Die Zurückgebliebenen eines Selbstmörders

Hier können Sie sich über Belastungen durch eigene oder fremde schwere Erkrankungen, aber auch den Umgang mit Tod und Trauer austauschen.
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Lilly111
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Beitrag Di., 18.01.2011, 11:59

Eremit hat geschrieben:Ein Leben, das nur und ausschließlich auf einem Schuldgefühl basiert, halte ich für wertlos. Deshalb halte ich auch gläubige Menschen prinzipiell für wertlos, deren Wert erschließt sich für mich nur durch unbeabsichtigte Nebeneffekte.
Magst Du erklären wie Du wertlos in diesem Zusammenhang meinst? Erscheint Dir ein gläubiges Leben wertlos, weil Du zur Religion keinen Zugang hast, oder meinst Du gläubige Menschen sind es nicht wert zu leben? Falls das letztere, dann doch bitte nochmal überdenken.
Eremit hat geschrieben:Warum, warum verdammt nochmal muß jeder an das Ende des Leids gehen? Warum? Es gibt keine Heilung, es gibt keine Rettung. Auch ich möchte mehr Entscheidungsfreiheit haben, als die Wahl, ob zuerst mein Körper vollkommen zerfällt oder mein Verstand.
Wenn es für den Körper keine Heilung mehr gibt, muss man heute nicht mehr an das Ende des Leids gehen. Es gibt schon ganz legal Möglichkeiten diesem Leid ein Ende zu setzen. Das ist ein Teil der Palliativmedizin. Die sorgt dafür, dass der unheilbar kranke Mensch (fast) schmerzfrei sein kann. Oftmals ist dann der Wunsch seinem Leben ein Ende zu setzen nicht mehr vorhanden. Und wenn doch, ist immer ausreichend Morphin da, um sich selbstbestimmt (nicht vom Arzt) eine Überdosis zu setzen. Es ist für den schwerstkranken Menschen sehr viel wert nicht mehr diese wahnsinnige Angst vor einem qualvollen Ende haben zu müssen. Zu wissen: 'wenn ich es nicht mehr aushalte, kann ich mir die Spritze aufziehen.' Es nimmt einen Teil der seelischen Qual, die mit einer unheilbaren Krankheit verbunden ist.

Lilly
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Laura13
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Beitrag Di., 18.01.2011, 12:15

Eremit hat geschrieben: Das mag sich jetzt komisch lesen, aber nun, da er tot ist, ist genau das unerheblich geworden. Ist nicht böse gemeint oder so, aber das wäre dann wieder eine "Wenn-Frage". Wenn, wenn, wenn - das bringt Dich nicht emotional weiter.
Stimmt.
Was genau getan? Dich vollkommen für ihn geopfert?
Ja, wahrscheinlich......*seufz*......
Mit jenen Anderen, die Deine Geschichte wirklich besser kennen, solltest Du mehr darüber reden, einfach, um eine etwas übergeordnete Sicht der Dinge zu bekommen.
Das habe ich immer wieder auch getan.....und ich tue es noch.......das hilft irgendwie schon.
Die Nacht holt heimlich durch des Vorhangs Falten
aus deinem Haar vergeßnen Sonnenschein.
Schau, ich will nichts, als deine Hände halten
und still und gut und voller Frieden sein.

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Hamna
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Beitrag Di., 18.01.2011, 12:21

Rilke, wirf mir nicht Menschenverachtung vor, wenn ich nur Gläubige meine.
Ich werfe dir das nicht vor, sondern wollte dir eine Rückmeldung geben. Und Menschen zu verachten, ist menschenverachtend - ob nun alle oder einen großen Teil, ist doch dabei egal.
weil sie aufgrund ihres magischen Denkens nur sehr bedingt, wenn überhaupt, Verantwortung für ihr Dasein übernehmen können.
Völlig haltloses Vorurteil, finde ich.
Wertlos in dem Sinne, als daß ich nichts mit ihnen anfangen kann.
Ok, das ist ein Unterschied zu deiner vorherigen Aussage, und deshalb hatte ich auch gehofft, dass du noch etwas dazu schreibst.
Aber lassen wir das, es soll daraus ja keine Diskussion um Religionen werden, hatten wir ja zu Genüge, nicht?
Bin schon ruhig
Danke für die Erläuterungen.


Eremit
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Beitrag Di., 18.01.2011, 12:40

Lilly111 hat geschrieben:Magst Du erklären wie Du wertlos in diesem Zusammenhang meinst?
Das habe ich bereits geschrieben. Lies einfach nochmal. Schuldgefühle. Glaube. Vielleicht klingelt's nicht, weil Du das Spiel nicht durchschaust. Aber ich will das gar nicht noch weiter ausbauen, dafür ist hier kein Platz. Gilt auch für Dich, Rilke. Hier geht es um die Zurückgebliebenen von Selbstmördern, nicht den psychopathologischen Hintergrund des Verantwortungsbewußtseins von Gläubigen...

Palliativmedizin, hm. Was kann einem Palliativmedizin helfen, wenn man aufgrund der Ansteckungsgefahr nicht mehr unter Menschen gehen kann, irgendwann sogar in Quarantäne muß, weil kleine Infektionen einen töten können? Wie das wohl für einen überaus geselligen Menschen ist, den Rest seines Lebens isoliert zu verbringen im Krankenhaus. Übrigens ist Morphium nur einzusetzen bis zu einem gewissen Schmerzgrad, danach werden stärkere Mittel verabreicht, bis auch diese ausgereizt sind. Schon bei der Einnahme von Morphium zeigen sich allerdings gewisse Nebenwirkungen, so hatte mein Freund schon unter der körperlichen Niedergeschlagenheit des Neuroleptikums zu leiden, eine zusätzliche Morphium-Dröhnung hätte ihn ins Aus geschossen, dann hätte er wirklich gar nichts mehr machen können.
Lilly111 hat geschrieben:Und wenn doch, ist immer ausreichend Morphin da, um sich selbstbestimmt (nicht vom Arzt) eine Überdosis zu setzen.
Man darf sich aber nicht erwischen lassen. Im Krankenhaus ist es allerdings nicht üblich, Morphiumfläschchen und Spritzen an die Patienten auszuteilen, weil man genau das fürchtet. Dafür muß dann auch der behandelnde Arzt geradestehen wie auch involvierte Schwestern und generell die Krankenhausaufsicht. Wäre also im Fall meines Freundes nicht möglich gewesen.
Laura13 hat geschrieben:Ja, wahrscheinlich......*seufz*......
Und das ist die Wand, die Du durchbrechen mußt, Laura13. Genau da. Und diese Schuldgefühle, diese Traurigkeit gilt es in Wut umzuwandeln. Wie kann dieser Ar*** nur die gesamte Verantwortung Dir zuschieben und sich dann erst umbringen? Klingt für mich wie eine Doppelbindung, eine Falle, da leuten die Alarmglocken!
Laura13 hat geschrieben:Das habe ich immer wieder auch getan.....und ich tue es noch.......das hilft irgendwie schon.
Das wette ich, daß es Dir hilft. Man braucht auch solche Beobachter, und ich wette, es kommen noch einige aufschlußreiche Beobachtungen zustande. Wir hier können ja nur mutmaßen.

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Lilly111
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Beitrag Di., 18.01.2011, 12:46

Laura13 hat geschrieben:...und ich werfe mir vor, nicht alles versucht zu haben.........das ist mein eigentliches Problem.....hätte ich alles getan und er hätte sich trotzdem umgebracht, dann wäre es anders..........trotzdem bleiben Zweifel, Selbstvorwürfe und Schuldgefühle....)
Mir geht es mit manchmal auch mit meinem Freund, der an Krebs gestorben ist ähnlich.
Dass mich Fragen quälen wie:
Hätten wir nicht früher den Onkologen wechseln sollen?
Warum sind wir erst wenige Wochen vor seinem Tod auf die Idee mit der palliativen Versorgung gekommen?
Hättest du nicht mehr Zeit mit ihm verbringen können/sollen?
und und und
Lauter wenn, hätte und aber. Es führt zu nichts.

Weißt Du Laura, ich war dabei als mein Freund gestorben ist. Im Krankenhaus, er war nicht mehr bei Bewußtsein. Ich habe seinen letzten Atemzug gesehen, gehört, gespürt. Danach Stille. Frieden. Dieses Leben ist beendet.

Manchmal kommt es mir so vor, wenn ich mich immer noch mit solchen Wenn-Fragen quäle, als wenn ich ihm damit seinen wohlverdienten Frieden raube. Als wenn ich auch ihn weiter quäle, obwohl er doch seinen Frieden schon gefunden hat. Er hat noch einmal ganz tief eingeatmet, ein letztes Mal so viel wie möglich Sauerstoff in seine kaputte Lunge gepumpt. Um die Kraft zum Gehen zu haben. Mit dem darauffolgenden Ausatmen war das Leben gewichen und der Frieden da.

Verstehst Du?

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Lilly111
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Beitrag Di., 18.01.2011, 12:57

@Eremit
Vielleicht sollten wir zur Palliativmedizin auch ein extra Thema aufmachen.
Das ist ein ganz weites Feld mit vielen Grautönen. Ob man als Schwerkranker in den Genuss dieser Versorgung kommt, hat wohl leider auch was mit dem Wohnort, der richtigen Arztwahl und dem eigenen Durchsetzungsvermögen bzw. dem seiner Angehörigen zu tun.

Wenn Du magst, mach ein Thema auf, dann können wir uns über unsere Erfahrungen und den letzten Stand der Gesetzeslage austauschen.

Lilly
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Eremit
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Beitrag Di., 18.01.2011, 13:16

Lilly111 hat geschrieben:Vielleicht sollten wir zur Palliativmedizin auch ein extra Thema aufmachen.
Ist gar keine so schlechte Idee.
Lilly111 hat geschrieben:Ob man als Schwerkranker in den Genuss dieser Versorgung kommt, hat wohl leider auch was mit dem Wohnort, der richtigen Arztwahl und dem eigenen Durchsetzungsvermögen bzw. dem seiner Angehörigen zu tun.
Das Wichtigste ist aber die richtige Krankenkasse, weil solche Leistungen gerne unter "unerheblich" geführt werden. Macht ja nicht gesund, heilt nicht, dann wird's nicht gezahlt...

Als Sozialfall hatte mein Freund auch nicht gerade das Vermögen auf der hohen Kante, um die anfallenden Kosten selbst zu bezahlen, er lebte von einer kleinen Sozialhilfe...

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Rezna
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Beitrag Di., 18.01.2011, 14:42

Es gibt nur einen Grund, sich mit der Frage eines "Hätte - Wäre - Wenn..." Aufzuhalten: Wenn es eine Möglichkeit gibt, das zu widerholen und die Ergebnisse eines solchen Gedankenexperiments auch angewendet werden können. Der Rest ist neurotisch und gehört geheilt, statt gepflegt.

Ich kenne diese Eventualitätsspekulationen nach dem Tod eines nahen Menschen auch... und manchmal hat das Sinn. Etwa, wenn man dann überlegt, wie man das für sich selber handhaben wollte/würde. Man könnte Schritte unternehmen, diesen Willen festzulegen. Oder aber, wenn man wider vor der Situation steht - entsprechende Haltung einzunehmen.
Insofern: Kommt man bei diesen Gedankenexperimenten wirklich zu dem Entschluß, dass man sich bis ins Burnout hätte verausgaben müssen - wäre es dann okay, das bei der nächsten ähnlichen Situation endlich zu tun: Hilefe bis zum Zusammenbruch um nur gut und heilig zu sein? Ich weiß, provokativ formuliert.
Eher geht es doch darum, für alle Beteiligten eine annehmbare Komposition zu entwickeln. Und um bei diesem Bild zu bleiben: Wenn der Chellist danebenhaurt kann der Paukenschläger noch so wild trommeln, er wird es nicht ausbessern können. Der Gehende, ob nun aus physischem oder psychischem KO, hat eben seinen Part, seine Verantwortung für das Leben (denn für den Tod kann sie keiner übernehmen).

Zu jendem Bild von kasasi muss ich auch sagen: Wenn es so sei, und mit der Zeugung beginnt die nie enden wollende Hölle (denn das nächste Leben noch schlimmer....) dann ist das erst recht ein Grund, alle Eltern, alle die Leben zeugen, zu verdammen und zu verurteilen. Wenn gewiss ist, dass es ein Leben nach dem Tode gibt, dass noch dazu schlimmer ist, dann gälte Zeugung als ein Verbrechen an der Menschlichkeit. Dann wäre "Kinder wollen" ein Ausdruck schlimmsten Zynismusses, deftigster Barabarei einer kaputten Wesenheit, die aus egoistischen gründen andere ins Verderben reisst.
Ich denke, so kann das nicht gemeint sein. Daher denke ich, jene Struktur die sich so präsentiert, ist entweder dumm oder machtgeil.
»Nimm niemals Böswilligkeit an, wenn Dummheit hinreichend ist.« [Hanlon's Razor]
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Ive
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Beitrag Di., 18.01.2011, 17:28

Lilly meinte, ich solle hier einen kurzen Hinweis geben, dass ich einen Extra-Thread "Palliativmedizin" (in "Sonstige Problembereiche") eröffnet habe. Also ---> "Hinweis"


Eremit
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Beitrag Di., 18.01.2011, 17:37

Arta hat geschrieben:Wenn es so sei, und mit der Zeugung beginnt die nie enden wollende Hölle (denn das nächste Leben noch schlimmer....) dann ist das erst recht ein Grund, alle Eltern, alle die Leben zeugen, zu verdammen und zu verurteilen. Wenn gewiss ist, dass es ein Leben nach dem Tode gibt, dass noch dazu schlimmer ist, dann gälte Zeugung als ein Verbrechen an der Menschlichkeit. Dann wäre "Kinder wollen" ein Ausdruck schlimmsten Zynismusses, deftigster Barabarei einer kaputten Wesenheit, die aus egoistischen gründen andere ins Verderben reisst.
...und dafür soll man ja auch seine Eltern auch noch ehren, nicht?

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Laura13
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Beitrag Di., 18.01.2011, 18:47

Eremit hat geschrieben: Und das ist die Wand, die Du durchbrechen mußt, Laura13. Genau da. Und diese Schuldgefühle, diese Traurigkeit gilt es in Wut umzuwandeln. Wie kann dieser Ar*** nur die gesamte Verantwortung Dir zuschieben und sich dann erst umbringen? Klingt für mich wie eine Doppelbindung, eine Falle, da leuten die Alarmglocken!
Ja, das habe ich in der Therapie bereits gelernt.....ich kann das nun schon vom VERSTAND her ganz oft so sehen........wenn da nicht die Gefühle wären......aber, ich denke, ich bin auf einem guten weg...es dauert halt....ich breche aus eingefahrenen Mustern aus, aus Manipulationen, die bereits in meiner Kindheit begannen.......das ist gar nicht so leicht......und diese Wutgefühle aus genau diesen Gründen, sie du hier beschreibst, hatte ich durchaus schon......meist folgt danach aber erstrecht das Schlechte Gewissen........
Laura13 hat geschrieben:Das habe ich immer wieder auch getan.....und ich tue es noch.......das hilft irgendwie schon.
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[/quote]
Es hat Jahre gedauert, bis ich mich das Thema (bei Verwandten, etc....) ansprechen traute...es wurde nämlich totgeschwiegen.....und ICH dachte auch, dass die alle natürlich denken, dass es meine Schuld ist, dass er tot ist........ich weiß nicht, ob du dir vorstllen kannst. wie das dann war, als ich immer wieder ins völlig entsetzte Augen sah, weil niemand überhaupt auf die Idee gekommen war, dass es MEINE Schuld sein soll.......außerdem habe ich dabei ein großes Thema in der gesamten Verwandtschaft sozusagen aus dem Tabu geholt, weil ALLE, wirklich JEDER seine Not mit meinem Vater hatte.......kaum war der Damm gebrochen, waren richtig gute Gespräche möglich......ich bin heute noch erstaunt darüber......

.....ich wollte dir noch mein tiefes Mitgefühl aussprechen....es tut mir so leid, dass ich das bisher irgendwie versäumt habe......so hautnah mitzuerleben, wie es einem Freund so schlecht geht und er sich dann das Leben nimmt, das ist absolut grausam, das kann ich mir vorstellen...........ich glaube übrigens auch nicht (mehr) an Gott oder sowas......

Liebe Grüße an dich,

Laura
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Laura13
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Beitrag Di., 18.01.2011, 19:46

Arta hat geschrieben:Es gibt nur einen Grund, sich mit der Frage eines "Hätte - Wäre - Wenn..." Aufzuhalten: Wenn es eine Möglichkeit gibt, das zu widerholen und die Ergebnisse eines solchen Gedankenexperiments auch angewendet werden können.


Ich denke, ich habe auf jeden Fall viel gelernt für die Zukunft......ich werde mir nie wieder zutrauen, einen Menschen einzuschätzen.....in Bezug darauf was er tut oder nicht tut........und ich habe gelernt noch genauer hinzusehen und hinzuhören bei Menschen.....

Das macht meinen Vater aber auch nicht mehr lebendig......
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Ive
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Beitrag Di., 18.01.2011, 19:55

Laura,

manche schweren Dinge können wir nur hinnehmen; auch wenn ein lieber Mensch durch Krankheit oder Unfall von uns geht, wirds nicht leichter sein, nur anders.

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Laura13
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Beitrag Di., 18.01.2011, 20:01

Weißt du, Ive,.......mich ärgert eben auch, niemals mit ihm offen gesprochen zu haben....ich war nie offen zu ihm...habe mich nie gtraur ihm mal wirklich so Vieles direkt zu sagen......und da hätte es so Einiges gegeben, gerade hinsichtlich seines Alkoholismuses und meiner besch.....Kindheit deswegen.......Ich war damals noch nicht so weit....HEUTE wäre ich es....und jetzt ist er nicht mehr da.....hat sich mal wieder aus der Verantwortung gestohlen....SO denke ich durchaus auch mal ab und zu.............................in ganz "bösen" Stunden habe ich auch schon mal gedacht:.....vielleicht ist es ja besser für ihn, dass ich HEUTE nicht mehr mit ihm reden kann.....denn das wäre für ihn sehr sehr unangenehm geworden............

Laura
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Beitrag Di., 18.01.2011, 20:02

Laura13 hat geschrieben:Das macht meinen Vater aber auch nicht mehr lebendig......
Darum geht es bei der Übung auch nicht. Das Überdenken der eigenen Grenzen und Verantwortlichkeiten, der eigenen Möglichkeiten und der außerhalb des eigenen Handlungsradius liegenden Wege, sich dessen bewusst zu sein, ist in einem möglichen Fall einer neuen ähnlichen Situation wichtig.
Ich kann (und will) meinen Vater auch nicht wieder lebendig machen, indem ich das reflektiere, was um seinen Tod herum passiert ist. Aber wenn es etwa mit meiner Mutter soweit ist, weiß ich genau was ich zu tun habe. Das habe ich für mich abgesteckt, die Aspekte die mit all dem einher gehen, zu bedenken und neu zu definieren um den eigenen Handlungsspielraum, die eigene Verantwortlichkeit in einen angemessenen Rahmen zu setzen. Dafür war diese Feuerprobe da. Da wir alle älter, und damit dramatische Abgänge Nahestehender öfter vorkommen werden, ist es wichtig, damit umgehen zu lernen. Sich jedes mal völlig auszubrennen und in Jahrzehnte der Schuld zu fallen, hat da wenig Sinn. Es ist schon bei weniger geliebten Menschen schwer, man wird aber noch sehr geliebte Menschen entbehren müssen... man wird noch viel Kraft brauchen. Dafür ist das Denken darüber da - und nicht dafür, sich die Kraft zu rauben und sich schwach zu machen, die Energie abzuleiten in eine sinnlose Endlosschleife.
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»Wir sind lieber die Bösen als die Dummen.« [Richard David Precht]

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