Therapiepause und trotzdem Kontakt zum Therapeuten

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.

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Alyssa
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Beitrag So., 16.07.2017, 22:55

stern hat geschrieben: So., 16.07.2017, 22:30 Professionelle Distanz sehe ich nicht wirklich. Aber ich gehe aber trotzdem mal davon aus, dass er kein weitergehendes Interesse hat, sondern seinen Job machen will.
Klar, er will doch die Karriereleiter raufklettern. Und Geld verdienen. Und sich nicht die Zukunft verbauen mit unprofessionellem Verhalten.
stern hat geschrieben: So., 16.07.2017, 22:30Dennoch wirkt das insges. gesehen auf mich ziemlich heftig. Ich meine, wie viele Gedanken du dir zu seiner privaten Person machst (bzw. was hier beschrieben ist).
Ich muss mir ja nichtmal viele Gedanken machen. Ich bekomme die Infos direkt von ihm. Gedanken machen wäre ja, wenn ich ewig grübelte, wie er privat lebt, wie es mit der Frau läuft, wie er seine Freizeit verbringt usw. usf. Das tue ich nicht, da fehlt mir die Begeisterung (für ihn) zu, und dazu bin ich auch zu egoistisch (wenn ich grübele, dann über mich).

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Alyssa
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Beitrag So., 16.07.2017, 23:46

mio hat geschrieben: So., 16.07.2017, 22:40 Sag mal kann es sein, dass Dir die "bevorstehende Trennung" (unbewusst?) mehr Angst macht, als Du denkst? So oder so?
Natürlich macht mir die Trennung Angst. Ich hab ewig gebraucht, mich auf ihn einzulassen. Dann nochmal ewig, um zu begreifen, dass er nicht sofort wegrennt oder ausflippt, wenn es Konflikte gibt oder ich nicht so laufe wie ich soll. Und nochmal ewig, um ans Eingemachte zu gehen. Und jetzt alles aufgeben? Nein, das ist kein schöner oder leichter Gedanke.
mio hat geschrieben: So., 16.07.2017, 22:40Aus meiner Erfahrung heraus sind Therapeuten ja auch nicht blöd und "merken" sowas oder berechnen es zumindest mit ein. Manchmal tun sie das früher als man selbst...also merken.
Wäre ich nicht meinem Bauchgefühl gefolgt und hätte Anfang des Jahres nicht nachgehakt, was da bei ihm los ist, würde ich jetzt noch nichtmal wissen, dass er gekündigt hat und Endes des Jahres geht. Ich hab ihn da kalt erwischt, als ich das Gefühl hatte, da ist was, hatte er gerade auf die Beantwortung der Bewerbung gewartet. Bei ihm geht Abschied so: Er sagt dem Patienten "In 4 Wochen ist die Therapie um". Danach steht er noch ein paar Monate per Mail zur Verfügung.
mio hat geschrieben: So., 16.07.2017, 22:40Ich seh das Ganze in Bezug auf "Huch, mein Therapeut verhält sich ja wie ein stinknormaler Mensch" mir ja meist mit großen Augen an und kann nicht so recht nachvollziehen, was daran so furchtbar schrecklich sein soll, gerade weil es ja nur eine "professionelle" Beziehung ist und mich der ganze persönliche sch*** in der Regel ja gar nicht tangiert. Ist ja ihre Sache.
Für mich war es wichtig zu wissen, dass er so normal ist wie ich (und zigtausend andere). Darüber hat er Zugang gefunden zu mir.
mio hat geschrieben: So., 16.07.2017, 22:40Was wäre denn ein "sauberes Ende"?
Dass ich alles sage, was ich wichtig finde, nicht nur bzgl. Therapie (und deren Verlauf), auch bzgl. therapeutischer Beziehung. Und eben auch Platz ist für negative Anmerkungen. Und ein Gesamtresüme. Und dass er auch alles sagt, auch und gerade, was seiner Meinung nach nicht gut lief. Ich will da raus gehen, ihm die Hand schütteln können und ihn angucken können ohne das Gefühl zu haben, ich hätte was vergessen, oder es wäre noch was im Unklaren. Dann kann ich auch wirklich weitergehen.
mio hat geschrieben: So., 16.07.2017, 22:40Und von welchen "Fronten" sprichst Du? Seid ihr im Krieg? ;-)
Ich glaube, ich meine damit das Abklären der Beziehung, ein "Wer steht wo", "Wo (und wie) stehen wir zusammen" und "Was müssen wir (nochmal) aufgreifen, um vorwärts zu kommen" bzw. ein "Wo hakt es" und "Was bremst uns aus". Das ist immer so ein bisschen wie alle 3 Monate ein Zwischenfazit ziehen, ein Nach-Hinten-Schauen, was geleistet wurde, wo es Konflikte gab, ein Sortieren, und ein Nach-Vorne-Schauen, was noch ansteht.
mio hat geschrieben: So., 16.07.2017, 22:40Ich glaube, Du bist viel abhängiger als Du denkst...sonst müsstest Du nicht so dagegen "ankämpfen".
Ich denke, dass liegt daran, dass ich mich immer gegen eine solche Abhängigkeit gewehrt habe (auch schon vor ihm bei allen Menschen um mich herum), weil ich wusste, dass es nie gut ausgeht. Lasse ich Abhängigkeit zu, bilde gar Vertrauen, lässt mich die Person hängen. Und was ist jetzt der Fall? Endlich ein Funken Vertrauen, sogar viel mehr als ich jemals geglaubt habe entwickeln zu können, dazu die (widerstrebende) Akzeptanz, dass mit dem Vertrauen auch eine gewisse Abhängigkeit folgt, und mein Therapeut sagt "Ach übrigens, Ende des Jahres bin ich weg". Deja-vu hoch 3 für mich. Dass ich mich nun dagegen wehre, finde ich normal.
mio hat geschrieben: So., 16.07.2017, 22:40Ich würde mal mit ihm über das bevorstehende Ende sprechen, dass ja unausweichbar scheint. Und was das mit Dir macht.
Da möchte ich vorher aber noch ein paar andere Baustellen abarbeiten. Sonst fehlt mir die Standfestigkeit für ein so heisses Thema.
mio hat geschrieben: So., 16.07.2017, 22:40"Trennungsschmerzen" sind nix, was unnormal wäre. Unnormal ist allenfalls Dein "verweigernder" Umgang damit. :)
Ich lasse ihn zu, aber nicht so früh. Ich will noch was haben von der Therapiezeit, und nicht die Stunden für das Thema "Trennung" aufbrauchen. Wenn es kurz vorm Ende ist, werde ich mich dem Trennungsschmerz hingeben, ganz ohne Scham und Reue. Kurz und heftig wird es sein, und dann wird das noch ein paar Wochen oder Monate nachglühen und hier und da zwicken. Und irgendwann wird es gut sein und nicht mehr weh tun.

