Psychotherapiemethode in Diskussion

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Eiswürfel
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Beitrag Fr., 28.12.2012, 23:16

@ Biber: Finde ich krass, was du da mit der einen Thera erlebt hast. Ich glaube, du meintest das Rosenhan-Experiment?
Ich meine aber eine Meinungsvielfalt, die nicht befruchtend wirkt, ich meine eine Meinungsvielfalt, die bei Weltanschauungen zu Tage tritt. Oder bei Religionen. Man kann nicht behaupten, der Islam sei glaubwürdiger als das Christentum in Bezug auf jenseitige Angelegenheiten, daher ziehen wir diese Religion vor. Dafür hat im Diesseits das aufgeklärte Christentum den Ton anzugeben, enn empirische Daten bestätigen seine Richtigkeit...
Aus diesem Grund müssen diese zwei Religionen nebeneinander existieren. Und dass sie als Religionen anerkannt sind, ist historisch gewachsen.

So ist das auch bei den Methoden, die die KK zahlt.

@ Sandrin: Sehe ich auch so, dass man in 5 Stunden den Klienten schwer einschätzen kann. Aber kann man das überhaupt? Diejenigen, die kooperativ und einsichtig sind, therapieren sich im Endeffekt selbst, der Therapeut mag da eher als Katalysator dienen. Aber was ist mit den Verrückten, die sich für vollkommen gesund halten? Prominente Verbrecher wie Breivik, der Täter von Newtown u.a. hatten sicher auch professionelle Behandlung genossen. Wie viel war deren Einschätzung wert?

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pandas
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Beitrag Fr., 28.12.2012, 23:29

@ eiswürfel

Deine Vergleiche kann ich nicht nachvollziehen und auch den Zusammenhang zu meinen Posts hier zum Topic Psychotherapie nicht herstellen.

Darüber hinaus: Es gibt glücklicherweise mehr als zwei Religionen, die gegenwärtig nebeneinander bestehen.
Seit wann wird das Christentum aber als empirisch belegbar behauptet, in der Allgemeinheit??
Es ist doch jedem klar, dass Religionen auf Glauben basieren. Nur kann Glaube eben auch durchaus als positiv gesehen werden. Und die jeweils Gläubigen glauben natürlich, dass die Geschehnisse ihrer Religion wahr sind, aber sie belegen das doch nicht empirisch (bis auf Ausnahmen wie Auftauchen von Relikten, die wohl ab und an in der Moderne naturwissenschaftlich untersucht wurden.)

Der Islam in seinen verschiedenen Ausübungsformen wird doch ohnehin in Europa immer mehr anerkannt und akzeptiert.
Auch werden die um ihn gerungenen Klischees derzeit doch relativ wirkungsvoll abgebaut.

Meinungsvielfalt kann befruchtend sein, aber auch nicht.
Das ist ihr immanent. Aber eine Meinungsvielfalt, die nur erlaubt ist, wenn sie befruchtend ist (aus wessen Persepktive eigentlich?), widerspricht sich selbst.
"Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit." Kierkegaard

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stern
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Beitrag Fr., 28.12.2012, 23:47

