Wutausbrüche in der Therapie...

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
Benutzeravatar

**AufdemWeg**
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 38
Beiträge: 3753

Beitrag Fr., 23.11.2012, 12:16

Ziel war es auch nie, sie war ja da und ich habe ganz schon darunter gelitten;
unter der massiven Wut als solche aber vor allen Dingen unter dem für das sie stand/steht.
Und ich bin ehrlich froh, so froh, dass ich heute nicht mehr so fühle
einen anderen Umgang gefunden habe.
Vielleicht sieht es anders aus wenn man Wut nicht gut spüren kann oder wenig, dann könnte es ein Ziel sein sie rauszulassen aber ich seh das wie titus, Menschen die dazu neigen diese Wut zu agieren, deren Ziel sollte ein anderes sein...
Aber wie gesagt unter Wut kann man auch leiden.
Offline

Werbung


chaosfee
Forums-Gruftie
Forums-Gruftie
weiblich/female, 30
Beiträge: 887

Beitrag Fr., 23.11.2012, 13:32

Ich finde es nichtsdetsotrotz einen ersten Schritt, wenn man Wut rauslässt. Ich habe meine Wut auch manchmal nicht gespürt, bzw. dafür gesorgt sie nicht zu spüren, durch Wegdrücken, Überspielen, Autoaggression. So etwas kommt ja nicht von ungefähr, sondern z.B. daher, dass Wut und Aggression vielleicht früher bestraft wurden und "schlecht" waren.
Die gleiche Erfahrung durfte ich bei einem Therapeuten machen, der mit meiner passiven Aggression nicht klar kam und ich schneller wieder draußen als ich mich umgucken konnte.
Umso wohltuender die Erfahrung bei dem nächsten Thera, der sich davon nicht beeindrucken ließ. Der mich so "hässlich" aushielt. Das ist doch für den einen oder anderen eine ganz neue Erfahrung. Und dann denke ich, kann man auch die Scham ablegen und sich diese Wut genauer ansehen - als etwas, das nicht einfach als Makel an einem klebt, sondern das einen nachvollziehbaren Hintergrund hat. Und wenn ich das dann verstanden habe - dann kann ich schauen, an welchem Punkt ich die Weichen anders stelle, sodass ich diese Wut nicht mehr brauche, um mich selbst im Gleichgewicht zu halten.
"Die fast unlösbare Aufgabe besteht darin, weder von der Macht der anderen, noch von der eigenen Ohnmacht sich dumm machen zu lassen." Adorno

Benutzeravatar

Beebee
Forums-Insider
Forums-Insider
weiblich/female, 79
Beiträge: 215

Beitrag Fr., 23.11.2012, 13:48

Fundevogel hat geschrieben:
Beebee hat geschrieben:Also Wut auf meine Therapeutin hab/hatte ich eigentlich nicht.
Da wüßte ich aber auch gar nicht, warum ich auf sie wütend sein sollte.
Ja, Beebee, so gings mir auch lange. Das war sogar - fast genau mit diesen Worten - sogar mal Thema in der Therapie. Mittlerweile kann ich das aber spüren. Es hat damit begonnen, daß Wut immer so ein großes, wuchtiges Wort war und mich abgeschreckt hat. (Bin doch so nett und wohl erzogen und überhaupt..)

Wut beginnt aber meist mit anderen, kleineren, leiseren Irritationen,
Kleinigkeiten, Auslöser, die man nicht bemerkt, wegschiebt, verdrängt.
Und irgendwann macht es dann puff!
Da passiert aber schon ganz viel vorher.
Und das dann zu bemerken und zu sagen: das hat mich jetzt aber gestört, irritiert, verunsichert, was auch immer - das war SEHR wichtig und hat mir sehr viel Sicherheit gegeben.
Beebee hat geschrieben:Was mir fehlt ist die Wut auf andere, die es verdienen, dass ich auf sie wütend bin. Oder ich spüre schon die Wut oder soetwas ähnliches (wie gesagt, so richtig echt wütend bin ich irgendwie nicht, dabei wäre es gesund, da wütend zu sein!) aber kann und will es denjenigen nicht spüren lassen, aus mehreren Gründen.
Da hast du jetzt aber mal ein sehr gewichtiges Wort gelassen ausgesprochen.

