Unglücklich in Analyse, Konsequenz Therapiewechsel?

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
_pia
sporadischer Gast
sporadischer Gast
weiblich/female, 22
Beiträge: 6

Unglücklich in Analyse, Konsequenz Therapiewechsel?

Beitrag Di., 08.09.2009, 00:51

Allgemeines hallo,

wie viele andere hier, zweifele ich. Zweifele an meiner momentanen Therapieform: Psychoanalyse.

Es ist erst knapp drei Monate her, dass ich mir der Analyse begonnen habe. Für diese Form der Therapie habe ich mich damals entschieden, weil mir dazu geraten wurde -- zugegeben nach Vorgesprächen bei einem Institut für Psychoanalyse (nur logisch, dass sie dort vor allem ihrer eigenen Schule anhängen). Und geraten wiederum hat man mir dazu, weil ich zu den Vorgesprächen kam und von (organisch nicht zu erklärenden und daher vermutlich) psychosomatischen Beschwerden berichtete, aber sofort einschränkte, im Grunde sei gerade alles in Ordnung. Eigentlich gehe es mir gut. Ein paar kleinere Probleme hier und da, aber im Großen und Ganzen...
Nun gut, wenn Sie nicht wissen, wo Ihre Probleme liegen, dann müssen wir eben gründlich danach suchen, sagte man mir damals sinngemäß. Und gründlich bedeutete Psychoanalyse mit drei Sitzungen pro Woche.

Zunächst gefiel mir diese Idee. Wenn ich das schon angehe, dann wenigstens richtig, dachte ich mir: keine Kompromisse im Sinne einer niedrig-frequenteren Therapie. Ich studiere noch, Zeit habe ich also. Und auch in den ersten paar Wochen, eigentlich sogar bis genau gestern, versuchte ich immer wieder, Bedenken beseite zu schieben. Dabei ging es vor allem um (ich nehme an) typische Probleme der Analyse: zu wenig Struktur, zu wenig Rückmeldung, zu wenige Aha-Effekte und die große Frage, ob ich nicht einfach, vollkommen gefangen in meinen eigenen Verhaltens- und Denkmustern, ziellos in irgendetwas herumstochere, wieder und wieder nur dieselben Thematiken anrühre, letztendlich aber unfähig bin, etwas zu ändern, und zu keiner "Lösung" gelange. Ist das alles nicht schrecklich sinnlos und führt zu nichts?

Ganz konkret kommt zu diesen Zweifeln nun aber auch folgende Tatsache: Womöglich war ich es nicht, mindestens aber schien ich mir wesentlich ausgeglichener, als ich mich noch nicht in Therapie befand. Nun liege ich dreimal pro Woche auf einer Couch und erzähle. Eigentlich wenig aus meiner Vergangenheit, sondern viel Aktuelles. Finde auf einmal vieles, vieles, was mir an meinem Leben nicht gefällt. Finde auf einmal Probleme, die ich früher gar nicht als solche wahrgenommen hätte. Und werde dadurch ganz bestimmt kein glücklicherer Mensch.

Leider kann ich der Analyse nicht allein die Schuld in die Schuhe schieben. Genau gleichzeitig mit Beginn der Therapie änderte sich einfach zu vieles in meinem Leben: ich begann einen zeitraubenden, anspruchsvollen, mittlerweile verhassten Nebenjob, ich stürzte mich nach relativ schmerzloser Trennung von meinem Freund Hals über Kopf in eine Affäre, die ich eigentlich sehr genieße und die sich stark in Richtung neue Beziehung entwickelt. Ich möchte auch den Wohnort wechseln -- umziehen dorthin, wo eigentlich mein Leben stattfindet. Finde aber leider keine Wohnung.
Konsequenz all dessen ist, dass ich im letzten Semester mehr Zeit in Zug und U-Bahn verbrachte, als sonst irgendwo. Dass ich ein rastloses, gestresstes Leben führte und versuchte, nebenbei noch meinen viel zu hohen Ansprüchen im Studium zu genügen. Was sich schwierig gestaltet, wenn man derart fahrig und unkonzentriert ist wie ich. An Freizeit war und ist kaum zu denken.

