Grenzen setzen und mit den Folgen leben...

Alle Themen, die in keines der Partnerschafts-Foren passen, bei denen es aber in weitestem Sinne um Beziehungen, soziale Kontakte usw. geht, Adoption, Pflege usw.

Feenya
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Beitrag Di., 05.08.2014, 11:56

BöseTochter hat geschrieben: Besser ist relativ. Wenn eine psychische Erkrankung dafür verantwortlich wäre, könnte ich sie trotzdem versorgen, denn sie wäre nicht verantwortlich für ihren Mangel an Selbstkontrolle und ihr Verhalten. Anders liegt die Sache, wenn all diese Aussagen bewußt und kalkuliert waren, um mich zu manipulieren.
Ich kann es jetzt nur mit meiner Mutter vergleichen.
Nein, sie war mir gegenüber - seit ich denken kann - milde gesagt "unterkühlt". Sie funktionierte was mein Großziehen betraf. Sie gab mir essen, wusch meine Kleidung und war sehr darauf bedacht, mich zu informieren, wenn ich etwas falsch gemacht habe. Worte wie "Blamier mich nicht" und "Was werden die Leute denken" war mein Alltag.
So ähnlich tickte unsere Mutter auch.
Als mein Bruder sie - als erwachsener Mann - einmal fragte, wie sie Liebe definieren würde, da bekam er als Antwort: "Pflichterfüllung. Dafür sorgen, dass aus den Kindern etwas Anständiges wird. Vom Kuscheln und Umarmen hat ein Kind nichts."

Meine Schwester hat mit der psychischen und physischen Gewalt, die uns angetan wurde, dann so abschließen können, indem sie durch diese/ihre These ihren Frieden mit der Mutter gefunden hat:
"Manche Menschen haben eine Rechen- oder Rechtschreibschwäche. Unsere Mutter hatte eine emotionale Schwäche."

Und nun zurück zu deinem Schlusssatz
Anders liegt die Sache, wenn all diese Aussagen bewußt und kalkuliert waren, um mich zu manipulieren.
Ich denke nicht, dass es ganz bewusst Manipulation ist. Meine Mutter konnte das ja auch sehr gut.
Ich vermute, das sind Verhaltensweisen, die auch unsere Mütter schon von ihren Eltern so vorgelebt bekommen haben und das als "so löst man diese Situation" als richtig angesehen haben.

Vermuten lässt mich das mein eigenes Muttersein.
Ganz früher, als ich gerade frischgebackene Mutter war, da wusste ich, dass ich meine Kinder sicher NIE schlagen werde.
Und dann kam ich nach etwas mehr als vier Jahren doch einmal an den Punkt, an dem ich meinem ältesten Kind etwas auf den Hintern gab.
Und da war ich sehr erschrocken darüber. Erst hinterher kam mir in den Sinn, dass ich genauso gehandelt habe, wie meine Mutter mir Erziehung vorgelebt hatte.
Ich wusste also, dass ich meine Kinder gewaltfrei erziehen möchte, aber mir fehlte das positive Model dazu.
Leider gab es damals - Ende der 80er Jahre - noch keine Internetforen, wo ich mir Erziehungstipps von erfahrenen Müttern holen hätte können.
Aber ich habe es eigentlich sehr gut hinbekommen. Für mich war immer klar, dass ich meine Kinder niemals schlagen möchte. Und als es dann passiert war, da habe ich hinterher sofort die Situation analysiert und danach gesucht, wie es beim nächsten Mal besser gelöst werden kann.

Und da sind wir wieder bei der Manipulation unserer Mütter.
Wenn sie Manipulation als falsch ansehen, und sich hinterfragen, damit sie nicht manipulativ handeln (So wie ich die Spirale der Gewalt durchbrochen habe), dann müsste man sagen, dass sie bewusst manipuliert haben.

Aber so - denke ich - praktizieren sie nur das, was ihnen selber als richtig vorgelebt wurde.
Und daraus sollte man ihnen keinen Strick drehen.
Man kann es verstehen, und dann so handeln, wie es für einen selber am wenigsten belastend ist.
Unser Glück ist ja, dass wir nun erwachsen sind, und nicht mehr in einem Abhängigkeitsverhältnis zur Mutter verharren müssen. Wir dürfen uns aus diesen Abhängigkeiten lösen, soweit es für uns notwendig ist.

Oft ziehe ich da Vergleiche mit der Tierwelt.
Eine Tiermutter "beißt" ihr Junges richtiggehend weg, damit es die Mutter verlässt. Und dann geht das Junge. Oft weit weg und sieht die Mutter nie wieder.
Und wir Menschenmütter? Wir versuchen unsere "Jungen" möglichst lange an uns zu binden.

Naja, diese Bindung ist wohl irgendwie von Nöten, damit wir im Alter nicht "von den Hyänen" gefressen werden. So wie das Ende einer alten Tiermutter in der Regel aussieht.
Aber wir Mütter hätten es in der Hand, unseren Kindern soviel Freiheit zu lassen, dass sie im Alter gerne für uns da sind.
Der Horizont vieler Menschen ist ein Kreis mit dem Radius Null - und das nennen sie ihren Standpunkt.

*Albert Einstein*

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Beitrag Di., 05.08.2014, 12:07

Aber wir Mütter hätten es in der Hand, unseren Kindern soviel Freiheit zu lassen, dass sie im Alter gerne für uns da sind.
für die alten Eltern da sein heißt aber nicht, sich kaputt zu machen.
Nie wollte ich, dass meine Kinder (oder Schwiegerkinder) mich später pflegen.
Mir wäre eine professionelle Kraft, die in Altenpflege ausgebildet wurde, einen 8 Stunden-Tag sowie Urlaubsanspruch hat und bezahlt wird (auch wenn die Bezahlung sicherlich höher sein müsste), zig mal lieber als von den eigenen Kindern rund um die Uhr abhängig zu sein. Dann wird man nämlich ganz schnell zur Belastung.

Ist nicht ganz 100%ig das Thema hier, wollte ich aber mal einwerfen, um die moralische Verpflichtung. die offenbar viele spüren, mal von einer anderen Warte zu spiegeln

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leuchtturm
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Beitrag Di., 05.08.2014, 12:13

Worte wie "Blamier mich nicht" und "Was werden die Leute denken" war mein Alltag.
kenne ich auch.
Fand ich schon als Jugendliche blödsinnig, aber so funktioniert Zusammenleben auch heute noch für viele Leute. Nicht nur auf dem Dorf.
Schlimm finde ich nicht (mehr), weil ich mich darüber hinwegsetzen kann als Erwachsene.
Lass diesen teil deiner Kindheit hinter dir, diese Sätze spielen für dich nur noch die Rolle, die du ihnen zubilligst
Auch meine Mutter ist nicht diejenige, die Gefühle zeigen kann.
Trotzdem weiß ich, dass sie sie hat.
Weil sie sie, etwas unbeholfen, in anderer Form zeigt.

Manipulieren kann sie auch sehr gut. Das liegt in meinen Augen daran, dass sie als Mädchen/Frau nie lernen durfte, für ihre eigenen Belange einzustehen.
Eigentlich ist die Generation, die vor dem Krieg geboren wurde, zu bemitleiden
Wir dagegen hatten viel mehr Möglichkeiten und können sie auch nutzen. Dazu möchte ich dich ermuntern!


Feenya
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Beitrag Di., 05.08.2014, 12:24

leuchtturm hat geschrieben:
Aber wir Mütter hätten es in der Hand, unseren Kindern soviel Freiheit zu lassen, dass sie im Alter gerne für uns da sind.
für die alten Eltern da sein heißt aber nicht, sich kaputt zu machen.
Nie wollte ich, dass meine Kinder (oder Schwiegerkinder) mich später pflegen.

Das wollte ich damit auch gar nicht sagen.
Ich habe auch das hier geschrieben
Man kann es verstehen, und dann so handeln, wie es für einen selber am wenigsten belastend ist.
Unser Glück ist ja, dass wir nun erwachsen sind, und nicht mehr in einem Abhängigkeitsverhältnis zur Mutter verharren müssen. Wir dürfen uns aus diesen Abhängigkeiten lösen, soweit es für uns notwendig ist.
Und den ganze Thread über rate ich der TE dazu, sich soweit als nur möglich von ihrer Mutter fernzuhalten.

Die "fürsorgliche Tochter" hat ja auch geschrieben, dass sie ihrer Mutter die Langeweile vertreiben wollte, indem sie mit ihr in die Stadt gefahren wäre, oder sie zu sich in ihre Wohnung eingeladen hätte.
Aber das will die Mutter ja nicht. Das ist ja alles zu anstrengend. Und die Tochter muss zur Mutter - also in das Territorium der Mutter, wo sie (herrisch) das Zepter in der Hand hält - kommen.

Und das meinte ich mit: Den Kindern die Freiheit geben, dass sie gerne für die Mutter da sind.
Ihnen also die Freiheit lassen, wie das Zusammentreffen statt finden soll. In einem Café, in einer Bibliothek, bei den Kindern zuhause, ....
Und ihnen auch die Freiheit zu lassen, einen Pflegedienst oder eine Haushaltshilfe zu organisieren, wenn ihnen die Pflege nicht möglich ist.
Meine Cousine schaut mehrmals täglich bei ihrer "Mutti" rein, redet und lacht mit ihr. Erzählt ihr vom Leben außerhalb des Krankenzimmers. Aber die Last der Pflege tragen die beiden Pflegekräfte.
Da besteht ein ganz inniges Verhältnis zwischen Mutter und Tochter, und das ist nur dadurch möglich, weil meine Patentante ihrer Tochter, in puncto Pflege, alle Freiheiten gelassen hat.
Der Horizont vieler Menschen ist ein Kreis mit dem Radius Null - und das nennen sie ihren Standpunkt.

*Albert Einstein*

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Beitrag Di., 05.08.2014, 13:01

Als mein Bruder sie - als erwachsener Mann - einmal fragte, wie sie Liebe definieren würde, da bekam er als Antwort: "Pflichterfüllung. Dafür sorgen, dass aus den Kindern etwas Anständiges wird. Vom Kuscheln und Umarmen hat ein Kind nichts."
In dieser Aussage wird offenbar, welcher wunderbare und erfüllende Teil der Kind-Eltern-Beziehung diesen Menschen entgeht. Ich frage mich, ob Menschen, die so denken, nicht einmal als Erwachsene, ihre Überzeugungen hinterfragt haben.
Ich denke nicht, dass es ganz bewusst Manipulation ist.

Ich sehe es so, dass man nicht unbedingt das Wort "Manipulation" kennen muss, um bewußt zu manipulieren. Selbst wenn ich gezielt Verhaltensweisen anwende (auch wenn von anderen abgeschaut), weil ich weiß, dass sie bei einer bestimmten Person (hier: Kind)eine gewünschte Reaktion hervorrufen - manipuliere ich bewußt. Denn ich setze bewußt Verhalten A ein um Verhalten B zu bekommen.

Vermuten lässt mich das mein eigenes Muttersein.
Ganz früher, als ich gerade frischgebackene Mutter war, da wusste ich, dass ich meine Kinder sicher NIE schlagen werde.
Hier kann ich an meiner Beziehung zu meiner Mutter tatsächlich etwas Positives finden. Sie lehrte mich unbewußt, mein eigenes Verhalten als Mutter nicht als von Gott gegeben richtig zu betrachten, sondern mich immer in meinem Verhalten zu meinen Kindern zu hinterfragen. Auch ich bin ein Mensch und mache Fehler und darf sie zugeben - auch meinen Kindern gegenüber. Ich erwarte nichts, freue mich aber über ihre Aufmerksamkeit, denn ich weiß, sie ist keine Pflichterfüllung sondern beruht auf unserer Beziehung. Meine Kinder haben auch keine Angst mir zu sagen, wenn es ihnen mal nicht passt, wenn ich vorbeischauen will, weil sie gerade etwas anderes geplant haben. Umso erfreulicher und natürlicher sind die Zeiten des Zusammenseins. Wir unterhalten uns, lachen und haben Spaß. Das habe ich als Kind und Jugendliche in meiner Familie nicht gekannt. (Mein Vater war jahrelang schwer krank und ist gestorben als ich 18 war.)

[/quote]Oft ziehe ich da Vergleiche mit der Tierwelt.
Eine Tiermutter "beißt" ihr Junges richtiggehend weg, damit es die Mutter verlässt. [/quote]
Nicht alle Tierjungen warten, bis sie weggebissen werden. Manche gehen einfach, wenn es Zeit ist. Auch ich liebe meine Kinder von Herzen und hätte sie am liebsten in meiner Nähe, aber ich habe sie - ohne ihnen Schuldgefühle zu machen - gehen lassen, damit sie ihren Weg finden können. Sie schätzen auch heute noch meinen Rat, wenn irgendwas schief läuft. Dieses Vertrauen hatte ich zu meiner Mutter nie gehabt.

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BöseTochter
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Beitrag Di., 05.08.2014, 13:09

leuchtturm hat geschrieben: Lass diesen teil deiner Kindheit hinter dir, diese Sätze spielen für dich nur noch die Rolle, die du ihnen zubilligst ...
...Trotzdem weiß ich, dass sie sie hat. Weil sie sie, etwas unbeholfen, in anderer Form zeigt.
Stimmt, mit der Zeit verblassen Trauer und Schmerz. Diese Beispiele habe ich auch nur deshalb angeführt, um meine Beziehung zu meiner Mutter zu veranschaulichen.
Nach diesen versteckten Hinweisen, dass sie Gefühle wie Zuwendung und Liebe für mich hat, habe ich jahrelang gesucht. Leider nicht sehr erfolgreich. Ich zweifle auch nicht daran, dass sie Gefühle hat (habe ich ja auch erlebt - gegenüber anderen), nur eben nicht für mich.
Manipulieren kann sie auch sehr gut. Das liegt in meinen Augen daran, dass sie als Mädchen/Frau nie lernen durfte, für ihre eigenen Belange einzustehen.
Eigentlich ist die Generation, die vor dem Krieg geboren wurde, zu bemitleiden
Da meine Mutter schon älter war, als sie mich bekam, hatte ich als Kind und Jugendliche sehr viel Kontakt zur Kriegsgeneration und habe viel von dieser Zeit erzählt bekommen. Da habe ich gesehen, dass nicht alle Frauen der Kriegsgeneration dieses Verhalten zeigen. Ich habe Frauen kennengelernt, die Schlimmes erlebt haben und sich dennoch ihre liebevolle Art und Wärme bewahrt haben. Meine eigene Großmutter war übrigens eine von ihnen. Sie hatte sogar zwei Weltkriege miterlebt und drei ihrer Söhne im Krieg verloren. Sie war mir wie eine Mutter gewesen.

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BöseTochter
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Beitrag Di., 05.08.2014, 13:16

Feenya hat geschrieben: Und das meinte ich mit: Den Kindern die Freiheit geben, dass sie gerne für die Mutter da sind.
Ihnen also die Freiheit lassen, wie das Zusammentreffen statt finden soll. In einem Café, in einer Bibliothek, bei den Kindern zuhause, ....
Und ihnen auch die Freiheit zu lassen, einen Pflegedienst oder eine Haushaltshilfe zu organisieren, wenn ihnen die Pflege nicht möglich ist.
Das was du hier schreibst ist ganz wichtig. Menschen wollen frei sein, zumindest in ihrer Selbstbestimmung. Wenn man ihnen diese Freiheit lässt, kann man Wunder erleben.
Vertrauen ist ein anderer wichtiger Punkt. Vertrauen in das, was ich meine Kinder gelehrt habe, ist die Wurzel meines Vertrauens in sie. In vielen Punkten haben sie andere Ansichten als ich, aber das ist in Ordnung. Sie sind ja eingeständige Persönlichkeiten und das ist ok. Dennoch hätte ich kein Problem, ihnen mein Leben anzuvertrauen, denn ich fühle mich von ihnen geliebt und respektiert.
Leider hat meine Mutter dieses Vertrauen zu mir nie aufbauen können. Und das baut nun eine Mauer zwischen uns auf. Ihr Lieblingssatz: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Ich denke, damit ist alles gesagt. Und was passiert, wenn keine Kontrolle mehr möglich ist, weil physisch und psychisch nicht möglich?

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candle.
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Beitrag Di., 05.08.2014, 13:19

Hallo!

Hier ist ja schon einiges geschrieben worden.
BöseTochter hat geschrieben: Nein, sie war mir gegenüber - seit ich denken kann - milde gesagt "unterkühlt".
Also bei mir ist es noch präsent, dass es auch mal "gute Anwandlungen" meiner Mutter gab, aber klar in der Masse war sie emotional sehr different.
Stimmt. Ich meinte eher z.B. wenn jemand in der Beziehung nicht glücklich ist und eigentlich seinen Partner ablehnt, es ja sein könnte, dass er diese Ablehnung auf das Kind überträgt, weil er es nicht wagt, dem Partner gegenüber zu seinen Gefühlen zu stehen oder daran zu arbeiten.
Stimmt, spielt bei mir eine große Rolle! Was mir auffiel ist, dass du ja eine relativ alte Mutter hast. Wie kam denn das und wieso dann noch Probleme mit der Partnerwahl? Oder lebte sie sehr lange mit deinem Vater zusammen?
Besser ist relativ. Wenn eine psychische Erkrankung dafür verantwortlich wäre, könnte ich sie trotzdem versorgen, denn sie wäre nicht verantwortlich für ihren Mangel an Selbstkontrolle und ihr Verhalten. Anders liegt die Sache, wenn all diese Aussagen bewußt und kalkuliert waren, um mich zu manipulieren.
Dass es in deinem Fall jetzt noch kalkuliert wäre und bewußt nehme ich nicht an. Die alte Dame fährt halt in ihrem alten Fahrwasser- Umlernen ist auch undenkbar. Ich kann dir nur vorschlagen sie in ihrer Person damals als Mutter zu trennen von dieser heutigen alten Dame. Ich kenne das zumindest aus der Patientenbetreuung was das für einen Unterschied macht, ob man jemand Fremdes betreut oder eben eigene Familie.

Ob es das aber für dich leichter macht?
Dennoch war er mir ein liebevoller Vater, wie ich mir ihn nicht besser hätte vorstellen können.
Jetzt eine gemeine Frage: Wieso hat er sich nicht eingebracht, wenn deine Mutter dich mies behandelt hat?
Nein ich hatte eher den Mechanismus im Sinn, dass Erfahrungen sich bei Nachkommen irgenwie im Gehirn zu manifestieren scheinen und schließlich auch weitervererbt werden können.
Nee, so über das Gehirn wird das nicht laufen, habe aber von "Genmutationen" schon gehört. Das Gehirn ist ja recht reversibel, was man vergleichsweise mit Heilung nach Schlaganfällen vergleichen kann- meine persönliche "Haltung" zu meiner PTBS.

Viele Grüße!
candle
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leuchtturm
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Beitrag Di., 05.08.2014, 13:23

Tochter, ich spüre bei dir ganz viel Groll gegenüber deiner Mutter.
Jahrealten Groll, der sich auf Dinge bezieht, die weit in der Vergangenheit liegen.
Deine Mutter war, wie sie war. Sie hat gemacht und sich verhalten, wie sie es vermochte.

Nach hinten zu schauen und die Art von Liebe von ihr zu erwarten, die man selbst für die geeignetere hält, bringt jetzt gar nichts.
Wichtig wäre, dass du nach vorne schaust und dein Verhalten ihr gegenüber so einrichtest, dass es dir guttut. Dann kann sich vielleicht euer Verhältnis entspannen, und wenn nicht, wird es zumindest dich entspannen, nicht mehr in Dauerschleife parat zu stehen.

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Beitrag Di., 05.08.2014, 13:50

candle. hat geschrieben: Was mir auffiel ist, dass du ja eine relativ alte Mutter hast. Wie kam denn das und wieso dann noch Probleme mit der Partnerwahl? Oder lebte sie sehr lange mit deinem Vater zusammen?

Da meine Mutter mir sehr wenig über ihr Leben erzählte, weiß ich nur, dass mein Vater ein Arbeitskollege war, dessen Frau verstorben ist. Für meine Mutter war es die erste Ehe. Da sie aus einem kleinen Dorf kommt und die Leute wohl schon "geredet" haben, warum sie mit 40 immer noch nicht verheiratet ist... Nun, da hat sie halt geheiratet. Über das Leben vor ihrer Ehe weiß ich praktisch nichts.
Ich kann dir nur vorschlagen sie in ihrer Person damals als Mutter zu trennen von dieser heutigen alten Dame. Ich kenne das zumindest aus der Patientenbetreuung was das für einen Unterschied macht, ob man jemand Fremdes betreut oder eben eigene Familie.
Ob es das aber für dich leichter macht?
Vermutlich nicht, denn in den letzten drei Jahren wäre ich nicht fähig gewesen sie zu versorgen, wenn ich diesen Unterschied nicht schon gemacht hätte. Hilfreicher wäre, wenn sie vergessen würde, dass ich ihre Tochter bin, dann wären ihre Erwartungen an mich anders. Aber das liegt eben nicht in meiner Hand.
Jetzt eine gemeine Frage: Wieso hat er sich nicht eingebracht, wenn deine Mutter dich mies behandelt hat?
Die Frage ist durchaus berechtigt und ich kann dir sagen, warum dies so war. Mein Vater war ein gutmütiger, sensibler Mensch (habe ich vermutlich von ihm geerbt), der der Art meiner Mutter nichts entgegenzusetzen hatte. Ich habe nie lautstarken Streit erlebt oder was in der Art. Er zog sich dann einfach zurück und ertrug das tagelange Schweigen seiner Frau. Wir waren sozusagen Leidensgenossen.
Nee, so über das Gehirn wird das nicht laufen, habe aber von "Genmutationen" schon gehört.

Aus dem Tierversuch weiß man, dass Verhaltensweisen die von einer bestimmten Affenart in Afrika entdeckt wurden, über Beobachtungslernen an ihre Nachkommen weitergegeben wurden. Diese gaben sie an ihre Nachkommen weiter. Soweit so klar, doch warum hatten Nachkommen dieses Verhalten parat, die keine Gelegenheit hatten, von ihren Müttern zu lernen, weil diese in Gefangenschaft bei ihrer Geburt gestorben sind?


Feenya
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Beitrag Di., 05.08.2014, 13:52

Nicht alle Tierjungen warten, bis sie weggebissen werden. Manche gehen einfach, wenn es Zeit ist. Auch ich liebe meine Kinder von Herzen und hätte sie am liebsten in meiner Nähe, aber ich habe sie - ohne ihnen Schuldgefühle zu machen - gehen lassen, damit sie ihren Weg finden können.
Das hätte auch von mir geschrieben werden können.

Wie, und auf welchen Wegen, meine Kinder ihr "Muttertier" verlassen haben, möchte ich nicht öffentlich schreiben. Sonst bin ich - weil sie teilweise sehr spezielle und einzigartige Wege dazu genommen haben - relativ leicht zu identifizieren. Man braucht nur 1 + 1 zusammenzählen.
Aber ich habe kein einziges meiner Kinder wegbeißen müssen.

Das älteste Kind ist durchs (fünfjährige) Studium immer wieder von zu Hause weg, und dann wieder ins Kinderzimmer zurückgekehrt.
Zuerst 3 Jahre Studium in Wien - Bachelor, und dann heim zu "Mami".
Beim nächsten Studienplatz hatte das "Kind" wieder eine eigene Wohnung, um nach Studienabschluss wieder mit Sack und Pack zurückzukommen.
Dann ging es einige Zeit ins Ausland um zu arbeiten; anschließend hat es sich eine Auszeit genommen und (vom ersparten Einkommen) ein halbes Jahr lang die "Welt entdeckt", um nun endgültig sesshaft zu werden.

So frisch aus dem Ausland und dem Globetrotterdasein hatte dieses "Kind" in Österreich keine eigene Bleibe mehr und so wohnt es seit ein paar Wochen wieder unter meinem Dach.
Arbeitssuche - Hat geklappt! Wohnungssuche - Hat auch geklappt, und das "Kind" ist gerade dabei mein Nest wieder zu verlassen.

Und so ähnlich verliefen die Lebenswege der anderen Kinder auch.
Ich gab ihnen Flügel!
Meine Kinder wohnen teilweise sehr weit von mir entfernt, aber so ist das, wenn man den Kindern Flügel gibt. * schon ein wenig wehmütig*
Und - wie man am Globetrotter sieht - sie landen gerne wieder im Nest, wenn sie ein bisschen "Brutpflege" nötig haben. *gg*
Und ich bin mir sicher, wenn ich einmal Hilfe von meinen Kindern brauche, dann sind sie auch für mich da.
Wenn ich ihnen die Freiheit lasse, selber zu wählen, inwieweit sie mich unterstützen können. Aber einsam, "ungepflegt" und im Streit mit meinen Kindern, werde ich sicher meinen Lebensabend nicht verbringen müssen.
Zuletzt geändert von Feenya am Di., 05.08.2014, 14:08, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitrag Di., 05.08.2014, 14:06

BöseTochter hat geschrieben: Vermutlich nicht, denn in den letzten drei Jahren wäre ich nicht fähig gewesen sie zu versorgen, wenn ich diesen Unterschied nicht schon gemacht hätte. Hilfreicher wäre, wenn sie vergessen würde, dass ich ihre Tochter bin, dann wären ihre Erwartungen an mich anders.
Da hängst du gerade etwas fest, schätze ich. Was hat sie denn für Erwartungen? Ich glaube, dass das mehr dein Kopfkino ist. Der Gedanke "sie möge vergessen, dass" finde ich echt skuril und bin mir nicht sicher, ob dir das überhaupt helfen würde. Dann wäre ja wieder keine Aufmerksamkeit da. Du möchtest etwas von einer uralten Frau, was diese gar nicht mehr leisten kann. Das halte ich für wichtig zu erkennen. Und somit kann sie sich auch wenig ändern. Du könntest aber und siehst dann wie sich deine Situation verändert.

Wir waren sozusagen Leidensgenossen.
Mein Vater hat mich damit auch seelisch ausgebeutet, zwar auf eine andere Art und Weise, aber letztlich viel schlimmer für mich bei der Erkenntnis als das was meine Mutter getan hat.
Diese gaben sie an ihre Nachkommen weiter. Soweit so klar, doch warum hatten Nachkommen dieses Verhalten parat, die keine Gelegenheit hatten, von ihren Müttern zu lernen, weil diese in Gefangenschaft bei ihrer Geburt gestorben sind?
Naja, ich kenne den Versuch nicht, aber man lernt ja auch von Geschwistern, anderen Tieren der Gruppe usw.., also das braucht nicht unbedingt die Mutter.

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Beitrag Di., 05.08.2014, 14:27

candle. hat geschrieben: Was hat sie denn für Erwartungen? Ich glaube, dass das mehr dein Kopfkino ist.
Sie erwartet, dass ich ihre Bedürnisse sofort erfülle. Nicht heute Abend oder morgen, sonder jetzt gleich. Wenn ich darauf verweise, dass es gerade nicht geht, kommen Vorwürfe und Erpressungsversuche. Ich weiß zwar nicht, was du in diesem Zusammenhang mit "Kopfkino" meinst, aber das haben auch schon andere erkannt, die zufällig dabei waren. Ich weiß nicht ob es ein kollektives Kopfkino gibt

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Beitrag Di., 05.08.2014, 14:31

Feenya hat geschrieben:Das hätte auch von mir geschrieben werden können...
Ich gab ihnen Flügel!
Meine Kinder wohnen teilweise sehr weit von mir entfernt, aber so ist das, wenn man den Kindern Flügel gibt. * schon ein wenig wehmütig*
Und - wie man am Globetrotter sieht - sie landen gerne wieder im Nest, wenn sie ein bisschen "Brutpflege" nötig haben. *gg*
Und ich bin mir sicher, wenn ich einmal Hilfe von meinen Kindern brauche, dann sind sie auch für mich da.
Wenn ich ihnen die Freiheit lasse, selber zu wählen, inwieweit sie mich unterstützen können. Aber einsam, "ungepflegt" und im Streit mit meinen Kindern, werde ich sicher meinen Lebensabend nicht verbringen müssen.
Sehr schön geschrieben. Es berührt mich tief und ich kann dir nur zustimmen.

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Beitrag Di., 05.08.2014, 14:51

BöseTochter hat geschrieben: Sie erwartet, dass ich ihre Bedürnisse sofort erfülle. Nicht heute Abend oder morgen, sonder jetzt gleich. Wenn ich darauf verweise, dass es gerade nicht geht, kommen Vorwürfe und Erpressungsversuche.
Ja, aber daran könntest du ganz konsequent arbeiten, dass du das nicht mehr mit dir machen läßt. Da müßtest du dann einige Zeit aushalten, dann klappt das ganz sicher. Schlimmer kann es ja nicht werden.

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