Verwirrt und ungeduldig?

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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wildeskeks
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Beitrag Di., 18.07.2023, 22:19

Es freut mich zu hören, dass es dir trotz der Schwere gut erging :heart:
Hat es dich trotzdem mit einem halbwegs guten Gefühl nach Hause gehen lassen? Hast du vor, deine noch offenen Fragen oder Punkte im nächsten Termin nochmals anzusprechen oder belässt du es erstmal dabei?

Mir macht deine Schilderung auch Hoffnung für mich morgen. Ehrlicherweise wollte ich den Termin bereits absagen.
Ich schrieb ihr vor ein paar Stunden, dass ich nicht genug Zeit hätte mich zu öffnen, wohlwissend dass sie mittwochs viele Patienten hat und keinerlei Zeit irgendwo frei machen kann. Dann kam kurz und knapp zurück, dass sie eine Doppeleinheit für mich hätte, falls mir das helfen würde. Zuerst dachte ich mir "verdammt, das ging ja nach hinten los". Aber vielleicht ist sie doch nicht so "rachsüchtig" wie ich ihr das unterstelle. Ich fühle mich ehrlich gesagt sogar sehr mies mittlerweile. Vielleicht unterstelle ich ihr das alles nur und der Fehler an dem ganzen bin ich selbst. Ich hoffe einfach mal, dass das morgen kein totales Fiasko (in welcher Form auch immer) wird ...
Misstrauen ist die schwarze Sucht der Seele, welche oft ins Totenreich der Lebenden führt.

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sebi
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Beitrag Mi., 19.07.2023, 05:48

@wildeskeks,
dem Gedankenkarusell die Stoptafel zeigen, hingehen und schauen, was passiert. Es wird gut gehen!
"Jeder Mensch sucht nach Halt. Dabei liegt der einzige Halt im Loslassen." Hape Kerkeling

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Just_Me
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Beitrag Mi., 19.07.2023, 07:05

Das Gefühl war danach definitiv besser als davor. Denn jetzt habe ich Klarheit wie er über alles denkt und muss mir nichts mehr zusammenreimen.

Die Punkte werden weiterhin ein Thema in den Sitzungen sein, da genau das auch Therapie ist. Konflikte anschauen (Woher kommt es? Warum reagiere ich, wie ich reagiere?) und im besten Fall lösen.

Wie du schon sagst, es ist wichtig herauszufinden, woher es kommt oder wie du sagst, wer Schuld ist (auch wenn ich der Meinung bin, dass das gar nicht eine so große Rolle spielt). Vieles spielt sich ja auch in unserem Kopf ab. Das lässt sich nur klären, wenn man miteinander redet.
Ich hatte bei meiner Sitzung tatsächlich zu wenig Zeit und hätte mir gewünscht, dass ich mehr Zeit habe. Von daher ist es doch super, dass sie dir sogar eine Doppeleinheit anbietet. Es wirkt auf mich jedenfalls sehr zugewandt. Drücke dir die Daumen!

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wildeskeks
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Beitrag Do., 20.07.2023, 18:23

So, ich war dort. Ich bin fast umgekippt vor Nervosität und ich hätte mich beinahe übergeben in der Zeit wo ich gewartet habe - so nervös war ich.

Dann stand die Türe schon offen als ich hin kam. Ich habe geklopft und bin vorsichtig rein gegangen. Plötzlich kam sie um die Ecke und grüßte mich sehr freundlich. Das war zwar gut, weil ich wusste, dass sie mich nicht schimpfen wird. Leider nahm meine Scham dann umso mehr zu. Ich brachte fast kein Wort heraus.

Nach der Frage, ob ich etwas zu trinken haben möchte, sprach sie mich direkt auf die Mail an und dass sie die Mail nochmals mit ihren Mitschriften abglich. Und dann meinte sie, ob ich denn etwas zu sagen hätte oder beginnen möchte. Ich brachte zuerst fast 1 Minute kein Wort heraus. Irgendwann sagte ich „bitte beginnen Sie, ich kann nicht“. Und dann begann Sie zu sprechen.

Sie meinte, dass das Gefühl, dass wir in der Therapie stehen deshalb sei, weil ich zuerst von meinem Umfeld weg muss. Anders macht Therapie keinen Sinn, wenn man sozusagen mitten im Täterumfeld sitzt. Und warum sie sich auf das Thema Arbeit fokussiere sei, weil ich dort am ehesten etwas verändern könne und Erfolge haben könnte (ich nutze die Arbeit, um Gefühle und meine Einsamkeit zu verdrängen, meinen Selbstwert darüber zu definieren). Ich meinte daraufhin, dass das ja in Ordnung sei und ich ja davon runter kommen möchte, das aber Zeit braucht. Und bei dem Druck in der Therapie ich langsam das Gefühl habe, hier auch Leistung bringen zu müssen. Sie meinte darauf nur, dass ich es machen soll, wie mir das passt und wenn ich doch nichts ändern möchte, das auch okay sei. Damit konnte ich mir wenig anfangen um ehrlich zu sein.

Dann redete sie über den Vorfall meiner Beziehung. Sie meinte, dass sie mich über Trauma aufgeklärt habe und sehr wohl erkannte, dass hier etwas schweres vorgefallen sein muss. Ich habe das schon öfter hier gelesen, dass es Worte gibt die einen „triggern“, wie aus dem nichts, und das war auch gerade in dem Moment bei mir so. Ich merkte wie ich beinahe wieder abgedriftet wäre. Als würde ich die Kontrolle über mein Bewusstsein verlieren … es wurde mir einfach zu viel. Ich sagte nichts - nur „mhm“ - und es dauerte etwas bis mir auffiel, dass sie gar nicht mehr redete. Ich stammelte den Satz „ich habe das Gefühl, dass sie nicht sehen wie es mir geht“ vor mich her und sie meinte, dass sie sehr wohl sieht, wie ich leide, aber es uns beiden nichts bringt, wenn sie einen Gefühlsausbruch habe. Sie distanziert sich von allen Patienten und das müsse sie auch, erklärte sie mir. Trotzdem fühlt sie, dass mich etwas belastet. Daraufhin meinte ich, dass ich jedoch nichts fühle, dass mir keine Wärme entgegen kommt. Ihre Antwort darauf war, dass mich die Depression so kalt macht. Deshalb weine ich auch unter anderem nicht und deswegen kommen wenn dann nur Wutgefühle hoch anstatt Trauer. Ich kann dem nicht ganz folgen ehrlich gesagt, aber da hat es mir so den Hals zugeschnürt, dass ich nichts mehr sagen konnte.
Sie sagte auch, dass sie der Meinung ist, dass ich keinen Zugang zu meinen Gefühlen hätte, weil mir meine Eltern das abtrainiert hatten. Und das man das langsam angehen müsse und ich doch einiges an große Baustellen bzw. Traumata habe, die man erst bearbeiten kann, wenn ich stabil genug sei.

Ich ging wie geschreddert aus diesen 2 Stunden raus. Ich kann bis jetzt meine Gedanken nicht ganz richtig zusammensetzen. Es war nichts schlimmes passiert und sie machte ja Zugeständnisse, aber irgendwie fühlte ich mich leer und mies. Dann hat mich die Situation heute in der Arbeit auch noch so überfordert, dass ich auf der Toilette zusammengebrochen bin und dachte, ich hätte einen Herzinfarkt (Stechen im Herz, keine Luft mehr bekommen, trübe Sicht). Ich hatte höllische Angst. Sowas hatte ich im Jänner während dem Autofahren und das war der Auslöser dass ich dachte „So, jetzt ists genug, du gehörst in Therapie“, da der Arzt nichts fand.

Ich weiß ehrlich gesagt gerade nicht mehr weiter. Ich habe den Eindruck, dass sie mir ohne Medikamente nicht helfen kann (oder will) und ich ihr mehrfach erklärt habe, dass selbst meine Psychiaterin damals erstaunt war, dass bei mir nichts hilft. Und ich es auch deshalb nicht nehmen möchte, weil ich fast nur Nebenwirkungen habe und keinen Nutzen. Aber die Therapeutin vermittelt mir irgendwie „mit deiner Depression wird das halt nichts. Solange du die hast, kannst du halt meine Zugewandtheit nicht spüren und bist auf dich alleine gestellt“. Ich komme mir vor als ließe man mich zum Sterben irgendwo im Straßengraben liegen. Ich schaffe das alles nicht und ich bekomme keine hilfreichen Tipps von ihr oder irgendetwas um mir irgendwie selbst zu helfen. Ich schreie ja nach Hilfe, aber irgendwie hört sie mich nicht. Und langsam fehlt mir die Kraft, da noch weiter zu machen.
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Shukria
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Beitrag Do., 20.07.2023, 18:37

Zugewandtheit spüren, wenn einem die Emotionen als Kind antrainiert wurden geht nicht.

Es wäre zielführende wenn du klar benennen könntest an welchen ihrer Handlungen du erkennen könntest, du festmachen kannst, das sie dir zugewandt ist zb dieses 2h für die Besprechung einräumen um dich nicht unter Druck zu setzen. Zu sagen das du! entscheidest ob und wann du Veränderungen im Täterunfekd vornehmen möchtest /kannst- auch da nimmt sie zb Druck raus.

Wenn das dann für dich sichtbar wird, rutscht es nach längerer Zeit von alleine ins Gefühl.

Und dann natürlich auch mal genau hinzuspüren, in dich reinzuführen wenn sie etwas tust wo du weist, diese Handlung bedeutet Zuwendung und Fürsorge

Andersherum wird das nichts.

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caduta
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Beitrag Do., 20.07.2023, 21:39

Eigentlich klingt das für mich nach sehr viel Zuwendung von ihrer Seite. Ich frage mich, ob du vielleicht eine andere Art der Zuwendung suchst und deshalb so enttäuscht bist? Eher so wo das Kind die Zuwendung der Mutter?

Das kann und wird sie dir aber nicht geben. Sie ist Psychotherapeutin. Sie kann dir nur zeigen wie du lernen kannst dir selbst diese Zuwendung zu geben.

Vielleicht schaffst du es ja mit einmal darüber schlafen das viele Positive zu sehen, dass sie dir heute gegeben hat: die Zeit für dich, ihre Ehrlichkeit dir gegenüber, ihr Interesse an dir, die Gedanken, die sie sich macht, die Art wie sie dich und deine aktuelle Situation wahrnimmt und versucht dir genau darauf bezogen zu helfen.

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SinnIch
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Beitrag Do., 20.07.2023, 22:20

Ich hatte schon geschrieben, es dann doch gelöscht, weil ich unsicher bin... Was mich immer noch irritiert ist, dass es im ganzen Thread von Therapiebeginn an sich offenbar nie für dich mal stimmig anfühlte mit ihr. Ich frage mich, ob es vielleicht einfach nicht passt.
Ich hatte sowas auch mit einer Therapeutin, letztlich brach ich die Therapie ab wegen anderer doofen Dinge, im Nachhinein bin ich darüber sehr froh. Das konnte man auch gut auf meine Probleme umwälzen, aber heute seh ich im Vergleich klar, da fehlte wirklich was.
Andererseits sehe ich auch, dass du vielleicht mehr suchst in ihr als sie als Therapeutin geben kann bzw du lernen müsstest dir selber zu geben.
Dann wäre es sogar gut, dass sie vielleicht so klar abgegrenzt ist, sonst rutscht man schnell in die Abhängigkeit, gerade mit solch einer Vorgeschichte. Und glaub mir, das will man auch nicht (auf Dauer)...
Aber man sollte sich auf der anderen Seite schon irgendwie wohl mit der Therapeutin fühlen.
Dass es sich immer so falsch anfühlt, ich weiß nicht, ob man sich da nicht auch ganz schön klein macht, dass alles auf die Depression und Background zu schieben.
Tu mich da schwer...

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Shukria
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Beitrag Fr., 21.07.2023, 00:03

Ich stolpere innerlich auch über den Satz, das dir keine Wärme entgegen kommt.

Also das was du schreibst ist sie dir auf alle Fälle zugewandt.

Also mir ist noch nicht klar was du mit der Wärme meinst, was konkret du bei ihr suchst.
Es klingt ein bisschen nach, also bei mir taucht das auf, sich wohlfühlen können bei ihr, gesehen zu werden wie schlecht es dir geht, Bestätigung dafür bekommen und dich da (drauf?) ausruhen können und erstmal zumindest das stehen lassen zu dürfen und (mal) nicht an die arbeiten zu müssen?

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wildeskeks
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Beitrag Fr., 21.07.2023, 18:36

Shukria hat geschrieben: Do., 20.07.2023, 18:37 Zugewandtheit spüren, wenn einem die Emotionen als Kind antrainiert wurden geht nicht.

Es wäre zielführende wenn du klar benennen könntest an welchen ihrer Handlungen du erkennen könntest, du festmachen kannst, das sie dir zugewandt ist
Das macht Sinn, was du schreibst. Ich kann ja manchmal Wärme und Herzlichkeit spüren, aber dazu muss ich einem Menschen vertrauen - und daran scheitert es meistens. Ich sehe ja, dass sie sich Zeit nimmt und dieser Satz oben nicht nach einem trotzigen „ja dann mach doch was du willst“ klingen soll, sondern nach Druck rausnehmen. Ich würde das nur gerne spüren, also das mir warm ums Herz wird, weil ich fühle, dass sie mich mag, wertschätzt und mir zugewandt ist. Aber ich spüre rein gar nichts. Ich weiß nicht, ob es die Depression ist, meine Verlustangst, meine vielen schlechten Erfahrungen oder ob sie mir zu wenig gibt (weil sie nicht will oder kann ist ja erst mal irrelevant). Aber offenbar bin ich wohl zu verkorkst, um das Gesehene in Gefühle zu verwandeln. Und die Depression tut offenbar ihr übriges daran.
caduta hat geschrieben: Do., 20.07.2023, 21:39 Eigentlich klingt das für mich nach sehr viel Zuwendung von ihrer Seite. Ich frage mich, ob du vielleicht eine andere Art der Zuwendung suchst und deshalb so enttäuscht bist? Eher so wo das Kind die Zuwendung der Mutter?

Das kann und wird sie dir aber nicht geben. Sie ist Psychotherapeutin. Sie kann dir nur zeigen wie du lernen kannst dir selbst diese Zuwendung zu geben.
Daran habe ich auch bereits gedacht. Mit meiner Psychiaterin hatte ich genau diesen Effekt. Das war vor Jahren. Ich habe sie irgendwann plötzlich idealisiert, ich wollte immer mehr in ihrer Nähe sein und ich hatte kurzweilig sogar eigenartige Fantasien sexueller Natur. Viel später kam ich dahinter, dass das offenbar eine sehr starke Übertragung war und ich sie einfach sehr liebte, aber platonisch, so wie man eine Mama lieb hat. Sie hat mich das aber von ihr aus auch direkt spüren lassen, mit ihren Worten und Blicken, ihrer Körperhaltung und -sprache, dass sie „auf meiner Seite steht“. Sie hat mich auch umarmt, als ich damals bei ihr zwei Mal komplett zusammenbrach. Sie gab mir immer das Gefühl, willkommen, geborgen und gewollt zu sein. Das tat meiner Seele wirklich gut. Aber die Psychiaterin ersetzt nunmal keine Therapie.
Diese Gefühle spüre ich bei meiner Therapeutin aber nicht. Ich suche sicherlich einen Mutterersatz, das ist mir klar, aber deshalb nahm ich bewusst keine Therapeutin, die vom Alter her hin kommt (wie das bei meiner Psychiaterin der Fall war; meine Therapeutin ist gerade mal 6 Jahre älter als ich), weil ich dachte, dass das evtl. nicht sehr förderlich ist. Abgesehen davon: gibt es in der Schematherapie nicht sowas wie „Nachbeelterung“? Ich weiß ehrlich gesagt nicht ganz genau, was das sein soll. Aber so wie ich das verstanden habe, geht es darum, dem inneren Kind eine alternative Ausgangssituation zu ermöglichen, indem der Therapeut kurzfristig in die Eltern Rolle schlüpft.
Nichtsdestotrotz weiß ich was du meinst - trotzdem: ich möchte einfach Zugewandheit, Wärme, Herzlichkeit und Sympathie spüren. Ich weiß, dass sie nicht meine Mutter sein kann und das werde ich nie erleben dürfen. Trotzdem wäre etwas Wärme, die man evtl. auch einem Freund entgegen bringt, schon Balsam für die Seele. Wenn ich damit auch zu viel verlange, dann weiß ich nicht, wie ich mich bei ihr geborgen fühlen soll. Wenn ich sie nicht einmal als „Freundin“ betrachten darf, dann ist sie eher in der Kategorie „Bekannter“ und damit verschließe ich mich wieder. Einem Bekannten erzähle ich sicherlich nichts von Missbrauchserfahrungen. Aber wie gesagt: vielleicht erwarte ich zu viel.

Wenn es darum ginge, was ich mir von ihr wünsche, wäre das Folgendes: herzlicher mit mir sprechen. Mir mit Worten, Gesten zeigen, dass sie mich mag und wenn ich es gerade nicht kapiere, was sie macht, dass sie mir das sagt, dass sie das jetzt für mich tut. Mich spüren lassen, dass sie sich sorgt um mich, dass sie mir zuhört, weil sie das will und nicht, weil sie muss.

Aber vielleicht ist das zu viel? Oder vielleicht ist sie eben sehr distanziert? Oder vielleicht bin ich so daneben, dass ich es nicht spüre, obwohl es da ist? Und warum hilft sie mir nicht, es zu spüren? Oder mache ich es ihr unmöglich? Tut sie sich zu wenig an? Bin ich beschränkt und verstehe ihre Zeichen nicht? Warum wird sie dann nicht direkter?

Ich kann mit diesen Fragen irgendwie nichts anfangen und drehe mich im Kreis.
Zuletzt geändert von wildeskeks am Fr., 21.07.2023, 18:55, insgesamt 3-mal geändert.
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wildeskeks
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Beitrag Fr., 21.07.2023, 18:51

SinnIch hat geschrieben: Do., 20.07.2023, 22:20 Ich hatte schon geschrieben, es dann doch gelöscht, weil ich unsicher bin... Was mich immer noch irritiert ist, dass es im ganzen Thread von Therapiebeginn an sich offenbar nie für dich mal stimmig anfühlte mit ihr. Ich frage mich, ob es vielleicht einfach nicht passt. [..]
Andererseits sehe ich auch, dass du vielleicht mehr suchst in ihr als sie als Therapeutin geben kann bzw du lernen müsstest dir selber zu geben.
Dann wäre es sogar gut, dass sie vielleicht so klar abgegrenzt ist, sonst rutscht man schnell in die Abhängigkeit, gerade mit solch einer Vorgeschichte. Und glaub mir, das will man auch nicht (auf Dauer)...
Aber man sollte sich auf der anderen Seite schon irgendwie wohl mit der Therapeutin fühlen.
Dass es sich immer so falsch anfühlt, ich weiß nicht, ob man sich da nicht auch ganz schön klein macht, dass alles auf die Depression und Background zu schieben.
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Das ist genau mein Problem. Ich weiß nicht genau, ob ich es bin, die durch die Depression blockt, durch die Verlustangst, ich generell zu viel erwarte. Ich bin mir bewusst, dass ich eine Ersatzmama suche, aber ich weiß, dass sie mir das nicht geben kann. Andererseits frage ich mich, warum sie mich dann damit so alleine lässt? Ich meine, wie soll ich lernen, wie ich damit umgehen kann? Warum bringt sie mir das nicht bei, wie ich mir das selbst geben kann? Warum stehe ich damit alleine da? Wieso hat sie das bis jetzt noch nie angesprochen? Ich meine, wenn ich das ohne sie lernen muss, dann frage ich mich, für was sie dann da sein soll. Ich muss selbst an mir arbeiten - das ist mir bewusst. Aber wenn sie mir gar nicht hilft, weil sie mir nicht sagt, was ich tun oder versuchen kann, was tut sie denn sonst?
Das macht mich stutzig. Ich erwarte nicht, dass sie mich in den Arm nimmt, mir durchs Haar streicht und mir einen Kuss auf die Stirn gibt. Aber ich möchte einfach gerne etwas Wärme spüren … dass sie sich wirklich aufrichtig freut, mich zu sehen. Dass sie gut von mir denkt, dass ich merke, dass sie mich mag. Dass es sie wirklich interessiert, wie es mir geht. Das ich Vertrauen zu ihr haben darf und nicht enttäuscht werde. Sie sagt zwar, dass sie spürt, dass es mir nicht gut geht, aber warum versucht sie mir dann nicht zu helfen? Zu fragen, was nicht stimmt und mir irgendwelche Mittel und Wege zu zeigen, wie ich mir selbst helfen kann? Oder hab ich irgendetwas missverstanden und liege ich komplett daneben mit meinen Erwartungen? Ich weiß es einfach wirklich nicht…
Shukria hat geschrieben: Fr., 21.07.2023, 00:03 Also mir ist noch nicht klar was du mit der Wärme meinst, was konkret du bei ihr suchst.
Es klingt ein bisschen nach, also bei mir taucht das auf, sich wohlfühlen können bei ihr, gesehen zu werden wie schlecht es dir geht, Bestätigung dafür bekommen und dich da (drauf?) ausruhen können und erstmal zumindest das stehen lassen zu dürfen und (mal) nicht an die arbeiten zu müssen?
Das was du denkst, kommt schon hin. Ich kam mir bisher mein ganzes Leben verkehrt vor. Immer nur falsch, meist ungewollt, egal bei wem. Ich würde gerne spüren, dass sie mich schätzt, mag und Anteil nimmt an dem, was mir widerfahren ist. Ja, sie sagt, sie spürt mich und mein Leid, aber sie sagt das einmal mit sehr neutraler Miene. Für mich stimmt die Emotion des Satzes nicht mit ihrer Mimik überein. Sie muss keinen Gefühlsausbruch haben, aber es macht einen Unterschied, ob man zu jemandem sagt „ es tut mir sehr leid, was dir passiert ist. das ist schrecklich, was du durchmachen musstest. ich verstehe, dass du gekränkt und misstrauisch bist“ oder sagt „ja, das klingt schlimm“. Vor allem wenn bei letzterem eine neutrale Gesichtsmimik dabei ist.

Mein Problem ist nur, ich habe ein hohes Gerechtigkeitsempfinden und ich will ihr nicht Unrecht tun. Ich weiß zudem, dass ich vorbelastet bin und sie offenbar nicht spüre. Aber andererseits habe ich einfach ein Bedürfnis danach, endlich Halt zu finden in jemandem, der mich schätzt und mag …
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münchnerkindl
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Beitrag Fr., 21.07.2023, 19:37

Ich denke es wäre sinnvoll, wenn du es in einer Klinik probierst. Weil erstens nimmt dich das aus deiner Umgebung wo du Täterkontakt hast, sowie aus der Arbeit und aus der zumindest teilweisen Überforderung da. Und zweitens gibt es da mehrere verschiedene Therapeuten mit verschiedenen Therapieformen, psychosoziale Beratung und auch noch andere Patienten. Und unter diesen vielen Personen werden ziemlich sicher einer oder mehrere dabei sein wo "die Chemie stimmt".

Kannst du denn in anderen Bereichen deines Lebens Zugewandtheit von anderen Menschen spüren? Und kannst du das dann annehmen und dich damit entspannen?

Weil ich kenne das so dass ich ja in der Kindheit von meiner Hauptbezugsperson schikaniert und abgewertet worden bin. Und dadurch hat sich bei mir so ein Mechanismus gebildet, dass wenn ich Sehnsucht nach so einer Art von Nähe habe, bei mir gleichzeitig die Panik hochkommt, dass wenn ich mich öffne ich wieder eine reingebraten bekommen kann. Also eine reflexartige Panik durch den Trigger Sehnsucht nach Nähe/Nähe, weil eben das der Punkt ist wo ich massiv und über lange Zeit misshandelt worden bin.
Wobei bei mir allerdings Psychotherapeuten nie getriggert gefühlt habe, weil eine Komponente für die Triggerbarkeit ein Abhängigkeitsverhältnis ist. Mich kann also die Sachbearbeiterin beim Arbeitsamt aufgrund der Abängigkeit von den materiellen Leistungen problemlos in Todesangst versetzen, einem Psychotherapeuten kann ich wenn er oder sie mir blöd kommt problemlos die Meinung sagen und ggf aufstehen und gehen. Ich denke was traumatisierte Menschen triggert, mit Panik überflutet und in fight, flight, freeze, fawn zu verfallen ist extrem individuell.

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Shukria
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Beitrag Fr., 21.07.2023, 20:20

Halt in jemanden zu finden der dich schätzt und mag - derjenige der dir diesen Halt gibt und bei dem du den findest, das solltest du sein, damit du emotional unabhängiger von anderen Menschen wirst.

Ich frage mich was ihr als Therapieziele besprochen habt , also was habt ihr vereinbart an dem ihr beide zusammen arbeiten wollt, damit du lernst selber in dir Halt zu finden?

Es gibt auch Therapien wo sehr über die Beziehung gearbeitet wird, das findest du aber eher in tiefenpsychologischen oder analytischen Therapien, aber dafür sollte eine gewisse Stabilität da sein…

Mir ist noch nicht klar was sich durch die Therapie verändern soll und was ihr konkret vereinbart/gesprochen habt dazu. Mur scheint eher das du einiges an Wünschen/Erwartungen nicht ausgesprochen hast

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wildeskeks
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Beitrag Fr., 21.07.2023, 23:26

münchnerkindl hat geschrieben: Fr., 21.07.2023, 19:37 Ich denke es wäre sinnvoll, wenn du es in einer Klinik probierst. Weil erstens nimmt dich das aus deiner Umgebung wo du Täterkontakt hast, sowie aus der Arbeit und aus der zumindest teilweisen Überforderung da. Und zweitens gibt es da mehrere verschiedene Therapeuten mit verschiedenen Therapieformen, psychosoziale Beratung und auch noch andere Patienten. Und unter diesen vielen Personen werden ziemlich sicher einer oder mehrere dabei sein wo "die Chemie stimmt".
Ich habe Angst davor. Ich weiß nicht, wie so etwas abläuft und ob ich nicht danach noch mehr Probleme habe (Verlust des Arbeitsplatzes und damit finanzieller Sicherheit zum Beispiel). Ich fürchte mich sehr vor der Vorstellung…
münchnerkindl hat geschrieben: Fr., 21.07.2023, 19:37 Kannst du denn in anderen Bereichen deines Lebens Zugewandtheit von anderen Menschen spüren? Und kannst du das dann annehmen und dich damit entspannen?
Nein, meistens nicht. In den letzten Wochen kam ich sehr gut mit meiner Arbeitskollegin aus. Nachdem sich mich „erwischt“ hatte dabei, wie ich mich gerade von einem seelischen Tief auf der Toilette erholt habe, suchte sie das Gespräch mit mir. Seitdem komme ich halbwegs gut mit ihr aus und sie scheint wohl auch mir gegenüber nicht heimtückisch oder sonst irgendwie falsch zu sein. Da kann ich etwas entspannen, aber nicht viel. Ich vermute trotzdem ständig einen „Hinterhalt“ - ich glaube daher dich gut nachvollziehen zu können münchnerkindl. Ich kann die Panik, die du beschreibst verstehen. Zuerst habe ich sooo einen starken Drang nach Nähe, wenn ich erst mal „warm“ wurde mit jemanden (was Ewigkeiten dauert und den anderen sehr viel Nerven kostet) und dann, wenn der andere mir auch noch sehr zugewandt erscheint statt ablehnend (weil ich dann eher zum kleben neige), dann irritiert mich das stark. Meist reagiere ICH dann abweisend. Oder ich werde eifersüchtig und treibe den anderen so in die Flucht. Ich brauche das offenbar, dass man mich ignoriert und links liegen lässt. Aber wenn ich dann alleine bin wünsche ich mir, ich könnte das zulassen und mich dem Gefühl hingeben. Meist scheitere ich mit anderen aber schon an der Hürde, warm zu werden miteinander.

Ich habe das Problem, dass ich dauernd im Kampfmodus bin. In meiner Arbeit bin ich die Unantastbare, diejenige die immer alles schafft, macht weiß und sich durchsetzt. Das kostet richtig Kraft. Ich bin die einzige Frau unter einen Haufen Männer und noch dazu ihre Vorgesetzte. Ich muss mich jeden Tag behaupten, da ich fast täglich irgendwo (heraus-)gefordert werde. Daher kann ich sehr sachlich, kühl, distanziert und abweisend sein, wenn ich das will. Aber das verschließt mich komplett vor meinen Gefühlen. Ich schätze meine Kindheit ermöglicht mir, dass ich so bin. Allerdings empfinde ich das als Fluch. Und ich will bei einer Therapeutin nicht auch so anfangen müssen … dann würde sich wieder nichts ändern. Ich möchte Zugang zu meinen Gefühlen haben, mich spüren dürfen …
Shukria hat geschrieben: Fr., 21.07.2023, 20:20 Halt in jemanden zu finden der dich schätzt und mag - derjenige der dir diesen Halt gibt und bei dem du den findest, das solltest du sein, damit du emotional unabhängiger von anderen Menschen wirst.
Das möchte ich ja auf lange Sicht. Aber ich kann es nicht und das ist mitunter ein Grund für die Therapie. Aber wann und wie ich das lernen soll, weiß ich nicht. Und momentan ist so viel los in meinem Leben, so viel Unruhe, Stress, Ängste, dass ich mir für den Moment Halt bei ihr wünsche. Einfach ein Stückchen an die Hand nehmen, damit es danach alleine geht.
Shukria hat geschrieben: Fr., 21.07.2023, 20:20 Ich frage mich was ihr als Therapieziele besprochen habt , also was habt ihr vereinbart an dem ihr beide zusammen arbeiten wollt, damit du lernst selber in dir Halt zu finden?

Es gibt auch Therapien wo sehr über die Beziehung gearbeitet wird, das findest du aber eher in tiefenpsychologischen oder analytischen Therapien, aber dafür sollte eine gewisse Stabilität da sein…

Mir ist noch nicht klar was sich durch die Therapie verändern soll und was ihr konkret vereinbart/gesprochen habt dazu. Mur scheint eher das du einiges an Wünschen/Erwartungen nicht ausgesprochen hast
Die Therapieziele haben wir in der 2. Sitzung festgelegt. Seitdem haben wir das nicht mehr neu evaluiert (falls man das macht). Ich habe ziemlich sicher nicht jedes Ziel geschildert. Ich konnte ihr nicht schon in der 2. Sitzung sagen, dass mich beispielsweise der sexuelle Missbrauch belastet. Ich sagte ihr, dass ich gerne weniger gestresst wäre, glücklicher und erfüllter sein möchte, besser im Umgang mit Kritik, mich mehr öffnen und vertrauen schöpfen können. Aber ich kannte sie ja nicht - wie hätte ich ihr da schon alles hinknallen können?

Analytische Therapie wäre wohl nichts für mich, denn stabil bin ich aktuell wohl gerade nicht …
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Shukria
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Beitrag Sa., 22.07.2023, 08:14

Bei Zielen ist es wichtig auchvzu klären woran du merken würdest das du dich deinen Zielen annäherst und woran du erkennst das du sie erreicht hast

So was wie weniger gestresst zb nur… woran würdest du denn festmachen das du weniger gestresst bist?

Momentan scheint ja dein Therapieziele sich geändert zu haben bzw ein neues im Vordergrund zu stehen und das ist das du ins spüren Kommen möchtest. Weiß sie das?

Du solltest den Mut finden den Sex. Missbrauch anzusprechen, dabei entsteht ja ebenfalls die Notwendigkeit Gefühle abzuschalten, sowohl bei den Taten selbst als auch oft danach wenn niemand für einen da ist das aufzufangen.

Das vergrößert die Dimension des nichts fühlen ja noch mal.
Und den Machtkampf den du im Slltag zu deinen Gefühlen beschreibst, den erlebst du gerade auch in der Therapie, es kann sehr hilfreich sein das mit ihr mal zu reflektieren das es dir nicht nur mit ihr so geht , auch deinUmgang damit und wie ihr da jetzt einen anderen Umgang für dich mal ausprobieren könnt.

Genaugenommen bist du mitten im Prozess, vor Veränderung steht, sich selbst, die eigenen Muster kennenlernen u d erstmal überhaupt zu verstehen und dafür Worte zu finden, und das fängst du gerade an.

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sebi
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Beitrag Sa., 22.07.2023, 08:23

@wildeskeks,
ich kann dich sooo gut verstehen, deinen Kampf mit und um die Gefühle. Du hast gelernt, deine Gefühle abzuspalten, sonst hättest nicht überlebt. Meine Thera fragte mich fast ein Jahr lang jede Stunde: Was fühlen sie? Und jedes mal wäre ich ihr am liebsten an die Kehle gegangen. Ich WOLLTE ja nichts mehr fühlen. Wenn ich nichts mehr fühle, so meine Idee, dann würde der sexuelle Missbrauch in meiner Kindheit seine Macht über mich verlieren. Es hat nicht funktioniert. Die körperlichen Schmerzen wurden immer heftiger.
Also, was tun? Ich habe dann, also während der Therapie, erstmal begonnen, mich auf meine anderen Sinne zu konzentrieren. Bin z.b. mit der von mir gestellten Aufgabe "heute achte ich NUR auf die Vogelstimmen, die ich höre" spazieren gegangen. Oder "heute achte ich n u r auf das Grün, das ich sehe", oder "meinen Morgenkaffee trinke ich heute ganz bewusst" usw.
So fand ich Zugang zu meinen Gefühlen. Ich erinnere mich noch gut, welchen Schmerz ich empfand, wenn ich Menschen (wildfremde) sah, die liebevoll zueinander waren. Dieser Stich ins Herz jedesmal. Ich sehnte mich auch so sehr danach, stattdessen erstarrte ich jedesmal, wenn mich jemand umarmte. Wurde zu Stein.
Vor der Therapie und dann parallell zur Therapie habe ich auch eine Sellbsthilfegruppe besucht. Dort sass ich ein Jahr lang und habe geschwiegen, nur zugehört. Bis ich dann Worte gefunden habe. Der Austausch mit betroffenen Frauen hat mir mindestens so geholfen, wie die Therapie. Endlich gab es Menschen in meinem Leben, die mich verstanden. Ich fühlte mich endlich verstanden.
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