Vielleicht können hier ja von erfahrenen User ein paar Inhalte der verschiedenen Therapiemethoden erläutert werden?!
Also ich sehe es so, dass sich die Inhalte danach richten, was man als Patient mitbringt (an Schwierigkeiten, Ressourcen, Störung... Stichwort auch: es ist ihr Raum, ihre Zeit). Also ich bin ja nicht je nach Methode ein anderer Mensch... insofern sehe ich hier nicht direkt eine Methodenabhängigkeit. Und auch wenn man anschaut, welche Störungsbilder die Methoden grundsätzlich behandeln können (dazu gibt es Wirksamkeitsnachweise), dann gibt es insoweit keinen fundamentalen Unterschied zwischen den Methoden. Bei der VT (nur exemplarisch):
Affektive Störungen (F 3)
Angststörungen (F 40-42)
Belastungsstörungen (F 43)
Dissoziative, Konversions- und somatoforme Störungen (F 44, 45, 48)
Essstörungen (F 50)
Andere Verhaltensauffälligkeiten mit körperlichen Störungen (F 5)
Psychische und soziale Faktoren bei somatischen Krankheiten (F 54)
Persönlichkeitsstörungen und Verhaltensstörungen (F 6)
Abhängigkeiten und Missbrauch (F 1, F 55)
Schizophrenie und wahnhafte Störungen (F 2)
http://www.wbpsychotherapie.de/page.asp ... 1.17.73.74
Fraglich ist eher, ob der Therapeut das ganze Spektrum behandelt... bzw. ob man bei komplexeren Störungen mit dem Zeitfaktor umgehen kann (geringeres Kontingent bei VT, TFP... und Richtline reicht faktisch nicht immer aus). Wenn der Rahmen (inkl. Indikation, Kontraindikationen etc.) geklärt ist, ist für mich die Person wichtiger als die Methode. Dass (auch innerhalb einer Methode) die Ansatzpunkte bei Behandlung einer singulären "Angst vor Fahrstühlen" (siehe dein Eingangsposting) von der Therapie einer komplexen PS i.d.R. abweicht, liegt auf der Hand. Meine Meinung. Wenn man selbst zahlt, fallen natürlich durch die Kasse auferlegte Restriktion weg... so dass die Inhalte dann noch freier sein können (die KK finanziert logischerweise "nur" Krankheitsbehandlungen).
Liebe Grüße
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Widow
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Beitrag Sa., 29.12.2012, 00:36

Ich find es immer wieder lustig, welche "Methodengläubigkeit" so gemeinhin herrscht, im heilberuflich-medizinischen Sektor ganz allgemein.
Meine amüsierte Skepsis mag sich auf dreierlei gründen:

1) In meinem geisteswissenschaftlichen Studium und meiner dortselbstigen späteren Berufstätigkeit habe ich gelernt, dass eine Methode/Theorie a) immer interessengeleitet ist (und man sich diese/s Interesse/n bewusst machen muss, bevor und während man die Methode/Theorie auf das Objekt anwendet); b) mit einer Methode/Theorie wegen Punkt a immer nur einige, nie "alle" relevanten Aspekte untersucht werden können; und c) die angewendete Methode/Theorie den Verlauf und den Ausgang der Untersuchung massiv prägt.

2) In meiner Lebenserfahrung mit meinem Mann, der an einem Krebs erkrankte und "daran" (angeblich) starb, habe ich gelernt, dass (Schul-)Medizin a) meistens blind ist, was ihre eigenen erkenntnistheoretischen (und damit methodenfundierenden!) Grundlagen anbelangt; b) meistens aus verdrängter Todesangst jeglicher Selbstreflexion aus dem Wege geht; und c) zumindest im onkologischen Bereich so ehrlich ist zu sagen (und ich zitiere jetzt fast wörtlich Chemotherapeuten-Aussagen): "Chemotherapie ist eine Blackbox - Sie [also sowohl Patient als auch >Behandler<] wissen nie, was passieren wird, weil alle >Studien< auf einem >Patientenmaterial< basieren, das in der Realität nie vorkommt: auf einem >Patientenmaterial< nämlich, das jung ist, das keine Komorbiditäten aufweist, dessen vorchemotherapeutischer Krankheitsverlauf ohne Komplikationen verlaufen ist, und das alle sonstigen psychosozialen benefits hat, derer es bedarf, um durch die Chemo-Hölle zu gehen." So wurde es uns von drei unabhängigen OnkologInnen gesagt. Die glauben also nicht an "Evidenzbasierte Studien" und Konsorten. Die haben den nötigen erkenntnistheoretischen Zweifel.

3) Ich habe mittlerweile begonnen, mich in die psychotherapeutische Fachliteratur einzuarbeiten. Ich bin noch nicht weit, doch eins ist mir aufgefallen: Die VT-Schriften sind meist von der medizinischen Erkenntnistheorie-Blindheit geprägt, die ich oben erwähnte. PA-Schriften sind hingegen oft ärgerlich diffus, schwammig und metaphorisch.
Doch um ehrlich zu sein: Ein Tasten, Umkreisen und nur behelfsweise zu sagen Versuchen, das sich seines Versuchsstatus bewusst ist, ist mir deutlich lieber als strunzdummes Bildzeitungs-mainstream-Mensch-zur-Maschine-Zusammenfalten à la Medizin-Diskurs.

