das Gefühl, getestet zu werden

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
Benutzeravatar

yamaha1234
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 35
Beiträge: 1849

Beitrag So., 02.06.2013, 11:44

candle. hat geschrieben:Geht es nicht immer darum wieder Boden unter den Füßen zu bekommen, sein Leben zufrieden zu leben?

candle
geht es dir darum? Ich kann dies nachvollziehen, und wie würde dein therapeutischer Weg dahin aussehen? Könntest du ihn mit einem Thera gehen, der dich nicht akzeptiert, versteht oder annimmt wie du bist?

Werbung

Benutzeravatar

candle.
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 56
Beiträge: 15203

Beitrag So., 02.06.2013, 11:49

yamaha1234 hat geschrieben: geht es dir darum? Ich kann dies nachvollziehen, und wie würde dein therapeutischer Weg dahin aussehen? Könntest du ihn mit einem Thera gehen, der dich nicht akzeptiert, versteht oder annimmt wie du bist?
Natürlich geht es mir darum im Ganzen. Ich habe jetzt keine Probleme mit der Therapeutin und hatte nie so wirklich Probleme außer in der ersten Therapie wo ich mich auch erstmal einfinden mußte, das ist doch ganz normal.

Ich stellte mir die Frage nie, ob ich angenommen werde, es ist einfach da. Das ist wohl der Unterschied zumindest zwischen mir und dir, dass das Problem nicht besteht.

Wie soll ich das nun hier erklären? Völlig anderes Problemfeld würde ich es mal nennen.

Der therapeutische Weg ist die Traumatherapie und es ist hart.

candle
Now I know how the bunny runs! Bild


Thread-EröffnerIn
leberblümchen
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 44
Beiträge: 6034

Beitrag So., 02.06.2013, 11:51

Es wäre wünschenswert, das Thema dieses Fadens nicht aus den Augen zu verlieren: Es geht um bestimmte Interventionstechniken, die man im weiteren Sinne als 'Test' bezeichnen könnte - oder darum, dass jemand so etwas nicht kennt. Es geht weniger um Therapieziele.

Benutzeravatar

candle.
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 56
Beiträge: 15203

Beitrag So., 02.06.2013, 11:55

titus2 hat geschrieben:Es wäre wünschenswert, das Thema dieses Fadens nicht aus den Augen zu verlieren: Es geht um bestimmte Interventionstechniken, die man im weiteren Sinne als 'Test' bezeichnen könnte - oder darum, dass jemand so etwas nicht kennt. Es geht weniger um Therapieziele.
Ja, ich glaube ja, dass es keine Tests gibt, das ist vielleicht nur die subjektive Wahrnehmung deinerseits, dass es so ist.

Was du beschreibst, kenne ich aus Teeniezeiten, das Spiel mit der ersten Liebe wo man auf alles achtet was der Angebetete so sagt und tut, inszeniert für sich selbst daraus Dinge je nach dem was man selber daraus erkennt und braucht, was oftmals nicht stimmig ist.

Bisher stand hier auch nirgendwo Was gestestet wurde. Das wäre wesentlich interessanter, finde ich. Da könnte man besser abgleichen, ob das stimmig scheint oder nicht.

candle

PS: Laut Überschrift ist es ja auch nur das Gefühl...
Zuletzt geändert von candle. am So., 02.06.2013, 12:01, insgesamt 1-mal geändert.
Now I know how the bunny runs! Bild

Werbung

Benutzeravatar

ExtraordinaryGirl
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 33
Beiträge: 4386

Beitrag So., 02.06.2013, 12:01

Schwierig zu sagen, yamaha.

Ich kann hier nur für mich sprechen ... Für mich war das Gefühl, verstanden zu werden, immer eine Grundvoraussetzung dafür, mit der Therapeutin oder dem Therapeuten zusammenzuarbeiten. Dadurch entsteht für mich erst eine Vertrauensbasis. Und ohne die macht Therapie keinen Sinn - wobei mir auch bewusst ist, dass es Menschen gibt, die ein wesentlich tiefsitzenderes Misstrauen in sich tragen als ich damals zu Beginn hatte.

Ich weiss auch noch, wie schockiert ich war, als ich damals zum ersten Mal den Satz gehört habe: "Ich verstehe Sie da wirklich nicht."