Mich bringt die "Wut auf andere, die es verdienen" jetzt mal sehr zum Nachdenken
über die "gerechte" Wut, die ohnmächtige Wut, die blinde Wut.
Die gesunde Wut und die ungesunde Wut.

Da ist ganz schön viel Stoff drin in dem Thema, echt wahr.
Wird jetzt grad auch emotional ein bißchen heftig bei mir.

(montagne noch nicht gelesen)
Ja, genau, diese blinde Wut, die eigentlich da sein müßte, ist es nur teilweise. Es gibt Leute, die verdienen meine Wut aber dadurch, dass ich selbst diese Wut nicht habe, weil sie mir irgendwie auch von denen genommen wurde, macht mich das auch heute noch kaputt. Es gab einmal einen Moment, da überkam die Wut mich, so richtig. Ich bin gerannt und gerannt, ich konnte nicht aufhören zu rennen, bis ich fast umgekippt wäre und ich bin trotzdem weiter gerannt. Und es ging mir so so schlecht danach, weil ich mich körperlich so erschöpft hatte und, viel schimmer, weil die, die die Wut verdienen, diesen Moment nicht mitbekommen haben. Sie haben nicht gesehen, was SIE mit mir gemacht haben. Tja, das war einmal und jetzt ist die Wut wieder weg. Ich weiß nicht, wo sie ist und ich weiß nicht, was dazu führen könnte, dass ich diese Wut nochmal so krass fühle. In dem Moment hätte ich wirklich etwas zerlegen können aber leider war nichts da, sodass ich *mich* mit dem Laufen zerlegt habe...
Und weil das ja irgendwie auch sehr schlecht für mich ist, ... ich weiß nicht... es ist keine Wut mehr da.
Klar, mich ärgern auch mal Sachen im Alltag aber ich meine diese richtige echte tiefe Wut, die einen ausrasten läßt, die hab ich nicht.
Ich bin auch ganz verwundert, wie ihr teilweise eure Therapeuten angeht... Ich meine das nicht als Kritik, es erstaunt mich nur so, weil ich da im Leben nicht drauf kommen würde und auch gar nicht diese Impulse nach Wut auf den Therapeuten habe. Sie verärgert mich manchmal aber nie so, dass ich komplett ausrasten würde.


kaja
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 80
Beiträge: 4539

Beitrag Fr., 23.11.2012, 13:56

Ich bin auch ganz verwundert, wie ihr teilweise eure Therapeuten angeht... Ich meine das nicht als Kritik, es erstaunt mich nur so, weil ich da im Leben nicht drauf kommen würde und auch gar nicht diese Impulse nach Wut auf den Therapeuten habe.
Wut in der Therapie muss ja nicht immer auch gleich Wut auf den Therapeuten sein.
Für mich persönlich ist da passive Agression schlimmer als aktive.

Ich denke so wie es dich erstaunt das man diesem Impuls, kurzzeitig, mal nachgeben kann, erstaunt es mich z.B. das Menschen in der Therapie heulen oder (Buch mit sieben Siegeln für mich) überhaupt therapeutisch wertvolle Gespräche führen in denen sie ihre Gefühle thematisieren.
Am Ende ihren Therapeuten sogar noch mögen.

Man muss auf seinen Therapeuten auch nicht zwingend wütend sein. Ich hätte mir gewünscht weniger Wut zu haben und so einen Zugang zum Therapeuten bekommen zu können.
After all this time ? Always.

Werbung

Benutzeravatar

Atara
Forums-Insider
Forums-Insider
weiblich/female, 46
Beiträge: 394

Beitrag Fr., 23.11.2012, 20:15

Atara schrieb:
Naja, Wut ist mein zweiter Vorname...^^
Ja ich bin sehr wütend, oft, sehr oft, auf meine Analytikerin besonders…
Also ich schrei sie nicht an, so direkt anbrüllmäßig, bei mir ist es eher so unterschwellig aggressiv
gepaart mit zynischen Äußerungen.... sie hasst es, ich weiß dass... ich bring sie damit als auf die Palme.


Woran merkst du, dass du Sie auf die Palme bringst?

weil sie irgendwann, meistens dann wenn ich garnicht mehr aggro bin, darauf zurückkommt, und mir dann eine standpauke hält.
Meistens dann wenns garnicht passt. das ist mir schon öfter aufgefallen.
Dann kommt bei ihr was hoch und sie fängt an mir zu zeigen wo der hammer hängt^^
sie wird auch laut und sagt das es irgendwann mal gut ist und so weiter.... wie ne mutter die mal nen brüller loslässt...
dann is wieder gut und wir können dann wieder zur tagesordnung übergehen^^
aber es ist schon als seltsam das sie aus dem nichts heraus anfängt auf dinge zurückzugreifen die meiner meinung nach geklärt sind...
es sind schon einige sachen vorgefallen wo sie komisch reagiert hat, oder wo sie, meiner meinung nach auch scheiße gebaut hat...
also wir schenken uns da nichts, anscheinend...
wir sind beide menschen, auch sie hat gefühle und sie ist auch nicht ohne, wie gesagt, sie hat sich auch schon hämmer geleistet,
aber ich nehme es ihr nicht übel. das macht sie auch menschlich, weil sie eben auch fehler macht...
.............................................................

Atara schrieb:
Früher hab ich sie angerufen, beleidigt (betrunken) etc... Heute ist es nicht mehr ganz so schlimm mit mir... .

Alter Schwede! Wie hat Sie denn darauf reagiert? Ich meine jemanden anzurufen, zu beleidigen vor allem betrunken … Sie muss ´ne Engelsgeduld haben.


verschieden, sie musste mich ja erstmal kennenlernen, herausfinden was da los ist bei mir,
heute kennt sie mich ja viel besser... und lässt sich nicht mehr so viel gefallen von mir.
sie will mich formen, was sie auch hat, nach 2 jahren analyse ist das auch gut so...
aber ich bin auch bockig und stur... und sie ist hart, knüppelhart^^
naja nicht immer sonst wär ich nicht mehr bei ihr.

ich habe mir meine hörner so ziemlich bei ihr abgestoßen und sie hat das alles aufgefangen.
aufgefangen, verarbeitet, zurückgegeben. containend...
gute methode.
hab glück gehabt mit ihr
"Wenn ihrs nicht fühlt, ihr werdets nicht erjagen"

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
Catinka
Helferlein
Helferlein
weiblich/female, 32
Beiträge: 60

Beitrag Fr., 23.11.2012, 22:07

Hallo ihr Lieben,

ich sehe schon, das Thema Wut ist ein ganz großes Thema und jeder hat seine Erfahrungen damit gemacht. Ich habe heute in meiner Liegung ebenfalls eine eigene und vor allem ganz neue Erfahrung mit dem Thema Wut gemacht.

Nachdem ich nun gestern meine Wut, die sich in der Stunde aufgebaut hatte, wieder mit nach Hause genommen habe und diese mich bis in die Nacht hinein begleitet hat, habe ich mir ganz fest vorgenommen es heute in der Stunde anzusprechen. Ich wollte es wirklich wirklich wirklich. Aber ich hab´s nicht geschafft, jedenfalls nicht mit Worten.

Nach ca. 10 Minuten schweigen fragte er mich, ob wir beide heute einen Machtkampf ausüben, wer am längsten schweigen kann. Ich sagte ihm nein, ich könne meine Gefühle nur wieder nicht in Worte fassen, sie wären zu gefährlich für mich und ich hätte Angst, alles zwischen uns zu zerstören. Das verstand er irgendwie aber er ließ nicht so richtig locker (fühlte sich jedenfalls so an). Mir ging es mit meiner Wut, heute, da auf der Couch, so furchtbar schlecht. Ich konnte kaum noch atmen, alles brannte in mir und ich wusste ES will raus, ich wusste nur nicht wie. Das ging noch ein paar Minuten so weiter, wir bzw. er redete über meinen Hass, Hass auf die Welt, Hass auf ihn (ich mag da jetzt gar nicht so ins Detail gehen) … er hat damit jedenfalls einen ganz wunden Punkt getroffen. Mir ging es auf einmal so mies, dieser Hass in mir war so mächtig, dass es mir nichts anderes übrig blieb als mir Luft zu machen.

Ich bin also von der Couch aufgestanden, habe das Zimmer verlassen, bin auf die Toilette gegangen und habe mich übergeben. Zwei, dreimal … und dann saß ich da vor dem Klo und dachte na super und nun?! Ich war total fertig … ich habe mir dann meinen Mund ausgespült, kaltes Wasser ins Gesicht gespritzt und bin wieder zurück in sein Zimmer, voller Angst und Schamgefühl aber ohne die Wut. Ich habe ihn angeguckt und zu ihm gesagt, dass das wohl ein bisschen viel war und er saß auf seinem Stuhl, guckte mich an…
kaja hat geschrieben:...und fragte mich, ob es mir jetzt besser ginge.
(er hat es ebenfalls sehr ruhig und warm gesagt). Ich antwortete ja, hab mich dann wieder hingelegt aber viel gesprochen habe ich dann nicht mehr. Mir ging es dann doch noch nicht so gut, war mir ziemlich unangenehm die ganze Sache, ich hatte auch Angst und fühlte mich sehr erschöpft. Er hat versucht, am Ende noch ein bisschen Luft aus der ganzen Sache zu nehmen, mein Eindruck jedenfalls, wir haben uns über das bevorstehende Wochenende und meine Pläne unterhalten und uns dann verabschiedet.

So, da hat sich meine Wut wohl heute ihren eigenen Weg gesucht. Aber sie ist erst einmal draußen und seine letzten Worte am Ende der Stunde waren sinngemäß ungefähr: „Vielleicht können wir es ja gemeinsam schaffen, diese Wut irgendwann einmal in Worte zu fassen.“

Mittlerweile ist mir die ganze Sache nicht mehr peinlich, ich denke ich komme damit klar und er sicher auch. Ich sage euch, einfach war das heute nicht aber es war auf jeden Fall eine ganz eigene Erfahrung.
Catinka

Es war so, als wenn die Sonne schlafen geht - unten am Fluss. Es waren...es waren millionen Glitzerlichter auf dem Wasser.

Benutzeravatar

Fundevogel
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 50
Beiträge: 1299

Beitrag Fr., 23.11.2012, 22:54

Liebe Catinka,

danke für deinen Beitrag -
das muß ja wirklich eine sehr heftige Stunde gewesen sein.

Eindrucksvoll wie du erst hier einen Thread mit dem Thema eröffnest
und dann so eine Stunde.
Die Wut findet wohl bei jedem/r ihren eigenen Weg nach Ausdruck.

Ich wünsche es dir, dieses Gefühl und auch andere
zunehmend fühlen und ausdrücken zu können,
in deiner Therapie und im Leben.
Fundevogel

Benutzeravatar

Tristezza
ModeratorIn
weiblich/female, 60
Beiträge: 2269

Beitrag Fr., 23.11.2012, 23:02

Ja, beeindruckend, wie unser Körper versucht, unerträgliche Gefühle zu regulieren ... Nun dürfte es ja tatsächlich kein großer Schritt mehr sein, deine Wut auch in Worte zu fassen. Dein Therapeut hat ja heute mitbekommen, wie stark sie ist. Und ich kann mir vorstellen, dass es für euch beide eine Erleichterung sein wird, wenn du sie durch Worte ausdrückst. Das kann für deinen Therapeuten wohl auf jeden Fall kaum schlimmer sein, als deinen namenlosen Hass zu spüren, und für dich dürfte es auch besser sein, dein Inneres durch Sprechen zu reinigen, als dich von deinen Gefühlen so vergiften zu lassen, dass du kotzen musst. Hast du deinem Therapeuten eigentlich gesagt, was du auf der Toilette gemacht hast?

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
Catinka
Helferlein
Helferlein
weiblich/female, 32
Beiträge: 60

Beitrag Fr., 23.11.2012, 23:18

Fundevogel, ich danke dir für deine Worte.

Tristezza, ich hoffe ganz stark, dass es kein großer Schritt mehr ist ... ich bin wirklich gespannt, wie es nächste Woche weiter geht und ja, mein Therapeut weiß, was dort passiert ist. Ich bin mir jedoch nicht sicher, ob es für ihn so schlimm war wie für mich. Er war einfach viel zu gelassen. Wie immer ... ruhig und gelassen.

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
Catinka
Helferlein
Helferlein
weiblich/female, 32
Beiträge: 60

Beitrag Fr., 23.11.2012, 23:44

Eine kleine Anmerkung zu meinem Beitrag, es ließt sich vielleicht so als hätte ich beim Kotzen nachgeholfen. Das ist nicht der Fall. Der Hass hat den Weg wunderbar allein rausgefunden.
Catinka

Es war so, als wenn die Sonne schlafen geht - unten am Fluss. Es waren...es waren millionen Glitzerlichter auf dem Wasser.

Benutzeravatar

Fundevogel
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 50
Beiträge: 1299

Beitrag Sa., 24.11.2012, 08:32

Guten Morgen, Catinka,

ich hoffe du hast gut geschlafen nach der Aufregung gestern.

Deinen Beitrag hab ich übrigens nicht so gelesen, als hättest du nachgeholfen

Bei mir ist der folgende Satz aber sehr hängen geblieben:
Catinka hat geschrieben:Ich bin mir jedoch nicht sicher, ob es für ihn so schlimm war wie für mich. Er war einfach viel zu gelassen.
Wäre es dir denn lieber gewesen, wenn ihn dein Haß umgehauen hätte?
Ich kann das schon nachvollziehen - und kenne das natürlich auch von mir -
daß ich schon das Gefühl haben möchte, meinen Thera mit meinen Gefühlen
berühren zu können. Gesehen werden, anerkannt werden.

Bei mir kommt da auch dazu, daß ich manchmal nicht weiß, was ich eigentlich schlimm finden darf und was nicht. Da ist mir dann seine Reaktion auch irgendwie ein Gradmesser. (Ganz heikles Thema bei mir, macht mich auch wütend übrigens.)

Wenn er so gar nicht reagiert auf heftigste Aufwallungen, da werde ich dann aber auch schon mal wütend, auf ihn, mein Leben und mich selbst.

Aber - das Allerschlimmste, Allerheftigste, das muß er aus-halten können,
sonst falle ich ins Bodenlose.

Wenn er auf deinen Haß heftig reagiert hätte, dann hättest du doch daraus gelernt, daß dein Haß ihn beschädigen kann. Gut, daß das nicht so ist. Du darfst das fühlen und sagen und äußern.
Vielleicht - ? - war das das Problem mit dem Nicht-Sagen-Können, die Angst, ihm zu schaden, die Angst, daß dieses Gefühl abgelehnt wird, die Angst,
daß DIESE haßerfüllte Catinka abgelehnt wird.
Wird sie aber nicht, ganz im Gegenteil. Diese Catinka ist offensichtlich sehr willkommen.
Alles von dir ist dort offensichtlich sehr willkommen und darf dort sein.
Gut so!
Fundevogel

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
Catinka
Helferlein
Helferlein
weiblich/female, 32
Beiträge: 60

Beitrag Sa., 24.11.2012, 10:22

Guten Morgen Fundevogel,

ich habe nicht besonders gut geschlafen, es gab ziemliche Schwierigkeiten überhaupt einzuschlafen und die Nacht war sehr kurz. Die Bilder der gestrigen Stunde haben mich nicht mehr losgelassen. Ich hoffe, du hast besser geschlafen als ich?

Ich habe mir die Nacht über natürlich viele Gedanken auch über die Reaktion meines Doc gemacht und ich muss sagen, seine Reaktion war schon gut so wie sie war. Es hätte mir ganz sicher nicht geholfen, wenn es ihn umgehauen hätte. Diese Erfahrung habe ich bei einem anderen Therapeuten bereits gemacht und im ersten Moment war das schon so, dass ich dachte es ist gut zu sehen, dass es wenigstens einen von uns beiden umhaut. Aber als Zeit vergangen war habe ich mehr darunter gelitten und es war im Grunde genommen so wie du schreibst, ich bin gefallen und keiner hat mich aufgefangen. Ich wurde wieder nicht gehalten.

Aber ich habe eben manchmal auch das Gefühl, dass ich einen Gradmesser brauche. Ich bin mir heute nicht mehr sicher, ob das gestern schlimm war oder nicht. Ich betrachte diese ganze Sache bereits nicht mehr von innen, eher von außen. Das Gefühlte von gestern hat sich verändert. Ich weiß gar nicht so richtig, wie ich das in Worte fassen soll. Es ist, als hätte jemand dem Ganzen einen bitteren Beigeschmack zugemischt. Ich mache mir Gedanken darüber ob es falsch oder richtig war obwohl ich es ja nicht beeinflussen konnte. Da fallen mir die Worte von Tristezza ein, die vergifteten Gefühle. Es ist schwierig zu beschreiben.

Wie auch immer, es ist eben oft so, dass ich mir wünsche, er würde seine neutrale Maske wenigstens für einen kurzen Moment abnehmen. Dieses Neutrale vermittelt mir sehr oft das Gefühl, dass es ihn nicht interessiert. So wie sich damals niemand für mich interessiert hat. Keine Reaktion auf mich bedeutete eben immer Desinteresse. Und wenn es damals eine Reaktion auf mich gab dann war diese voller Aggressionen und Vernichtung. Vielleicht habe ich gestern auch darauf gewartet? Vielleicht habe ich gedacht, er würde ebenfalls aggressiv und vernichtend reagieren.

Ich wünsche mir, dass ich irgendwann in der Lage sein werde zu fühlen, dass MEIN Leben nicht nur aus Ablehnung und Hass besteht, dass die Menschen nicht nur darauf aus sind mich abzulehnen. Ich hoffe, dass es möglich ist, das Willkommen sein irgendwann zu spüren, trotz der Neutralität.

Ein Satz aus der gestrigen Stunde haftet heute noch besonders an mir. Er fragte mich, ob ich denn glauben würde, dass er sich an meiner Wut ergötzt. Ob ich denn glauben würde, dass es ihm Freude bereitet und er Spaß daran hätte, an meiner Wut und an meinem Leid. Genau das war der Moment, als ich das Zimmer verlassen musste, ich habe diese Fragen nicht mehr ausgehalten, es hat mir die Luft zum Atmen genommen. Und hätte ich es nicht rausgelassen, wäre ich daran erstickt.


leberblümchen
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 44
Beiträge: 6034

Beitrag Sa., 24.11.2012, 10:27

Was hätte er denn tun sollen, um dich zu halten? Ich habe mittlerweile eine andere Vorstellung vom Begriff 'Halten': 'Halten' hat für mich sehr viel mit 'aushalten' zu tun. Gelassen bleiben zu können. Sich nicht anstecken zu lassen. Nicht wegzugehen und nicht wegzugucken.

'Halten' ist für mich nicht unbedingt ein wirkliches Halten, im Sinne von: "Ich halte dich, damit du nicht umfällst". M.E. ist es irgendwie viel mehr, wenn der Therapeut signalisiert: "Du kannst umfallen, aber das ist nicht das Ende. Ich halte dein Umfallen aus und zeige dir damit, dass auch du das aushalten kannst". Ein Halten, bei dem er alleine den Job hat, dich zu halten, während du zusammensackst, hilft dir ja nur in dem Moment selbst.

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
Catinka
Helferlein
Helferlein
weiblich/female, 32
Beiträge: 60

Beitrag Sa., 24.11.2012, 10:41

titus2 hat geschrieben:Was hätte er denn tun sollen, um dich zu halten?
Wie ich geschrieben habe, ich denke seine Reaktion war gut so wie sie war und es war im Grunde genommen so wie du es beschreibst.

Er war gelassen, er war da, er war einfach da und ich war da und ich durfte dort liegen, erschöpft, verwirrt, peinlich berührt. Und es war warm um mich herum. Und er ist nicht gegangen, sondern er ist geblieben. Er war da, er war bei mir.


kaja
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 80
Beiträge: 4539

Beitrag Sa., 24.11.2012, 10:49

@Catinka
Mir ging es da ähnlich. Deshalb habe ich seine Frage damals auch nicht als provokant empfunden.
After all this time ? Always.

Werbung

Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag