Tagen kommt dieses nicht fühlen hoch, ich habe Schuldgefühle, muss wegen vielen Dingen Weinen und mich nicht selten auf Arbeit auf Klo einschließen, da ich einen Heulkrampf bekomme. Genau das ist mein Problem, ich merke wie ich mich während bzw. vor der Therapiestunde darauf einstelle "fröhlicher" zu sein, da es Themen/Gefühle in mir gibt die mich selber "spalten", da ich diese "Handlungen" und "Gedanken" von mir nicht kannte. Meine Mutter ist zudem noch schwer erkrankt, es geht in der Therapie auch um meine Kindheit und hauptsächlich um meine Mutter. Das Schlimme ist, ihre Erkrankung.. es lässt mich total kalt. :-(( Ich weiß auch, dass ich dann zu einem späteren Zeitpunkt wieder um so mehr spüre/empfinde. Hass auf mich selber, warum ich in manchen Situationen nichts empfinde.

Mein Problem ist, dass ich merke, wie ich mich nicht wirklich öffnen kann. Ich empfinde scham/angst vor meinen eigenen Gefühlen. Meine Frage daher, ging es jemanden ähnlich? Kann mir jemand Tipps geben? Möchte ich zu schnell von mir selbst etwas?

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shesmovedon
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Beiträge: 2203

Beitrag Fr., 23.11.2018, 16:49

Naja, du hast nur ein begrenztes Kontingent und du willst Hilfe. Dazu gehört eben auch sich zu öffnen.
Mir half damals, dass ich bewusst entschied zu vertrauen.
Versuch es vielleicht mal mit einer bewussten Entscheidung.
Schämen musst du dich nicht!


Jenny Doe
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Beiträge: 5037

Beitrag Fr., 23.11.2018, 17:02

Hallo afog
Mein Problem ist, dass ich merke, wie ich mich nicht wirklich öffnen kann. Ich empfinde scham/angst vor meinen eigenen Gefühlen.
Du könntest Deine Therapie mit dem Thema "Ich kann mich nicht öffnen" beginnen. Du könntest zusammen mit deiner Therapeutin an den Themen Angst/Scham arbeiten, so dass du schließlich beides überwinden kannst und Du es schließlich schaffst Dich deiner Therapeutin zu öffnen und über die Theme zu reden, die dich belasten.
Ich stimme Schlendrian zu. Schämen musst Du dich nicht.
Lerne aus der Vergangenheit, aber mache sie nicht zu deinem Leben. Wut festhalten ist wie Gift trinken und darauf warten, dass der Andere stirbt. Das Gegenstück zum äußeren Lärm ist der innere Lärm des Denkens.

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Montana
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Beiträge: 3360

Beitrag Fr., 23.11.2018, 18:55

Damit wärst du auch schon mittendrin im Thema, denn dein Nicht-Fühlen hängt damit ja zusammen. Du schämst dich ja viel zu sehr und hast zu viel Angst um deine Gefühle zuzulassen. Dass sie dich dann irgendwann überrennen (z.B. Heulattacken) ist normal. Du hast den Umgang mit deinen Gefühlen wahrscheinlich nicht gelernt. Das ist eine wichtige Entwicklungsaufgabe in der frühen Kindheit, die nur mit feinfühliger Unterstützung durch die nächsten Bezugspersonen gelingt. Kein Wunder, dass du mit der Erkrankung deiner Mutter schwer umgehen kannst. Du kennst die gesellschaftlichen Normen, die verlangen, dass du mitleidest und dich kümmerst. Aber wenn du das nicht selbst so fühlst (oder es in einem Moment nicht zulassen kannst, es zu merken, weil das Gefühl zu stark ist), dann hat das seine Berechtigung. Und das ist weder gut noch schlecht. Das ist so. Gefühle sind.

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Ghost Rider
Forums-Insider
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Beiträge: 236

Beitrag Fr., 23.11.2018, 22:38

Hallo afog,
erst einmal herzlich Willkommen hier bei uns im PT Forum! :jo:

Ich selber finde es gut, dass Du Dich hier im Forum so offen mitteilen kannst und Dir Deine Probleme/Schwierigkeiten selber so klar bewusst sind. Ich finde auch Deine Ausdrucksweise sehr interessant, Du scheinst Dich selber auch relativ gut zu kennen...

Du schreibst das Du Angst hast. Welches Gefühl hast Du generell von Deiner Therapeutin? Wirkt sie auf Dich vertrauenswürdig (allgemein)? Hast Du Angst was sie dann macht oder wie dann reagiert wenn Du ihr Deine Gedanken mitteilst? Hast Du generall Angst Dich mit Deiner Gefühlswelt auseinanderzusetzen? Was ist genau Deine Angst bzw. wovor fürchtest Du Dich so sehr...?

