Ja, das stimmt schon.
Ich habe vieles auch an eigentlich ärztlichen Leistungen, wie Spritzen, Wundversorgung und Medikamentenanpassungen übernehmen können. So habe ich ihm einige Arztbesuche (auch einen Krankenhausaufenthalt) in der Crona-Zeit ersparen können. Sowie die 24/7-Pflege.
Aber es hat mich auch körperlich und psychisch an meine Grenzen gebracht und auch überfordert.
Ihm zur Liebe, wollte ich dies jedoch durchhalten, solange ich irgendwie kann. Mir war ja auch bewusst, daß uns nur noch diese gemeinsame Zeit bleiben wird.
Wenn ich heute seine alten WhatsApp-Nachrichten durchlese, wo er mir und seinen Freunden seine Dankbarkeit mitgeteilt hatte,
wie froh er darüber ist, daß er mich hat und
er sich keine bessere Frau an seiner Seite vorstellen kann und
nicht wüsste, was er ohne mich machen würde...
treibt es mir immer wieder die Tränen in die Augen.
Meinen bösen Humor, habe ich Gott sei dank nie verloren. Vermutlich auch weil ich damit vieles überspielen kann. Auch in der Therapie passiert mir dies oft.
Vielleicht ist dies auch in gewisser Weise eine “Überlebensstrategie“. Wenn man sich selber nicht mehr ernst nimmt, tut es auch nicht mehr so weh von anderen nicht ernst genommen zu werden.
Anderen zu helfen, sie vor Leid zu beschützen, oder ihr Leid zu mindern, war für mich schon immer wichtiger, als ich mir selbst. Vielleicht auch weil ich dies damals so sehr gebraucht hätte, aber leider nie bekommen habe.
Ich kenne halt die traurige Seite hilfsbedürftig zu sein und keine Hilfe zu bekommen. Und wenn ich dann mal Hilfe bekam und in Anspruch genommen hatte, mich auch sicher fühlte, wurde diese Situation aufs übelste ausgenutzt. Siehe den Vorfall mit 17 Jahren.
Diese Erfahrung hat sich tief bei mir “eingebrannt“.
Bei meinem Therapeuten habe ich auch über 1 Jahr gebraucht ihm zu vertrauen und immer den Fluchtweg (die Türe) im Auge behalten.
Mittlerweile geht dies, doch es ist ein “zartes Pflänzchen“. Vom Kopf her weiß ich zwar ziemlich sicher, daß ich ihm absolut vertrauen kann, doch manchmal verschwindet dieses Gefühl, dieser Sicherheit und Angst macht sich breit. Er weiß dies und geht deshalb auch sehr behutsam damit um. Dies ist mit ein Grund, weshalb es nur langsam vorwärts gehen kann.
Das schlimmste für mich ist, daß ich weiß, daß ich mich selbst heute bei einem “Übergriff“ nicht wehren könnte, weil ich sofort erstarre und dissoziiere. Es war jedes Mal so und wird heute nicht anders sein.
Für mich ist es sehr schwer, mir selbst etwas gutes zu tun. Es ist schon ein Fortschritt, wenn ich mir selber weniger Schaden zufüge (SVV). Ich lehne mich extrem selbst ab, weil ich so bin, wie ich bin. Ein regelrechter Selbsthass.
Es ist auch schwer für mich zu glauben, daß mein Leben noch etwas gutes für mich übrig hat, nachdem was ich alles erleiden musste.
Das erste Mal hatte ich dieses Gefühl, es gibt doch noch etwas gutes, als ich meinen letzten Lebensgefährten kennenlernte. Doch auch er wurde mir auf eine sehr grausame Art genommen.
Ich muss mich leider damit abfinden, den Rest meines erbärmlichen Lebens alleine zu leben.
Ob ich dies dann wirklich schaffen kann, weiß ich nicht.
L.G. Tobe