Phönixia hat geschrieben:Naja es geht ja hier vorwiegend um den Vater. Ich denke, eine Mutter sollte eienm Kind nicht sagen, dass der Vater schlecht ist. Auch wenn er es ist und sie Grund hat so zu denken.
Sie sollte sich schon dem Kind gegenüber solche Aussagen verkneifen.
Wenn das Kind älter oder erwachsen ist, kann es sich dann selbst ein Bild von dem Vater machen.
Du meinst also, die Mutter sollte das Kind anlügen und "heile Welt" spielen?
Denn so ehrenhaft der gute Vorsatz auch sein mag, wird dabei gerne vergessen, dass Kinder auch NACHFRAGEN. "Du, Mama, wie war das eigentlich bei dir und Papa damals?" Oder "Mama, warum redet ihr nicht mehr miteinander? Ihr habt euch doch mal geliebt, oder?" Oder: "Wie war denn Papa früher so?" Usw.
Und wie soll man denn darauf reagieren? Wie sieht denn dieses Verkneifen genau aus?
a) Totschweigen, nicht darauf antworten.
b) Alles beschönigen ("heucheln")
c) Das Kind mit seinen Fragen alleine lassen a la "Das musst du schon selbst rausfinden, wie dein Vater so ist."
d) Die Wahrheit
Wobei es selbstverständlich verschiedene Arten gibt, die Wahrheit zu verkaufen. Kindgerecht sollte es schon sein. Auch nicht unter die Gürtellinie. Kein Aufhetzen. Und so weiter. Aber manche Dinge lassen sich nun mal nur äußerst schwer beschönigen, egal in welche nette Worte man sie verpackt.
Generell sind solche Fälle alle sehr individuell, und ich finde Verallgemeinerungen Fehl am Platze. So ehrenhaft das Ideal auch sein mag.
Nebenbei gesagt, dürfte es verdammt schwer sein, einem Kind ein positives Bild über die Liebe zu vermitteln, wenn man sich zeit des Kinderlebens als Alleinerziehende abgeplagt hat, es keinen weiteren Mann im Leben gab, nur Sorgen und Kummer. Selbst wenn die Mutter - trotz ihrer heimlichen Depression! - immer wieder zum Kind sagt: "Hey, joh, verlieben und Liebe ist cool."... wird es schon daran scheitern, dass sie zwangsweise das Gegenteil vorlebte.
Ich halte totschweigen, ausweichen, beschönigen oder gar lügen... oder auch nur etwas anderes zu postulieren, als man selbst lebt, immer für eine schlechte Erziehungsmethode. Herzlichen Glückwunsch, so zieht man die nächste Generation heran, die nie gelernt hat, richtig mit Konflikten und Erwartungen umzugehen. Ehrlichkeit währt am längsten.
Wobei es selbstredend Unterscheide und Grenzen gibt. Zum Beispiel ob man dem Kind das eigene Männerbild oder das vom Vater AUFDRÄNGT und EINIMPFT, oder ob man es mit sich selbst ausmacht, aber auf Nachfrage des Kindes ehrlich antwortet. Ehrlichkeit kann durchaus mit Höflichkeit und Respekt einhergehen, muss nicht in einer Schimpftriade enden.
Die Grenzen sich nicht immer leicht zu treffen, niemand ist perfekt. Und die Fälle sind individuell. Man sollte es nicht als Außenstehender versuchen zu beurteilen.
Und ob die Kinder es von selbst merken? Ja, eines Tages sicherlich. Aber eines Tages kann auch bereits "zu spät" sein, und elterlicher Schaden wurde schon angerichtet. Es hängt natürlich vom Alter ab. Aber das Kind quasi sehenden Auges in ein psychosoziale Kreissäge laufen zu lassen, mit dem Argument: "Wenn sie älter wird, wird sie es schon selbst merken." erachte ich auch nicht unbedingt als "the way to go"
"Mama, warum hast du mich damals nicht gewarnt? Und wenn du das für falsch hieltest, warum hast du nie ein Wort gesagt?" Auch dies könnte ebenfalls später zu einigen Vorwürfen und Erklärungsnot führen.
Richtig ist: man sollte das Kind nicht aufhetzen, ihm keine Meinung aufdrängen. Das gilt generell, nicht nur im Falle getrenntlebender schlechten Vätern. Aber man sollte auch nicht den Kopf in den Sand stecken, totschweigen oder gar lügen.
Und ich glaube - eine sehr subjektive Meinung, das gebe ich zu! - dass wegen solchen "Idealen" und "gesellschaftlichen Tabus", es nicht wenige Mütter gibt, die genau deswegen (aus Angst vor gesellschaftlicher Ächtung) lieber einmal zu viel schweigen, dann, wenn es an der Zeit wäre, den Mund aufzumachen. Die sich respektlos behandeln lassen, alles schlucken, innerlich völlig zerrissen sind und dann meinen, dem Ex-Mann alles recht machen zu müssen, sich nicht trauen, rechtmäßige Alimente einzufordern, usw. Wie der Fall der Threadstellerin zeigt. Dies erachte ich für ein gutes Ideal. Theoretisch. Mehr aber auch nicht. Praktisch halte ich es für für falsch angewendete Rücksicht.
Meine Meinung ist hier sehr eindeutig:
Man sollte mit dem Kindern altersgerecht sprechen. Sprechen, sprechen und immer wieder sprechen. Man sollte sich rein gar nichts aus falsch verstandener Rücksicht oder gesellschaftlichen Idealen oder Tabus "verkneifen". Nada. Aber, auch das ist eindeutig: Der Ton macht die Musik. Zwischen totschweigen, sich was verkneifen, lügen und "aufhetzen" besteht ein sehr großer Spielraum.