Hmm, Deine Situation stelle ich mir recht schwierig vor. Du schreibst, dass Deine Frau an Depressionen leidet und Du sie nicht zusätzlich belasten willst. Geht sie auch in einer Therapie? Das musst ja Dich auch belasten, würde ich unbedingt auch im Laufe der Therapie ansprechen...

Vor Dir liegt ein langer Weg. Aber jeder große Weg fängt mit einem einzigen Schritt an. Es ist wirklich lobenswert das Du Dich nach einer Therapeutin erkundigt hast und eine Therapie begonnen hast. Ich hoffe Du kommst voran, und nutze das Forum, wenn es Dir gut tut.

Liebe Grüße,
Ghost Rider
"You don't kill yourself, stupid; you make revolution." hat Patch Adams zu sich selbst gesagt.
*~*~*~*
"Die schlimmste Armut ist Einsamkeit und das Gefühl, unbeachtet und unerwünscht zu sein." (Mutter Teresa)

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joey23
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Beitrag Mo., 26.11.2018, 21:23

Hi afog,

auch ich möchte mich zuerst einmal bei Dir bedanken. Und zwar für Dein Vertrauen, Dich hier geöffnet zu haben mit Deinen Gedanken, Deiner Angst und Deinen Fragen an uns.
Und das, obwohl Du Dich schämst und Angst vor Öffnung hast! Das finde ich wirklich beachtlich. Mein Respekt!

Zu Deinen Fragen:
Auch mir fiel es ganz besonders bei Beginn mit der ersten Therapeutin vor vielen Jahren sehr schwer, mich zu öffnen. Selbst jetzt bei meiner neuen Therapeutin empfinde ich immer mal wieder Scham, wenn ich von Gefühlen, besonders Traurigkeit aus Verlassenheitsempfinden oder manchmal auch nur, wenn sie mich ansieht, erfüllt bin.
Dazu kann dann noch Angst vor Verlust von Kontrolle über meine Gefühle kommen.

Es braucht seine Zeit, um sich öffnen zu können. Voraussetzung ist doch, dem Gegenüber vertrauen zu können. Zumindest so weit, dass man es wagen kann, mal ein klitzekleines bisschen die Scham zu überwinden. Vertrauen kann nur entstehen, das kann man ja nicht einfach so herstellen, geschweige denn erzwingen.
Und, hej, Du hattest erst VIER Sitzungen bei dieser ja noch recht fremden Frau!
Es ist doch überhaupt schon ein Riesenschritt, eine Therapie begonnen zu haben.
.
Seine emotional behafteten Themen zu beleuchten und Schmerzhaftes zu verarbeiten, ist ein Prozess und keine Hauruck-Aktion. Das würde nur weiteren Schaden anrichten.

Ich möchte Dich dazu ermutigen, erst einmal Deine Therapeutin machen zu lassen. Also ihre Einladungen abzuwarten, worüber Du sprechen möchtest, ob und in welchem Umfang Du ihre Fragen beantworten möchtest und vor allem kannst. Erst einmal geht es darum, sich auf ein gemeinsames Gespräch quasi einzulassen, vielleicht auch mal über etwas Smalltalk... zum Warmwerden.... zum ersten Ankommen. Eure Beziehung muss doch erstmal aufgebaut werden. Ihr lernt Euch beide (!) kennen. Es gibt da den Raum, dass in Dir langsam, ganz langsam über kleine Momente, in denen Du Dich verstanden und gesehen fühlen kannst, Vertrauen in Deine Therapeutin entstehen kann. Und so auch allmählich in Dir. Vertrauen ist etwas Fließendes zwischen zwei Menschen, eine Art Geben und Nehmen. Und alles ganz behutsam, denn Du bist ja schon verletzt worden. Da ist das Achten auf und Wahren von Grenzen noch wichtiger als ohnehin.

Und... Scham, wie schon geschrieben, läuft bei mir zwischendrin nach wie vor mit. Und bei anderen auch. Ja, es ist leicht zu sagen, dass Du Dich doch nicht zu schämen brauchst. Doch es ist ein Gefühl, das in Dir entsteht, und es ist da. Wie Montana schon schrieb, Gefühle sind "einfach" da. An ihnen gibt es nichts zu bewerten. Von daher lass die Scham da sein. Deine Therapeutin wird das verstehen und sicherlich entsprechend behutsam auf Dich eingehen.

Ich weiß, es ist leichter gesagt als getan, doch versuche, Dich nicht selbst zu drängen, zu überholen. Gibt Dir Zeit und lass Deinen Prozess "einfach" laufen. Jede*r hat seine eigene, ganz individuelle Geschwindigkeit. Und so ist es gut.

Ich wünsche Dir Mut, Dich auf Dich einzulassen, und Geduld.
Liebe Grüße
joey
:tippen: Ich bitte um Geduld. Ich übe mich gerade darin, eine Kurzschreiberin zu werden.
**********************************************************
"Ich setzte einen Fuß in die Luft
und sie trug."

(Hilde Domin)

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joey23
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Beitrag Do., 29.11.2018, 14:11

Hallo afog,

ich denke zwischendurch mal an Dich und frage einfach mal direkt:
Hattest Du schon den Termin, in dem dieser Fragebogen anstehen sollte? Falls ja, wie ist es Dir ergangen?

Lieber Gruß
joey
:tippen: Ich bitte um Geduld. Ich übe mich gerade darin, eine Kurzschreiberin zu werden.
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"Ich setzte einen Fuß in die Luft
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(Hilde Domin)

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afog
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Beitrag Fr., 16.04.2021, 00:19

Hallo,

es ist einige Zeit her, die Therapie ist bereits seit einigen Monaten beendet, da es mir wieder besser geht und ich viel über mich gelernt habe und über Situationen und meinen Umgang damit.

Mich hatte es Überwindung gekostet hier zu schreiben, aus diesem Grund wollte/konnte ich nicht antworten. Mir ging es danach noch schlechter als zu dem Zeitpunkt wo ich hier geschrieben habe. Teile von mir konnten sich nicht öffnen, aber anscheinend war ein gewisser Teil ausreichend um etwas zu bewirken.

Aktuel geht es mir Phasenweise nicht sehr gut, anders als damals. Ich habe einige (Fach)Bücher gelesen und stoße in meinen Verhaltensweisen immer wieder auf das Thema Asperger Syndrom, sowie bekomme ich beruflich und im privaten Umfeld oft den "Nerd Stempel" verpasst. Wir hatten in der Therapie nie eine "Diagnose" besprochen, zum damaligen Zeitpunkt ging es laut meiner Therapeutin um eine tiefe Depression, was es nun war/ist war für mich zu dem Zeitpunkt unwichtig. Ich merke jedoch mal wieder, dass ich auffällig anders bin und immer wieder - egal was ich in der Therapie und danach gelernt habe an Grenzen stoße, wo aus meiner Sicht andere/normale Personen keine "Herausforderungen" haben.

Ich möchte euch hauptsächlich danken, denn folgendes hat mir wirklich sehr geholfen, das dies unabhängig hier und in der Therapie zum Thema gekommen ist: "Wie Montana schon schrieb, Gefühle sind "einfach" da. An ihnen gibt es nichts zu bewerten.". Es mag vielleicht komisch klingen, aber das ist mir erst durch viel Selbstanalyse und die Therapie bewusst geworden, dass ich meine Gefühle nicht steuern kann, sondern das Gefühle "kommen & gehen" oder "einfach da sind". Dies mittlerweile überwiegend zu akzeptieren und verbal kommunizieren zu können, hilft mir sehr weiter und hat mir schon in vielen Situationen sehr geholfen.

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afog
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Beitrag Fr., 16.04.2021, 00:22

joey23 hat geschrieben: Do., 29.11.2018, 14:11 Hallo afog,

ich denke zwischendurch mal an Dich und frage einfach mal direkt:
Hattest Du schon den Termin, in dem dieser Fragebogen anstehen sollte? Falls ja, wie ist es Dir ergangen?

Lieber Gruß
joey
Hallo, auch wenn es sehr lange her ist... Ich habe den Fragebogen mehrmals ausgefüllt, als ich meinen Fokus gefunden hatte, muss ich mich zurück halten um nicht mehrere Seiten zu schreiben, die Konzentration auf das Wesentliche, war nicht einfach, wir haben mehrere Termine gebraucht um Grob über die Punkte zu sprechen, da es viel zu viele waren. Das ausfüllen war für mich sehr aufreibend, obwohl ich Themen weggelassen habe, die mich stark beschäftigen bzw. beschäftigt hatten.

Danke

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lisbeth
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weiblich/female, 80
Beiträge: 4023

Beitrag Fr., 16.04.2021, 07:25

Hast du eine/n Psychiater/in, mit dem oder der du mal über das Asperger-Thema sprechen könntest und auch darüber, ob es Sinn macht, da mal eine ausführliche Diagnostik zu machen?
Das ist ja etwas, was sich dann gegebenenfalls durch alle Bereiche deines Lebens und all deine Kontakte und dein emotionales und Beziehungserleben zieht. Und wenn man da ständig das Gefühl hat, "nicht zu passen", dann kann das auch ziemlich depressiv machen. Das wäre mit einer Asperger-Diagnose nicht alles verschwunden, aber du hättest dann einen anderen Hebelpunkt, an dem du (zusätzlich) ansetzen könntest. Und ja, das kann möglicherweise schon einen Unterschied machen...
When hope is not pinned wriggling onto a shiny image or expectation, it sometimes floats forth and opens.
― Anne Lamott

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