Therapieabbruch

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
Benutzeravatar

Beebee
Forums-Insider
Forums-Insider
weiblich/female, 79
Beiträge: 215

Beitrag Fr., 11.01.2013, 21:24

sandrin hat geschrieben:Hm... Mir wird grad wieder so richtig bewusst, wie kompliziert das alles eigentlich ist. Und das sollte es eigentlich nicht sein, nicht die Therapie an sich. Das sind Probleme, die ich ja, wenn ich nicht dorthin gehen würde, gar nicht zusätzlich hätte.
Also ich habe das auch eine zeitlang so gedacht und mittlerweile bin ich der Meinung, dass ich die Probleme, die ich in der Therapie sehrwohl auch im normalen Leben habe. Aber halt nicht so geballt, nicht so gebündelt.
Ich habe immernoch viele "Therapieprobleme" aber ich merke, dass ich damit weiterkomme und das gleichzeitig auf mein reales Leben übertragen kann. Ganz langsam und ganz wenig.
Aber es kann wirklich lohnend sein, auch an der therapeutischen Beziehung zu arbeiten und dran zu bleiben.
Es ist natürlich schwierig von außen zu beurteilen, ob es einfach bei euch nicht passt, oder, ob es "normale" Probleme sind, von deren Lösung du am Ende profitieren kannst.

Werbung


Jenny Doe
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 56
Beiträge: 5037

Beitrag Fr., 11.01.2013, 21:26

Du siehst also, zum Dramatisieren neige ich schwerlich.
Ups, ... dramatisieren, das habe ich bei dir nicht gedacht, ehrlich nicht. Dafür stellst du viel zu sehr in Frage, ob du überhaupt was hast.
Lerne aus der Vergangenheit, aber mache sie nicht zu deinem Leben. Wut festhalten ist wie Gift trinken und darauf warten, dass der Andere stirbt. Das Gegenstück zum äußeren Lärm ist der innere Lärm des Denkens.

Benutzeravatar

sandrin
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 33
Beiträge: 3313

Beitrag Fr., 11.01.2013, 21:28

stern hat geschrieben: Würde ich nicht so sagen... zumal nicht der Patient diagnostiziert, sondern der Thera. Wobei man schon ein Verdacht ansprechen kann.
Wär schön, wenn er das täte. Außerdem ist es auch ziemlich wurst, ob das nun die offizielle Diagnose ist oder nicht - es waren und sind meine Beschwerden. Und das sollte schon in irgendeiner Form wichtig sein.

@elana:
Tja, es ist immer das alte Lied. Was ist krank, was ist gesund. Was ist nur "jammern auf hohem Niveau", was ist echtes Leid.
Genau deshalb finde ich auch Sätze wie "Sie brauchen dringend Hilfe" völligen Käse. Wer soll das denn beurteilen können, wer Hilfe braucht?

@Beebee:
Anders als bei meiner damaligen Analyse ist die Beziehung zwischen ihm und mir in den Monaten, in denen ich dort bin, noch NIE ein Thema gewesen. Das scheint er gar nicht als wichtig zu erachten.

@ Jenny Doe:
Glaub ich schon. Aber für jemanden, der bekennendermaßen Probleme hat, sich so etwas zuzugestehen (und das in der Therapie auch äußert), wäre etwas Unterstützung von therapeutischer Seite halt schon nicht schlecht


Jenny Doe
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 56
Beiträge: 5037

Beitrag Fr., 11.01.2013, 21:56

Ich tendiere auch dazu, nur die Unbeschwertheit als normal zu empfinden.
Das ist wieder die Frage nach dem Mittelding.
Manchmal, wenn ich Unbeschwertheit empfinde, kommen genauso dramatisierende Gedanken auf wie bei "negativen" Gefühlen, so in dem Sinne "ich müsste doch jetzt eigentlich das und das negative Gefühl empfinden, bin ich unnormal?" Ich muss mich dann immer wieder daran erinnern, dass ich heute nicht mehr die Person bin, die ich vor X Jahren war, dass ich heute mit Problemen anders umgehen kann als früher und sie deshalb heute nicht mehr als so negativ belastend empfinde wie früher.
Lerne aus der Vergangenheit, aber mache sie nicht zu deinem Leben. Wut festhalten ist wie Gift trinken und darauf warten, dass der Andere stirbt. Das Gegenstück zum äußeren Lärm ist der innere Lärm des Denkens.