Andererseits ist es für mich zum Weiterkommen in der Therapie auch unerlässlich, zu erleben, wie jemand für destruktive und krankhafte Verhaltensweisen kein Verständnis zeigt, sondern sie als das benennt, was sie sind, und sich abgrenzt. Ich könnte jemanden nicht ernst nehmen als gesunde Person, die mir dabei helfen soll, gesund zu werden, wenn sie mir (beispielsweise) sagt: "Ich habe auch schon schwer damit gekämpft, mir nach dem Essen nicht den Finger in den Hals zu schieben."

Weiss aber auch, dass das jeder etwas anders sieht.

Gleiches gilt für die Akteptanz: Das grundsätzliche Gefühl, angenommen zu werden, wie ich bin, ist für mich unverzichtbar. Bedeutet aber nicht, dass es mir hilft, wenn man mir sagt, dass ich keine Fehler habe, an denen ich arbeiten müsste.
Zuletzt geändert von ExtraordinaryGirl am So., 02.06.2013, 12:03, insgesamt 1-mal geändert.
"Charakter zeigt sich in der Krise."

(Helmut Schmidt)


Thread-EröffnerIn
leberblümchen
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 44
Beiträge: 6034

Beitrag So., 02.06.2013, 12:02

Candle, du meinst also, dass alles, was ein Therapeut denkt, dem entspricht, was er sagt? Dass er nie etwas denkt, ohne dies auszusprechen? Mir erscheint diese Vorstellung ein bisschen naiv, ehrlich gesagt. Ein Analytiker - ob das bei anderen auch so ist, weiß ich nicht - bildet ja Hypothesen. Die plaudert er nicht einfach so raus, weil das u.U. vieles zerstören bzw. unterbrechen würde. Ich wüsste nicht, was daran so erstaunlich wäre, diese Hypothesen überprüfen zu wollen - nichts anderes ist ja ein Test. Das kann auf verschiedene Arten und auch in verschiedenen Ebenen geschehen. Hier wurde ja häufig von 'Fallen' und ähnlichen Wahrnehmungen gesprochen. Solch eine Assoziation würde mir gar nicht einfallen.

Benutzeravatar

candle.
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 56
Beiträge: 15203

Beitrag So., 02.06.2013, 12:09

ExtraordinaryGirl hat geschrieben: Bedeutet aber nicht, dass es mir hilft, wenn man mir sagt, dass ich keine Fehler habe, an denen ich arbeiten müsste.
EoG Fehler haben für mich jetzt aber nichts mit Krankheit zu tun.
@ titus2
titus2 hat geschrieben:Candle, du meinst also, dass alles, was ein Therapeut denkt, dem entspricht, was er sagt?
Nein, das tut es aber bei dir nicht und bei mir auch nicht. Das ist völlig normal.
Die plaudert er nicht einfach so raus, weil das u.U. vieles zerstören bzw. unterbrechen würde.
Wenn es in der Analyse so ist, na denn, das kann ich nicht beurteilen. Ich stehe schon sehr in Kontakt mit dem Thera und da wird nichts hinter dem Berg gehalten, da gibt es immer sehr intensiven Austausch.
Hier wurde ja häufig von 'Fallen' und ähnlichen Wahrnehmungen gesprochen.
Vielleicht wird es so gedeutet, weil man kein Vertrauen in seine eigene Wahrnehmung hat. Stell dir vor jemand verulkt dich am ersten April, dann bist du dir doch auch sicher, dass es ein Scherz ist, oder?

