Autonomie fördern (bei Langzeittherapien)?
Autonomie fördern (bei Langzeittherapien)?
Ich wollte einen Blog nicht durch eine eventuelle Diskussion sprengen (möchte aber trotzdem nicht unbedingt über 100 Seiten darüber diskutieren...), und vor allem würde ich mir wünschen, falls Interesse besteht, dass sich auch nur die beteiligen, die etwas zum Thema zu sagen haben:
Es geht um das Spannungsverhältnis von "Autonomie fördern" und "Geborgenheit schenken" in Langzeittherapien, wie sich das in Sätzen wie "eine Therapie sollte nicht länger dauern als nötig" und "Sie können so lange kommen, wie Sie wollen" widerspiegelt. Ich hab mich schon immer gefragt, was genau mit "nötig" gemeint ist, und es gibt darauf vielleicht keine Antwort. Und die andere Frage ist, was mit "wollen" gemeint ist. Vielleicht ist diese Frage sogar noch wichtiger? Ich selbst habe "gelernt", also in eigenen Therapien und in der Literatur, dass Autonomie sozusagen DAS Ziel einer (analytischen) Therapie ist. Dann ist mir aber aufgefallen, dass man darüber hier im Forum kaum was liest: Eine äußerst aufwendige Recherche hat ergeben, dass der Begriff "Autonomie" in diesem Unterforum 215x vorkommt; das Wort "Liebe" (im selben Unterforum) hingegen 10877x.
Also, was will der Patient? Soweit ich weiß, will der Patient laut Therapeut Autonomie. Aber weiß der Patient, dass er das will? Und: weiß der Therapeut, dass der Patient vermutlich nicht weiß, was er zu wollen hat? Kann man das "Wollen von Autonomie" fördern? Und stehen "Liebe" und "Autonomie" im Widerspruch?
Meiner Ansicht nach handelt es sich - schlag nach bei Ferenczi - um eine Art "Sprachverwirrung" zwischen Patient und Therapeut, wenn man erst mal an den Punkt kommt, an dem das Wort "Liebe" vielleicht nicht mal ausgesprochen, so doch aber gedacht wird. Die Liebe wird - das ist die Gefahr - zum Selbstzweck, mit dem alles andere überdeckt wird und wohl überdeckt werden soll?
Autonomie, so kommt es mir vor, ist fast so ein Unwort, etwas, was man irgendwie nicht haben will, weil es klingt wie eine Mischung aus "alleine sein" und "distanziert sein"; es klingt kalt und nüchtern, nach Bauhaus-Stil, Neubau-mäßig. "Liebe" klingt wie Altbau mit abgezogenen Dielen und Stuck, besser und schöner.
Meine Vermutung ist aber, dass wirkliche Liebe nur geht, wenn man auch Autonomie kann. Und die Frage, die sich mir stellt, ist, ob und wie man Autonomie fördern kann, ohne dass der Patient sich abgeschoben fühlt; wie man Autonomie in Langzeittherapien fördern kann, in denen es immer auch um Abhängigkeit gehen soll. Ob und wie das möglich ist, das Ziel der Autonomie zu erreichen, indem man sich in eine Abhängigkeit begibt und diese (in der Analyse) sogar noch fördert.
Oder reicht es, einfach darauf zu hoffen, dass sich die Autonomie schon irgendwann einstellt? Ich glaube nicht, dass das so ist. Mich würde interessieren, ob und wie ihr das erlebt (habt), dass euer Autonomiestreben geweckt bzw. gefördert wurde. Und wie sich das angefühlt hat.
Es geht um das Spannungsverhältnis von "Autonomie fördern" und "Geborgenheit schenken" in Langzeittherapien, wie sich das in Sätzen wie "eine Therapie sollte nicht länger dauern als nötig" und "Sie können so lange kommen, wie Sie wollen" widerspiegelt. Ich hab mich schon immer gefragt, was genau mit "nötig" gemeint ist, und es gibt darauf vielleicht keine Antwort. Und die andere Frage ist, was mit "wollen" gemeint ist. Vielleicht ist diese Frage sogar noch wichtiger? Ich selbst habe "gelernt", also in eigenen Therapien und in der Literatur, dass Autonomie sozusagen DAS Ziel einer (analytischen) Therapie ist. Dann ist mir aber aufgefallen, dass man darüber hier im Forum kaum was liest: Eine äußerst aufwendige Recherche hat ergeben, dass der Begriff "Autonomie" in diesem Unterforum 215x vorkommt; das Wort "Liebe" (im selben Unterforum) hingegen 10877x.
Also, was will der Patient? Soweit ich weiß, will der Patient laut Therapeut Autonomie. Aber weiß der Patient, dass er das will? Und: weiß der Therapeut, dass der Patient vermutlich nicht weiß, was er zu wollen hat? Kann man das "Wollen von Autonomie" fördern? Und stehen "Liebe" und "Autonomie" im Widerspruch?
Meiner Ansicht nach handelt es sich - schlag nach bei Ferenczi - um eine Art "Sprachverwirrung" zwischen Patient und Therapeut, wenn man erst mal an den Punkt kommt, an dem das Wort "Liebe" vielleicht nicht mal ausgesprochen, so doch aber gedacht wird. Die Liebe wird - das ist die Gefahr - zum Selbstzweck, mit dem alles andere überdeckt wird und wohl überdeckt werden soll?
Autonomie, so kommt es mir vor, ist fast so ein Unwort, etwas, was man irgendwie nicht haben will, weil es klingt wie eine Mischung aus "alleine sein" und "distanziert sein"; es klingt kalt und nüchtern, nach Bauhaus-Stil, Neubau-mäßig. "Liebe" klingt wie Altbau mit abgezogenen Dielen und Stuck, besser und schöner.
Meine Vermutung ist aber, dass wirkliche Liebe nur geht, wenn man auch Autonomie kann. Und die Frage, die sich mir stellt, ist, ob und wie man Autonomie fördern kann, ohne dass der Patient sich abgeschoben fühlt; wie man Autonomie in Langzeittherapien fördern kann, in denen es immer auch um Abhängigkeit gehen soll. Ob und wie das möglich ist, das Ziel der Autonomie zu erreichen, indem man sich in eine Abhängigkeit begibt und diese (in der Analyse) sogar noch fördert.
Oder reicht es, einfach darauf zu hoffen, dass sich die Autonomie schon irgendwann einstellt? Ich glaube nicht, dass das so ist. Mich würde interessieren, ob und wie ihr das erlebt (habt), dass euer Autonomiestreben geweckt bzw. gefördert wurde. Und wie sich das angefühlt hat.
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Vielleicht ist das Problem, dass sich hierbei alles auf die Stundenzahl konzentriert, nach dem Motto "je länger, umso... intensiver, gründlicher, emotionaler, abhängiger" usw. Vielleicht ist das ein Fehler, anzunehmen, man könnte so etwas wie eine nahezu perfekte Analyse hinbekommen, wenn sie nur lange genug dauert, weil dann, endlich, alles wenn nicht bearbeitet, so doch wenigstens thematisiert wurde; alle Gefühle sind "hochgekommen", alle Bedürfnisse geweckt und deren Nicht-Erfüllen gründlich "abgetrauert" (ich glaube, das Wort verwendete mein erster Therapeut). Je länger ich Therapie mache, umso näher bin ich mir selbst und dem Analytiker gekommen. - Ich weiß, dass ich selbst das auch so fühle, aber gleichzeitig weiß ich, dass das nicht stimmt. Es ist wohl mehr ein Wunschdenken.
Die mir bekannten Therapeuten (und auch viele schreibende Analytiker) sagen, der Tod einer jeden Analyse sei die Illusion der Unendlichkeit, die Illusion, man könnte so lange zur Analyse gehen, bis man fertig sei oder nicht mehr hingehen wolle (warum auch immer). Weil damit das Autonomiestreben quasi ausgehebelt wird ("wir tun so, als sei dein Ziel gar nicht, in Freiheit zu leben und tatkräftig deine Ziele zu verfolgen; wir tun so, als ginge es wirklich nur um die Liebe"). Vielleicht gehe ich da auch (zu sehr) von mir aus, aber soweit ich weiß, ist DER Konflikt eines "klassischen" Analysanden doch der, dass er hin und her gerissen ist zwischen "ich will mich von der Mutter trennen und losziehen in die Welt" und "wenn ich mich trenne, bin ich böse und werde bestraft und stürze mich selbst und die Mutter ins Unglück". Wobei "trennen" hier ja nicht mal das Therapieende meinen muss, sondern auch meinen kann, seine eigenen Ziele zu verwirklichen und sich selbst-sicher zu fühlen. Runter von der Couch und raus ins Leben. Geht das, während man noch AUF der Couch liegt? Ich glaube, ja.
So ganz klar bis in alle Einzelheiten ist mir noch nicht, wie das in meiner Therapie funktioniert, aber: es funktioniert. Manchmal bin ich immer noch zerrissen, weil ich spüre, dass der Therapeut mir wichtig sein darf und soll (und er das auch so sagt), und weil ich andererseits denke, ich müsste diese Wichtigkeit immer wieder leugnen und infrage stellen. Mir fehlt noch das Gleichgewicht, aber das Streben nach Autonomie, das wächst. Es ist so, als müsste das immer wieder neu ausgehandelt werden, wie wichtig "es und er" werden darf.
Die mir bekannten Therapeuten (und auch viele schreibende Analytiker) sagen, der Tod einer jeden Analyse sei die Illusion der Unendlichkeit, die Illusion, man könnte so lange zur Analyse gehen, bis man fertig sei oder nicht mehr hingehen wolle (warum auch immer). Weil damit das Autonomiestreben quasi ausgehebelt wird ("wir tun so, als sei dein Ziel gar nicht, in Freiheit zu leben und tatkräftig deine Ziele zu verfolgen; wir tun so, als ginge es wirklich nur um die Liebe"). Vielleicht gehe ich da auch (zu sehr) von mir aus, aber soweit ich weiß, ist DER Konflikt eines "klassischen" Analysanden doch der, dass er hin und her gerissen ist zwischen "ich will mich von der Mutter trennen und losziehen in die Welt" und "wenn ich mich trenne, bin ich böse und werde bestraft und stürze mich selbst und die Mutter ins Unglück". Wobei "trennen" hier ja nicht mal das Therapieende meinen muss, sondern auch meinen kann, seine eigenen Ziele zu verwirklichen und sich selbst-sicher zu fühlen. Runter von der Couch und raus ins Leben. Geht das, während man noch AUF der Couch liegt? Ich glaube, ja.
So ganz klar bis in alle Einzelheiten ist mir noch nicht, wie das in meiner Therapie funktioniert, aber: es funktioniert. Manchmal bin ich immer noch zerrissen, weil ich spüre, dass der Therapeut mir wichtig sein darf und soll (und er das auch so sagt), und weil ich andererseits denke, ich müsste diese Wichtigkeit immer wieder leugnen und infrage stellen. Mir fehlt noch das Gleichgewicht, aber das Streben nach Autonomie, das wächst. Es ist so, als müsste das immer wieder neu ausgehandelt werden, wie wichtig "es und er" werden darf.
Ich halte persönlich nicht so viel von Abhängigkeiten in Psychotherapien. Selbst habe ich es in meiner letzten Therapie wohl erlebt, dass das forciert werden sollte (nehme ich an...). Der Therapeut hat sehr viel über sich erzählt, ich kenne seine sexuellen Vorlieben und was weiß ich. Er wurde wichtiger als meine persönlichen Probleme. Damit konnte ich dann langfristig nicht gut umgehen, mich hat das verunsichert und ich wollte so eine Therapie nicht, weil ich eben ungerne abhängig bin. Ich hatte das Gefühl, ich werde ausgebremst und jemand will mich "klein halten", hilft mir nicht in meiner Entwicklung, sondern sorgt dafür, dass ich noch ein neues Problem habe (die Person des Therapeuten).
Ich kann mir aber vorstellen, dass der Ansatz ist, dass du deine Kindheit nachholst, in der du ja wahnsinnig abhängig bist. Sie so nachholst, dass sie gesund ist. Mit einem wohlwollenden "Elternteil", dass dir hilft, dich zu einem autonomen Menschen zu entwickeln. So läuft das ja im besten Fall in einer gesunden Familie. Das heißt, in der Therapie wird darauf vertraut, dass du irgendwann selbst anstrebst, dein Leben ohne fremde Hilfe im Griff zu haben, weil Menschen das so wollen. Du schreibst nun, dass der Patient das nicht will... ich weiß es nicht. Das glaube ich ehrlich gesagt nicht, weil das irgendwie zum erwachsen werden dazu gehört. Bei dem einen dauert es vielleicht länger, als bei einem anderen. Vielleicht weil da in der Kindheit einfach mehr gefehlt hat? Der Therapeut (so scheint mir) vertraut bei diesem Setting einfach in den Menschen, darauf, dass er sich sozusagen gesund entwickeln wird. Deshalb wird er dich nicht wegschubsen, sondern ist eben so lange bei dir, bis du der Meinung bist: "Jetzt bin ich erwachsen. Jetzt bekomme ich mein Leben selber in den Griff. Ich hab verstanden, dass ich ich meines Glückes Schmied bin und nicht irgendwem oder irgendwelchen Umständen ausgeliefert bin und brauche deshalb keinen Therapeuten mehr, der seine schützende (stützende) Hand über mich hält. Weil ich weiß, darauf vertraue, dass ich mir selber helfen kann."
Das ist nur das, was mir dazu einfällt, einfach durch meine Therapieerfahrungen bisher.
Ich kann mir aber vorstellen, dass der Ansatz ist, dass du deine Kindheit nachholst, in der du ja wahnsinnig abhängig bist. Sie so nachholst, dass sie gesund ist. Mit einem wohlwollenden "Elternteil", dass dir hilft, dich zu einem autonomen Menschen zu entwickeln. So läuft das ja im besten Fall in einer gesunden Familie. Das heißt, in der Therapie wird darauf vertraut, dass du irgendwann selbst anstrebst, dein Leben ohne fremde Hilfe im Griff zu haben, weil Menschen das so wollen. Du schreibst nun, dass der Patient das nicht will... ich weiß es nicht. Das glaube ich ehrlich gesagt nicht, weil das irgendwie zum erwachsen werden dazu gehört. Bei dem einen dauert es vielleicht länger, als bei einem anderen. Vielleicht weil da in der Kindheit einfach mehr gefehlt hat? Der Therapeut (so scheint mir) vertraut bei diesem Setting einfach in den Menschen, darauf, dass er sich sozusagen gesund entwickeln wird. Deshalb wird er dich nicht wegschubsen, sondern ist eben so lange bei dir, bis du der Meinung bist: "Jetzt bin ich erwachsen. Jetzt bekomme ich mein Leben selber in den Griff. Ich hab verstanden, dass ich ich meines Glückes Schmied bin und nicht irgendwem oder irgendwelchen Umständen ausgeliefert bin und brauche deshalb keinen Therapeuten mehr, der seine schützende (stützende) Hand über mich hält. Weil ich weiß, darauf vertraue, dass ich mir selber helfen kann."
Das ist nur das, was mir dazu einfällt, einfach durch meine Therapieerfahrungen bisher.
Das ist kein Zulassen/Fördern einer gesunden Abhängigkeit, sondern Parentifizierung gewesen.MariJane hat geschrieben:Ich halte persönlich nicht so viel von Abhängigkeiten in Psychotherapien. Selbst habe ich es in meiner letzten Therapie wohl erlebt, dass das forciert werden sollte (nehme ich an...). Der Therapeut hat sehr viel über sich erzählt, ich kenne seine sexuellen Vorlieben und was weiß ich. Er wurde wichtiger als meine persönlichen Probleme. Damit konnte ich dann langfristig nicht gut umgehen, mich hat das verunsichert und ich wollte so eine Therapie nicht, weil ich eben ungerne abhängig bin. Ich hatte das Gefühl, ich werde ausgebremst und jemand will mich "klein halten", hilft mir nicht in meiner Entwicklung, sondern sorgt dafür, dass ich noch ein neues Problem habe (die Person des Therapeuten). .
Das ist eine ziemlich genaue Beschreibung dessen, wie es in meiner Analyse läuft. Autonomie durch Bindung. Je fester, sicherer die Bindung zu meiner Therapeutin geworden ist, desto mehr kann ich loslassen, z.B. in den Therapiepausen, die früher sehr schwer für mich waren.MariJane hat geschrieben:Ich kann mir aber vorstellen, dass der Ansatz ist, dass du deine Kindheit nachholst, in der du ja wahnsinnig abhängig bist. Sie so nachholst, dass sie gesund ist. Mit einem wohlwollenden "Elternteil", dass dir hilft, dich zu einem autonomen Menschen zu entwickeln. So läuft das ja im besten Fall in einer gesunden Familie. Das heißt, in der Therapie wird darauf vertraut, dass du irgendwann selbst anstrebst, dein Leben ohne fremde Hilfe im Griff zu haben, weil Menschen das so wollen. Du schreibst nun, dass der Patient das nicht will... ich weiß es nicht. Das glaube ich ehrlich gesagt nicht, weil das irgendwie zum erwachsen werden dazu gehört. Bei dem einen dauert es vielleicht länger, als bei einem anderen. Vielleicht weil da in der Kindheit einfach mehr gefehlt hat? Der Therapeut (so scheint mir) vertraut bei diesem Setting einfach in den Menschen, darauf, dass er sich sozusagen gesund entwickeln wird. Deshalb wird er dich nicht wegschubsen, sondern ist eben so lange bei dir, bis du der Meinung bist: "Jetzt bin ich erwachsen. Jetzt bekomme ich mein Leben selber in den Griff. Ich hab verstanden, dass ich ich meines Glückes Schmied bin und nicht irgendwem oder irgendwelchen Umständen ausgeliefert bin und brauche deshalb keinen Therapeuten mehr, der seine schützende (stützende) Hand über mich hält. Weil ich weiß, darauf vertraue, dass ich mir selber helfen kann."
Das ist nur das, was mir dazu einfällt, einfach durch meine Therapieerfahrungen bisher.
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MariJane:
Die Kindheit kann aber nicht mehr nachgeholt werden, und ich denke, man sollte nicht so tun, als sei das der Fall. Es kann bestimmt vieles nachgeholt werden, aber nicht "die Kindheit"; die Verletzungen bleiben und lassen sich nicht überschreiben, wie man einen Datenspeicher löscht und andere Daten eingibt. Ich frage mich, wie man "einfach" darauf vertrauen kann, dass ein Patient irgendwann aufsteht und sagt: "Jetzt ist gut". Womit ich nicht bezweifeln will, dass es das gibt; nur kann ich mir nicht vorstellen, dass das regelmäßig der Fall ist - und dann besteht m.E. die viel größere Gefahr, dass man ungute Entwicklungen übersieht oder gar forciert (was in meiner ersten Therapie der Fall war).
Ich bin schon der Meinung, dass Therapie auch "nähren" kann, darf und soll - aber ich sehe das Problem darin, das das Fordern, den aktiven Part des Patienten zu leugnen. Eltern verwöhnen ihre Kinder ja nicht nur, sondern sie fordern sie auch. Und meine "Vision" ist, dass beides gehen KANN in einer Therapie, dass es aber kein Selbstläufer ist.
Die Kindheit kann aber nicht mehr nachgeholt werden, und ich denke, man sollte nicht so tun, als sei das der Fall. Es kann bestimmt vieles nachgeholt werden, aber nicht "die Kindheit"; die Verletzungen bleiben und lassen sich nicht überschreiben, wie man einen Datenspeicher löscht und andere Daten eingibt. Ich frage mich, wie man "einfach" darauf vertrauen kann, dass ein Patient irgendwann aufsteht und sagt: "Jetzt ist gut". Womit ich nicht bezweifeln will, dass es das gibt; nur kann ich mir nicht vorstellen, dass das regelmäßig der Fall ist - und dann besteht m.E. die viel größere Gefahr, dass man ungute Entwicklungen übersieht oder gar forciert (was in meiner ersten Therapie der Fall war).
Ich bin schon der Meinung, dass Therapie auch "nähren" kann, darf und soll - aber ich sehe das Problem darin, das das Fordern, den aktiven Part des Patienten zu leugnen. Eltern verwöhnen ihre Kinder ja nicht nur, sondern sie fordern sie auch. Und meine "Vision" ist, dass beides gehen KANN in einer Therapie, dass es aber kein Selbstläufer ist.
Tristezza:
Das würde aber bedeuten, dass der Patient überhaupt nicht im Widerstand und nicht im Konflikt ist, weil für ihn glasklar ist: "Ich wil so schnell wie möglich gesund werden und nur das". Siehst du das wirklich so? Ich sehe - bei mir selbst, aber auch allgemein - durchaus den Konflikt zwischen Autonomie und Abhängigkeit, und ich glaube nicht, dass man den grundsätzlich durch Zuwarten löst; dann ist doch der für die Störung ursächliche Konflikt noch DA, und die Heilung ist nicht eingetreten, auch wenn der Patient durchaus aktiv geworden ist und irgendwann gegangen ist.
Selbst bei frühgestörten Patienten mit unsicheren Bindungen (dazu gehöre ich auch) gibt es ja nicht NUR die "Strukturpathologie", sondern AUCH Konflikte, und manchmal denke ich beim Lesen im Forum, dass häufig allein der strukturelle Aspekt gesehen wird, der - salopp formuliert - darauf hinausläuft, dass man den frühgestörten Patienten mit nichts konfrontieren "darf", ohne dass er in sich zusammenfällt. Und ich denke, dass das nicht "naturgegeben" ist, sondern dass das auf einem Missverständnis darüber beruht, was Therapie / Analyse ist und was nicht.
Ich bin da durchaus auch betroffen, aber trotzdem oder gerade deshalb bin ich überzeugt davon, dass man diese Missverständnisse aufklären sollte, weil das dem Patienten und seinem Streben nach Autonomie dient. Es ist einfach so verdam.mt schade, wenn man sich nicht traut zu wachsen, aus Angst davor, die Nähe des "nährenden und liebenden" Therapeuten zu verlieren. Man verkauft sich eigentlich selbst damit. Ich meine niemanden speziell und besonders, sondern ich sehe ein grundsätzliches Problem. Das noch mal verstärkt wird durch tatsächlich narzisstisch bedürftige Therapeuten.
Das würde aber bedeuten, dass der Patient überhaupt nicht im Widerstand und nicht im Konflikt ist, weil für ihn glasklar ist: "Ich wil so schnell wie möglich gesund werden und nur das". Siehst du das wirklich so? Ich sehe - bei mir selbst, aber auch allgemein - durchaus den Konflikt zwischen Autonomie und Abhängigkeit, und ich glaube nicht, dass man den grundsätzlich durch Zuwarten löst; dann ist doch der für die Störung ursächliche Konflikt noch DA, und die Heilung ist nicht eingetreten, auch wenn der Patient durchaus aktiv geworden ist und irgendwann gegangen ist.
Selbst bei frühgestörten Patienten mit unsicheren Bindungen (dazu gehöre ich auch) gibt es ja nicht NUR die "Strukturpathologie", sondern AUCH Konflikte, und manchmal denke ich beim Lesen im Forum, dass häufig allein der strukturelle Aspekt gesehen wird, der - salopp formuliert - darauf hinausläuft, dass man den frühgestörten Patienten mit nichts konfrontieren "darf", ohne dass er in sich zusammenfällt. Und ich denke, dass das nicht "naturgegeben" ist, sondern dass das auf einem Missverständnis darüber beruht, was Therapie / Analyse ist und was nicht.
Ich bin da durchaus auch betroffen, aber trotzdem oder gerade deshalb bin ich überzeugt davon, dass man diese Missverständnisse aufklären sollte, weil das dem Patienten und seinem Streben nach Autonomie dient. Es ist einfach so verdam.mt schade, wenn man sich nicht traut zu wachsen, aus Angst davor, die Nähe des "nährenden und liebenden" Therapeuten zu verlieren. Man verkauft sich eigentlich selbst damit. Ich meine niemanden speziell und besonders, sondern ich sehe ein grundsätzliches Problem. Das noch mal verstärkt wird durch tatsächlich narzisstisch bedürftige Therapeuten.
Was es auch war, es war ungesund für mich. Und ich bin sehr froh, dass ich jetzt mit einem Therapeuten arbeite, der mir weder sein Privatleben auf die Nase bindet, noch sonst irgendwie fördert, dass ich von ihm abhängig werden könnte. Er hat ein Therapieverständnis das auf Augenhöhe basiert. Der Patient als Auftraggeber. Damit komme ich sehr gut zurecht, weil sich das in seinem Therapiestil auch irgendwie widerspiegelt. Ich hab mich zwar mal dabei ertappt, wie ich dachte, was mach ich nur ohne ihn, aber das liegt daran, dass er mir einfach schon sehr viel weitergeholfen hat. Also kann man eine gewisse Abhängigkeit wahrscheinlich nicht aus Therapien raushalten, einfach weil man da einen "Retter in der Not" vorfindet, aber eine Therapie, die wirklich darauf basieren würde, dass ich erstmal abhängig werden muss, würde ich nicht wollen. Ich würde im wahrsten Sinne des Wortes durchdrehen. Aber da ist halt jeder anders und manch einer wird erstmal genau das brauchen.Tristezza hat geschrieben: Das ist kein Zulassen/Fördern einer gesunden Abhängigkeit, sondern Parentifizierung gewesen.
@isabe: Ich glaube auch nicht daran, dass man seine Kindheit nachholen kann. Aber ich denke trotzdem, dass eine Therapie dabei helfen kann, eine verlässliche, sichere, wohlwollende Bindung zu erfahren, die einem hilft, sich selber in der Welt sicherer zu fühlen, die einem das Selbstvertrauen gibt, dass man es schon schaffen wird. Ich denke, dass haben viele Eltern einfach schlecht hinbekommen und das soll Therapie schon ein Stück weit korrigieren. ich kann das jetzt einfach nicht besser erklären. Ich meine also nicht, dass du in der Therapie die Festplatte vollständig überschrieben bekommst, aber dass dir da jemand beisteht, dir helfen soll, zu dem Menschen zu werden, der du bist und dich dabei angenommen fühlst. Nur so kannst du ja mit Selbstvertrauen in die Welt gehen und sagen: Ich pack das schon. Ob das bei ganz schlimmen Kindheiten funktioniert, weiß ich nicht. Mir fehlt auch so eine Art Urvetrauen in mich, aber das wurde einfach durch vielerlei Beziehungen außerhalb der Therapie schon etwas korrigiert. Und ich glaube, bei mir würde kein Therapeut da irgendwas ändern können, weil ich einfach weiß, der wird dafür bezahlt. Aber es gibt ja Menschen, die erfahren zum ersten Mal in einer Therapie Zuwendung und wenn die aufrichtig ist, kann man da sicher auch viel draus ziehen. Aber gerade meine Erfahrungen auch außerhalb der Therapie lassen mich davon ausgehen, dass man eben Zuspruch braucht, um sich zu sagen: Ich kann das Leben meistern. Ohne Hilfe von Außen. Einfach weil ich in Ordnung bin und was kann.
"Urvertrauen" ist das Stichwort: Ich glaube, dass das nie kommt, egal wie lange man Therapie macht. Natürlich ist es gut und wichtig, im Therapeuten eine wichtige Bezugsperson zu haben und diese auch "mitzunehmen", wenn man einander nicht mehr sieht. Man hat ja dann "abgespeichert", dass man sein darf, wie man ist, und das erweitert natürlich den Handlungsspielraum.
Das ist aber nur der eine Aspekt; der andere Aspekt wäre tatsächlich die Behandlung der eigentlichen Störung, und ich glaube, dass es dazu mehr braucht als Zuspruch. Und ebenso glaube ich, dass das häufig vernachlässigt wird.
Das ist aber nur der eine Aspekt; der andere Aspekt wäre tatsächlich die Behandlung der eigentlichen Störung, und ich glaube, dass es dazu mehr braucht als Zuspruch. Und ebenso glaube ich, dass das häufig vernachlässigt wird.
Das ist interessant. Aber kannst du dir vorstellen, dass der Therapeut erstmal auffangen muss, was deine Eltern verbrochen haben? Wahrscheinlich immer noch machen? Also meine erzählen mir bis heute, was an mir falsch ist.isabe hat geschrieben:Tristezza:
Das würde aber bedeuten, dass der Patient überhaupt nicht im Widerstand und nicht im Konflikt ist, weil für ihn glasklar ist: "Ich wil so schnell wie möglich gesund werden und nur das". Siehst du das wirklich so? Ich sehe - bei mir selbst, aber auch allgemein - durchaus den Konflikt zwischen Autonomie und Abhängigkeit, und ich glaube nicht, dass man den grundsätzlich durch Zuwarten löst; dann ist doch der für die Störung ursächliche Konflikt noch DA, und die Heilung ist nicht eingetreten, auch wenn der Patient durchaus aktiv geworden ist und irgendwann gegangen ist.
Selbst bei frühgestörten Patienten mit unsicheren Bindungen (dazu gehöre ich auch) gibt es ja nicht NUR die "Strukturpathologie", sondern AUCH Konflikte, und manchmal denke ich beim Lesen im Forum, dass häufig allein der strukturelle Aspekt gesehen wird, der - salopp formuliert - darauf hinausläuft, dass man den frühgestörten Patienten mit nichts konfrontieren "darf", ohne dass er in sich zusammenfällt. Und ich denke, dass das nicht "naturgegeben" ist, sondern dass das auf einem Missverständnis darüber beruht, was Therapie / Analyse ist und was nicht.
Ich bin da durchaus auch betroffen, aber trotzdem oder gerade deshalb bin ich überzeugt davon, dass man diese Missverständnisse aufklären sollte, weil das dem Patienten und seinem Streben nach Autonomie dient. Es ist einfach so verdam.mt schade, wenn man sich nicht traut zu wachsen, aus Angst davor, die Nähe des "nährenden und liebenden" Therapeuten zu verlieren. Man verkauft sich eigentlich selbst damit. Ich meine niemanden speziell und besonders, sondern ich sehe ein grundsätzliches Problem. Das noch mal verstärkt wird durch tatsächlich narzisstisch bedürftige Therapeuten.
Aber ich verstehe, was du meinst: Jemand möchte eben krank bleiben, um die (vielleicht erstmals) erfahrene Zuwendung nicht zu verlieren? Ich kann mir das tatsächlich vorstellen, aber ich denke, in einer Therapie sollst du auch lernen, dir im Außen (also in anderen Beziehungen) das zu holen, was du brauchst. Wenn du das lernst, bist du ja nicht mehr ausschließlich auf den Therapeuten angewiesen. Wir haben vielleicht da ein Problem, mit dem Wort "Autonomie". Ich verstehe darunter einfach keine Autarkie. Kein Mensch (oder die wenigsten) können doch ohne soziale Bindungen existieren. Es geht dann darum, dass du dir gesunde Beziehungen im Außen aufbaust. In denen du natürlich nicht übermäßig abhängig bist, weil du nicht auf jeden Einzelnen für dein Wohlgefühl brauchst, aber die dir gut tun. Ich zum Beispiel bin manchmal von der Gutmenschlichkeit einiger meiner Freunde erschlagen, kein bisschen böse (ich liebe sie dafür... weil sie das Herz am rechten Fleck haben), aber für etwas knallhärter Konversationen hab ich eben auch nen guten Freund, der meinem Zynismus besser entspricht. Ich möchte ohne sie nicht leben, aber ich empfinde mich da nicht als abhängig. Ich suche mir einfach im Außen, was ich außer mir selbst noch im Leben brauche. Ich war lange auf dem Autarkietripp, dachte ich darf niemanden für mein Wohlgefühl brauchen, aber das ist eben etwas ungesundes an mir gewesen... einfach weil ich aus meiner Kindheit mitgenommen habe, dass ich alleine klar kommen muss. Und das stimmt einfach nicht. Irgendwann muss man eben ohne seinen Therapeuten klar kommen, aber doch nicht ohne jegliche soziale Beziehungen?!
Eltern fordern, ja... aber ist eine Therapie Erziehung oder soll sie dir helfen im hIer und Jetzt damit zu leben, wer du bist? Deine Forderung stände ja im Widerspruch dazu, dass man seine Kindheit nicht nachholen kann?! Sie soll dir eben (oft zumindest, außer du bist eine Landplage... )ermöglichen, dich so anzunehmen, wie du bist und so dazu beitragen, dass du im Außen gesunde Beziehungen führen kannst? Solche, die dir gut tun? Die dich wachsen lassen? Ich glaube, Therapie ist da der erste Schritt... eben weil du bedingungslos angenommen wirst und das hilft, sich auch im Außen intakte Beziehungen zu suchen, weil man mal erfahren hat, wie das sein kann. Das zumindest verstehe ich unter Autonomie. Eben keine totale Autarkie.
Aber mir ist jetzt nicht so klar, wieso du über Autarkie schreibst? Ich schreibe jetzt hier tatsächlich nur über die Beziehung zum Therapeuten und über ihre Wichtigkeit und darüber, was "Wichtigkeit" in diesem Zusammenhang ist, wenn eben gleichzeitig die Autonomie gefördert werden soll. Dass der ideale Patient (und bei vielen ist das bestimmt auch so) natürlich versucht, die Beziehungen im Außen zu entwickeln, haben vermutlich alle Leute so im Hinterkopf (wobei mich das gerade daran erinnert, dass mein erster Th. mir mal untersagen wollte, mich mit einem Mann zu treffen, weil mir das angeblich nicht gut tun würde).
Mir schweben in diesem Thread halt so Sätze vor wie: "Er hat mir versprochen, mich nicht rauszuschmeißen" (nachzulesen ist das im Thread "Therapeutisch wertvolle Zitate"), und die Patienten sind dann immer - vollkommen verständlicherweise (!) - gerührt und bewegt, aber ich selbst sehe das kritisch, weil das Heilsame ja nicht die Abhängigkeit vom Versprechen des Therapeuten ist. Jedenfalls sehe ich das so, dass man sich dabei etwas vormacht.
Vielleicht bin ich auch nur geschädigt, weil ich trotz eines solchen Versprechens rausgeworfen wurde. Dafür empfinde ich es jetzt in der zweiten Therapie (bisher; noch ist sie ja nicht vorbei ) so, dass gar keine Versprechen gegeben werden und dass die sichere Bindung seinerseits offenbar so sicher ist, dass er sich das selbst und mir nicht ständig sagen muss... Da ich aber dazu geneigt habe, mit der Pistole an der Therapeutenbrust rumzulaufen und er sich - im Gegensatz zum Vorgänger - davon nicht "verrückt machen lässt", wurde ich quasi automatisch gezwungen, mir zu überlegen, was das mit der Pistole eigentlich soll... Irgendwie macht mich das wachsen, dass da nicht ständig jemand versichert, wie gut und eng unsere Beziehung ist (war in der 1. Th. ganz anders).
Mir schweben in diesem Thread halt so Sätze vor wie: "Er hat mir versprochen, mich nicht rauszuschmeißen" (nachzulesen ist das im Thread "Therapeutisch wertvolle Zitate"), und die Patienten sind dann immer - vollkommen verständlicherweise (!) - gerührt und bewegt, aber ich selbst sehe das kritisch, weil das Heilsame ja nicht die Abhängigkeit vom Versprechen des Therapeuten ist. Jedenfalls sehe ich das so, dass man sich dabei etwas vormacht.
Vielleicht bin ich auch nur geschädigt, weil ich trotz eines solchen Versprechens rausgeworfen wurde. Dafür empfinde ich es jetzt in der zweiten Therapie (bisher; noch ist sie ja nicht vorbei ) so, dass gar keine Versprechen gegeben werden und dass die sichere Bindung seinerseits offenbar so sicher ist, dass er sich das selbst und mir nicht ständig sagen muss... Da ich aber dazu geneigt habe, mit der Pistole an der Therapeutenbrust rumzulaufen und er sich - im Gegensatz zum Vorgänger - davon nicht "verrückt machen lässt", wurde ich quasi automatisch gezwungen, mir zu überlegen, was das mit der Pistole eigentlich soll... Irgendwie macht mich das wachsen, dass da nicht ständig jemand versichert, wie gut und eng unsere Beziehung ist (war in der 1. Th. ganz anders).
In Kurzform: Ich bin tatsächlich nicht von einer total abhängigkeitsfördernden Therapie begeistert. Das hieße für mich, dass ich neben meinem Therapeuten keine sozialen Beziehungen habe und deshalb natürlich wirklich komplett auf ihn angewiesen bin. Wenn das so ist, würde ich von einem Therapeuten erwarten, dass er mir hilft im Außen soziale Kontakte zu knüpfen. Tut er das nicht, wäre das die letzte Therapie, die ich anstreben würde, weil ich so natürlich wirklich in eine Abhängigkeitsfalle geraten würde. Und sich dann daraus zu befreien, stelle ich mir schwer vor. Dann möchte ich wahrscheinlich wirklich krank bleiben, weil es mir eben diesen wohlwollenden sozialen Kontakt bringt. Habe ich allerdings Freunde, kann ich davon ausgehen, dass die im Normalfall keinen Bock auf einen überaus problembelasteten Menschen haben und habe den Antrieb meine Probleme mal zu lösen, damit ich niemanden überfordere, der das nicht verdient hat.
Mhm, ich hab den Eindruck, dass du über Autarkie schreibst. Das man sich vollkommen selber genügen soll und deshalb keinen Therapeuten mehr braucht, der einen wohlwollend (betüddelnd) begleitet. Ich denke, dass das so eben wirklich nicht funktioniert, wenn du nicht anfängst im Außen gesunde Beziehungen aufzubauen. Dann hast du wahrscheinlich wirklich den Drang krank zu bleiben, um diese Beziehung nicht zu verlieren.isabe hat geschrieben:Aber mir ist jetzt nicht so klar, wieso du über Autarkie schreibst? Ich schreibe jetzt hier tatsächlich nur über die Beziehung zum Therapeuten und über ihre Wichtigkeit und darüber, was "Wichtigkeit" in diesem Zusammenhang ist, wenn eben gleichzeitig die Autonomie gefördert werden soll. Dass der ideale Patient (und bei vielen ist das bestimmt auch so) natürlich versucht, die Beziehungen im Außen zu entwickeln, haben vermutlich alle Leute so im Hinterkopf (wobei mich das gerade daran erinnert, dass mein erster Th. mir mal untersagen wollte, mich mit einem Mann zu treffen, weil mir das angeblich nicht gut tun würde).
Den zweiten Teil deiner Aussage verstehe ich persönlich dagegen sehr gut. Ich sag ja, ich könnte auch nichts damit anfangen, wenn jemand anfängt eine Abhängigkeit zu forcieren, weil ich auch das Gefühl hätte nicht zu wachsen, "klein gehalten" zu werden.
Ich mach deshalb ja auch nicht die Sorte von Therapie, kann mir aber vorstellen, was das Prinzip dahinter sein könnte. Und da muss eben jeder selber für sich entscheiden, ob es ihn weiterbringt. Ich glaube, wenn das gut gelingt, kann es einen Menschen weiterbringen. Aber eben nur, wenn der Therapeut dabei unterstützt, diese Abhängigkeit auch aufzulösen, sich andere Menschen im Außen zu suchen. Deshalb bin ich eben auf Autarkie gekommen, weil mir schien, dsas du meinst, man darf am Ende der Therapie in keiner Form mehr auf Menschen angewiesen sein und muss vollkommen alleine klar kommen.
Zuletzt geändert von Elfchen am Di., 10.01.2017, 07:16, insgesamt 1-mal geändert.
Grund: Keine Fullquoten, danke.
Grund: Keine Fullquoten, danke.
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Jeder vernünftige, professionelle Therapeut wird einen Patienten dazu animieren, Beziehungen außerhalb der Therapie zu suchen. Ich bin gerade relativ wenig abhängig und autonom bin ich eh schon immer, dennoch habe ich gerade aufgrund äußerer Umstände wenig Beziehungen (Beziehung letztes Jahr beendet, Freunde weggezogen) und beim Versuch neue aufzubauen bin ich bislang gescheitert. Auch weil mir aufgrund der Depression die Energie und der Spaß daran fehlt. Ich denke solange der Wunsch da ist und man es immer wieder versucht, ist alles ok. Der Therapeut soll halt nicht zum einzigen Menschen im Leben werden. Dafür finde ich es aber auch wichtig gesagt zu bekommen, dass das eine endliche Veranstaltung und somit auch Beziehung ist und man sich nicht darauf ausruht und denkt, man kann für immer kommen. Was ja auch schon aufgrund des Kontingents oder Geld wohl für die meisten nicht auf Dauer möglich ist. Daher finde ich es eher gefährlich jemandem zu sagen, er darf solange kommen, wie er will. Besser wäre vllt:"solange wie es dauert"
Na ja, während Du auf der Couch liegst wahrscheinlich nicht. Denn dann liegst Du ja auf der Couch. Du kannst da allerdings Zugang zu den Dingen finden, die Du DANACH (und damit meine ich auch zwischen zwei Terminen) draußen im Leben für Dich wichtig findest und gerne machen/ändern würdest.isabe hat geschrieben:Runter von der Couch und raus ins Leben. Geht das, während man noch AUF der Couch liegt?
Es liegt ja keiner 24/7 auf der Couch oder sitzt im Therapieraum sondern nur für sehr begrenzte Zeit in Bezug auf die "Gesamtwochenzeit" gemessen und es gibt ein Leben dazwischen in dem sich das erkannte und gespürte leben liese. Das ist für meine Begriffe auch das Problem, wenn die Gedanken aus welchen Gründen auch immer 24/7 nur um die Therapie oder gar den Therapeuten kreisen, dass dann gar kein Raum für ein "sich selbst entsprechendes" Leben außerhalb bleibt.
Im Grunde lebt ja niemand "in" der Therapie und es sollte auch niemand "für" die Therapie leben, sondern die Therapie sollte dazu dienen, dass das Leben außerhalb der Therapie zunehmend gut und zufriedenstellend gelebt wird und werden kann.
Die "Unterstützung" (ich nenne es bewusst nicht "Liebe") ist eine "Hilfestellung". Wie ein Vater der seine Tochter auf den Baum hebt, weil sie noch nicht von alleine hoch kommt, damit sie auf ihm rumklettern kann und der ihr von unten sagt, wie klettern geht. Irgendwann kann sie es dann selbst und braucht den Vater dafür nicht mehr.
Ungefähr so würde ich das sehen.
Ich verstehe das mit dem Missverständnis nicht. Meine Therapeutin und ich verstehen uns, glaube ich, inzwischen recht gut bezüglich dem, was die Therapie für mich bedeutet. Anfangs war das nicht so und ich wäre längst nicht mehr bei ihr, wenn wir da nicht inzwischen an einem Strang ziehen würden. Natürlich darf sie mich auch konfrontieren, das ist ja nicht der Punkt. Aber Konfrontation steht nicht im Mittelpunkt meiner Therapie. Es geht bei mir tatsächlich weniger um Konfliktbewältigung als um Wachstum innerhalb der Beziehung. Und ich wehre mich nicht gegen das Wachstum, so wie ein Kind sich auch nicht gegen das Wachsen wehrt/wehren kann.isabe hat geschrieben:Tristezza:
Das würde aber bedeuten, dass der Patient überhaupt nicht im Widerstand und nicht im Konflikt ist, weil für ihn glasklar ist: "Ich wil so schnell wie möglich gesund werden und nur das". Siehst du das wirklich so? Ich sehe - bei mir selbst, aber auch allgemein - durchaus den Konflikt zwischen Autonomie und Abhängigkeit, und ich glaube nicht, dass man den grundsätzlich durch Zuwarten löst; dann ist doch der für die Störung ursächliche Konflikt noch DA, und die Heilung ist nicht eingetreten, auch wenn der Patient durchaus aktiv geworden ist und irgendwann gegangen ist.
Selbst bei frühgestörten Patienten mit unsicheren Bindungen (dazu gehöre ich auch) gibt es ja nicht NUR die "Strukturpathologie", sondern AUCH Konflikte, und manchmal denke ich beim Lesen im Forum, dass häufig allein der strukturelle Aspekt gesehen wird, der - salopp formuliert - darauf hinausläuft, dass man den frühgestörten Patienten mit nichts konfrontieren "darf", ohne dass er in sich zusammenfällt. Und ich denke, dass das nicht "naturgegeben" ist, sondern dass das auf einem Missverständnis darüber beruht, was Therapie / Analyse ist und was nicht.
Zuletzt geändert von Elfchen am Di., 10.01.2017, 07:17, insgesamt 1-mal geändert.
Grund: Bitte keine Fullquoten, danke!
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