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RoboCat
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Beitrag Mi., 19.07.2017, 13:01

Alyssa hat geschrieben: So., 16.07.2017, 14:49 Ist das nicht etwas vorschnell geurteilt? Du kennst ihn und seine Arbeitsweise ja nicht. Du liest das, was ich hier schreibe. Natürlich bemühe ich mich um Neutralität, aber es ist und bleibt eben doch eine subjektive Schilderung einer Situaton zwischen 2 Menschen, wo nur die beiden Beteiligten wirklich wissen, was und wie es war.
Es mag vielleicht sein, dass er nicht 100% dem entspricht, was man sich unter einem perfekten Therapeuten vorstellt (Aber wer ist schon perfekt...).
Aber Alyssa, wir reden hier doch nicht über Nuancen einer Persönlichkeit, jedenfalls war das nicht meine Intention. Ich finde, du hast den guten Mann recht neutral beschrieben, was er so tut, macht äußert, denkt. Das war doch keine Fantasie oder deiner Einbildung zu schuleden. warum nimmst du ihn in deiner Antwort in Schutz?

Summiere doch mal die "macken" an ihm, welche du hier zur Sprache gebracht hast und dann gehe in dich und frage, ob der Typ dir gut tun kann und wohl ein guter Therapeut ist.

Wenn man nun meint, einen guten Therapeuten macht vor allem sein Fachwissen aus, dann ist er wohl ein guter Therapeut (das würde er sich bestimmt auch sofort selbst attestieren, meinst du nicht?) :lol:

Also klar, ohne das nötige Backgroundwissen geht es nicht. Die wichtigste Voraussetzung liegt aber mMn in der Persönlichkeit des Behandlers. Nur ein reifer Mensch, der sich und seine Schattenseiten kennt und weitestgehend mit sich und der Welt im Reinen ist, kann andere diesem Zustand näher führen. Ist er aber Sadist, persönlich unreif, Narzisst...dann wird es heikel. Und es ist ja nun bei Weitem kein Geheimnis, dass gerade unter Therapeuten und Co. Störungen der Persönlichkeit öfter zu finden sind, als bei anderen Berufsgruppen, jedenfalls im Durchschnitt. Das ist kein Zufall, solche Leute zieht das Therapeutendasein vielleicht an, meine ich. Und er schaut ja auch auf seinen Status und betont die Wichtigkeit des selben.

Ich gehe mit der Aussage der anderen mit: Nimm die Beine in die Hand und suche dir jemanden, der zur Not etwas weniger ein geiler Therapeutenhengst ist und dafür mehr Empathie mitbringt.
:axt:


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Alyssa
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Beitrag Mi., 19.07.2017, 14:02

Danke. Den letzten Absatz fand ich am besten. Ich werde versuchen, es in die Tat umzusetzen.

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Krümmelmonster
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Beitrag Mi., 19.07.2017, 17:38

@ Alyssa,
vielleicht könntest du ab und zu das Thema Trennung rein schieben. Ganz wirst du es nicht lösen können.
Nur du gehst anders um. Dies würde ich dir empfehlen.
Der Trennungs schmerz kommt von dir und er soll mit dir das Thema bearbeiten. Dann wird der Schmerz leichter.
Ich kann es nur von meiner Erfahrung erzählen.

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lisbeth
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Beitrag Do., 20.07.2017, 06:32

Hallo Alyssa,

irgendwie finde ich deinen Therapeuten grenzverletzend. Das habe ich ja auch schon zu anderen Anlässen gesagt (Kamera...)

Auch wenn er das Fachwissen "draufhat", zu einem guten Therapeuten gehört mehr. Und wie RoboCat auch schreibt, es geht um die Persönlichkeit, darum dass er sich selbst auch gut kennt und mit sich selbst und der Welt um ihn herum einigermaßen im Reinen ist. Und das scheint er nicht zu sein, wenn ich mir so überlege, was du von ihm berichtest, weil es immer wieder um ihn geht und nicht um dich.
Es wird überall immer wieder betont, dass das wirklich wichtige die therapeutische Beziehungsgestaltung ist. Und da hat er wirklich Defizite, scheint mir. (Schön für ihn dass er trotzdem Karriere macht im System... ::? ) Es ist ja nicht ausgeschlossen, dass er dir trotzdem hilft/geholfen hat. Allein die Erfahrung, dass es möglich ist, Konflikte auszutragen, ist ja auch etwas Wertvolles. Aber das können andere Therapeuten auch ;-)

Aber in dem was du schreibst, kommt immer wieder ganz viel Unsicherheit und Verwirrung raus. Und auf mich wirkt das so, dass er und sein Verhalten dafür der Auslöser ist. Dass er auf mich grenzverletzend wirkt, heißt ja nicht automatisch, dass er sexuell übergriffig werden muss. Grenzverletzung geht auch viel subtiler. Schon allein, dass du dich phasenweise viel mehr mit "seinen" Themen beschäftigen musst als mit dir selbst, zeigt mir dass da etwas im Ungleichgewicht zu sein scheint.

Wie damit umgehen? Wenn sowieso das Ende in Sicht ist, kann man schon überlegen, das auch zu einem guten (= für dich stimmigen Abschluss) zu bringen. Die Frage ist, weißt du für dich, wie das aussehen könnte? Und bist du in der Lage, das dann auch umzusetzen? Weil es auch sein kann, dass für ihn ein stimmiger Abschluss ganz anders aussieht... Schon allein, dass du nur durch Zufall /deine Intuition erfahren hast, dass er gehen wird. Wann hätte er es von sich aus gesagt? Zwei Wochen vor dem Ende?? Seine Interessen nehmen in diesem Raum einfach sehr, sehr viel (zu viel) Platz ein (für meinen Geschmack).

Oder du suchst dir jemand neues und verabschiedest dich, sobald du jemanden gefunden hast. Es gibt auch andere Therapeuten, mit denen sich Konflikte austragen lassen ;-)

Alles Gute,
lisbeth.
When hope is not pinned wriggling onto a shiny image or expectation, it sometimes floats forth and opens.
― Anne Lamott

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LEHA83
neu an Bo(a)rd!
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Beitrag Do., 20.07.2017, 20:16

Hallo Alyssa,
Darf ich fragen was du gemacht hast?
Also- hast du es besprochen?
Wenn ja,wie ist es Verlaufen?
Wie hat er reagiert?
Hast du dich entschieden?(bei ihm bleiben oder einen neuen Thera?
Ich finde es so toll,dass es so ein Forum gibt!!!
Es hat mir als Neuling echt weiter geholfen!!!
Aber oft war ich auch irritiert,weil es nie
Oder selten einen(End-of the-Story)Beitrag gab.
Was die,die dieses Thema eröffnet haben,am Ende,dann auch wirklich gemacht haben??.Oder überhaupt,wie es dann verlaufen ist??!!
Sorry,dass war jetzt viel Text!
Gruß-LEHA


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Alyssa
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Beitrag Fr., 21.07.2017, 18:32

Normalerweise antworte ich immer und gerne auf die einzelnen Beiträge. Das ist mir im Moment zu anstrengend. Ihr habt alle was gutes, anregendes geschrieben, mich zum Nachdenken gebracht, Rückhalt gegeben.

Ich möchte die Tage vor der letzten Stunde und den Verlauf der letzten Stunde schildern, Das wird ein sehr sehr langer Text. Vielleicht mag ihn der ein oder andere lesen (überfliegen), und auch kommentieren. Ich bin aktuell nur erschöpft, müde, ratlos, ahnungslos, hilflos und fühle mich allein gelassen und vera****t von meinem Therapeuten.

Vorab der Stunde hatte ich eine sehr ungute Woche und ein katastrophales Wochenende.
Erst der unselige Absturz, bei dem er sehr kühl auf meine Hilfegesuch reagiert hatte.
In der Woche dann habe ich meinen Therapeuten mehrfach gesmst, und sehr dunkle Gedanken ausgedrückt und ihn gefragt, was das denn sei. Seine Antwort war: Das nennt man Depression, Schwere Depression. Du solltest Pharmahilfe noch mal überdenken. (Ich hatte seine bisherigen - sehr vagen - Angebote von Medikamenten bisher immer abgelehnt, er hat auch nie den Eindruck erweckt, dass er es unbedingt und wirklich für nötig hält aus seiner Sicht als Arzt, also hab ich es auch nicht weiter verfolgt, zumal ich auch immer der Überzeugung war, dass ich meine Chemie nicht gegen seine Chemie tauschen möchte, sondern wenn, dann ganz sauber an alles gehen will)

Am Wochenende hatte ich eine Wahnsinnslust auf Heroin (Der Kopf vergisst sowas nie). Dazu war ich extrem mies drauf, nicht nur psychisch, auch physisch. Ich hatte richtig körperliche Schmerzen vor lauter Elend und Gier. Ich habe ihm gesmst, dass ich irrsinnig Lust auf Heroin habe, so sehr, dass es schon richtig weh tut, und dass ich nicht weiss, wie ich das wegbekomme. Ausser damit, dass ich mir selber Schmerzen zufüge.

Zeitgleich bin ich mit einer (angeblichen?) Freundin in Streit geraten. Ich hatte erst ihren Partner (der auch mein Freund war/ist), dann sie um eine Empfehlung für einen Arzt gebeten. Von beiden kam nichts. Ich hab mir sogar schon etwas Sorgen gemacht, denn 10 bzw 5 Tage kein Laut kam mir komisch vor. Dann meldete sie sich plötzlich fast überschwänglich und sofort auf eine Meldung in einer Whatsapp-Gruppe, in der wir beide sind. Da war ich baff, dachte mir: Ah ja, ich bin wohl nicht wichtig genug, dass man mir eine simple Frage nach einem Arzt beantwortet. Habe ihr daraufhin ein "Danke. Machs gut" geschickt. Sie wusste sofort, auf was das gemünzt war, und antortete: "Auf passiv-aggressive Fragen antworte ich nunmal nicht". Da hab ich rot gesehen, und zurückgeschrieben, was denn an einer Frage nach einer Arztempfehlung passiv-aggressiv sei, dass sie spinnt, und dass ich auf so eine Freundschaft verzichten kann. Das so abgelehnt bzw. nicht zur Kenntnis genommen werden hat mich noch ein Stückchen tiefer reingerissen.

Und dann kam die Antwort von meinem Therapeuten bzgl. Heroin und Selbstverletzung: Ich möge ihm solch einen Blödsinn (= selbstzerstörische Inhalte) nicht am Wochenende schicken. Zumal er auf alle seine Vorschläge sowieso nur "Aber" von mir ernten würde. Und dass ich frei sei, und wenn Heroin meine einzige Lösung sei, mich sowieso keiner davon abhalten kann. Das es Wochenende war, hab ich in dem Moment nicht mehr bedacht. Seine Antwort jedenfalls war ein Tiefschlag. Ich hab geweint und einen Augenblick überlegt, dass ich nichtmal aufstehen brauche, um mir eine Rasierklinge zu holen und das ganze zu beenden. Dann war ich wütend. Auf mich, dass ich auf so einen selbstverliebten Idioten reingefallen bin. Dass ich es nicht hinbekomme, ihm den "Laufpass" zu geben. Auf ihn, dass er mich so hilflos und angreifbar gemacht hat, dass ich nichtmal mehr mir selber traue, sogar soweit bin, dass ich zurück zu meiner schlimmsten Droge will und mir selber weh tue. Und dann hab ich mir gedacht, dass es eine Kapitulation wäre, wenn ich jetzt aufgeben würde. Dass ich ihm diese Genugtuung nicht schenken werde.

Wir haben dann im Laufe des Abends noch hin- und hergsmst, wobei es darum ging, dass ich in seinen Antworten keine Vorschläge habe erkennen können, und meinte, er müsse seine Vorschläge auch als Vorschläge (und nicht als schüchterne Anfragen o. vorsichtige Ideen) rüberbringen, und dass ich Floskeln wie "wird schon" oder "nicht so schwarzsehen" als absolut nicht hilfreich empfinde. Er meinte darauf, dass es die Frage sei, ob er überhapt Vorschläge machen könne, es nicht eventuell nur um meine Vorschläge ginge, zu denen er einen kleinen Rat gäbe. Ich habe ihm dann klar gemacht, dass ich seine Vorschläge gerne hören möchte, er aber damit leben muss, dass ich diese Vorschläge genau durchleuchte und diskutiere. Und dass es reine Zeit- und Ressourcenverschwendung auf seiner Seite wäre, wenn er mir nur mit einem kleinen Rat zur Seite stünde - da genau so etwas Aufgabe von Freunden sei. Zurück kam von ihm: Ich muss mich nicht verändern.


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Alyssa
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Beitrag Fr., 21.07.2017, 19:37

2 Tage später hatte ich mich soweit berappelt, dass ich ihm von der Sache mit der Freundin berichtete (Stichwort Arztempfehlung/passiv-aggressiv). Ich habe ziemlich emotional die Sache geschildert, mein Zorn und meine Verletzung muss er erkannt haben. Seine Antwort war eine Arztempfehlung. Kein Wort zu dem Stress mit der Freundin und was das mit mir gemacht hat. Ich habs dann novhmal versucht, und ganz direkt gesagt, dass es darum (= Arztempfehlung) doch gsr nicht ginge. Beim zweiten Anlauf hat er es dann gerafft. Und befunden, dass das Verhalten der Freundin + Partner frech war. Ich hab ihm dann noch in 2 langen SMS das Leid mit den beiden geklagt, dass ich ihnen ja auch kaum aus dem Weg gehen kann, ausser ich breche (wieder einmal) alle Zelte ab und suche mir woanders neue Leute (was ich nicht einsehe, denn warum muss bei Unstimmigkeiten immer ich gehen?). Das war sicher zuviel des Guten, das hätte ich mir sparen können. Andererseits tat es gut, das mal loszuwerden.
Verblieben sind wir dann mit einem Termin in der jetzigen Woche.

Der Tag des Termins kam, ich stand dann auch pünktlich bei ihm im Flur. Wo ich auf ihn traf, er kurz nickte und ich schon mal Richtung seines Zimmer losging. Da stand ich dann erstmal vor der Tür. Nach 5min kam er angerauscht, sagte, er müsse noch kurz telefonieren, fragte, ob ich im Zimmer warten will und ob ich was trinken will. Ich antwortete, dass ich lieber vor der Tür warte (aufs Zuhören bei seinen Telefonaten hatte ich so gar keine Lust, und da zu sitzen wie bestellt und nicht abgeholt erst recht nicht), und dass ich mein Getränk dabei hätte (wie immer, seit 2 Jahren jede einzelne Stunde, aber das schien er vergessen zu haben).

Meine Stunde hätte Viertel vor beginnen sollen. Als die Uhr zur vollen Stunde schlug, stand ich immer noch draussen. Und konnte jedes seiner Worte mithören. Ich war kurz davor, einfach zu gehen, und von unterwegs eine SMS zu schicken, dass ich keinen Bock mehr gehabt hätte zu warten, Fand das dann aber zu kindisch. Um nicht komplett auf 180 zu kommen, habe ich mir meine Urlaubsbilder auf dem Handy angeschaut und innerlich ganz tief durchgeatmet. 8 min nach der vollen Stunde öffnete er dann die Tür, immer noch das Telefon am Ohr. Ich bin in sein chaotisches Zimmer (nachdem ich 5 Wochen nicht da war, fiel mir die Unordnung und das Gerümpel extrem auf), hab mir meinen Stuhl geholt und an "meinen" Platz gestellt. Und dann da gesessen und gewartet, während er weiter telefoniert hat. Nach weiteren 4 oder 5min war ich einen Millimeter davon entfernt, aufzustehen, ihm zu sagen, er solle seine Termine besser koordinieren und dass er mich wenn, dann doch bitte draussen warten lassen möge solange er telefoniert. Und dass ich jetzt gehe. Nochmal 3 min, und das Gespräch war endlich beendet.

Meine Stunde begann somit 30min nach dem eigentlich vereinbarten Termin. Und mit seinen Worten "Das war jetzt anstrengend" und einem entschuldigenden Blick aus Telefon. Da hatte ich bereits auf bockig geschaltet und mich innerlich von ihm entfernt. Ich hab nur ausgehalten, weil ich dachte, dass sei jetzt eine prima Gelegenheit, alles auszudiskutieren. Es kam aber gar nicht zu wirklichen Diskussionen. Ich hatte die meiste Zeit das Gefühl, dass er abblocken wollte, und mir alle Fehler bzw. jegliches Fehlverhalten unterjubeln wollte. An die genaue Themenabfolge und was alles besprochen wurde, kann ich mich nicht mehr erinnern.

Ich weiss nur, dass ich entsetzt war, als er meinte, im Sekretariat hätte man "mich schon eingelesen". Üblicherweise ist es so, dass ich zu jedem Quartal dorthin muss, mit Kassenkarte und dann per Unterschrift absegne, dass ich mit der weiteren Behandlung einverstanden bin. Es ist noch nie ohne meine Unterschrift oder meine Karte gegangen. Und wenn ich mal am Quartalsanfang bei ihm in der Tür stand, ohne dass die Karte eingelesen worden war, hat er mich schnurstracks zum Sekretariat geschickt (quer übers Klinikgelände...) mit den Worten "Ansonsten behandele ich nicht!"
Nun hatte ich ja 5 Wochen Pause, keine festen Termine mehr gemacht und ihn auch wissen lassen, dass ich nicht sicher bin, ob ich weitermachen möchte. Und rumms, hat er dsfür gesorgt, dass mir diese Entscheidung genommen wird. Fühlte sich zumindest so an. Als er später im Gespräch erwähnte, dass er soviel Leerlauf hätte, kam mr glatt der Gedanke, dass er Schiss hat, dass ihm die Patienten davonlaufen. Und dass er mir deshalb das Karte einlesen "erspart" hat. Allerdings ohne mich zu fragen. Ich war so perplex, dass ich nichts sagen konnte.


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Alyssa
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Beitrag Fr., 21.07.2017, 19:44

Weiter ging es damit, dass er meinte, dass ich ja alle Hindernisse, Stolperfallen und Probleme in den 5 Wochen Pause super alleine gelöst hätte. Ja, wie denn auch sonst, wenn auf meine Hilfsanfragen von ihm keine (sinnvollen/nutzbaren) Antworten kamen? Dann muss ich ja alleine ran. Wenn das aber Sinn der Therapiestunden ist, dass er bei expliziten Hilfegesuchen meinerseits NICHTS tut und mich einfach machen lässt, dann brauch ich seine Therapie nicht. Er meinte auch noch, dass ich vielleicht schon alles wüsste und für alles eine Lösung hätte und deswegen anderer Leute Hilfe nicht bräuchte. Da hab ich gedacht, ob das jetzt ein Kompliment ist oder eher eine Unfähigkeitserklärung meines Therapeuten.

Unser zäher SMS-Kontakt war auch Thema. Er hatte da doch die Frechheit, mir zu sagen, ich würde nicht die "richtigen" und keine "guten" Fragen stellen. Da wurde ich dann richtig sauer. Ist es mein Job, dem Therapeuten genehme, für ihn "gute" Fragen zu stellen? Wohl kaum. Wenn er mich nicht versteht, muss er das sagen, dann kann ich versuchen, mich anders und genauer auszudrücken. Aber Fragen konstruieren, die ihm das Antworten leichter machen? Ich hab dann auch sehr schneidend gesagt, dass ich nicht bei ihm bin um "gute" Fragen zu stellen. Da hat er wohl an meiner Stimme gehört, dass er lieber nicht weiter macht. Hat auch direkt eingelenkt und ist vom Thema weg.

Irgendwann fing er selbständig und ungefragt (!) an, zu erzählen, dass er meine Urlaubsbilder, die ich per Mail inkl. kurzem Bericht fast jeden Tag geschickt hatte, richtig toll fände. Dass er auch mal dahin wolle. Dass es aber mit dem Schiff so teuer sei. Dass er richtig viel gelernt hätte durch das, was ich geschrieben hätte. Und dass auf den Bildern wenn, dann nur ich drauf wäre (und nicht auch mal mein Reisebegleiter). Ich war noch perplexer. Ich hab ihm dann sehr kurz und kühl erklärt, dass die Reise, so wie er sie sich vorstellt, eine teure Reise ist, dass da aber eben auch ein gewisser Luxus bei ist (den ich mir nicht leisten konnte), und er bei Glück imposante Eindrücke mit nach Hause nimmt. Zu der Frage, warum auf Bildern nur ich wäre, habe ich nichts gesagt. Dass ich die Bilder, die an ihn gingen, bewusst so ausgewählt habe, dass nur Natur oder ich drauf sind, weil ihn mein Reisebegleiter nichts angeht, und ich zwischen "Bilder für Freunde" und "Bilder für den Therapeuten" unterscheide, schien ihm nicht in den Geist zu kommen.

Irgendwann waren wir wieder bei meinen Themen. Er fragte wie es liefe, was die körperlichen Schmerzen machten, ob ich nach dem Absturz noch irgendwas genommen hätte, oder trinken würde. Ich hab auf nichts eine wirkliche Antwort gegeben. Nicht aus Bockigkeit oder Boshaftigkeit, sondern weil ich gemerkt habe, dass es (mir) egal ist, was er weiss oder ob er was weiss.

Zum Ende der Stunde klopfte es dann noch an der Tür (nicht sooo ungewöhnlich), aber diesmal reagierte er eher ungehalten, rief durch die Tür in etwas genervtem Ton, dass er im Gespräch sei. Ich meinte nur, Oh, schon die Reinigungskräfte? Darauf sagte er dann mit leicht abfälligem Ton: Ne, bloss ne Krankenschwester, die ihre Grenzen nicht kennt. Puh, dachte ich mir, der will mir zwischenmenschliches Feingefühl und die „richtigen“ Umgangsform beibringen und mir zeigen, dass es auch Feinheiten gibt im Kontakt zueinander, und haut dann sowas raus.

Es gab sicher noch 1-3 andere Themen, die im Gespräch waren, die hab ich vergessen.

Als er dann fragte, wann neuer Termin, habe ich nichts gesagt. Er hat dann nochmal betont, dass er Leerlauf hätte, ausser nachmittags, wo er oft so viel Verwaltungskram erledigen muss. Fast wäre mir da rausgerutscht, dass er mir dann ja wieder wöchentlich Termine geben könne, wenn er jetzt so viel Zeit hätte, dass er sich sogar langweilt. Hab ich aber nicht, da das Thema „nur alle 14 Tage“ inzwischen ein alter Hut ist, und ich jetzt auch gar nicht mehr öfter möchte. Er hat dann 2 Tage zur Auswahl gestellt. Ich habe nicht reagiert, Er hat 2x nachgefragt, bis ich irgendwann meinte, es sei mir egal, er könne ja was vorschlagen. Nach einer kleinen Ewigkeit des Spiels „Wann Termin?“ – „Ist mir egal“ war mir das Affentheater zu blöde. Ich hab ihn den Tag aussuchen lassen, dann aber selber die Uhrzeit bestimmt (soweit ich bestimmen konnte zwischen morgens und mittags).


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Alyssa
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Beitrag Fr., 21.07.2017, 19:46

Dann bin ich raus. Habe auf der Treppe noch Halt gemacht und überlegt, ob ich zurücklaufe und hm erkläre, dass er den Termin (und alle weiteren) streichen kann, und dass ich fertig bin mit ihm . Da das dan aber wieder als bockig und kindisch rübergekommen wäre, habe ich alles mit nach Hause genommen und abends eine kurze aber sehr zackige Mail mit einigen knallharten Kritikpunkten geschrieben. Direkt am nächsten Morgen kam erst eine Antwort „Kritik nicht per Mail, sondern in der Stunde“, was ich mit einem simplen „OK“ beantwortet habe. Dann eine weitere Mail, in der er doch auf einen der Kritikpunkte einging (soviel zu „Kritik nur in der Stunde“). Und ich dann ebenso drauf antwortete.

Für die nächste Stunde werde ich mir meine Mail mit den Kritikpunkten ausdrucken, und wenn er fragt, was es denn für Kritik gibt, werde ich ihm die ausgedruckte Mail zu lesen geben. Und ihm sagen, dass er gerne auf diese Punkte antworten darf.


Leute, dass das so ein ellenlanger Text wurde, tut mir leid. Ich konnte mich beim besten Willen nicht kürzer fassen.

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Chakotay
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Beitrag Sa., 22.07.2017, 06:04

Meine Güte, was für ein Kampf!

Liebe Alyssa,
ich halte mich sonst schwer zurück bei den "Ratschlägen" hier im Forum zum Therapeutenwechsel, aber du hast das so plastisch geschildert, dass ich wirklich entsetzt den Kopf beim Lesen geschüttelt habe...

Ich persönlich kann mir so eine Therapie/ so einen Therapeuten/so eine therapeutische Arbeitsweise für mich nicht vorstellen und tue mich schwer damit zu verstehen, dass das für jemand anderen hilfreich sein könnte. Wir alle sind doch in Therapie, weil es Baustellen zu bearbeiten gilt, mit denen wir alleine nicht klar kommen - warum dann durch Therapie eine neue, offenbar sehr belastende Baustelle aufmachen?? Probleme in der therap. Beziehung gibt es sicher immer mal, bei jedem und bei mir selbstverständlich auch (in den letzten Wochen sogar massiv), ausschließlich Friede-Freude-Eierkuchen-Beziehungen können in dem Zusammenhang wahrscheinlich auch gar nicht hilfreich sein.
Aber was du schilderst, wirkt irgendwo grausam, sorry. Grausam für dich.

Ich hoffe, dass dich das Niederschreiben hier im Thread etwas entlastet hat und wünsche dir von Herzen, dass du deinen Weg in Bezug auf Therapie findest - mit Blick auf dich und deine Bedürfnisse.

Herzlicher Gruß,
"Chakotay"
Wenn ich mich niederwerfen würde,weinen u.erzählen,was wüßtest Du v. mir mehr als v. der Hölle,wenn jmd erzählt,sie ist fürchterlich.Darum sollten wir voreinander so ehrfürchtig,nachdenklich,liebend stehn wie vor dem Eingang zur Hölle.(Kafka,gekürzt)

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lisbeth
[nicht mehr wegzudenken]
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Beiträge: 4023

Beitrag Sa., 22.07.2017, 08:38

Oh Mann, Alyssa, das ist richtig heftig. Tut mir Leid, dass es gerade aktuell zu solchen Verwicklungen mit deinem Therapeuten kommt und er sich so richtig unangemessen verhält.

Was mir beim Lesen aufgefallen ist:

- Der SMS-Kontakt. Ich finde, SMS ist kein Medium, mit dem sich inhaltliche Dinge vernünftig kommunizieren/klären lassen. Terminabsprachen/Verschiebungen ja. Aber sobald es um inhaltliche Dinge geht, hätte er einen Cut machen müssen und sagen müssen: Wir telefonieren oder ich biete Ihnen einen Termin außerhalb der Reihe an... So per SMS gibt es haufenweise Missverständnisse, die sich immer weiter hochschaukeln. Dir mache ich da keinen Vorwurf - das wäre seine Verantwortung (gewesen).

- Er war offensichtlich genervt, dass du ihn am Wochenende kontaktiert hast. Ich meine mich zu erinnern, dass das in der Vergangenheit auch schon öfters so war, dass du dich am Wochenende per SMS gemeldet hast (oder nachts) und dass das nie Thema zwischen Euch war. Genau darin sehe ich für mich die Gefahr, wenn es kleine klaren (äußeren) Grenzen gibt, sondern alles irgendwie vage bleibt. Aber irgendwann ist das Limit erreicht, wie in diesem Fall. Da kommen sicherlich noch andere Sachen aus Eurer Dynamik mit rein. Seine Reaktion war unterirdisch. Das geht gar nicht. Zumal du ihm ja wirklich in einer Notfallsituation kontaktiert hast.

- Ich finde es irgendwie absurd, dass er jetzt keine Konflikte per Mail austragen will, aber bei SMS munter drauf einsteigt. Hm.

- Sein Verhalten in der letzten Stunde: Dich warten lassen usw.. Das geht auch gar nicht. Aber dieser unklare Zeitrahmen beschäftigt dich ja auch schon länger immer wieder. Sei es, dass die Stunden zu kurz geraten, oder dass er unpünktlich ist (jenseits von ein paar Minuten), oder dass die Stunden unterbrochen werden. Hat sicherlich organisatorische Gründe (PiA) - aber auch dort lassen sich die Dinge sicherlich besser organisieren. Das ist seine Verantwortung, die er aber auch nicht wahrnimmt.
Das mit dem "sicheren" organisatorischen Rahmen finde ich insofern wichtig, weil ich mich bei einem solchen Konflikt, wie du ihn grade hast, fragen würde, ob er mich jetzt warten lässt, um mich zu "bestrafen" oder ob das seine übliche Verpeiltheit ist. Und ich würde für mich ganz klar zur "Bestrafung" hin tendieren, was in der Beziehungsdynamik weiteres Öl ins Feuer gießen würde.