Ich postete neulich hier im Presse-Artikel-etc.-Thread einen link auf einen Zeitungsbeitrag von einem Neuro-Pharmakologen und Psychotherapie-Forscher. Der berichtete dort von Folgendem:

Die Hirnforscher legten einen Lachs in einen Hirnscanner (fMRT) und zeigten ihm, wie menschlichen Probanden, Bilder von "Menschen im sozialen Umgang". - Tatsächlich reagierte das Lachs-Hirn mit erhöhter Aktivitität in einigen Arealen beim Anblick bestimmter Bilder.

Leider nur war der Lachs tot.
http://www.spiegel.de/wissenschaft/mens ... 67591.html


Mein Analytiker hat mir kürzlich gesagt, dass wir beide lernen würden, da in "meiner" Analyse - ich von ihm, er von mir, wir durch den anderen. Bildung also!
Ich wäre nicht bei dem, wenn der mir mit irgendwelchen Fragebögen und Manuals angekommen wäre. Denn wo bliebe dann das "Lernen", nicht nur seins, nein: Auch meins?! Denn Auswendiglernen (Manuals etc.) ist zwar Hirnfunktion, aber keine Bildung, und vermutlich noch nichtmal Lernen. Lernen ohne Zweifel, ohne Offenheit und ohne Irrtum ist Maschinenprogrammieren. Ich bin zwar ein Eisbär, aber keine Maschine!

My 2 cents.
Grüße von der in jeder Hinsicht skeptizistischen Widow

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stern
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Beitrag Sa., 29.12.2012, 00:55

sandrin hat geschrieben:Schade finde ich, dass in Deutschland wirklich nur die drei Hauptrichtungen bezahlt werden. Körpertherapien wären so sinnvoll - zumindest glaube ich das in meinem Fall. Für mich wäre der Körper womöglich der Zugang zu meinen Gefühlen.
Dem stimme ich zu. Ambulant wird Körpertherapie wohl leider nicht finanziert... stationär wir Körpertherapie jedoch teils einbezogen (war bei mir zumindest so). Ambulant Selbstfinanzierung - sofern möglich.

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Marius hat geschrieben:Könnt ihr meine Beobachtungen bestätigen oder seht ihr das ganz anders?
Also ich kann dem schon etwas abgewinnen. Wenn man bis zum Rand mit Depressions-Symptomen gespickt ist, können sich dahinter durchaus Persönlichkeitsmuster verstecken... und evtl. müssen sich manche Symptome erst legen bis man überhaupt für eine Psychotherapie zugänglich ist. Also wenn jemand mangels Antrieb nicht mehr zur Selbstfürsorge (inkl. z.B. Körperpflege) in der Lage ist, dürfte man kaum in der Lage sein, sich mit tiefergreifenden Persönlichkeitsfacetten auseinanderzusetzen. Oder jemand muss erst medikamentöse aufgepäppelt werden, um überhaupt für eine PT zugänglich zu sein, usw.

Was ich aber anders sehe: Natürlich können PS grundsätzlich auch im Rahmen einer VT behandelt werden (die, wie du schriebst, viele Zugänge kennt... zum Problem kann jedoch der Zeitfaktor werden). Und natürlich sind modernere Verfahren keine behavoristischen Handlungsanweisungen... und können es nicht sein. Das ergibt sich bereits aus der Art der Störung. Bzw. vielleicht zu vereinfachend: Bei einer (rein) affektiven Störungen SIND die Symptome sozusagen die Störung, während die Symptome eine PS per definitionem anderer Art sind. Insofern muss man aufpassen nicht Äpfel mit Birnen zu vergleichen... wobei ich es so sehe, dass es praktisch Überschneidungen geben kann... bzw. Birnäpfel *gg*.

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Ansonsten: Methodengläubig bin ich eigentlich gar nicht so... sondern mein Kompass ist mehr mein Gespür, wie gut mir etwas gut. Was das genau ist, ist für mich dann nicht so der Punkt. Mir ging es eher darum, dass ich z.B. folgendes
Ich weiß auch gar nicht, ob es da überhaupt Zuordnungen gibt wie z. B. "Angst vor Fahrstühlen" paßt dann gut zu VT usw..
nicht so teile. Sondern das ich Therapie für sehr individuell erachte. Ich wäre btw. nichtmal sicher, ob eine derartige Angst überhaupt die Kriterien erfüllt, von der KK nur ansatzweise finanziert zu werden - ich glaube nein.
Liebe Grüße
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Zoe Bertgang
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Beitrag Sa., 29.12.2012, 01:58

*räusper
Widow hat geschrieben:Leider nur war der Lachs tot.
Ich würde noch weiter gehen: Leider war nur der Lachs tot.

Ich würde auch unter Punkt 2 noch viel weiter gehen, würde hier aber der Netiquette nicht Folge leisten können. (nur so viel: mit Krankenhäusern ist es wie auf hoher See und vor Gericht)

Vielleicht auch einfach übermüdet
Zoe


Widow
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Beitrag Sa., 29.12.2012, 02:08

*beinübereinanderschlag
Zoe Bertgang hat geschrieben:*räusper
Vielleicht auch einfach übermüdet
Zoe
Nö, soweit ich seh, einfach nur "augenklar (die Angst der herben Welt" abschildernd, Gryph vor bald 500 Jahren),

widow, im Versuch augenklar zu bleiben, auch in "Schrecken und Stille und dunkle[m] Grausen"
und wider alle, ALLE Dummheit (auch meine eigene!)

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stern
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Beitrag Sa., 29.12.2012, 03:07

Ich denke, diagnostische Schwierigkeiten können sich z.B. auch aus Chronifizierungen ergeben. Oder es gibt Phänomene wie Symptomverlagerungen (bei unverändertem Grundproblem). Oder wie angesprochen kann es Überschneidungen bzw. Komorbiditäten geben. Manche Schwierigkeiten erfüllen nicht das Vollbild einer Störung, sondern "nur" einzelne Facetten bei trotzdem hohen Leidensdruck. Eine Diagnose kann sich im Laufe der Zeit wandeln. Hinter stark ausgeprägten Symptomen bleibt mglw. eine Störung unentdeckt, Usw.

Für die Diagnose ist aber eine Zuordnung ist eine bestimmte Schublade nötig - Störung xy ja oder nein, schwarz-weiß. Bzw. in anderen Worten: Eine evtl. graue Störung ist als schwarz oder weiß zu etikettieren - feinsäuberlich mit einer oder mehreren F-Nummern versehen. Und das kann m.M.n. in z.B. obigen Fällen erschwert sein (nicht jede Störung halte ich jedoch für beliebig austauschbar diagnostizierbar). Und das alles vor dem Hintergrund: Einen Menschen macht ja mehr aus als seine Störung oder eine Diagnose, die "nur" ein paar Facetten beschreiben soll, die Schwierigkeiten bereiten... und nicht einen Menschen in seiner Komplexität beschreiben. Gab auch schon Vorschläge, Symptome graduell abgestuft zu erfassen.

Gegen bildgebende Verfahren habe ich persönlich nichts... ist natürlich auch nur eine Facette (die neurobiologische), die ebenfalls der Komplexität der Psyche nicht gerecht werden kann... bzw. der Versuch, etwas nicht direkt messbares messbar zu machen... bzw. nachweisbar. Finde ich sogar spannend. Trotzdem:

Für meinen Teil kann ich mittlerweile einigermaßen akzeptieren, dass manches grau ist und psychische Veränderung nicht messbar ist wie meinetwegen eine Gewichtsveränderung auf der Waage. Und selbst wenn man es könnte: Mein Kompass ist, was ich spüre.. und wenn ich mit etwas nichts anfangen kann, sage ich das.

Z.B. Neulich konnte ich weinen... hat für einen sehr hohen Wert. Und weil hier öfters mal das Wort "Erfolg" fiel: Nur wie wollte man den hier im Sinne eine Erfolgsskalierung quantifizieren und bewerten *schauder*? Wäre es mir weniger wert, wenn ein Wissenschaftler oder Gutachter dem keinen oder einen geringen Wert beimisst? Wohl eher nicht. Oder hätte es erst einen Wert, wenn sich dadurch Symptom 7 zurückbildet... ansonsten nicht? Und Weinen ist noch direkter beobachtbar (zur Not könnte man als Maßstab die Anzahl der Tränen nehmen *doppelschauder*). Manch' andere Veränderungen sind nicht so unmittelbar augenfällig... aber spürbar. Und insofern:
Eiswürfel hat geschrieben:Von daher finde ich schon, dass etwas Messbares da sein muss. Schließlich wird der Therapeut ja auch für Leistung bezahlt und nicht dafür, dass der Patient glaubt, es gehe ihm gut.
Nach welchen Kriterien... bzw. wie? Kriterien der KK als non plus ultra? Bildgebende Verfahren? So viel ich auch davon halte... so wenig, finde ich, sollten sie aber überbewertet werden, dass sie zum alleiniger Erfolgsgradmesser erhebt.

Denn ob man sich wohl fühlt, richtet sich unmittelbar nicht nach Gehirnaktivität... so nach dem Prinzip: Ihnen muss es besser gehen, jetzt blinkt ein Areal mehr als vorher. Sondern nach dem, was man unmittelbar verspürt. Zumindest bei mir ist das so.

Also ich kann jedenfalls einigermaßen akzeptieren, dass ich meine Psyche nicht so messbar machen kann wie meinetwegen Gewicht oder Körpergröße. Bzw. über Symptomkriterien versucht man eine Bewertung vorzunehmen - nur wie schwer die sein kann, sieht man ja. Und vielleicht ist der Punkt, dass es auch keinen unmittelbar messbaren und allgemeingültigen Maßstab gibt.

Diagnoseschema sind unperfekt - aber m.M.n. dennoch nicht nutzlos. Denn indem man versuchte, manches zu verdichten und zu kategorisieren,, so bildeten und bilden sich mit der Zeit Erfahrungswerte heraus... manchmal bessere, manchmal schlechtere, manchmal auch unbrauchbare. Alternative wäre, das Rad jedes mal neu zu erfinden.

Und hart gesagt:
Eiswürfel hat geschrieben:Von daher finde ich schon, dass etwas Messbares da sein muss. Schließlich wird der Therapeut ja auch für Leistung bezahlt und nicht dafür, dass der Patient glaubt, es gehe ihm gut.
Ja, er (wie ein Arzt) für die Leistung bezahlt, eine bestimmte Dienstleistung. Nicht für den Erfolg ... weil es Einflussfaktoren gibt, die jenseits seines Einflussbereiches liegen. I.a.W.: Weder Arzt bzw. PT sind allmächtig. Also eine weitere Einschränkung, die man annehmen kann oder gegen die man sich auflehen kann, dass weder Medizin noch PT sind omnipotent sind.
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sandrin
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Beitrag Sa., 29.12.2012, 07:51

Ich schließe mich dir, stern an. Denn es kommt drauf an, wie man sich fühlt. Einzig und allein das zählt. Das große Problem ist nur, dass man sich in seiner Not doch "Fachleuten" anvertraut und auf deren Einschätzungsvermögen zählt. Und da beginnt dann das Dilemma. Man geht oft verwirrter aus Psychotherapiekontakten heraus, als alles wert ist, weil sich Aussagen des aktuellen Therapeuten zu den früherer diametral unterscheiden. Für mich war und ist eine Orientierung immer wichtig.

Nur musste ich lernen, dass es diese nicht gibt - und vermutlich auch nicht geben muss. Auch ich habe das akzeptiert, allerdings mit dem Nebeneffekt, dass Psychotherapie für mich lediglich eine kleine Hilfestellung sein kann, die man annehmen kann oder halt auch nicht. Keinesfalls sehe ich Therapie (welche Form auch immer) als Weg, psychisches Leid zu heilen. So weit zu kommen, war zumindest für mich befreiend!

Ein schönes Wochenende!

LG Sandrin


Jenny Doe
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Beitrag Sa., 29.12.2012, 08:21

Eiswürfel schrieb: Von daher finde ich schon, dass etwas Messbares da sein muss. Schließlich wird der Therapeut ja auch für Leistung bezahlt und nicht dafür, dass der Patient glaubt, es gehe ihm gut.
Stern schrieb: Nach welchen Kriterien... bzw. wie? Kriterien der KK als non plus ultra? Bildgebende Verfahren? So viel ich auch davon halte... so wenig, finde ich, sollten sie aber überbewertet werden, dass sie zum alleiniger Erfolgsgradmesser erhebt.
Ich stimme Stern zu.
Es gibt Fragebogen, die den Therapieerfolg messen sollen. Einen solchen Fragebogen, den "Veränderungsfragebogen des Erlebens und Verhaltens"* sollte ich mal nach Therapieende ausfüllen. Als Kriterien für Therapieerfolg benennt dieser Fragebogen "Entspannung, Gelassenheit und Optimismus". Alles schöne Eigenschaften, ... aber ich war von diesem Fragebogen recht enttäuscht, denn er erfragte nicht die Kriterien, die für mich persönlich wichtig waren, die ich erreichen wollte und erreicht habe bzw. nicht erreicht habe.
Mir ging es da wie Stern. Z.B. einfach mal weinen zu können war für mich ein wichtiges Kriterium, das jedoch in solchen Fragebogen, die Therapieerfolg messen sollen, nicht erfragt wird.
Somit, denke ich, objektiv messen kann man Therapieerfolg nicht. Dafür sind Therapieziele viel zu individuell. Sich nur ein paar Kriterien für Therapieerfolg rauszupicken, wird dem einzelnen Klienten nicht gerecht. Wichtig ist für mich, wie ich (subjektiv) meine Therapie einschätze, ob ich meine ganz individuellen Therapieziele erreichen konnte oder nicht.

* http://www.unifr.ch/ztd/HTS/inftest/WEB ... da2/hb.htm
Lerne aus der Vergangenheit, aber mache sie nicht zu deinem Leben. Wut festhalten ist wie Gift trinken und darauf warten, dass der Andere stirbt. Das Gegenstück zum äußeren Lärm ist der innere Lärm des Denkens.

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Tigerkind
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Beitrag Sa., 29.12.2012, 08:23

sandrin hat geschrieben:Das große Problem ist nur, dass man sich in seiner Not doch "Fachleuten" anvertraut und auf deren Einschätzungsvermögen zähl
Ich finde nicht das es ein Problem ist, es kann passieren das man Pech mit dem jeweiligen Therapeuten hat oder die Chemie nicht stimmt, etc.
Aber das kann wie überall im Leben jederzeit passieren, ich denke es ist gut, das es dafür Fachleute gibt und viele haben schon vielen sehr, sehr geholfen.
Und sicher überwiegt der Nutzen den Schaden oder das evtl. nicht wirken.
sandrin hat geschrieben:Keinesfalls sehe ich Therapie (welche Form auch immer) als Weg, psychisches Leid zu heilen.
Wie Schade!!!!!!!!!!!!!!

Ich denke für viele ist es sogar ein Weg um glücklich zu werden.
Je weiter sich eine Gesellschaft von der Wahrheit entfernt, desto mehr wird sie jene hassen, die sie aussprechen.

-George Orwell-

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sandrin
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Beitrag Sa., 29.12.2012, 08:27

Guten Morgen, Tigerkind!

Ich glaube halt nach wie vor, dass das was sehr Individuelles ist. Und dass es auch mit den Erwartungen, die man stellt, zu tun hat.
Mein Fazit aus meiner gesamten jahrelangenen Erfahrung ist für mich ganz klar, dass man sich nur selbst helfen kann. Therapie ist eine Facette aus einem Strauß von Impulsen, die man als psychisch Leidender geboten bekommt (neben Ratschlägen der Umgebung, Medikamenten ...). Man muss genau wählen, was man sich rauspickt - aber man muss bewusster und kritischer "Verbraucher" bleiben.
Therapie als Möglichkeit, glücklich zu leben? Nein, für mich klar nicht. Das würde ich aber auch nicht wollen. Denn Glück findet man in sich selbst und in der Familie bzw. in engen, echten und gegenseitigen Beziehungen.

Ich hoffe, dir geht es gut und du hast die Weihnachtstage gut verbracht!

GLG Sandrin

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Tigerkind
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Beitrag Sa., 29.12.2012, 08:47

Na ja, sicher kann man noch mehr machen um sich selbst zu helfen als Therapie-warum auch nicht. Je mehr man unternimmt um wieder raus zu kommen aus einem Tief desto besser ist es sicher.
sandrin hat geschrieben:kritischer "Verbraucher" bleiben.
Ja, sehe ich auch so, denke aber manchmal beim Thema Therapie ist es vielleicht manchmal besser ein wenig unkritischer zu sein-vielleicht öffnen sich dann Türen von denen man vorher gar nicht geahnt hatte.
sandrin hat geschrieben:Therapie als Möglichkeit, glücklich zu leben?
Nein, nein, nein! So habe ich das keineswegs gemeint! Aber Therapie kann durchaus ein Weg dahin sein!
sandrin hat geschrieben:Denn Glück findet man in sich selbst
Vielen Menschen aufgrund ihrer Vorgeschichte leider nicht mehr möglich.
sandrin hat geschrieben:engen, echten und gegenseitigen Beziehungen.
Sehe ich auch so.

Zum Thema Glück könnte man allerdings noch mehr Threads eröffnen, denn was ist wirklich Glück?

Ich hoffe Dir geht es auch gut, hattest glückliche Feiertage und wünsche Dir noch ein schönes Wochende.
Je weiter sich eine Gesellschaft von der Wahrheit entfernt, desto mehr wird sie jene hassen, die sie aussprechen.

-George Orwell-

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sandrin
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Beitrag Sa., 29.12.2012, 09:04

Naja, ich hab schon auch sehr, sehr negative Erfahrungen in meinem Leben gemacht. Genau deshalb hab ich ja so sehr auf therapeutische Beziehungen gebaut und deshalb hat mich das ja so runtergezogen.
Aber ich hab meinen Frieden mit dem Thema gemacht und seitdem bin ich wesentlich autonomer. Es kommt alles, wie es kommt.
Dennoch mache ich ja die Therapie jetzt. Ich schau, dass ich ein wenig mitnehmen kann. Aber ich gehe nicht mit dem Anspruch dahin, dass ich von meinem Leid befreit werden kann. Mitnichten. Gerade bei dieser Therapie wird so offensichtlich, wie störanfällig solche Beziehungen in Therapien sind. Aber - und das ist der große Unterschied zu sonst - mir macht das nichts mehr aus. Ich habe das Ganze völlig entidealisiert. Das ist ein Mensch, der genauso narzistische Züge hat wie ich vermutlich auch und der nicht unbedingt psychisch gesünder sein muss als ich.

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Eiswürfel
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Beitrag Sa., 29.12.2012, 09:10

@ Biber: Ich meinte, dass es eine Meinungsvielfalt gibt, die gut tun kann, wie und eine, die eher behindert und ein zeichen mangelnder Vergleichbarkeit verschiedenartiger Dinge ist. Bsp die Frage, ob der Apfel oder die Birne die bessere Frucht ist.
Genausowenig lassen sich psychotherapeutische Methoden vergleichen. Und selbst wenn man das könnte, müsste man vorraussetzen dürfen, dass der Patient richtig eingeschätzt wird, was, wie hier ausführlich besprochen, nicht der Fall ist.

@ Stern: Grundsätzlich stimme ich dir zu. Es ist nicht möglich, das Wohlbefinden physisch zu messen. Noch nicht, ich hoffe, das ändert sich.
Trozdem müssen ein paar objektive Kriterien her, wonach der Leistungsträger entscheidet, ob hier tatsächlich etwas geleistet wird. Schließlich wird mein Freund auch nicht dafür bezahlt, dass er wesentlich zu meinem Wohlbefinden und meiner Arbeitsfähigkeit beiträgt. Da ist also zum einen eine Krankheit und zum anderen jemand, der vorgibt, mich wieder heilen zu können oder auch nur, dass ich damit zurecht komme.
Und da müssen benennbare Resultate geschaffen werden. Ich finde, die Sich-selbst-kennenlernerei inkl. Gefühlsduselei sollen sich die Leute selbst finanzieren.

Ich würde aber auch skeptisch werden, wenn mir mein Zahnarzt bei karies sagen würde, vielleicht ginge das weg, wenn nicht, könnten wir versuchen, damit leben zu lernen. Denn ich will die Karies loswerden, kann er das nicht, verlasse ich den Raum und versuche, damit zu leben. Es gab tatsächlich eine Therapeutin, die mich bei schweren Depressionen fragte, was ich denn überhaupt in der Therapie erreichen wollte.

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