Werbung


Jenny Doe
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 56
Beiträge: 5037

Beitrag Fr., 11.01.2013, 22:00

Aber für jemanden, der bekennendermaßen Probleme hat, sich so etwas zuzugestehen (und das in der Therapie auch äußert), wäre etwas Unterstützung von therapeutischer Seite halt schon nicht schlecht
Zweifelsohne, Sandrin. Eine Therapie sollte sich an den Problemen und Zielen des Klienten orientieren und den Klienten da abholen, wo er steht und ihm die Unterstützung bieten, die er benötigt.
Lerne aus der Vergangenheit, aber mache sie nicht zu deinem Leben. Wut festhalten ist wie Gift trinken und darauf warten, dass der Andere stirbt. Das Gegenstück zum äußeren Lärm ist der innere Lärm des Denkens.

Benutzeravatar

sandrin
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 33
Beiträge: 3313

Beitrag Fr., 11.01.2013, 22:06

Ich hab gerade mal ein wenig so vor mich hin überlegt. Und ich hab nochmals realisiert, dass ich keine Therapie mehr angefangen hätte, hätte ich nicht diesen kapitalen Absturz gehabt (und der war wirklich krass, so krass, dass ich dachte, ich würde meinen Verstand verlieren). Ich kannte das SO noch nicht, das war nochmals eine neue Qualität, die mich einfach erschrocken hat. Das war dann ein Punkt, an dem ich mir dacht: Sandrin, irgendetwas ist da sehr bei dir im Argen. Vielleicht auch viel Unbewusstes. Das war wirklich der Hauptgrund, weshalb ich meinem Versprechen untreu wurde.

Nur kann man Unbewusstes halt nur durch vorsichtiges Graben hervorholen. Und die Federführung sollte der Therapeut übernehmen. Er ist der Archäologe, das ich die Schaufel in die Hand nehmen muss, ist mir schon klar.
Aber vielleicht ist es ja auch ganz gut, dass da nicht geschürft wird. Das kann ja auch gehörig in die Hose gehen.

Ich bin einfach so froh, diese Medikamente zu haben. Die sind meine Rettung.

Benutzeravatar

Eiswürfel
Forums-Insider
Forums-Insider
männlich/male, 80
Beiträge: 231

Beitrag Fr., 11.01.2013, 23:52

@ Sandrin: Bis vor kurzem wirktest du eigentlich sehr sicher (Thread Psychotherapiemethoden). Es schien, dass du deinen Weg gefunden hast.
Du machst auf mich einen sehr reflektierten Eindruck. Von daher würde ich meinen, dass da schon was dran ist, wenn du die Therapie als nicht förderlich empfindest. Du stellst auch hohe Ansprüche an deinen Therapeuten. Da kommen eben nur wenige in Frage.

Auch wenn es dir unangenehm ist, wirst du ihn mit deinen Gedanken über die Therapie konfrontieren müssen. Und zwar durchaus so, wie du schreibst. Oder du lässt das ganze so weiterlaufen. Eine andere möglichkeit ist, seine Probleme so umzugestalten, dass sie zur Vorgangsweise des Therapeuten passen. In deinem Fall bsp. sich einzubilden, dass der Wunsch nach Gefühlen nur ein Symptom der Krankheit sei, man eigentlich eine kühle Person bräuchte etc. Würde ich nicht empfehlen.

Wie regelmäßig sind deine Termine?

Benutzeravatar

stern
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 99
Beiträge: 25013

Beitrag Sa., 12.01.2013, 01:06

Außerdem ist es auch ziemlich wurst, ob das nun die offizielle Diagnose ist oder nicht - es waren und sind meine Beschwerden. Und das sollte schon in irgendeiner Form wichtig sein.
Indem du dich quasi vorher selbst diagnostiziert hast, kann das halt schon in eine Richtung lenken (bewusster oder unbewusster)... die passen kann oder nicht. Und wenn es ist nicht passt, ist das niemandem dienlich. Ein Thera bildet sich mMn einen Eindruck (und wenn er sauber vorgeht, lässt er sich auch nicht zu sehr von mitgebrachten Diagnosen beeindrucken, die ja auch auf Überweisungen stehen können, sondern diagnostiziert selbst). Ich hab' versucht auf Basis von Schwierigkeiten zu bleiben, und nicht Diagnosekriterien.

Es würde mich wundern, nach vielem was du bisher geschrieben hast, wenn dir mittlerweile die Diagnose wurscht wäre .

Und weil du meintest, das gibt die Marschrichtung vor: Aus der Diagnose abzuleiten, dass es dir besonders wichtig ist, dir Gefühle zuzustehen, wie soll das funktionieren? Das ist auch erstmal nichts für eine Angsstörung sonderlich immanentes wie für eine Depressionen meinetwegen eine gedrückte Stimmung.

Und Stichwort Dramatisieren... blödes Wort... also damit meine ich nichts in Richtung Übertreibung oder Drama-Queen. Aber was Jenny geschrieben hat, finde ich passt schon in den Kontext von Ängsten, die insofern etwas per se "dramatisches" an sich haben, weil "Sachlage" und "Angst" quasi entkoppelt sind. Und es irgendwann das kleinste Anzeichen dazu führen kann, dass wieder eine Angst hochkommt. Und in z.B. so einem Fakk kann so eine Art beruhigendes calm-down (das keine Abwertung der Schwierigkeiten sein soll) dann schon sinnvoll sein.. eben weil es Ängsten immanent sein kann, das kleinste Anzeichen als etwas ganz tragisches zu bewerten. Oder wenn ein erhöhter Puls als Herzinfarkt wahrgenomen wird. So dass man keine vernünftigen Filter mehr hat, was "normale" Angst ist, die jeder kennt, sondern es ist Anzeichen einer bevorstehenden Panik. Und so Reaktionen (überspitzt) wie "oooh my gooood, wie tragisch... dass sie dabei nicht wirklich ihren Verstand verloren haben, grenzt wirklich an einem Wunder" können dann ziemlich kontraproduktiv sein.

Ich will damit auch nicht sagen, dass es ihm genau darum ging... woher soll ich das wissen. Sondern dass es auch gute Gründe für "Normalisierungen" geben kann.

Weiß nicht, ob ankommt, was ich meine. Ich sehe den Punkt jedenfalls eher darin, dass er sich konträr zu deinen (sehr konkreten) Vorstellungen verhält, die aber nicht hinreichend besprochen wurden bis jetzt. Sondern du hast ein normatives Bild im Kopf, wie Therapie laufen muss... mein Eindruck.
Liebe Grüße
stern 🌈💫
»Je größer der Haufen,
umso mehr Fliegen sitzen drauf
«

(alte Weisheit)

Benutzeravatar

(e)
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 40
Beiträge: 3983

Beitrag Sa., 12.01.2013, 02:06

Jenny Doe hat geschrieben:Manchmal, wenn ich Unbeschwertheit empfinde, kommen genauso dramatisierende Gedanken auf wie bei "negativen" Gefühlen, so in dem Sinne "ich müsste doch jetzt eigentlich das und das negative Gefühl empfinden, bin ich unnormal?" Ich muss mich dann immer wieder daran erinnern, dass ich heute nicht mehr die Person bin, die ich vor X Jahren war, dass ich heute mit Problemen anders umgehen kann als früher und sie deshalb heute nicht mehr als so negativ belastend empfinde wie früher.
Das geht mir auch so, einerseits die Verwunderung oder auch das Bedauern über das Ausbleiben der erwarteten Gefühle, dann wieder die Panik, wenn wirklich Gefühle da sind. Somatoformen Schmerzkranken wie mir wird sowieso fachlich nachgesagt, dass sie zu hohe Vorstellungen haben, was gesund sei und was nicht, und deshalb viel mehr registrieren bzw. beachten, wo andere sich noch normal empfinden, d. h. jeder Schmerz und jedes Gefühl wird schon als Abweichung erlebt, obwohl es normal ist, manchmal Schmerzen zu haben oder auch mal traurig zu sein. Die Zensur ist bei mir schon sehr vorhanden. Das spüre ich selbst. Ich bzw. mein Verstand will die Kontrolle nicht verlieren, hat bei mir auch mit meiner anankastischen Persönlichkeit zu tun.
Lieben Gruß
elana

inaktiv, siehe Link in meinem Profil

Benutzeravatar

(e)
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 40
Beiträge: 3983

Beitrag Sa., 12.01.2013, 02:25

sandrin hat geschrieben:Das war dann ein Punkt, an dem ich mir dacht: Sandrin, irgendetwas ist da sehr bei dir im Argen. Vielleicht auch viel Unbewusstes. Das war wirklich der Hauptgrund, weshalb ich meinem Versprechen untreu wurde.
Liebe Sandrin

Ich spüre das bei mir auch, das ist der ich-dystone Anteil in mir, was ein gutes Zeichen der Gesundung darstellt laut Fachliteratur, auch wenn es sich nicht gut anfühlt. Ich hinterfrage mich selbst, meine eigenen Normen, breche diese, werde diesem meinem zwanghaft-kontrollierenden System untreu. Aber das ist gut. Und ich denke, dass dieser Gedanke der Selbstbeobachtung Dein Rettungsanker ist.

Denn: Du bist sehr unsicher. Du hast sehr hohe Erwartungen und Normen. Das gehört alles zu Deinem "ungesunden" System, dem sich Dein Thera nicht einfügt, vielleicht mit gutem Grund.

Ich muss sagen, dass mein Thera meinen Erwartungen auch nicht voll genügt, mir die Therapie ohne Fachliteratur zu wenig ergiebig wäre, ich ihn deshalb eher als Beilage betrachte. Aber ich weiß auch, dass ich wirklich sehr viel erwarte, das kann niemand einlösen. Die Enttäuschung wäre so vorprogrammiert. Es funktioniert lediglich, weil die Fachliteratur meine Hauptstütze ist und mein Thera mich nur flankiert in meiner Therapie. Ich mache die Hauptarbeit. Ich könnte auch sagen, dass mein Thera so viel Geld nicht rechtfertigt, aber ich weiß, dass ich einfach nicht reinpasse in die Normalität, ich Lücken sehe, ich wie ein Programm arbeite, Fachliteratur fresse, mich festbeiße, mein Ziel verfolge, zwanghaft meine Linie fahre. Ich sehe jeden Baum im Wald, aber mein Thera dafür den Wald. Auch mein Hausarzt, der sich nur halb so viel Mühe gibt. Erstaunlich, was er mir zusammenfassend vermittelt, obwohl er keine Ausbildung dafür hat. Er trifft den Punkt und ich staune. Obwohl er nichts dafür getan hat. Deshalb sind die beiden wichtig, sie sehen, wo ich betriebsblind bin in meinem "System".

Ich würd schauen, wie Du am besten wegkommst. Es gibt Kosten, auch immaterielle. Dieses Hadern und Dein innerer Kampf verbrauchen auch sehr viel Energie, die Du evtl. sinnvoller einsetzen könntest, eben z. B. bei der Therapeutensuche, auch wenn auch das viel Überwindung kostet. Nur könnte es Dich wirklich weiterbringen, Du für einmal an den Richtigen geraten, dann endlich Hilfe erhalten. Eine kleine Pause dazwischen wäre auch gut, damit Du wieder Kraft findest dafür. Ich würde mal Deinen Termin beim Thera um einen Monat verschieben und Dich einfach mal ausruhen und Abstand gewinnen, vielleicht Fachliteratur lesen. Ich brauche auch deshalb nicht so viele Termine, weil ich ja ständig Fachliteratur konsumiere und damit voll abgedeckt bin durch den Monat.
Lieben Gruß
elana

inaktiv, siehe Link in meinem Profil


Jenny Doe
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 56
Beiträge: 5037

Beitrag Sa., 12.01.2013, 06:03

Stern schrieb: Aber was Jenny geschrieben hat, finde ich passt schon in den Kontext von Ängsten, die insofern etwas per se "dramatisches" an sich haben, weil "Sachlage" und "Angst" quasi entkoppelt sind.
Danke für die Zusammenfassung. Nach diesen Worten habe ich gestern etwas vergeblich gesucht.

Es ist auch nicht immer einfach.
Wenn ich mit dem Rettungswagen ins Krankenhaus gebracht werde, weil mir mein Herz um die Ohren fliegt, ich hyperventiliere, am ganzen Körper zittere, keine Luft mehr kriege, .. und man mir dann sagt "Sie hatten soeben eine Panikattacke", dann ist das so offensichtlich, so dass für mich kein Zweifel an der Diagnose besteht und vor allem kein Zweifel daran, dass ich offensichtlich ein behandlungsbedürftiges Problem habe.
Sind die Ängste (Sorgen) hingegen zahlreich aber "klein" (wie oben beschrieben, "Angst" das Gefühl Traurigkeit könnte ein Rückfall sein), dann ist das Problem nicht so offensichtlich. Es sind doch "einfach nur Sorgen". Wenn ich nur so "kleine Ängste" gehabt hätte, ich glaube nicht, dass ich mich damit in Psychotherapie begeben hätte, obwohl Leidensdruck vorhanden war. Da hätte ich mir vermutlich auch die Frage gestellt "Habe ich nun was oder habe ich nichts? Brauche ich nun eine Therapie oder brauche ich sie nicht?". Zumal man ja weiß, so "kleine" Ängste und Sorgen hat ja schließlich jeder und die rennen ja auch nicht alle zum Therapeuten.

Aus dieser Perspektive betrachtet kann ich es nachvollziehen, das eine "Bagatellisierung" von Seiten des Therapeuten zu dem Gefühl führt "der nimmt mich nicht ernst; ich leide und der erzählt mir was davon, dass es doch allen so geht". Andererseits ist so eine Bagatellisierung nötig, damit die "dramatisierten" Ängste und Sorgen abgeschwächt werden.

Ich denke (retrospektiv betrachtet), der entscheidende Faktor für die Frage "Therapie oder nicht Therapie" sollte nicht die Größe der Ängste (es muss nicht gleich ein Rettungswagen sein), sondern der Leidensdruck sein.
Lerne aus der Vergangenheit, aber mache sie nicht zu deinem Leben. Wut festhalten ist wie Gift trinken und darauf warten, dass der Andere stirbt. Das Gegenstück zum äußeren Lärm ist der innere Lärm des Denkens.

Benutzeravatar

sandrin
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 33
Beiträge: 3313

Beitrag Sa., 12.01.2013, 08:50

Also, ich hab das alles ein wenig überfolgen (bin grad erst aufgestanden). Aber jetzt mal ganz ehrlich: Das kann es doch nicht sein. Ehrlich, mir ist es sowas von egal, wie man Ängste oder so definiert. Ich weiß auch, dass Angst im Grunde oft verzerrte Wahrnehmung ist. Entdramatisiert wird das ganze schon durch meine Umgebung, die mir immer wieder sagt, das sei alles völlig irrational. Dazu brauche ich keinen Therapeuten, echt nicht. Diese Message begegnet mir Tag für Tag unter Laien.
Nein, Arbeit hin oder her. Aber wenn Therapie sich derart verquer und verkrampft gestaltet, dann kann da was nicht stimmen. Und dann glaube ich auch, dass man getrost drauf verzichten kann. Das kann nicht im Sinne des Erfinders sein.
Es geht doch darum, dass ich gesund bin/werde.

Aber ich muss mich erstmal noch intenisver einlesen, hab nur überflogen.


Jenny Doe
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 56
Beiträge: 5037

Beitrag Sa., 12.01.2013, 09:12

Hi Sandrin,

komisch finde ich, dass sowas von einem Tiefenpsychologen kommt (kann aber auch einfach nur eine Sterotypisierung von mir sein).

Wir können hier nur nach Erklärungsmöglichkeiten für sein Verhalten suchen, die stimmen können, aber nicht zwangsläufig stimmen müssen. Warum sich dein Thera verhält, wie er sich verhält, dass kann dir letztendlich nur dein Therapeut selbst sagen. Warum er bagatellisiert, dass kann nur er wissen und nur er kann dir das sagen und erklären.

Steigere dich nicht zu sehr in die Erklärungsmöglichkeiten rein. Frag ihn lieber direkt (erneut), warum er was macht und nicht anders macht. Dann hast du eine klare (und vor allem) richtige Antwort und kannst entscheiden, ob das, was er dir bietet, für dich stimmig ist oder nicht.
Lerne aus der Vergangenheit, aber mache sie nicht zu deinem Leben. Wut festhalten ist wie Gift trinken und darauf warten, dass der Andere stirbt. Das Gegenstück zum äußeren Lärm ist der innere Lärm des Denkens.

Benutzeravatar

stern
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 99
Beiträge: 25013

Beitrag Sa., 12.01.2013, 09:55

Er spricht dich auf eine Ebene an, die grds. ihre Berechtigung haben kann, gegen die du dich aber sträubst, weil konkrete Vorstellungen hast, in welche Richtung es gehen soll. Da orte ich den Haken. Dass es dabei bleibt, heißt es zudem nicht... aber vgl. Jenny: Das wirst du mit ihm austragen müssen (oder eben auch nicht mehr). Aber anstelle dass du sauer bist (auf ihn) oder in der Sitzung sagen konntest, stopp, damit kann ich nichts anfangen, und das erzählt mir meine Umgebung bereits, ist mein Eindruck, springst du wieder auf die Metaebene, wie verquer und verkrampft Therapien sind, und dass da etwas im System nicht passen kann, usw. Kaaannnnn man natüüüürlich machen... nur kann das die Chance verkleinern, dass er (sofort) versteht, was dir aufstößt, wenn du so argumentierst.
Liebe Grüße
stern 🌈💫
»Je größer der Haufen,
umso mehr Fliegen sitzen drauf
«

(alte Weisheit)

Benutzeravatar

sandrin
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 33
Beiträge: 3313

Beitrag Sa., 12.01.2013, 10:00

Ich kann verstehen, dass du so argumentierst, stern.
Nur, ich war jetzt endlich so weit, dass ich mich mit meinen Gefühlen akzeptiert habe, dass ich mich darauf einlassen will. Und ich kenne mich und meine Geschichte besser und habe auch die Einschätzungen der früheren Therapeuten, die in vielem, was ich hier auch angesprochen habe, einstimmig ein Problem sahen. Und die auch meinten, ich müsse mich damit auseinandersetzen, weil da viel verdrängt sei und ich viel zu rational damit umgehe (Abwehrmechanismus).
Es besteht nun die Gefahr, dass diese Therapie mit ihrer "Taktik" mich genau wieder in Richtung Rationalität drängt ("Das ist normal. So geht es allen"). Verstehst du? Es kann unter Umständen genau das sein, was mich in den Abgrund zieht.

Werbung

Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag