Hallo zusammen,
ich habe schon ein bisschen in diesem Forum gelesen und mich sehr über die vielen guten und konstruktiven Beiträge gefreut. Vielleicht könnt ihr mir ja auch ein wenig weiterhelfen.
Ich schildere mal kurz und knapp meinen bisherigen Werdegang und die aktuelle Situation. Ich werde bald 28 Jahre alt und bin derzeit im Referendariat für das Gymnasiallehramt.
Leider leide ich schon seit vielen Jahren an psychischen Problemen, die bisher in 2-3 starken Schüben in Stresssituationen in Form schwerer Depressionen auftraten. So hatte ich ganz am Anfang meines Studiums (ich habe erst etwas anderes studiert) eine erste schwere Depression, die zunächst gar nicht als solche erkannt wurde und ich auch wochen- und monatelang überhaupt nicht wusste, was mit mir los war. Schließlich konnte ich gar nicht mehr schlafen und war völlig am Boden, woraufhin ich in eine Klinik kam. Nach insgesamt 8 Wochen Klinik- und Tagesklinikaufenthalt ging es mit mir langsam wieder bergauf und ich wechselte mein Studium zum Lehramt, da ich eine konkrete Zukunftsperspektive haben wollte. Der Auslöser dieser ersten Depressionen waren vor allem Zukunftsängste und Unsicherheit, was aus mir werden sollte und Ängste den neuen Anforderungen des Studiums nicht gewachsen zu sein, obwohl oder gerade weil ich ein sehr gutes Abitur gemacht hatte.
In den folgenden Jahren lief alles für mich recht reibungslos und gut, bis meine Freundin mich verließ und ich in eine zweite große Krise samt Klinikaufenthalt geriet. Ich konnte mir einfach kein Leben ohne Sie vorstellen und sah abermals meine Zukunft völlig schwarz. Dies ist bei mir jeweils eine sich steigernede Spirale gewesen. In guten Phasen bin ich ein sehr selbstbewusster, kompetenter und zuversichtlicher Mensch und in diesen schlechten Phasen verkehrt sich das Ganze jeweils ins genaue Gegenteil. Schließlich bewältigte ich auch diese Krise und konnte mein Studium erfolgreich fortsetzen. Zwischenzeitlich hatte ich eine weitere "kleine" Krise, da ich mich von den sehr zahlreichen und zeitlich eng liegenden Examensprüfungen überfordert fühlte. Zu dieser Zeit absolvierte ich auch mein letztes Praktikum in der Schule und hatte ganz arge Zweifel an meiner Berufswahl, da ich mich in der Schule nicht besonders wohl fühlte und das Gefühl hatte dem Ganzen nicht gewachsen zu sein. Doch diese Krise konnte ich selbst durch positives Denken überwinden und habe die Situationen gemeistert, wobei der Druck danach auch wieder geringer wurde und ich eine ambulante Psychotherapie begonnen hatte (alledings zu einem Zeitpunkt, als ich die Krise schon aus eigener Kraft überwunden hatte). Ich wollte jedoch immer noch Beruf wechseln, was sich erst langsam mit zunehmenden Selbstbewusstsein wieder änderte.
Letztlich habe ich meinen Studienabschluss mit "sehr gut" bestanden und war erstmal total happy und hab mich sogleich für das Referendariat beworben.
Anfangs lief es im Ref auch noch recht gut und ich war motiviert und hatte durchaus Erfolgserlebnisse, allerdings fühlte ich mich mit zunehmender Stundenanzahl mehr und mehr überfordert und hab das Gefühl keinen guten Unterricht mehr zu machen. Ich fühle mich einfach inkompetent guten Unterricht zu planen und habe das Gefühl für alles ewig zu brauchen. Die Vorbereitung zu Hause wächst mir total über den Kopf und ich komme zu keinem Ende. Habe das Gefühl keine Freizeit mehr zu haben, schlafe schlecht und hab ständig ein schlechtes Gewissen, wenn ich nichts für die Schule tue. Somit ist die ganze anfängliche Freude völlig verflogen und es sind die Gefühle vom letzten Praktikum wieder da. Ich denke einfach, dass ich mit der Unstrukturiertheit des Berufs und der vielen Heimarbeit überhaupt nicht zurecht komme und mich nur stresse. Während des Studiums habe ich viel nebenbei (u. a. ehrenamtlich) gearbeitet, z. B. in Wahlgremien, wie dem Kontrollgremium des Studentenwerks, Akademischer Senat etc. Weiterhin war ich für den kaufmännischen Bereich des studentischen Kopierservice zuständig und habe Verhandlungen über das Semesterticket (für weit über 10.000 Studierende) geführt. Diese Tätigkeiten haben mir zumeist große Freude bereitet, da ich einerseits sowohl gut im Team arbeiten konnte, aber andererseits eine meist gut durch Zahlen etc. strukturierte Arbeit hatte, die sichtbare Erfolge zeitigte. All dieses scheint mir momentan zu fehlen und ich glaube einfach nicht, dass der Lehrerberuf der richtige für mich ist. Allerdings fühle ich mich mit meinem Lehramtsstudium (Geschichte und Germanistik) auch völlig eingeschränkt in einen anderen Bereich zu wechseln, da dieses nicht gerade für die oben genannten Tätigkeiten in Unternehmen oder bei öffentlichen Arbeitgebern qualifiziert... (kurze Forts. folgt noch... zu wenig Zeichen
Überforderung als Lehrer; im Referendariat / Alternat.?
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Ich weiß echt nicht, wie ich weitermachen soll, da ich auch große Angst habe im Familien-, Freundes- und Kollegenkreis als Verlierer dazustehen, wenn ich das Referendariat nicht packe oder mich bewusst für einen Abbruch entscheide, wozu ich auch erstmal eine konkrete Perspektive bräuchte... :(. Jedenfalls muss ich in irgendeiner Weise gegen die derzeitige Situation angehen, da ich psychisch schon wieder alle Warnsignale (Schlaflosigkeit, Appetitlosigkeit, Schwitzen, vermindertes Selbstbewusstsein...) spüre. Aktuell versuche ich es auch schon wieder mit positiven Denken, aber das fällt mir momentan noch sehr schwer, da beim letzten Mal im Gegensatz zu jetzt eine zeitnahe Entlastung (Ende des Praktikums und Ende der Examensprüfungen) zu erwarten war...
Für Tipps, Anregungen und Perspektiven wäre ich euch wirklich sehr dankbar.
LG
Samba
Für Tipps, Anregungen und Perspektiven wäre ich euch wirklich sehr dankbar.
LG
Samba
Hallo Samba,
dass du dich gestresst fühlst, kann ich gut nachvollziehen. Das Referendariat ist eine wirklich harte Zeit, selbst für jemanden, der nicht zu Depressionen neigt. (Ich bin froh, dass ich das hinter mir habe !)
Aber du scheinst dich auch zusätzlich noch selber unter Druck zu setzen, indem du alles übermäßig perfektionistisch machen willst, so dass du gar keine Zeit mehr hast, dich von dem Stress zu erholen und deine Batterien wieder aufzuladen. Das ist schon für stabilere Naturen schwer auszuhalten.
Du solltest dir wirklich genug Zeit für Sport oder Treffen mit Freunden oder sonstige Freizeitbeschäftigungen, die dir Freude machen, einplanen. Die Unterrichtsvorbereitung MUSS NICHT immer absolut PERFEKT sein ! Es reicht, wenn es GUT GENUG ist ! (Abgesehen von den Lehrproben natürlich. Da kannst du dann ja zeigen, was du alles drauf hast, und bei einer 1 im Examen ist das wohl eine ganze Menge !!!)
Wichtiger ist, dass du auf die Schüler eingehst und ihre Beiträge und Ideen angemessen würdigst. Dazu ist eine gewisse Flexibilität in der Unterrichtsgestaltung notwendig. Du kannst sowieso nicht alles im Voraus planen, und das sollst du auch gar nicht! Das ist jedenfalls meine Erfahrung. Meistens sind die nicht total durchgeplanten Stunden viel besser, als die, wo du dich sklavisch an deinen Entwurf klammerst.
Das Wichtigste ist meiner Meinung nach, ob du gut mit den Schülern zurecht kommst und du dich in deiner Lehrerrolle einigermaßen wohl fühlst. Wenn du dich jeden Tag nur in die Schule quälen musst und es dich die totale Überwindung kostet, dich vor die Klasse zu stellen, dann wirst du auf die Dauer nicht glücklich werden ! Die Schüler merken Unsicherheit oder Unwohlsein schnell und lassen dich leider auch oft gnadenlos spüren, dass sie dich nicht als Lehrer akzeptieren.
Eins kann ich dir jedenfalls garantieren: Wenn das Referendariat vorbei ist, und du nicht mehr ständig unter der Fuchtel der Seminarlehrer stehst, dann lässt der Stress deutlich nach ! Und dann kann der Beruf auch richtig Spass machen ! (Nicht immer, natürlich. Aber in welchem Beruf hat man schon immer Spaß ?!)
dass du dich gestresst fühlst, kann ich gut nachvollziehen. Das Referendariat ist eine wirklich harte Zeit, selbst für jemanden, der nicht zu Depressionen neigt. (Ich bin froh, dass ich das hinter mir habe !)
Aber du scheinst dich auch zusätzlich noch selber unter Druck zu setzen, indem du alles übermäßig perfektionistisch machen willst, so dass du gar keine Zeit mehr hast, dich von dem Stress zu erholen und deine Batterien wieder aufzuladen. Das ist schon für stabilere Naturen schwer auszuhalten.
Du solltest dir wirklich genug Zeit für Sport oder Treffen mit Freunden oder sonstige Freizeitbeschäftigungen, die dir Freude machen, einplanen. Die Unterrichtsvorbereitung MUSS NICHT immer absolut PERFEKT sein ! Es reicht, wenn es GUT GENUG ist ! (Abgesehen von den Lehrproben natürlich. Da kannst du dann ja zeigen, was du alles drauf hast, und bei einer 1 im Examen ist das wohl eine ganze Menge !!!)
Wichtiger ist, dass du auf die Schüler eingehst und ihre Beiträge und Ideen angemessen würdigst. Dazu ist eine gewisse Flexibilität in der Unterrichtsgestaltung notwendig. Du kannst sowieso nicht alles im Voraus planen, und das sollst du auch gar nicht! Das ist jedenfalls meine Erfahrung. Meistens sind die nicht total durchgeplanten Stunden viel besser, als die, wo du dich sklavisch an deinen Entwurf klammerst.
Das Wichtigste ist meiner Meinung nach, ob du gut mit den Schülern zurecht kommst und du dich in deiner Lehrerrolle einigermaßen wohl fühlst. Wenn du dich jeden Tag nur in die Schule quälen musst und es dich die totale Überwindung kostet, dich vor die Klasse zu stellen, dann wirst du auf die Dauer nicht glücklich werden ! Die Schüler merken Unsicherheit oder Unwohlsein schnell und lassen dich leider auch oft gnadenlos spüren, dass sie dich nicht als Lehrer akzeptieren.
Eins kann ich dir jedenfalls garantieren: Wenn das Referendariat vorbei ist, und du nicht mehr ständig unter der Fuchtel der Seminarlehrer stehst, dann lässt der Stress deutlich nach ! Und dann kann der Beruf auch richtig Spass machen ! (Nicht immer, natürlich. Aber in welchem Beruf hat man schon immer Spaß ?!)
Life is what happens to you while you're busy making other plans.
(John Lennon)
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- [nicht mehr wegzudenken]
- , 48
- Beiträge: 1294
Die ersten Jahre der Berufstätigkeit sind immer stressig. Warum? Weil man hohe Erwartungen an sich selbst hat und einem einfach die Erfahrung fehlt. Mir fällt das immer öfter auf, dass junge Leute glauben, sie müssen von Anfang an alles immer super und perfekt machen und wenn sie das nicht schaffen kommt die große Krise. Das ist ein völlig übersteigerter Anspruch. Man muss Situationen erlebt haben (auch schlimme und unangenehme) um herauszufinden, wie man damit umgeht. Anders gehts leider nicht.
Ich erinnere mich, dass ich im ersten Jahr meiner Berufstätigkeit auch Nächte durchgearbeitet habe und jedesmal Panik hatte, wenn etwas nicht perfekt geklappt hat - und das hat es immer wieder. Mit der Zeit wurde dann alles lockerer, ich war fachlich kompetent (durch die Nachtschichten am Anfang) und viele Dinge liefen dann automatisiert, routinemässig bei mit ab. Irgendwann merkte ich dann, dass der Stress einfach weg war - ich hatte genug Erfahrung erworben, um das Ganze gelassener anzugehen.
Ich erinnere mich, dass ich im ersten Jahr meiner Berufstätigkeit auch Nächte durchgearbeitet habe und jedesmal Panik hatte, wenn etwas nicht perfekt geklappt hat - und das hat es immer wieder. Mit der Zeit wurde dann alles lockerer, ich war fachlich kompetent (durch die Nachtschichten am Anfang) und viele Dinge liefen dann automatisiert, routinemässig bei mit ab. Irgendwann merkte ich dann, dass der Stress einfach weg war - ich hatte genug Erfahrung erworben, um das Ganze gelassener anzugehen.
Alles ist gut, wenn es aus Schokolade ist.
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Das mag ja alles stimmen, aber wenn man in der eigenen Tätigkeit nur wenig Sinn sieht, da für mich nur schwer ersichtlich ist, ob die Schüler a) meine Arbeit wertschätzen und b) überhaupt vorwärtskommen (hier fehlen mir sichtbare Ergebnisse), ist es schwierig positiv auf die weitere Tätigkeit zu blicken.
Zum anderen sehe ich tagtäglich, dass die Belastung bei den Kollegen keineswegs geringer ist, wenn sie eine voll Stelle haben. Viele arbeiten, wenn sie korrigieren müssen weit über 70-80 Stunden in der Woche und schlafen teilweise nur 4 Stunden pro Nacht.
Ich bin anscheinend diesen starken Belastungen nicht gewachsen, da ich z. B. in der Nacht schweißgebadet aufwache, dann nicht mehr einschlafen kann und am Tag völlig erschlagen bin... Ich will ja auch nicht gleich die Flinte ins Korn werfen und hoffe, dass mir die Tätigkeit doch noch Freude bringt, allerdings mache ich mir ernsthafte Sorgen um meine Gesundheit und habe große Angst wieder schwer krank zu werden, was für mich die absolute Katastrophe wäre, da ich in beiden Fällen ziemlich durch die Hölle gehen musste, bevor es wieder besser wurde...
Zum anderen sehe ich tagtäglich, dass die Belastung bei den Kollegen keineswegs geringer ist, wenn sie eine voll Stelle haben. Viele arbeiten, wenn sie korrigieren müssen weit über 70-80 Stunden in der Woche und schlafen teilweise nur 4 Stunden pro Nacht.
Ich bin anscheinend diesen starken Belastungen nicht gewachsen, da ich z. B. in der Nacht schweißgebadet aufwache, dann nicht mehr einschlafen kann und am Tag völlig erschlagen bin... Ich will ja auch nicht gleich die Flinte ins Korn werfen und hoffe, dass mir die Tätigkeit doch noch Freude bringt, allerdings mache ich mir ernsthafte Sorgen um meine Gesundheit und habe große Angst wieder schwer krank zu werden, was für mich die absolute Katastrophe wäre, da ich in beiden Fällen ziemlich durch die Hölle gehen musste, bevor es wieder besser wurde...
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- [nicht mehr wegzudenken]
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Naja, wenn Du das Ganze als sinnlos empfindest und dazu es wirklich auf die Gesundheit geht, ist die Entscheidung ja eh schon getroffen. Sattle um und such etwas, das besser zu Dir passt. Sich quälen ohne Perspektive hat definititv keinen Sinn.
Alles ist gut, wenn es aus Schokolade ist.
Ich denke halt, dass meine Wahrnehmung aufgrund der Negativspirale, in der ich mich befinde auch ein wenig verzerrt ist. Bei mir ist die Wahrnehmung geradezu völlig entgegengesetzt, wenn es mir gut geht. Da hab ich dann das Gefühl, dass mich nichts aus der Bahn werfen kann und bin die Ruhe selbst, allerdings hat der Stress der letzten Wochen das Ganze ins Gegenteil verkehrt und ich weiß halt einfach nicht, wie ich da wieder rauskomme, da ich mich immer sehr quälen muss, um Unterricht vorzubereiten, weil ich immer schon denke, dass eh nichts Zufriedenstellendes dabei herauskommt und der Druck sich jeden Tag wieder etwas Neues Motivierendes für die Schüler ausdenken zu müssen erscheint mir auch immer größer, weshalb der Unterricht auch immer weniger motivierend wird, da meine Kreativität unter meinem Zustand ebenfalls leidet.
Ich habe halt die Hoffnung, dass sich meine Wahrnehmung noch einmal ändert, wenn ich es schaffe aus dieser Spirale herauszukommen, was ich durch bessere Orga etc. versuche zu erreichen, allerdings kommt da auch meist immer wieder etwas dazwischen und es wird alles auf den letzten Drücker wieder sehr stressig und überfordernd...
Ich habe halt die Hoffnung, dass sich meine Wahrnehmung noch einmal ändert, wenn ich es schaffe aus dieser Spirale herauszukommen, was ich durch bessere Orga etc. versuche zu erreichen, allerdings kommt da auch meist immer wieder etwas dazwischen und es wird alles auf den letzten Drücker wieder sehr stressig und überfordernd...
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