Es geht mir schlecht gerade. Wirklich. Keine Suizidgedanken, keine ernsthaften Depressionen, nein. Sehr wohl aber große Antriebslosigkeit und viel Mein-Leben-macht-mir-so-wie-es-ist-keinen-Spaß. Das kenne ich nicht von mir. Bis jetzt konnte ich beinahe jeder Situation etwas Positives abringen. Nur woran liegt das? Zu viel Stress, zu wenig Ausgleich? Oder ist es tatsächlich auch die Analyse selbst?

Gestern nun, da kam ein Freund herbei, der gerade seine erste Sitzung bei einer tiefenpsychologisch fundierten Gesprächstherapie hatte. Er war begeistert. Alles hörte sich so strukturiert, so auf ein Ziel gerichtet an. Noch dazu klingt eine Frequenz von nur einer Sitzung pro Woche wie Musik in meinen Ohren. Wie Freiheit. Befreiung.

Vermutlich aber muss ich vorsichtig sein: Er war wirklich euphorisch. Natürlich lasse ich mich gerade mitreißen. In Wahrheit aber ist auch solch eine Therapie kein Heilsversprechen. Auch liegt sein Problem ganz anders als meins: problematische Kindheit, aus der sich wahrscheinlich schon viel erklären lässt. Meine Kindheit hingegen verlief im Vergleich dazu geradezu paradiesisch. Wäre mir also mit einer nicht analytischen Therapie überhaupt geholfen?

Herje, ein langer Text. Danke an alle, die bis hier unten gekommen sind. Vielleicht fällt euch ja auch noch der eine oder andere Ratschlag ein. Das würde mich ungeheuer freuen.

Viele Grüße,
Pia

Werbung

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
_pia
sporadischer Gast
sporadischer Gast
weiblich/female, 22
Beiträge: 6

Beitrag Di., 08.09.2009, 08:22

Was mir dazu noch einfiel: Das alles erinnert mich auf ungute Weise an die Art, auf die ich manchmal Entscheidungen treffe: Komme ich nämlich auf die (vielleicht auch fixe) Idee, es könnte mir durch irgendeine Veränderung in meinem Leben besser gehen, so ergreift diese Idee ziemlich schnell von mir Besitz.

Der Entschluss, umzuziehen, fiel nicht anders. Ein Studienfach habe ich so aufgegeben und einige Beziehungen beendet. Mit Sicherheit würden mir noch mehr Beispiele einfallen. Und unabhängig davon, ob es sich um eine gute oder schlechte Entscheidung handelte, fühlte ich mich jedes Mal erleichtert.

Das wäre wohl auch jetzt der Fall. Selbst wenn das Problem leicht anders gelagert ist: Ich möchte die Therapie ja nicht beenden. Ich hätte nur gerne einen anderen Rahmen. Auch vor meinem Therapeuten möchte ich nicht fliehen. Obwohl ich mir nicht sicher bin, ob er seinen Job wirklich gut macht, ist er wohl das, was mich gerade am stärksten zurückhält...

Benutzeravatar

münchnerkindl
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 38
Beiträge: 9896

Beitrag Di., 08.09.2009, 09:02

Na, du weißt ja, was du willst. Das ist dir jetzt relativ klar. Also mach!

Die Analyse ist dir ja mehr oder weniger ohne wirkliches Wissen darüber auf was du dich einlässt, ob das wirklich in dein Leben passt, und was es für Alternativen gibt aufgeschwatzt worden.

Du konntest aufgrund der Informationen die du hattest als du die Entscheidung getroffen hast garnicht qualifiziert dafür oder dagegen entscheiden.

Du solltest nur aufpassen, wenn du eine andere Therapie beginnen willst, mit der Krankenkasse zu klären, daß du wechseln willst. Wenn du abbrichst wird in der Regel erst mal 2 Jahre keine neue genehmigt.
Zuletzt geändert von münchnerkindl am Di., 08.09.2009, 09:15, insgesamt 1-mal geändert.

Benutzeravatar

stern
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 99
Beiträge: 25281

Beitrag Di., 08.09.2009, 09:12

Das wäre wohl auch jetzt der Fall. Selbst wenn das Problem leicht anders gelagert ist: Ich möchte die Therapie ja nicht beenden. Ich hätte nur gerne einen anderen Rahmen.
Und wie sähe der Rahmen aus, denn du dir wünschst?

Das kann IMO schon wichtig sein. Denn ich sag' mal so: Wie strikt ein Therapeut eine Methode anwendet hängt schon auch vom Therapeuten ab. Und teils wohl auch, wie die Schwierigkeiten des Patienten gelagert sind (mir wurde z.B. aus hier nicht näher zu präzisierenden Gründen von verschiedenen Seiten eher von klassisch-analytischen Verfahren abgeraten). Und die Frage ist dann auch, ob man aus einem Papagei einen Pfau machen kann... bzw. ob das dann noch ein Papagei wäre... oder ob es dann geschickter wäre, sich gleich einen Pfau zuzulegen anstelle einen Papagei passend zu machen. Gerade wenn die Vorstellungen vielleicht zu sehr auseinander gehen.

Übertragen auf das Beispiel gibbet Verfahren, die sind schon verfahrenstypisch strukturierter und lösungsorientierter als eine klassische Psychoanalyse, in der der Therapeut abstinenter bleibt und der Patient frei assoziiert. Und will man einer PA eine entsprechende Strukturierung (seitens des Patienten und evtl. auch Therapeuten), Lösungsorientierung und ein niederfrequentes Setting aufpfropfen, so geht das evtl. nur um den Preis, dass es dann kaum mehr im Rahmen einer Psychoanalyse ginge, weil es dann evtl. keine mehr wäre. Mögliche Änderungswünsche bzgl. des Settings kannst du ja mal ansprechen. Vielleicht lässt sich ja manches entsprechend deinen Wünschen ändern. Aber wie gesagt, vielleicht nicht alles.
Nun gut, wenn Sie nicht wissen, wo Ihre Probleme liegen, dann müssen wir eben gründlich danach suchen, sagte man mir damals sinngemäß. Und gründlich bedeutete Psychoanalyse mit drei Sitzungen pro Woche. ... Finde auf einmal vieles, vieles, was mir an meinem Leben nicht gefällt. Finde auf einmal Probleme, die ich früher gar nicht als solche wahrgenommen hätte. Und werde dadurch ganz bestimmt kein glücklicherer Mensch.
Für mich habe ich die Erfahrung gemacht, dass eine Mischung aus u.a. erklärungs- und ressourcenorientierung gut ist. Und so gibbet auch Verfahren, die ressourcenorientierter arbeiten. Denn klar kann das Erkennen von Problembereichen wichtig sein. Aber ebenso wichtig kann es dann sein, dass man ein Gegengewicht dazu aufbauen kann.

Ich weiß nicht, wie es bei dir ist... aber für meinen Teil habe ich nicht den Eindruck, dass sich durch Therapien neue Problembereiche auftaten (im Gegenteil!). Sondern eher, dass ich mir bekannte Problembereiche anders (bzw. überhaupt) erklären kann als vor der Therapie. Und im Optimalfall geraten dabei nicht diverse Stärken aus dem Blickfeld... und last but not least finde ich dann neue Formen des Umgangs mit meinen Schwierigkeiten.
Zuletzt geändert von stern am Di., 08.09.2009, 09:29, insgesamt 3-mal geändert.
Liebe Grüße
stern 🌈💫
»Die Dummheit hat aufgehört sich zu schämen«
(Heidi Kastner)

Werbung

Benutzeravatar

estelle
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 40
Beiträge: 1767

Beitrag Di., 08.09.2009, 09:12

Hallo Pia,
ohne jetzt mal alles gelesen zu haben antworte ich dir mal:
Eine Psychoanalyse ist eher eine langjährige Begleitung, in der du dir alles selber erarbeiten mußt.
Willst du mehr in die Zukunft schauen ist zum Beispiel eine systemische Therapie mit lösungsorientierten
Fragen mehr angebracht,diese kann allerdings viel kürzer sein und ist nicht so intensiv wie eine
Psychoanalyse,in der es meines Wissens mehr um die Verarbeitung der Vergangenheit und Auflösung
schädlicher Muster geht.
Naja,soweit erst mal.
Grüße,
Violetta.

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
_pia
sporadischer Gast
sporadischer Gast
weiblich/female, 22
Beiträge: 6

Beitrag Di., 08.09.2009, 09:55

Danke für eure Antworten!

@stern:
stern hat geschrieben:Und wie sähe der Rahmen aus, denn du dir wünschst?
Ähnlich, wie du es schon formulierst: ein weniger abstinenter Therapeut (vielleicht bin ich einfach noch zu jung und unerfahren und möchte stärker an die Hand genommen werden) und ein niederfrequenteres Setting. Und, auch damit hast du Recht, dann hört es sehr bald auf, eine Psychoanalyse zu sein. Einen Versuch ist es aber immerhin wert, Änderungswünsche anzusprechen. Wobei -- wenn von vorneherein klar ist, dass mein Änderungsbedürfnis weit über das hinausgeht, was im Rahmen einer Analyse noch möglich ist, ich weiß nicht recht...
stern hat geschrieben: Ich weiß nicht, wie es bei dir ist... aber für meinen Teil habe ich nicht den Eindruck, dass sich durch Therapien neue Problembereiche auftaten (im Gegenteil!). Sondern eher, dass ich mir bekannte Problembereiche anders (bzw. überhaupt) erklären kann als vor der Therapie.
Nun ja, es tut sich nicht direkt Neues auf. Das, woran ich jetzt knabbere, war auch schon vorher da und mir vielleicht auch als (weit) entferntes Problem bewusst. Nur ist meine Art, damit umzugehen, meine Bewertung dessen viel pessimistischer und negativer geworden. Ich bin pessimistischer und negativer geworden. Wodurch weiß ich nicht recht. Ursachen sind schwer auszumachen. Alles verschwimmt. Gut möglich, dass die Analyse selbst "schuld" ist, gut möglich, dass es sich um etwas anderes dreht...

@Violetta2009:
Im Grunde ist mir klar, worum es bei den einzelnen Verfahren geht. Das Problem besteht eher darin, dass ich nicht recht weiß, was ich will. Auflösung schädlicher Muster und gründliche Verarbeitung der Vergangenheit, also im Endeffekt ja Ursachenforschung, klingen schließlich gut. Wer sollte das nicht wollen? Dabei kann man doch nur dazulernen und gewinnen. Nur habe ich gerade leider das Gefühl, dass ich eben nichts dazulerne, nicht gewinne, sondern mich nur zusätzlich belaste. Ich würde mir wünschen, etwas mehr Anleitung, etwas mehr Richtungsweisung zu erhalten. Oder wenigstens Feedback, Zusammenfassung des bisher Erreichten. Meine Güte, ich tappe so im Dunkeln...

Oder bin ich einfach nur ungeduldig, sollte der Zeit ihren Lauf lassen, und irgendwann werden sich die Fortschritte schon einstellen? Was aber, wenn das auch nach 300+ Stunden nicht der Fall ist und mir diese Therapie dann für nichts und wieder nichts meine Zeit (die ja irgendwie gerade auch unbeschwerte Jugend sein sollte) geraubt hat?

Benutzeravatar

estelle
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 40
Beiträge: 1767

Beitrag Di., 08.09.2009, 10:10

Hallo Pia,
viele Therapeuten kennen sich auch mit verschiedenen Therapierichtungen aus und wenden das auch an.
Frag doch mal deinen Therapeuten,ob er noch andere Verfahren anwendet oder auch z.B.systemische
Fragen mitin die Therapie einfließen läßt,so dass sich nicht alles nur um die Vergangenheit dreht,
sondern auch um die Zukunft.
Grüße,
Violetta.

Benutzeravatar

Niemandsland
Helferlein
Helferlein
weiblich/female, 32
Beiträge: 69

Beitrag Di., 08.09.2009, 10:14

Hallo _Pia,

im November mache ich auch bald zwei Jahre lang eine Psychoanalyse,
wobei ich bisher die meiste Zeit im Sitzen ( also nicht im klassischen Setting )
verbracht. Vor Wochen habe ich es aber ( beim dritten Anlauf ) geschafft
mich wieder auf die Couch zulegen und mir ging es noch nie so gut damit
wie bisher. Was ich Dir sagen will ist, dass ich das kenne; die Ungeduld,
die Frage "warum ändert sich nichts", Angst wegen scheinbar wenig
Struktur, die Abstinenz / Distanz der Therapeutin, usw.