candle
Now I know how the bunny runs! Bild

Benutzeravatar

stern
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 99
Beiträge: 25012

Beitrag So., 02.06.2013, 12:13

titus2 hat geschrieben:Das ANDERE Extrem wäre dann ein Th., der sich GAR NICHTS dabei denkt, wenn jemand - wiederholt? - zu spät kommt - weil ja nur das in die Therapie einfließen soll, was in sprachlichen Zeichen geäußert wird, denn alles andere, das Unbewusste *gruselgrusel*, wäre ja nicht transparent und damit wäre jeglicher Versuch, genau das Nicht-Transparente zu betrachten, ethisch fragwürdig.
Rein aus der Tatsache, dass jemand zu spät kommt, kann man sich nicht so viel denken. Man kann bestenfalls Hypothese aufstellen. Aber ohne den Patienten ist das nicht überprüfbar. Und insofern:
Mir scheint, dass das erste Extrem das ist, was viele Gegner der analytischen Therapien als Bild eines Analytikers im Kopf haben: "Da ist jemand, der geheimnisvolle Dinge denkt und den ich einfach nicht durchschauen kann. Und dann stülpt er mir irgendeine Deutung über, gegen die ich mich wehren muss, weil es immer um den Penis geht".
Was Therapeuten dachten, hat mich noch nie sooo sonderlich beschäftigt (besschäften tut es mich mitunter auch, aber mal mehr mal weniger). Und wenn mich etwas verunsicherte, fragte ich nach. Und ja, denn ich gehe in der Tat davon aus, dass ich einen Thera nicht durchschauen kann - ebensowenig wie dieser mich durchschauen kann.

Du fragst dich (geschlossen aus dem Thread) ja auch, was in ihm vorgeht ... und weißt sogar teils den Literaturstand dazu. Und ich glaube : Je bedeckter ein Thera sich hält, desto mehr fördert das derartige Kopfszenarien, wie du sie oben schilderst (dir mir in der Form fremd sind).
Gleichwohl - und das ist aus der Literatur zum Thema 'Gegenübertragung' bekannt - DENKEN die sich durchaus was dabei, ob die Patientin nun anmütig oder aufdringlich, plumpsig oder zart, Platz nimmt.
Dass Eindrücke entstehen, ja, das streitet niemand ab. Fraglich ist, welche Schlussfolgerungen man daraus ableitet... die erstmal nur Hypothesen sein können. Bzw. je nach Menschenkenntnis kann sich ein Eindruck ergeben (z.B. zielstrebigkeit, unsicherheit, etc.).
Liebe Grüße
stern 🌈💫
»Je größer der Haufen,
umso mehr Fliegen sitzen drauf
«

(alte Weisheit)

Benutzeravatar

ExtraordinaryGirl
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 33
Beiträge: 4386

Beitrag So., 02.06.2013, 12:38

Candle, du kannst "Fehler" auch gerne durch "krankheitsbedingte Verhaltensweisen" ersetzen ...
"Charakter zeigt sich in der Krise."

(Helmut Schmidt)

Benutzeravatar

Miss_Understood
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 45
Beiträge: 3550

Beitrag So., 02.06.2013, 13:13

titus2 hat geschrieben:Ich wüsste nicht, was daran so erstaunlich wäre, diese Hypothesen überprüfen zu wollen - nichts anderes ist ja ein Test. Das kann auf verschiedene Arten und auch in verschiedenen Ebenen geschehen. Hier wurde ja häufig von 'Fallen' und ähnlichen Wahrnehmungen gesprochen. Solch eine Assoziation würde mir gar nicht einfallen.
Ja - und dabei ganz wichtig: ein solcherartiger 'Test' ist zunächst einmal neutral!
Die Absicht ist eben NICHT per se eine Falsifikation. Da liegt der Hund des Misstrauens ja begraben (à la: Hilfe, mein Therapeut ist gegen mich!). Es kann ja genau so gut dabei herauskommen, dass Therapeut und Klient etwas herauszufinden, dem man zustimmen kann, mit dem man hilfreich weiterarbeiten kann.

Ein Test ist ein Forschungsmittel, kein Misstrauensvotum.
ch-ch-ch-chaaaaaaange

-----
Icon made by @flaticon


ziegenkind
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 51
Beiträge: 3514

Beitrag So., 02.06.2013, 13:51

manches geht hier wirklich durcheinander. das verfahren des tests passt eigentlich besser zu anderen therapierichtungen als ausgerechnet zur analyse. in der analyse kreist ja alles um bedeutung und bedeutungszuschreibung. will heißen: ich kann das verhalten eines menschen nur dann erklären, wenn ich weiß, welche bedeutung er dingen, menschen, situationen zuschreibt. heißt im nächsten schritt, wenn ich einen menschen verstehen will, dann kann ich ihn nicht einfach beobachten, ich kann ihm auch nicht multiple-choice tests vorlegen, nee, ich bin gut beraten mit ihm zu sprechen.

auch das ist aber noch nicht der weisheit letzter schluss. wer kennt das nicht von sich: oft macht oder denkt man dinge ohne sofort sagen zu können warum. manchmal weiß man nicht einmal so genau, was man denkt oder fühlt. mag ich den menschen oder mag ich ihn nicht? will ich dieses oder jenes wirklich? in der regel heißt das, ich bin mir über meine gefühle, über meine ziele, meine werte, meine wünsche nicht ganz im klaren.

woran das liegt, das kann viele, viele ursachen haben.

eine ursache ist sicher oft soziale erwünschbarkeit. ich will was, eigentlich, aber das kann ich mir und anderen nicht eingestehen, weil ich angst hab, dass das uncool, unreif oder sonst was ist.

ich hab z.B. lange gebraucht um zu kapieren, dass ich manche richtig dusseligen amerikanichen high-school serien mag. ich mag sie deshalb, weil sie mir zeigen, wie eine normale, glückliche kindheit aussehen kann, eine kindheit, die ich so nicht hatte und nach der ich mich manchmalganz fürchterlich sehen. zu verstehen, dass und warum das so ist, war gar nicht so einfach. ich mochte das bild von mir als einem in der kindheit einsamen menschen nicht wirklich. es passte nicht zu meinem selbstbild. da haben wir dann auch schon einen zweiten grund dafür, warum man manche dinge nicht "weiß" oder zumindest nicht kommunikativ verfügbar hat. "wissen" wird durch innere konflikte unsichtbar gemacht.

und weil das es so ist, glaubt ein guter analytiker nicht immer das, was einem patienten als erstes einfällt. er hat auch ein paar gute methoden, die denen der diskuranalyse, der konservationsanalyse und der analyse von narrativen interviews sehr verwandt sind. diese methoden helfen ihm, um indizien dafür zu sammeln, wann der patient viellleicht noch nicht zu der richtigen, das heißt für ihn, den patienten stimmigen geschichte über sich selber gefunden hat. ene so eine methode heißt zum beispiel auf das wiederkehren deselben wortes in unterschiedlichen zusammenhängen achten.

daraus zu schließen, ein analytiker wisse immer besser als man selber was sache ist, heißt einfach nur, man hat pech gehabt und ist an einen quacksalber geraten. eine analyse funktioniert nur dann, wenn analytiker und analysand verständigungsorientiert handeln. das heißt nicht einmal, dass sie in allem übereinstimmen müssen, nicht einmal in allen deutungen. wichtig ist, dass man sich mit respekt, offenheit und neugier begegnet. ein analytiker, der nicht wirklich authentisch neugierig darauf ist, welche geschichte der patient über sich selber erzäht, der sollte vielleicht doch lieber verhaltenstherapeut werden. da kann man skills und techniken vermitteln. das reden und zuhören ist nicht so zentral. (ich weiß, ich weiß, bei vielen sieht die praxis da auch anders aus. aber so von der theorie her zumindest)

damit bin ich auch schon bei dem ziel meiner, einer analyse: meine geschichte erzählen können und meine geschichte aushalten zu können - ohne zu weinen, zu jammern, zu wüten, in anklagen zu verfallen. so entsteht personale identität. so entsteht auch stabilität. ich weiß wer ich bin, was ich mag. was ich will und was ich kann. ich muss nicht immer wieder doofe muster wiederholen, die ich nicht kapiert habe, die wie ein äußerer zwang wirken und mich von dem abhalten, was ich wirklich will. so entsteht auch die voraussetzung für ein weitgehend selbstbestimmtes leben. und so kann ich mich auch ohne angst auf beziehungen einlassen. ich weiß ja, wer ich bin. ich muss nicht mehr angst haben, der andere kriegt irgendwas unangenehmes von mir raus. ich hab auch keine illusionen mehr über mich und meine bedeutung.
Zuletzt geändert von ziegenkind am So., 02.06.2013, 14:29, insgesamt 1-mal geändert.
Die Grenzen meines Körpers sind die Grenzen meines Ichs. Auf der Haut darf ich, wenn ich Vertrauen haben soll, nur zu spüren bekommen, was ich spüren will. Mit dem ersten Schlag bricht dieses Weltvertrauen zusammen.

Benutzeravatar

**AufdemWeg**
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 38
Beiträge: 3753

Beitrag So., 02.06.2013, 14:03

wunderbar geschrieben ziegenkind, Dankeschön dafür nicht über den Button
wäre viel zu wenig.

LG ADW
Offline

Werbung

Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag