Das menschliche Leben ist viel zu lang...

Was Sie in Bezug auf Ihre eigene Zukunft, oder auch die gegenwärtige Entwicklung der Gesellschaft beschäftigt oder nachdenklich macht.
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balala
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Das menschliche Leben ist viel zu lang...

Beitrag So., 06.05.2012, 15:12

Hallo

ich schreibe hier einmal auf was mich in den letzten Monaten so sehr beschaeftigt hat:

Ich war eigentlich immer recht lebensfroh, habe viele soziale Kontakte und war immer an jeder Menge Dinge interessiert (Reisen, Fotographie, Musik, DJing, Literatur, Menschen, Tiere, Philosophie, Design, Wandern, Radfahren, Computer, Kochen, andere Kulturen, etc.). Ich habe viele Dinge ausprobiert, habe einen guten Job, lebe in einer Stadt in der ich mich wohlfuehle, bin relativ gesund und Ende 20.

Nun habe ich das Problem, dass mich das Leben nur noch langweilt - einfach weil ich keine Ahnung mehr habe, was ich noch in den restlichen (theoretisch) verbleibenden Jahrzehnten anstellen soll. Mein Problem ist dabei primaer, dass ich nie Ziele hatte im Leben - weder bedeutet mir Kariere etwas, noch das Gruenden einer Familie, noch eine Beziehung, noch meine Hobbies - diese dienen mir einfach nur dazu, das Leben zu ertragen. Sie interessieren mich auch in dem Moment in dem ich ihnen nachgehe, ich mache teils recht gute Fortschritte, jedoch kommt mir alles wie eine stetige Wiederholung vor - etwas finden was einen interessiert, sich darin einlesen, anfangen etwas auszuprobieren, darin halwegs gut werden, sein persoenliches Limit erreichen, sich etwas neues suchen, wieder von vorn anfangen...

Auch bei allen anderen Dingen geht es mir so - ich habe das Gefuehl, dass man alles auf ein relaitv einfaches Ganzes herunterbrechen kann - z.B. Menschen: egal wo man ist in der Welt, alle wollen Essen, ein Dach ueber dem Kopf, eine Aufgabe die Sie erfuellt, evtl. eine Familie etc. - die Nuancen, die jeden einzelnen Menschen ausmachen fand ich jahrelang sehr spannend, nur bin ich nun auch an einem Punkt, an dem ich mir so gut wie alle Facetten erklaeren und diese einordnen kann bzw. von denen schon gehoert habe und mich daran, so krass sie auch sein moegen, nichts mehr anhebt oder wundert. Klar lernt man nie aus, aber das sind dann eher die lezten 100 Teile des 3000-Teile-Puzzles.

Ich habe das Gefuehl im Kopf schon alt zu sein und habe doch noch so viel Zeit vor mir - Aktivitaet kostet Kraft, aber die Belohnung der Entdeckung von etwas absolut Unbekannten bleibt inzwischen fast immer aus - man erkennt recht schnell wie der Hase laeuft.

Hier muss ich vielleicht auch noch dazu sagen, dass ich immer an den allgemeinen Funktionsweisen von Dingen interssiert war - z.B. dass ein Auto 4 Raeder hat, einen Motor, etc. , es zum Fahren dient etc. aber nicht wie der Motor im Detail aufgebaut ist - sprich ein breites Wissen fand ich erstebenswert, die Tiefe fand ich nie spannend - auch wenn ich in meinen Augen kein oberflaechlicher Mensch bin...

Desweiteren ist in diesem Zusammenhang zu sagen, dass sich dies auch in der Frustrationstoleranz meinerseits wiederspiegelt - sprich ich bin allem Neuen gegenueber aufgeschlossen, werde ich jedoch verletzt fasse ich das Thema nicht mehr an und renne weiter zum naechsten (Fach-)Gebiet. In meinem Augen ist dies auch eine Kosequenz der fehlenden Ziele, welche sich in diesem Falle in einem fehlenden Ergeiz aeussert.

Ich haette nix gegen einen Tod mit 30 Jahren - dies kaeme mir angemessen vor - gefuehlt habe ich ein Leben im Zeitraffer gelebt.

Geht es euch manchmal aehnlich bzw. habt ihr Gedanken zu meinem Post, die ihr gern mit mir teilen wuerdet?

Viele Gruesse

PS: und nein, ich habe nicht aufgegeben - in den letzten Tagen habe ich mehrere Buecher gelesen, Fotographie-Projekte vorangetrieben, es steht bald eine Indienreise an, beruflich bin ich in naechster Zeit gut eingespannt etc...
Zuletzt geändert von balala am So., 06.05.2012, 15:45, insgesamt 3-mal geändert.

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Nico
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Beitrag So., 06.05.2012, 15:23

Also ich bin doppelt so alt wie du, weiss aber ganz genau, dass ich erst einen verschwindend geringen Teil dessen was sich erleben und erlernen laesst, geschafft habe.
Weisst du, ich kenne ein junges Maedchen, dass aehnlich wie du gedacht hat und daher ist sie von einem Hochhaus gesprungen.
Sie hat mit schwersten Verletzungen an denen sie ihr ganzes weiteres Leben ziemlich leiden wird, ueberlebt.
Aber JETZT lebt sie sehr gerne, ist froehlich, gluecklich und extrem positiv, sie studiert und hat grossen Lebenshunger.
Vielleicht braeuchtest auch du ein aehnlich einschneidendes Erlebnis um wieder schaetzen zu lernen was du derzeit unbeachtet liegen laesst.
Nicht das schwarze Schaf ist anders, sondern die weißen Schafe sind alle gleich ;)

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balala
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Beitrag So., 06.05.2012, 15:32

Lieber Nico,

hehe, ich kenne einen schoenen 16-Geschosser in meiner Naehe, manchmal war ich auch kurz davor hinzufahren...das will ich aber nicht, da ich Verantwortung habe, zu erst gegenueber meinen Eltern, die mein Weiterleben mehr als verdient haben.

Ich denke ich weiss auch, dass es vermessen ist zu sagen "ich kenne alles, hab alles gesehen etc." - das wird nie ein Mensch ernsthaft sagen koenne, den dafuer ist das Leben einfach viel zu kurz, die Welt zu gross und zu dynamisch etc. - und auch ich liebe die kleinen, leisen Momente - nur eben spenden Sie mir auch nur fuer den Moment Zufriedenheit, denn bald rueckt mein Fokus wieder weiter nach draussen und dann verlieren die kleinen Dinge ihren exklusiven Wert und aus Ihnen wird wieder ein beliebiger Brei...

VG
Zuletzt geändert von balala am So., 06.05.2012, 15:37, insgesamt 1-mal geändert.

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Nico
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Beitrag So., 06.05.2012, 15:37

Ich verstehe nicht ganz warum du moechtest, dass das Leben mit 30 endet, wenn dir ja schon jetzt mit 25 fad ist. Wozu brauchst du dann die weiteren 5 Jahre, kann ja nur schlimmer werden, oder ?
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balala
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Beitrag So., 06.05.2012, 15:41

Sorry, das Alter links stimmt nicht ganz, ich passe das gleich mal an - ich werde in ein paar Monaten 29. Die 30 war eher eine fiktive Zahl, mir ging es eher darum auszudreucken, dass sich mein Geisteszustand wie "95% des Lebens gelebt" anfuehlt.

Was mich derzeit noch weiter aktiv sein laesst, ist die Angst etwas zu verpassen, was ich evtl. spaeter bereuhen koennte bzw. erhalte ich meine sozialen Kontakte primaer aus dem Gedanken heraus: "Was, wenn ich doch hinbekomme, meine Einstellung irgendwann zu aendern und dann habe ich mir aus meinem jetzigen Zustand heraus alles verbockt."

Ich finde eigentlich ist dies ein gutes Zeichen, denn das zeigt ja auch, dass ich noch Hoffnung auf eine Zukunft habe - nur oftmals laugt mich einfach die derzeitige Ziellosigkeit so aus. Der Maratonlaeufer rennt 42KM und ist sicher auch zwischendrin mal fertig - nur weiss er wozu er die Strecke rennt. Ich komme mir vor, als renne ich neben ihm, aber eher wie ein geistiger Roboter - ich sehe keine Sinn darin mitzulaufen und mache es nur, um nicht zu stagnieren - bedeuten tut mir das Laufen allerdings nichts.
Zuletzt geändert von balala am So., 06.05.2012, 15:55, insgesamt 1-mal geändert.

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Nico
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Beitrag So., 06.05.2012, 15:48

Und darum wuerdest du, wenn man den Threadtitel woertlich nimmt, gleich die Lebenserwartung der gesamten Menschheit drastisch reduzieren ?
Ist das jetzt Groessenwahn oder Feigkeit was da dahintersteckt ?

Ich empfinde mein Leben naemlich keineswegs zu lang und haette sehr gerne noch einige Jaehrchen.
Nicht das schwarze Schaf ist anders, sondern die weißen Schafe sind alle gleich ;)

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Beitrag So., 06.05.2012, 15:58

Eigentlich steckt hinter der Titel-Aussage nicht mehr als eine nicht ganz exakte Formulierung - "Mein Leben ist viel zu lang.." wollt ich damit ausdruecken.

Das mit den "paar extra Jaehrechen" interessiert mich: ich verstehe nicht, was Menschen sich von einem laengeren Leben erhoffen - in dem Moment des Todes sind saemtliche erlernte und erlebte Dinge nichtig - das Hirn hoert auf zu arbeiten und das wars (ich glaube nicht an ein Leben nach dem Tod, einen hoeheren Sinn des Lebens etc.)...ich finde irgendwie das ist wie wenn die Titanic-Bauer schon vor der Jungfernfahrt gewusst haetten, dass der Kahn untergeht und trotzdem sich die selbe Muehe gegeben haetten...

...vielleicht ist dies auch ein falsches "Effizienzdenken" von mir - Leistung fuer Belohnung funktioniert nunmal oft nur in kuenstlichen Systemen bzw. raubt vielen nicht "abrechenbaren" Dingen ihren Zauber - aber komme ich von diesem Wertesystem weg?
Zuletzt geändert von balala am So., 06.05.2012, 16:09, insgesamt 1-mal geändert.

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Beitrag So., 06.05.2012, 16:07

Schon besser
Und du wuerdest die Verantwortung fuer ein - sagen wir einmal - rechtzeitiges Ende deines Lebens, gerne abgeben stimmts ?
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balala
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Beitrag So., 06.05.2012, 16:23

Klar wuerde ich diese Verantwortung meinen Eltern gegenueber gern abgeben, aber das darf ich in meinen Augen nicht tun, da meine Eltern gute Menschen sind. Ich hatte schonmal das "Vergnuegen" Eltern die Todesnachricht ihres Kindes zu ueberbringen...was dann folgte hat mich dies gelehrt.

Diese Lehre macht mir jedoch auch zu schaffen, da Sie beinhaltet, dass ich fuer andere Menschen weiterleben muss und damit fuehle ich mich gefangen im Hamsterrad. "Wenn ich nicht weiter renne, leuchtet die Gluehlampe, die vom Hamsterrad betrieben wird nicht mehr und mein Herrchen braucht doch das Licht."

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Tante Käthe
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Beitrag So., 06.05.2012, 16:30

Eine "Diskussion", die sicher nicht uninteressant ist, geht es m. E. ja "lediglich" um könnte, wenn und aber, jedoch nicht um Vorhaben bzw. Tun. Geht es wohl eher um den "Sinn" eines langen bzw. erfüllten Lebens...hoffe ich.

Dennoch bitte ich, bei der Wortwahl etwas mehr acht zu geben, diese könnte mancher User auch als Suizidankündigung oder gar -ermutigung ansehen. Dies ist nicht Sinn des Forums.

Bitte genauer auf die Forenregeln achten, sonst muss der Thread geschlossen werden.

LG
Käthe
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Nico
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Beitrag So., 06.05.2012, 16:38

Also ermutigen will ICH hier ganz bestimmt nicht, aber ich gebe zu, dass mich an dieser Konstellation das " warum nicht" schon interessiert.
Nicht das schwarze Schaf ist anders, sondern die weißen Schafe sind alle gleich ;)

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Tante Käthe
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Beitrag So., 06.05.2012, 16:46

Nico, das weiß ich. Wer Deine Postings kennt und Deine direkte Art dieser, der erkennt das auch, dennoch gibt es mit Sicherheit UserInnen, die es anders erlesen, daher nochmals Verweis auf meinen vorherigen Text.

LG Käthe
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Passat
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Beitrag So., 06.05.2012, 16:46

Hallo balala,

manches Mal in meinem Leben habe ich auch schon so oder so ähnlich empfunden wie du. Aber dann - alle paar Jahre rückblickend - wird doch ersichtlich, dass es ständig wesentliche Weiterentwicklungen gibt.

Inzwischen scheint mir daher das Leben viel zu kurz, da ich befürchte, nicht genügend Lebenszeit zu haben, die wirklich wesentlichen Dinge bis zum Ende zu begreifen.

Wenn du nun schon seit Jahren eine solche Entwicklung gar nicht mehr erkennen kannst, dann ja vielleicht wirklich deshalb, dass du der Tiefe der Dinge wenig Aufmerksamkeit schenkst. Die äußeren Fuktionen und Systeme zu begreifen, und dieses Begreifen dann auf alles anzuwenden, ist ja leicht. Aber den Zwischentönen Bedeutung zu verleihen - das ist wohl die Lebensaufgabe und wahre Herausforderung für uns alle.
"Alles entsteht durch den Konflikt" (Heraklit)

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balala
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Beitrag So., 06.05.2012, 16:59

Hallo Passat,

und wie wurde Dein Interesse fuer diese Nuancen geweckt. Ich habe mich darin eben schon oft versucht, aber empfinde dies nicht als stimmulierend genug - bzw. gibt es ja auch bei Berufen immer Spezialisten (Tiefenwissen) und Generalisten (Breitenwissen) - beides geht hier imo nicht. Ich empfand immer die Faehigkeit moeglichst weit zu Abstrahieren eine gute Gabe, da ich nicht viele Menschen kenne die dies gut koennen, obwohl sie in einigen wenigen Breichen sehr gut sind.

Und eben die "wirklich wesentlichen Dinge" lassen sich aus meiner derzeitigen Sicht eben genau so erfassen - denn sooo viele sind das eben gar nicht. Sind viele Nuancen denn wensentlich (ernst gemeinte Frage )
Meiner Meinung nach moechten viele Menschen die Welt und all Ihre Facetten gern komplexer sehen als sie ist. Gerade menschliches Handeln ist in meinen Augen mit relativ wenigen Grundzuegen der menschlichen Psyche erklaerbar, auch wenn auf den ersten Blick dieses wie ein Meer von Beweggruenden wirkt. Und eben die erkenntnis, dass eine noch so tolle, noch nie gesehene Farbe sich wieder auf die Mischung aus RGB zurueckfuehren laesst raubt fuer mich den Nuancen den Reiz

@Nico: das warum nicht hatte ich ueber dem ersten Beitrag von Kaethe versucht zu verdeutlichen
Zuletzt geändert von balala am So., 06.05.2012, 17:09, insgesamt 1-mal geändert.

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Passat
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Beitrag So., 06.05.2012, 17:08

balala hat geschrieben:und wie wurde Dein Interesse fuer diese Nuancen geweckt.
Ich muß es wohl so sagen, dass ich durch jahrelange Depression durch das Leben selbst dazu gezwungen wurde, den Nuancen mehr Aufmerksamkeit und Interesse zukommen zu lassen. Depressionen sind ja gerade ein Ausdruck dafür, dass man genau dies vernachlässigt hat: sich selbst! Wer seine Tiefe verstehen lernt, beginnt auch die Tiefe des Lebens zu begreifen.

Vielleicht steht dir eine Depression (oder eine andere Krankheit) noch bevor, aus der du lernen kannst...

... oder die Liebe...
"Alles entsteht durch den Konflikt" (Heraklit)

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