Moni68 hat geschrieben:Einem Patienten zu Therapieerfolgen zu gratulieren, während es ihm zunehmend schlechter geht, ist nicht nur Ignoranz. Ich glaube, dass Du das alles so erlebt hast. Einige drastische Beispiele könnte ich hinzufügen. Und ich kenne positive Entwicklungen, ehrliche Begegnungen von menschlicher Wärme und Respekt getragen – hier hat dann auch die Methode gegriffen. Eine erfolgreiche Therapie wird nicht so häufig hinterfragt. Patienten denken dann in Dankbarkeit zurück. Es gibt dazu einen treffenden Satz: „Man kommt in der Therapie nur so weit, wie der Therapeut selbst gekommen ist.“
Moni
Nun, ich habe es schon öfter gesagt: Ich kann jetzt nicht sagen, daß die Therapiebeziehung aus meiner Sicht eine schlechte war.
Aber diese Art der Ignoranz war letztlich unerträglich.
Was mich bei allen Therapien erstaunt hat war, daß auf meine Entscheidung bezüglich des Therapieabbruches mit Verwunderung reagiert wurde. Es war fast auch so ein gewisser belehrender Unterton dabei nach dem Motto "Naja, sie können ja machen, was sie wollen, aber richtig wäre es so und so".
Ich finde es aber z.B. absurd, wenn mir gesagt wird, man solle die Therapie jetzt in einer Stunde noch abrunden, obwohl über Jahre hinweg genug Zeit war, sie rund zu gestalten. Man kann nichts mit Gewalt abrunden, was nicht rund ist.
Ich hatte irgendwie den Eindruck, daß es da - so kindisch es auch klingt - nur darum ging, recht zu haben. Um jeden Preis und auch um den, dem Klienten seine Empfindung abzusprechen.
Das zweite, was mich gestört hat (und zwar bei allen Therapeuten): Sie hätten den Schritt, den letztendlich ich gesetzt habe (nämlich mal festzustellen, daß man SO nicht weiterkommt), selbst viel früher setzen müssen. Daß sie das auch in Zeiträumen von Jahren (!) nicht geschafft haben, spricht für sich selbst.
Bei Angst und Depression müßte von Therapeutenseite einer der ersten Schritte meiner Ansicht nach wie folgt laufen: So und ab heute versuchen Sie ganz bewußt, sich nicht mit ihrer Angst zu beschäftigen !
Und die Hauptaufgabe des Therapeuten wäre es, den Patienten nicht von dieser Linie wegzubringen und nicht, mit ihm über die Angst um die Wette zu philosophieren.
Aber bitte in welcher Therapie passiert das heute ?
Es passiert - wie hier schon öfter postuliert - genau das Gegenteil. Es dreht sich letztendlich nämlich alles nur noch um die Angst. Und um es wie in einem Rezept zu beschreiben: Gegen Angstgrübeln bekommt man 1x wöchentlich Angstgrübeln verschrieben, bis man 50 mögliche Ursachen detailiert durchbesprochen hat, alle möglichen Leute daran schuld sind und man in Wahrheit keinen Schritt weiter ist. Weil es auch völlig unlogisch wäre, SO weiterzukommen. Angst ist ja erst durch die Beschäftigung damit akut geworden - mit noch mehr Beschäftigung wird das also kaum umkehrbar sein.
Ich sehe ja selbst Konfrontation teils als Beschäftigung: Da gibt es Klienten, die Angsttagebücher führen müssen und peinlich genau dokumentieren, was mit ihrer Angst passiert, wann sie sich wieder konfrontieren.
Der Angst stellen - Ja. Aber Konfrontieren mit Gewalt und nach Schema F bringt genau gar nichts.
Und ganz ehrlich gesagt: Wenn ich mir ewig einreden hätte lassen, was gut oder schlecht für mich ist, dann wäre ich nie einen Schritt weiter gekommen. Weil ich kann mir nicht sagen, daß es mir gut geht, wenn es nicht so ist. Ich kann nur weiterkommen, wenn ich ehrlich mit mir selbst bin.