- Seine Fragen im Hinblick auf deinen Urlaub. Kann sein, dass das der "Versuch" war, irgendwie wieder eine tragfähige Beziehungsebene (im therapeutischen Sinne) herzustellen. Aber das ist wohl ziemlich in die Hose gegangen. So wie er sich da verhalten hat, das geht gar nicht.

Was sich bei mir festsetzt, ist der Eindruck, dass seine vermeintliche "Lockerheit" sich jetzt irgendwie gegen dich wendet. Weil in dieser Lockerheit nicht klar ist, wo die Grenzen liegen. Weil du (unwissentlich oder aus der Not heraus) seine Grenze/n überschritten hast, aber er kann aufgrund der nicht vorhandenen Absprachen nicht sagen: Frau Alyssa, wir haben eigentlich eine Vereinbarung, die das anders regelt. Das heißt, diese Grenzenlosigkeit holt IHN jetzt ein, aber er lässt das volle Kanne an DIR aus. Was gar nicht gut ist.

Und irgendwie habe ich so ein Bild von ihm: Ein Mann, der betont einen auf "jugendlich" macht, nicht nur äußerlich, sondern auch in seiner Haltung. Und dazu gehört "immer schön locker bleiben", passt schon, bloß nicht "spießig" rüberkommen, sich nicht festlegen wollen usw. Aber zu seiner Aufgabe als Therapeut gehört dazu, dass er bei bestimmten Dingen klar ist, klar kommuniziert, klare Grenzen setzt oder klar und deutlich sagt, was du von ihm erwarten kannst und was nicht. Das hat er alles nicht erfüllt in meinen Augen.

Wie du auch schon festgestellt hast: Als "Modell" für eine gesündere/bessere Beziehungsgestaltung hat er auf ganzer Linie versagt...

Gut für dich, dass du ihm per Mail schon mal klar deine Meinung gesagt hast. So wie ich dich verstanden habe, wirst du dann zum nächsten Termin hingehen, oder? Und dann? Wie sieht dein Plan aus? Ich habe das Gefühl, dass es für dich wichtig sein könnte, für dich im Vorfeld schon zu überlegen, was du in so einer Stunde von ihm erwartest. Geht es darum ihm einfach nochmal die Meinung zu sagen und dann bist du fort?
oder was sonst?

So wie ich sein/euer "Muster" einschätze, kann es auch sein, dass er dich mit Beschwichtigungen und Vorwürfen an deine Adresse irgendwie auch wieder "einfängt"... Willst du das? oder auf gar keinen Fall? Was braucht es für dich, damit das nicht passieren kann?

Mein Rat wäre außerdem: Fange an, dich nach einem "Ersatz" umzuschauen. So wie du aktuell deinen "Suchtdruck" beschreibst, wäre es glaube ich schon gut für dich, in der nächsten Zeit therapeutische Unterstützung zu haben. Und selbst wenn ihr jetzt weiter miteinander reden solltet, in ein paar Monaten ist er ohnehin weg.... Ich habe das Gefühl, dass das im Moment kein guter Zeitpunkt für dich wäre, um dich alleine durchzukämpfen. Und es wäre auch eine Chance für dich, um eine andere therapeutische Beziehungserfahrung zu machen: Dass es wirklich um dich alleine geht und nicht um das Chaos, das in deinem Therapeuten zu stecken scheint...

Alles Gute! lisbeth.
When hope is not pinned wriggling onto a shiny image or expectation, it sometimes floats forth and opens.
― Anne Lamott


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Beitrag Sa., 22.07.2017, 11:07

Chakotay hat geschrieben: Sa., 22.07.2017, 06:04 .Ich persönlich kann mir so eine Therapie/ so einen Therapeuten/so eine therapeutische Arbeitsweise für mich nicht vorstellen und tue mich schwer damit zu verstehen, dass das für jemand anderen hilfreich sein könnte.
Ich fand das unkonventionelle Vorgehen eigtl. gut. Am Anfang. Als ich anfing, mir von ihm klarere, besser definierte Aussagen zu wünschen, auch gewisse Grenzen, und ihm das gesagt habe, kam nichts. Fast glaube ich, er hat sogar noch eins drauf gelegt bzgl. keine Regeln, keine Grenzen, um mir zu zeigen, dass ich ein Riesenproblem mit Regeln und Starheit habe. (Welches ich habe, was aber nun nicht bedeutet, dass meine Forderung nach Regeln und Grenzen krankhafte Ausmasse annimmt, und ich nur zwanghaft und starr diesen Regeln folge)
Chakotay hat geschrieben: Sa., 22.07.2017, 06:04Wir alle sind doch in Therapie, weil es Baustellen zu bearbeiten gilt, mit denen wir alleine nicht klar kommen - warum dann durch Therapie eine neue, offenbar sehr belastende Baustelle aufmachen?? Probleme in der therap. Beziehung gibt es sicher immer mal, bei jedem und bei mir selbstverständlich auch (in den letzten Wochen sogar massiv), ausschließlich Friede-Freude-Eierkuchen-Beziehungen können in dem Zusammenhang wahrscheinlich auch gar nicht hilfreich sein.
Das sehe ich genauso.
Chakotay hat geschrieben: Sa., 22.07.2017, 06:04Aber was du schilderst, wirkt irgendwo grausam, sorry. Grausam für dich.
Ja, das ist es. Und ich habe niemanden, bei dem ich deswegen Rat oder Trost suchen kann.
Chakotay hat geschrieben: Sa., 22.07.2017, 06:04Ich hoffe, dass dich das Niederschreiben hier im Thread etwas entlastet hat
Das hat es. Eine Wohltat, dass die eigenen Äusserungen wahr und zur Kenntnis genommen werden, dass ich mich nicht rechtfertigen muss für mein Verhalten oder meine Gefühle, oder darum kämpfen muss, dass meine Sichtweise als genauso richtig, wichtig und wertvoll wie die Sichtweise eines anderen angesehen wird
Chakotay hat geschrieben: Sa., 22.07.2017, 06:04und wünsche dir von Herzen, dass du deinen Weg in Bezug auf Therapie findest - mit Blick auf dich und deine Bedürfnisse.
Das wünsche ich mir auch.
Danke.


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Beitrag Sa., 22.07.2017, 12:28

lisbeth hat geschrieben: Sa., 22.07.2017, 08:38 Der SMS-Kontakt. Ich finde, SMS ist kein Medium, mit dem sich inhaltliche Dinge vernünftig kommunizieren/klären lassen. Terminabsprachen/Verschiebungen ja. Aber sobald es um inhaltliche Dinge geht, hätte er einen Cut machen müssen und sagen müssen: Wir telefonieren oder ich biete Ihnen einen Termin außerhalb der Reihe an... So per SMS gibt es haufenweise Missverständnisse, die sich immer weiter hochschaukeln. Dir mache ich da keinen Vorwurf - das wäre seine Verantwortung (gewesen).
Er hat mir nie irgendetwas gesagt bzgl. Mail- und SMS-Kontakt. Ich hab ihn gefragt, ob ich schreiben darf, das hat er agesegnet. SMS hat er fast immer zügig, manchmal erfreut, manchmal ernsthaft, beantwortet. Komplett unabhängig des Wochentags und der Uhrzeit. Bis auf nachts, da hat er klar gemacht, dass das nicht geht.
Ich habe ihm sogar gesagt, das er bitte Regeln aufstellen möge, wann/wieviel SMS-Kontakt erlaubt ist, auch ob und in welchem Maße er antwortet. Weil ich selber fand, dass der SMS-Kontakt Auswüchse annimmt, die nicht gut sind. Da kam nur, dass "Regeln meine Welt seien, und wenn er Regeln aufstellen würde, ich nur austesten würde, wie weit ich bei ihm gehen könnte, und alles nur Kampf und Krampf wäre". Aber GAR KEINE Regeln? GAR KEIN Leitfaden, an dem ich (und auch er) sich orientieren kann?
lisbeth hat geschrieben: Sa., 22.07.2017, 08:38 Er war offensichtlich genervt, dass du ihn am Wochenende kontaktiert hast. Ich meine mich zu erinnern, dass das in der Vergangenheit auch schon öfters so war, dass du dich am Wochenende per SMS gemeldet hast (oder nachts) und dass das nie Thema zwischen Euch war.
Er hat niemals gesagt/durchscheinen lassen, dass das Wochenende tabu ist. Und genau da, wo ich ihn brauche und mich überwinde und ihn anschreibe und dabei nicht beachte, dass ja Wochenende ist, fährt er solche Geschütze auf.
lisbeth hat geschrieben: Sa., 22.07.2017, 08:38 Genau darin sehe ich für mich die Gefahr, wenn es kleine klaren (äußeren) Grenzen gibt, sondern alles irgendwie vage bleibt. Aber irgendwann ist das Limit erreicht, wie in diesem Fall. Da kommen sicherlich noch andere Sachen aus Eurer Dynamik mit rein. Seine Reaktion war unterirdisch. Das geht gar nicht. Zumal du ihm ja wirklich in einer Notfallsituation kontaktiert hast.
Für ihn war das wohl kein Notfall. Selbstverletzung spricht er auch nicht an. Scheint für ihn kein Thema zu sein. Oder etwas, was er nicht bearbeiten kann/will. Dann soll er das aber bitte auch sagen. Ich weiss jedenfalls nicht mehr, wie ich mich artikulieren muss, damit er begreift, dass es bei mir brennt. Wahrscheinlich horcht er erst auf, wenn ich im Krankenhaus lande.
lisbeth hat geschrieben: Sa., 22.07.2017, 08:38 Ich finde es irgendwie absurd, dass er jetzt keine Konflikte per Mail austragen will, aber bei SMS munter drauf einsteigt. Hm.
Nachdem ich die Mail mit den Kritikpunkten gesendet hatte, dann noch eine SMS (in komplett anderer Sache), hat er auf die SMS nicht mehr geantwortet. Das hatte ich mir auch genau so gedacht, da ich in der Mail zum Thema SMS geschrieben hatte, dass er, wenn er nicht weiss, was er antworten soll, statt Floskeln oder vagem Irgendwas lieber gar nichts schreiben soll. Und das weniger oft mehr ist.
lisbeth hat geschrieben: Sa., 22.07.2017, 08:38 Sein Verhalten in der letzten Stunde: Dich warten lassen usw.. Das geht auch gar nicht. Aber dieser unklare Zeitrahmen beschäftigt dich ja auch schon länger immer wieder. Sei es, dass die Stunden zu kurz geraten, oder dass er unpünktlich ist (jenseits von ein paar Minuten), oder dass die Stunden unterbrochen werden. Hat sicherlich organisatorische Gründe (PiA) - aber auch dort lassen sich die Dinge sicherlich besser organisieren. Das ist seine Verantwortung, die er aber auch nicht wahrnimmt.
Ich glaube, er findet das alles nicht schlimm. Und ich denke, es ist für ihn ein amüsanter Test, wann ich denn mal platze ob dieser Unregelmässigkeiten - wo ich ja so ein Problem mit starren Regeln habe.
lisbeth hat geschrieben: Sa., 22.07.2017, 08:38 Das mit dem "sicheren" organisatorischen Rahmen finde ich insofern wichtig, weil ich mich bei einem solchen Konflikt, wie du ihn grade hast, fragen würde, ob er mich jetzt warten lässt, um mich zu "bestrafen" oder ob das seine übliche Verpeiltheit ist. Und ich würde für mich ganz klar zur "Bestrafung" hin tendieren, was in der Beziehungsdynamik weiteres Öl ins Feuer gießen würde.
An Bestrafung hab ich nicht gedacht.

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