Na, dann viel Spaß...Sunna hat geschrieben:Eine Therapie kann beides bieten. Anfangs kann ein Therapeut einladen, sich der Abhängigkeit hinzugeben, um anschließend zur Autonomie zu verhelfen. Beide Beziehungsangebote würden nacheinander ablaufen.
Autonomie fördern (bei Langzeittherapien)?
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Mhm, mich hat diese Beschreibung sehr stutzig gemacht. Ganz abstrakt: Wenn du eine Mutter hast, die dir alle ihre Probleme anvertraut, dir zu verstehen gibt, du bist ihr einziger Sinn im Leben, gehst du doch mit deinen Problemen ganz sicher nicht zu dieser Mutter, die selber schon problembelastet ist. Du lernst, sie kann nicht ohne dich sein, du darfst sie nie verlassen. Gleichzeitig lernst du, Hilfe gibt es nicht, dir kann niemand beistehen. Ich finde also schon, dass ganz allgemein gesprochen, diese Unterscheidung zu kurz greift. Was dann dabei rauskommt, weiß man nicht. Denke ich zumindest. Da kann jemand sein Leben lang danach suchen, dass ihm jemand beisteht, da kann jemand eine Helfersymptomatik entwickeln, da kann jemand auch das Gefühl entwickeln, ich muss im Leben alleine klar kommen. Usw. usf. Ich finde, du machst da eine Kausalität auf, die es so nicht gibt. Es gibt ja noch das Umfeld oder eben auch nicht.
Ein guter Therapeut holt dich wahrscheinlich da ab, wo du eben stehst- aber er weiß das doch nicht von Anfang an. Der muss dich auch erstmal kennenlernen und wenn von vornherein gesagt wird, es dauert so lange, wie es dauert, dann scheint mir das eher mit der Einstellung des Therapeuten zu tun zu haben, statt mit dir. Mein Therapeut weiß, dass ich einer lebenslangen Behandlung ablehnend gegenüberstehe, dass ich einfach gerne Resultate sehen möchte- besser klar zu kommen eben. Trotzdem oder vielleicht grade deshalb ist in meiner Therapie immer klar, dass es ne Arbeitsbeziehung ist, die endlich ist. Er versucht, was sicher mit seiner Einstellung und Methode zusammenhängt, nicht mein Papi/Mamiersatz zu sein.
Ein guter Therapeut holt dich wahrscheinlich da ab, wo du eben stehst- aber er weiß das doch nicht von Anfang an. Der muss dich auch erstmal kennenlernen und wenn von vornherein gesagt wird, es dauert so lange, wie es dauert, dann scheint mir das eher mit der Einstellung des Therapeuten zu tun zu haben, statt mit dir. Mein Therapeut weiß, dass ich einer lebenslangen Behandlung ablehnend gegenüberstehe, dass ich einfach gerne Resultate sehen möchte- besser klar zu kommen eben. Trotzdem oder vielleicht grade deshalb ist in meiner Therapie immer klar, dass es ne Arbeitsbeziehung ist, die endlich ist. Er versucht, was sicher mit seiner Einstellung und Methode zusammenhängt, nicht mein Papi/Mamiersatz zu sein.
https://de.wikipedia.org/wiki/Oknophilie
Diese Unterscheidung hab ich ja nicht selbst erfunden Wenn man mal so jahrelang Bücher und Beiträge liest, zeichnet sich schon so ein Muster von Patienten ab: Da sind die, die immer alleine machen wollen und nie abhängig sein wollen (jedenfalls sagen sie das so und empfinden das wohl zunächst auch so), und da sind die, die das Gegenteil behaupten. Und dieses "Beziehungsangebot" an den Therapeuten ist entstanden, weil die Eltern (oder die sonstigen engen und ersten Bezugspersonen) das Kind so geprägt haben. Natürlich kann es sein, dass der Eine ein Helfersyndrom entwickelt und der Andere Einsiedler wird usw. Aber in Bezug auf die Frage: "Welches Beziehungsangebot mache ich meinem Therapeuten und was steckt dahinter?" läuft es wohl auf die grobe Unterscheidung hinaus. Wenn man die Bindungstypen weiter differenziert, kommt man natürlich zu feineren Gliederungen, aber im Grunde läuft alles auf die Frage hinaus: "Bin ich eher abhängig oder autonom?" - und sich daran anschließend eben: "Will ich das eigentlich WIRKLICH aus tiefstem Herzen?" - und darum, was das "tiefste Herz" will, geht es ja in Therapie. Ansonsten müsste man sich das eigentlich nicht antun...
Wobei der Therapeut ja nur ein "Aufhänger" ist; das wirkt sich ja auch aufs Leben aus und auf die eigene Lebenszufriedenheit und andere Beziehungen: Kann ich um Hilfe bitten? Kann ich Nähe zulassen? Kann ich zulassen, dass Andere mal mehr bekommen als ich? Brauche ich das, mich selbst zu bestrafen, indem ich mir auferlege, nicht um Hilfe zu bitten? Muss ich auf Andere herabschauen, die ihre Sehnsüchte spüren, zulassen und ausdrücken? Bin ich auch wertvoll, wenn ich mich nicht pausenlos um Andere kümmere? Und so fort. Letztlich hängt das alles an dieser Frage, wie man mit dem Spannungsverhältnis Autonomie-Nähe umgeht.
Diese Unterscheidung hab ich ja nicht selbst erfunden Wenn man mal so jahrelang Bücher und Beiträge liest, zeichnet sich schon so ein Muster von Patienten ab: Da sind die, die immer alleine machen wollen und nie abhängig sein wollen (jedenfalls sagen sie das so und empfinden das wohl zunächst auch so), und da sind die, die das Gegenteil behaupten. Und dieses "Beziehungsangebot" an den Therapeuten ist entstanden, weil die Eltern (oder die sonstigen engen und ersten Bezugspersonen) das Kind so geprägt haben. Natürlich kann es sein, dass der Eine ein Helfersyndrom entwickelt und der Andere Einsiedler wird usw. Aber in Bezug auf die Frage: "Welches Beziehungsangebot mache ich meinem Therapeuten und was steckt dahinter?" läuft es wohl auf die grobe Unterscheidung hinaus. Wenn man die Bindungstypen weiter differenziert, kommt man natürlich zu feineren Gliederungen, aber im Grunde läuft alles auf die Frage hinaus: "Bin ich eher abhängig oder autonom?" - und sich daran anschließend eben: "Will ich das eigentlich WIRKLICH aus tiefstem Herzen?" - und darum, was das "tiefste Herz" will, geht es ja in Therapie. Ansonsten müsste man sich das eigentlich nicht antun...
Wobei der Therapeut ja nur ein "Aufhänger" ist; das wirkt sich ja auch aufs Leben aus und auf die eigene Lebenszufriedenheit und andere Beziehungen: Kann ich um Hilfe bitten? Kann ich Nähe zulassen? Kann ich zulassen, dass Andere mal mehr bekommen als ich? Brauche ich das, mich selbst zu bestrafen, indem ich mir auferlege, nicht um Hilfe zu bitten? Muss ich auf Andere herabschauen, die ihre Sehnsüchte spüren, zulassen und ausdrücken? Bin ich auch wertvoll, wenn ich mich nicht pausenlos um Andere kümmere? Und so fort. Letztlich hängt das alles an dieser Frage, wie man mit dem Spannungsverhältnis Autonomie-Nähe umgeht.
Wenn z.B. eine "Pseudo-Autonomie" besteht, muss diese evtl. erst "aufgebrochen" werden, um eine gesunde Autonomie aufbauen zu können. Gerade in der von MariJane genannten Situation kann ich mir das vorstellen. Der Umstand, Hilfe, die man braucht, abzulehnen, weil man gelernt hat, sie nicht zu bekommen, ist keine gesunde Autonomie. Im ersten Schritt muss man vielleicht lernen, diese Hilfe wieder anzunehmen. Eine Therapie funktioniert nur dann, wenn sich ein Patient auf die Beziehung zum Therapeuten einlässt. Es geht nicht darum, den Patienten in eine starke Abhängigkeit zu bringen, sondern nur in dem Maße, das im individuellen Fall gebraucht wird - was unterschiedlich sein kann. Aus der Situation heraus kann dann wieder eine gesunde Autonomie aufgebaut werden, die z.B. auch das Abhänigkeitsverhältnis zur Mutter bearbeitet. Auch autonom erscheinende Menschen können vorrangig ein Autonomie-Problem haben.
Das Beziehungsangebot zur Abhängigkeit betrachte ich in meinem Beispiel eindeutig als untergeordnet und nur als Mittel zum Zweck. Die eigentliche Aufgabe ist das Beziehungsangebot zur Autonomie.
Das Beziehungsangebot zur Abhängigkeit betrachte ich in meinem Beispiel eindeutig als untergeordnet und nur als Mittel zum Zweck. Die eigentliche Aufgabe ist das Beziehungsangebot zur Autonomie.
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@ isabe
Ich lass das mal so stehen, weil ich einfach nicht gut genug in der Psychoanalyse bewandert bin und ein Wikiartikel das nicht auf die Schnelle ändert. Für mich ist die einfach empirisch nicht validiert bzw. validierbar und ich stehe dem persönlich dementsprechend eher skeptisch gegenüber. Was aber nicht heißt, dass ich deiner Argumentation so nicht folgen kann- ich kann mich einfach nicht damit identifizieren und habe einen andere Sichtweise. Da könnten wir uns totdiskutieren und würden nicht auf nen grünen Zweig kommen, einfach weil mein Zugang ein anderer ist.
Danke für den Link!
Ich lass das mal so stehen, weil ich einfach nicht gut genug in der Psychoanalyse bewandert bin und ein Wikiartikel das nicht auf die Schnelle ändert. Für mich ist die einfach empirisch nicht validiert bzw. validierbar und ich stehe dem persönlich dementsprechend eher skeptisch gegenüber. Was aber nicht heißt, dass ich deiner Argumentation so nicht folgen kann- ich kann mich einfach nicht damit identifizieren und habe einen andere Sichtweise. Da könnten wir uns totdiskutieren und würden nicht auf nen grünen Zweig kommen, einfach weil mein Zugang ein anderer ist.
Danke für den Link!
Das sehe ich auch so und ich würde mich auch verweigern würde mir jemand eine "Abhängigkeit" vorschreiben wollen. Ich bin erwachsen, kein Kind, und so möchte ich auch behandelt werden. Selbst dann, wenn es mir mal total beschissen geht oder aber eher Kindteile in der Therapie aufschlagen. Diese "Kinder" nehme ich an die Hand, nicht die Thera.Sunna hat geschrieben:Die eigentliche Aufgabe ist das Beziehungsangebot zur Autonomie.
Ich konnte das auch durchaus eine Zeitlang am "Verhalten" meiner Thera ablesen, wo sie mich gerade eher "hinsteuern" wollte. Fand ich Kacke, waren für mich blöde Spielchen. Wir hatten dann mal eine Auseinandersetzung darüber und danach hat sie sowas dann auch gelassen. Was ich allerdings immer sehr "beruhigend" fand, war das ich merkte, dass sie auf "Abhängigkeitsgesuche" nicht reagiert sondern mich "zurückholt" in mein Erwachsenensein.
Den Fehler echte Autonomie mit absoluter Unabhängigkeit (also einer totalen "Unbedürftigkeit) zu verwechseln finde ich fatal, denn das wird dem was Autonomie meint nicht gerecht. Wie ihr auch schon geschrieben habt gehört es zB. auch zur gesunden Autonomie dazu sich passende (!) Hilfe/Unterstützung zu suchen. Allerdings "verharrt" der Autonome zB. nicht an einer Stelle, wo er mehr Schaden als Gewinn hat unterm Strich. Also zB. bei einem Arzt, der schlecht oder falsch behandelt oder bei einem Partner der einen schlecht behandelt.
Mein Problem war z.B. - aber das hat interessanterweise vor dem jetzigen Therapeuten niemand erkannt, ich auch nicht, und mein erster Therapeut auch nicht -, dass ich mich (bei "wichtigen" Menschen) klein gemacht habe, weil das Sicherheit garantierte und Schuldgefühle minimierte. Seitdem ich das weiß, hat sich das geändert, und ich mache das nicht mehr so stark bis gar nicht (kommt auf das Umfeld an).
Ja, wenn sie das denn tun, dann ist alles gut. Aber was, wenn erst ein Abhängigkeit gefördert wird, die sich dann aus irgendwelchen Gründen nicht auflösen lässt? Dann hat der Patient Pecht gehabt.
Ja, das ist dann wohl leider so. Weshalb ich diesem "Abhängigkeitserzeugen" auch sehr kritisch gegenüber stehe. Spätestens wenn noch die "Eitelkeit" des Therapeuten mit ins Spiel kommt dürfte es zu Lasten des Patienten gehen, so dieser nicht Lunte riecht und rechtzeitig aussteigt.sandrin hat geschrieben:Aber was, wenn erst ein Abhängigkeit gefördert wird, die sich dann aus irgendwelchen Gründen nicht auflösen lässt? Dann hat der Patient Pecht gehabt.
Besonders problematisch dürfte dieses "auf eine Abhängigkeitsbasis" abzielen bei Patienten sein, die eh schon aus einer abhängigen Position in die Therapie kommen. Da wird es dann zur Gratwanderung für meine Begriffe. Einerseits darf der Patient nicht zu sehr "frustriert" werden zu Anfang, da sonst keine stabile Bindung aufgebaut werden kann. Andererseits treibt man ihn im Zweifel darüber erst Recht noch mehr in sein Problem rein wenn es dumm läuft. Und vor allem muss auch noch korrekt erkannt werden dass eine solche Tendenz vorliegt. Denn auch die kann ja "gut getarnt" sein.
Und wenn aus Angst davor, die Abhängigkeit nicht auflösen zu können, sie nicht gefördert wird, hat der Patient wohl auch Pech gehabt. Psychotherapien beinhalten viele Risiken. Auch Therapeuten gehen für ihre eigene Gesundheit Risiken ein und setzen sich z.B. der Gefahr einer sekundären Traumatisierung aus, wenn sie entsprechende Patienten behandeln. Trotzdem haben sie diesen Mut.
Wenn man ehrlich ist, auf beiden Seiten, also wirklich aufrichtig bemüht ist, zu seinen eigenen "Tiefen" durchzudringen, sehe ich die Chancen größer als die Gefahren. Aber nur dann. Und es kann sehr lange dauern, bis ein geschädigter Patient so weit vertraut, dass er das Risiko eingehen kann.
Du gehst davon aus, dass Abhängigkeit nötig ist für eine erfolgreiche Behandlung, davon gehe ich nicht aus. Eine sichere, stabile Bindung (ein sicheres, stabiles Patient/Therapeut Verhältnis) reicht für meine Begriffe vollkommen.Sunna hat geschrieben:Und wenn aus Angst davor, die Abhängigkeit nicht auflösen zu können, sie nicht gefördert wird, hat der Patient wohl auch Pech gehabt. Psychotherapien beinhalten viele Risiken.
Manche ja, manche nein. Ich denke mit "Mut" hat das weniger tun, eher mit einem "Realtitätscheck" und einer soliden Ausbildung und Selbstfürsorge (zB. über die regelmässige Supervision belastender Stunden).Sunna hat geschrieben:Auch Therapeuten gehen für ihre eigene Gesundheit Risiken ein und setzen sich z.B. der Gefahr einer sekundären Traumatisierung aus, wenn sie entsprechende Patienten behandeln. Trotzdem haben sie diesen Mut.
Vertrauen braucht aber keine "Abhängigkeit", Vertrauen kann auch in einer "freiheitlichen" Beziehung aufgebaut werden.isabe hat geschrieben:Und es kann sehr lange dauern, bis ein geschädigter Patient so weit vertraut, dass er das Risiko eingehen kann.
Nein, ich glaube, dass wirkliches Vertrauen für bindungsgestörte Menschen nur dann aufgebaut werden kann, wenn man etwas riskiert, und das Risiko für diese Menschen ist sehr hoch (für gesündere Menschen ist eine ungute Beziehung schlimmstenfalls enttäuschend; für bindungsgestörte ist sie katastrophal). Wenn man wirklich "in Freiheit" lebt, braucht man keine Psychotherapie! Der Begriff "Freiheit" sollte nicht missbraucht werden, indem man alles darunter subsumiert, was sich anfühlt wie "ich brauche niemanden". Freiheit kann nur dann entstehen, wenn gleichzeitig Abhängigkeit möglich ist. Nur wenn ich weiß, wie es ist, mich jemandem hinzugeben, kann ich frei sein. Alles andere ist nur die Illusion von Freiheit.
Das verstehe ich bereits unter Abhängigkeit im Sinne des Autonomie-Abhängigkeits-Konfliktes.mio hat geschrieben:Du gehst davon aus, dass Abhängigkeit nötig ist für eine erfolgreiche Behandlung, davon gehe ich nicht aus. Eine sichere, stabile Bindung (ein sicheres, stabiles Patient/Therapeut Verhältnis) reicht für meine Begriffe vollkommen.
Ausbildung und Selbstfürsorge sind selbstverständlich wichtiger als Mut - aber den bedarf es letzten Endes auch, weil keine Ausbildung, Selbstfürsorge oder auch Supervision garantieren, selbst gesund zu bleiben. Und Patienten brauchen ihn auch.mio hat geschrieben:Manche ja, manche nein. Ich denke mit "Mut" hat das weniger tun, eher mit einem "Realtitätscheck" und einer soliden Ausbildung und Selbstfürsorge (zB. über die regelmässige Supervision belastender Stunden).
Ein Scheitern ist nie schön und die Folgen schnell gravierend. Daher kann ich die Bedenken gut verstehen und finde es wichtig, wenn sie geäußert werden. Diese ergänze ich nur durch weitere Facetten für ein ganzes Bild. Nur die Bedenken zu äußern, kann bei dem einen oder anderen unnötige Ängste wecken. Erst beide Aspekten ermöglichen ein Abwägen der Situation.
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