Es gab bei mir viele Hoch- und Tiefphasen und ich kann Dir einen ganz
ganz wichtigen Tipp geben: REDE MIT DEINER THERAPEUTIN / THERAPEUTEN
drüber. Die Beziehung von Euch ist sehr wichtig und daher öffne Dich!
Leg Dich doch mal auf die Couch und rede einfach los, denk einfach
mal nicht und folge Deinen Einfällen. Es muss keinen Sinn geben, rede
einfach... ich weiß, dass gerade das schwer ist, aber es ist enorm
hilfreich! Seitdem ich meinen Gedanken wirklich folge, redet meine Thera
viel mehr mit mir, weil ich mich erst dann auf die Analyse einlasse und
vorher bringe ich die Stunde oft selber zum Erliegen.

Meine Tipps wäre:
- Lass Dir ein wenig in der Therapie über die Analyse erzählen
- Rede offen über Deine Bedenken in der Therapie

Und was ich noch abschließend sagen wollte; Du sagst dass Dir im Liegen erst Dinge auffallen die Dir im Leben nicht gefallen... vielleicht konntest
Du vorher erfolgreich drüber hin weg schauen und die Analyse macht
Dich nun drauf aufmerksam, ich weiß dass das nicht leicht ist, aber es
geht doch voran wenn Du Dinge erkennst die Du vorher nicht erkennen
konntest. Aber ich will Dich nicht beeinfluss... wenn Du wechseln
möchtest dann wirst Du wissen warum und jeder Mensch ist verschieden!
Ich kann nur von mir sprechen und bei mir war es so, dass ich eine sehr
schwere Anfangszeit hatte, aber es mir bis jetzt sehr geholfen hat und ich
froh war nicht aufgegeben zu haben. Ach, ja... wie würdest Du denn Eure
Beziehung zueinander beschreiben? Vertraust Du ihr?

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
_pia
sporadischer Gast
sporadischer Gast
weiblich/female, 22
Beiträge: 6

Beitrag Di., 08.09.2009, 10:43

Vielen Dank, Niemandsland, das hat mich wirklich ein wenig ermutigt!
Niemandsland hat geschrieben:Ach, ja... wie würdest Du denn Eure Beziehung zueinander beschreiben? Vertraust Du ihr?
Es ist ein Er. Aber ja, ich vertraue ihm. Würde auch so ziemlich alles erzählen, wenn es mir nur einfiele. Bin vielleicht öfter mal blockiert und komme nicht von selbst auf Themen. Eine einfache Frage oder ein vorgegebenes Thema würde da schon weiterhelfen. Das ist eigentlich auch das Kernproblem: Ich bin komplett mir selbst überlassen. Kann erzählen, was ich will. Erhalte nur äußerst, äußerst selten Kommentare oder Deutungen. Keine Aufforderungen, keine Zusammenfassungen...

Noch dazu habe ich letztens irgendwo gelesen, dass Analyse bei psychosomatischen Beschwerden eigentlich gar nicht die Therapie erster Wahl sei. Kennt ihr euch da aus und habt vielleicht eigene Erfahrungen?

Benutzeravatar

Niemandsland
Helferlein
Helferlein
weiblich/female, 32
Beiträge: 69

Beitrag Di., 08.09.2009, 10:53

Hallo _pia

Genau das Problem hatte ich damals auch, manchmal holt es mich heutzutage
auch ein, aber es ist eben besser geworden. Mit der Zeit hat sich meine Thera
auch mehr einbrringen können. Nach 1,5 Jahren hab ich mich ja wieder
auf die Couch gelegt und vorher hatte ich immer nur das Gefühl der Angst
aber bei diesem dritten Anlauf fühlte ich auch andere Dinge, zB eine sehr
schöne Intimität. Ich fühlte mich damals verlassen, weil sie außerhalb des
Blickfelds sitzt, aber nun fühle ich mich auch mal geborgen. Ist schon komisch.

Als ich meiner Thera gegenüber saß, da sprach sie mehr mit mir, vielleicht
solltet ihr damit anfangen und später zurück wechseln !?! So, dass Du erst
mal einen wortreicheren Einstieg mit ihm hast. Oder Du sprichst ihn genau
auf das Problem an, dass Du zuwenig von ihm hörst. Klar, er wird Dir nicht
sagen was Du im Leben zu tun und zu lassen hast ( und das ist auch gut so ),
aber er wird Deine Gedanken oftmals auf eine heiße Spur bringen können.

Versuch doch sonst auch mal über nen Traum zu sprechen und lass ihm
auch Platz, damit er sprechen kann... ich weiß ja nicht wieviel und wie
schnell Du redest *g*. Meine Thera achtet da sehr drauf, dass ich auch
mal ne Pause mache und dann bringt sie sich ein,damit ich vorangig
meinen Gedanken folgen kann. Es ist schwer, aber wenn Du zB an nen
Vogel denkst, dann sag es ihm... irgendwas wird es bedeuten.

Zum Thema PSychosomatische Beschwerden kann ich nur soviel sagen,
dass ich einige davon habe, leider bin ich da nun nicht vollständig von
befreit, aber es gab durchaus Lidnerung... was für mich total erstaunlich
ist und war, waren Momente wo ich starke Panikattacken hatte und nach
der Stunde erdrückte mich die Panik garnicht mehr so. Bring die Dinge ins
Sprechen, sei einfach mal neugierig auf das was sich in Dir bewegt

Benutzeravatar

metropolis
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 36
Beiträge: 1969

Beitrag Di., 08.09.2009, 10:55

Hallo Pia

Dem was Niemandsland über die Analyse schreibt, kann ich mich 100%ig anschließen. Ich zähle wohl eher zu den Verfechtern der PA, obwohl es ein langer mühsamer Kampf war, meine Anlaufschwierigkeiten zu überwinden. Da ich nun merke, dass es sich lohnt, nicht gleich aufzugeben, rate ich meistens, die Therapie nicht kampflos abzubrechen.

Aber eine Sache ist mir bei der TE aufgestoßen:
Auch liegt sein Problem ganz anders als meins: problematische Kindheit, aus der sich wahrscheinlich schon viel erklären lässt. Meine Kindheit hingegen verlief im Vergleich dazu geradezu paradiesisch. Wäre mir also mit einer nicht analytischen Therapie überhaupt geholfen?
Ich frage mich dabei, ob PA überhaupt Sinn macht, wenn man nichts aus der Vergangenheit aufzuarbeiten hat. Denn darum geht es doch bei dieser Therapieform. Wenn deine Kindheit tatsächlich so paradiesisch war, wie du sagst, gibt es für den Analytiker eigentlich wenig Ansatzpunkte, mit denen er arbeiten kann.
Psychoanalyse ist wohl eher ungeeignet wenn man NUR mit aktuellen Problemen kämpft.

Es kann natürlich auch sein, dass du Dinge, unter denen du gelitten hast, herunterspielst und in einem beschönigenden Licht betrachtest, weil deine Kindheit nach AUßEN hin paradiesisch aussieht oder weil es ja viele Menschen gibt, denen es viel schlechter ergangen ist.
Das kann ich nicht beurteilen.
Aber wenn dein Analytiker dich in Analyse genommen hat, wird er wohl schon der Meinung sein, dass es bei dir Dinge gibt, die aufgearbeitet werden könnten. Sonst hätte er dich wohl zu einem Verhaltenstherapeuten weiterverwiesen, oder?

Auf jeden Fall kann man sagen, dass es relativ viel Zeit braucht, bis dein Therapeut dich richtig kennengelernt hat. Dazu gehört auch, dass er die Möglichkeit hat, deine Vergangenheit kennenzulernen. Und erst nach dieser Kennenlernphase kann die eigentliche Arbeit inklusive Aha-Effekte und Veränderung beginnen. Es scheint dass Analytiker da sehr geduldige Menschen sind, meine Kennenlernphase dauerte ein Jahr.

Hast du eigentlich eine Vermutung woher dir psychosomatischen Beschwerden kommen könnte, wenn nicht aus deiner Kindheit. Seit wann treten die Symptome auf?

LG


metropolis
"Ja und dann? Weißt du nicht mehr? Wenn ich und du nicht gekommen wären und den kleinen Häwelmann in unser Boot genommen hätten, so hätte er doch leicht ertrinken können!"

Theodor Storm


montagne
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 99
Beiträge: 4613

Beitrag Di., 08.09.2009, 11:47

Wir haben es ja im Deutschen Sprachraum zutiefst verinnerlich, das nur das ein Erfolg ist, was hart erarbeitet wurde. Protestantische Arbeitsethik lässt grüßen. Wir dürfen uns auch nur für das selbst loben, was wir hart erarbeitet haben. Der gleiche Erfolg auf einfachere Weise erreicht ist weniger wert. In diesem Sinne ist eine Analyse natürlich das Nonplus-Ultra.

Mich beschleicht seit langem das Gefühl, das man sich viel Kopf-, Bauch und Rückenschmerz und depressive Episoden und Ängste sparen könnte, wenn man von dieser "Lebensweisheit" dann und wann abrückt. Warum muss man es sich schwer machen, wenn man zum gleichen Ergebnis auch einfacher kommt? Ist ein Erfolg weniger erfolgreich, wenn er mit Leichtigkeit und Kompromissen erreicht wurde?

Es gibt nun mal Therapiemethoden, die erwiesenermaßen, im allgemeinen, schneller und auch effektiver wirken als eine Analyse. Was nicht heißt, das diese Methode ein reiner Spaß sind und es dort nicht auch heftigen Schmerz geben wird.
Was für einen individuell nun richtig ist, kann man natürlich nur in der Einzelfallbetrachtung sagen. Sicher wird es auch Fälle geben, für die eine Analyse oder die spezielle Analytikerin das beste ist.
Recht hat wer heilt, heißt es. Und ich denke mir: Rechter hat, wer schneller heilt. (das es um nachhaltige Heilung geht und nicht nur um emotionale Trostpflaster versteht sich von selbst.)

Benutzeravatar

münchnerkindl
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 38
Beiträge: 9896

Beitrag Di., 08.09.2009, 12:01

Ich glaube auch, daß man im Leben einfach mal einen Fehlgriff tun kann.

Das ist ja überhaupt kein Problem. Es gibt tausend Gründe dafür. Zu wenige Informationen als Entscheidungsbasis, rosarote Brille, Wunschdenken, Dinge stellen sich in der praktischen Erprobung als völlig anders heraus als erwartet, usw....

Das gute daran ist, wenn man es erkannt hat kann man die Entscheidung doch in sehr vielen Fällen revidieren und sich was geeigneteres suchen.

Ich hab zB mal einen Flamencokurs gemacht und festgestellt, daß das NICHT das ist was ich mir vorgestellt habe. Und daß es doch nicht der Tanzstil ist der mir zusagt.
Ich bin dann in einen Kurs für afrikanischen Tanz gegangen, und das war es dann für mich.

Manches muss man einfach auch ausprobieren, um sagen zu können, ob es passt oder nicht. Und dann auch beherzt die Konsequenzen ziehen.

Ich hab mal Vorgespräche bei einem Therapeuten gemacht, der eine tiefenpsychologisch-übertragungsorientierte Psychotherpie angeboten hat. Da haben sich zwei probatorische Stunden nur darum gedreht, was ich mir von der Therapie erwarte, was mich in der Therapie bei ihm erwartet, was ich brauche usw.
Und wir sind nach diesen ausführlichen Gesprächen drauf gekommen, daß das was ich suche und benötige eine eher ressourcenorientierte Herangehensweise ist. Und er mich daraufhin nicht genommen hat obwohl es von der persönlichen Seite her gepasst hätte.
Ich vermute mal, daß bei dir in den probatorischen Sitzungen keine so ausführliche Abklärung deines Therapiebedarfs stattgefunden hat.
Was meiner Erfahrung nach bei den meisten Therapeuten am Beginn nicht stattfindet. Was ich ehrlich gesagt fahrlässig finde, Klienten einfach sein Ding aufzuschwatzen, ohne wirklich genau hinzusehen, was der Klient mit seiner persönlichen Problematik benötigt.

Benutzeravatar

metropolis
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 36
Beiträge: 1969

Beitrag Di., 08.09.2009, 12:07

@ münchnerkindl
Was ich ehrlich gesagt fahrlässig finde, Klienten einfach sein Ding aufzuschwatzen, ohne wirklich genau hinzusehen, was der Klient mit seiner persönlichen Problematik benötigt.
Manchmal erfährt man erst in der Therapie, was man braucht. Ob Aufklärung dann helfen kann, wenn man selbst noch gar nicht weiß, was man benötigt, ist fraglich. Probieren geht über studieren (aber in diesem Punkt sind wir ja einer Meinung)
"Ja und dann? Weißt du nicht mehr? Wenn ich und du nicht gekommen wären und den kleinen Häwelmann in unser Boot genommen hätten, so hätte er doch leicht ertrinken können!"

Theodor Storm

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
_pia
sporadischer Gast
sporadischer Gast
weiblich/female, 22
Beiträge: 6

Beitrag Di., 08.09.2009, 12:25

Huu, ich bin mal wieder hin- und hergerissen und lasse mich viel zu leicht beeinflussen. Ein Spielball fremder Meinungen, wirklich: Jemand schreibt hier eine Antwort pro Psychoanalyse und ich denke mir, das wird schon alles werden. Jemand äußert Kritik an der Analyse und ich bin einen Moment lang fast fest entschlossen, zu wechseln.

Ja, und valée, deine Kritik leuchtet mir ganz besonders gut ein, eigentlich viel zu gut ein: Ich bin ein wirkliches Opfer der protestantischen Arbeitsethik. Ein Perfektionist, mir viel zu viel abverlangender Workaholic. Ziehe Selbstwertgefühl aus Erfolgen im Studium. Möchte ständig Überragendes erreichen, selbst wenn ich dafür hart arbeiten muss. Die Entscheidung für eine Analyse passt da ganz wunderbar ins Bild.

Nur habe ich einfach Angst, mir einen Wechsel zu rosig auszumalen. Die Entscheidung blindlings zu treffen, einfach weil Veränderung um der Veränderung willen immer verlockend ist.

Ach ja, @metropolis:
Nein, paradiesisch war meine Kindheit nicht. Allerhöchstens im Vergleich zu der anderer Menschen. Oder aber in dem Sinne, dass mir alle Konflikte, die sich zwischen meinen Eltern oder zwischen meinen Eltern und mir abspielten, auf einer tieferen Ebene kaum zu berührern schienen. Überhaupt berührte mich kaum etwas wirklich negativ. Im Gegenteil: Ich war zwar ruhig und introvertiert, vielleicht auch etwas allein, aber stets ausgeglichen, fast niemals wirklich traurig, niemals verzweifelt.

@münchnerkindl:
Aufgeschwatzt wurde mir die PA nicht, sondern eher begründet nahegelegt (s.o.). Und zwar nach einer Reihe Vorgesprächen bei mehreren Therapeuten, die sich sogar in ihrer Empfehlung abgestimmt haben. Aber es stimmt: Mein Therapiebedarf wurde in dem Sinne nicht ausführlich besprochen, dass ich damals noch gar nicht genau sagen konnte, was denn eigentlich mein Therapiebedarf ist. Meine Schmerzen loswerden, das war alles, was ich wollte. Mittlerweile möchte ich auch besser allein sein können, meine Ausgeglichenheit wiederfinden, mich nicht so hinter meiner Arbeit verstecken, mich nicht selbst unter Leistungsdruck setzen und keine Schuldgefühle mehr empfinden, wenn ich meinen eigenen Erwartungen nicht nachkommen kann, Zeit haben, unter Menschen zu gehen, vielleicht mal wieder Sport zu treiben, nicht alles so schwarz sehen, mich wieder richtig freuen können und mich nicht ständig fragen müssen, was "andere" denn wohl gerade über mich denken.

Werbung

Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag