analytische Therapie im Alter 50+

Hier können Sie Ihre Fragen rund um die Rahmenbedingungen von Psychotherapie (Methoden, Ablauf usw.) anbringen.

leberblümchen
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Beitrag Fr., 09.08.2013, 16:46

Aber kaja, es geht doch nicht darum, was einem lieber wäre, oder? Es ist, wie es ist. Viele dieser 'schwer gestörten' Patienten halten sich zunächst gar nicht mal für so gestört, weil ihre Symptomatik so harmlos erscheint. Weiß auch nicht, was ein 08/15-Patient sein sollte? Meinst du damit Menschen, die man in 50h behandeln kann? Meinst du nicht, dass so ziemlich jeder Patient am liebsten gesund wäre?

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kaja
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Beitrag Fr., 09.08.2013, 16:51

08/15 , Problemstellungen die sich dauernd wiederholen. Was, schon alleine durch Krankheitssymptome, häufig der Fall ist.

Ich bin ja auch nicht schwer gestört sondern nur eine Herausforderung. Schon schlimm genug.
Feld-,Wald- und Wiesendepri hätte mir schon gereicht.

/edit
Nein ich glaube nicht das jeder gerne Gesund wäre. Ich kenne Beispiele wo der sekundäre Krankheitsgewinn eindeutig im Vordergrund steht. Die würden ihren Status niemals freiwillig aufgeben.
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leberblümchen
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Beitrag Fr., 09.08.2013, 16:56

Aber wenn es um die Wiederholung geht, dann wäre ja jeder Narzisst, jeder Borderliner usw. ein 08/15-Patient. Ich glaube, es gibt nicht so viele gute Therapeuten, die in diesen Kategorien denken, weil ja jede Therapie verschieden ist. Und wenn man erst mal anfängt, die Patienten in 08/15 und 'Herausforderung' einzuteilen, dann ist klar, dass die Erfolgsquote gering ist...

Ich fänd's gut, wenn man einfach wertfrei sagen könnte, was man 'ist' oder 'hat', ohne dass das gleich als Versuch gesehen wird, sich irgendwie wichtig zu machen.

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Maika
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Beitrag Fr., 09.08.2013, 16:57

kaja hat geschrieben:08/15 , Problemstellungen die sich dauernd wiederholen. Was, schon alleine durch Krankheitssymptome, häufig der Fall ist.
Naja dieselben Symptome können ja bei allen möglichen Arten von Störungen und "Schweregraden" auftreten.

Ich glaub an diese ganzen Einteilungen eh nicht. Für mich selbst hatte ich öfter die Befürchtung, in eine bestimmte "einfache" Schublade geschoben zu werden und dass meine Schwierigkeiten erst in engerem und längerem Kontakt sichtbar werden. Selbst nach der gescheiterten Analyse gab es von mehreren Vorgesprächs-Therapeuten keinen, der/die mich nicht genommen hätte, dabei war noch nicht mal die Zweijahresfrist rum, d.h. jeder hätte erst mal einen Antrag schreiben müssen. Da hab ich mich schon gefragt, macht die das denn gar nicht misstrauisch, wenn da jemand mit so einer (und auch noch frischen) Geschichte ankommt.

Edit, titus noch nicht gelesen.

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kaja
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Beitrag Fr., 09.08.2013, 17:02

Wenn eh jeder individuell ist und keine kategoriesierbaren Probleme hat dürfte es auch das "Label" schwer gestört nicht geben,oder?
Ich denke schon das man nach vielen Berufsjahren vieles schon zigfach gesehen hat als Therapeut. Das die Geschichten individuell sind ist klar, aber ein Depressiver zeigt nunmal bekannte Symptome, genau wie ein Narzisst oder die diversen anderen Persönlichkeitsstörungen.

/edit
Das 08/15 kam von mir und nicht von der Grinsekatze, nur der Vollständigkeit halber.
Die Bezeichnung als "Herausforderung" resultierte aus meiner vorangegangenen Frage ob er mit mir bzw. der etwas "ungewöhnlichen" Problematik überfordert sei. Vom Grundproblem, der Depression, her halte ich mich für einen ausgesprochenen 08/15 Klienten. Klassische Symptome, Dauerbrenner schwierige Kindheit, Mutterproblematik, Mißbrauch usw usw usw. Also Dinge mit denen ein großer Anteil an Klienten eine Praxis betritt und absolut nichts was außergewöhnlich wäre.
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leberblümchen
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Beitrag Fr., 09.08.2013, 17:29

Kaja, 'schwer gestört' ist wohl jemand, der 'frühgestört' ist - wobei es sicher auch andere Arten von schweren Störungen gibt, aber davon hab ich keine Ahnung. Diese frühen Störungen sind wohl deshalb so schwer, weil eben der Kern des Menschen nicht richtig ausgebildet werden konnte und weil das ganze Selbsterleben gestört ist. Darunter leiden dann alle möglichen Fähigkeiten. Und je früher entwicklungsmäßig du in der Therapie ansetzen musst, umso länger dauert es, was ich eigentlich logisch finde.

Für mich hat das aber nichts mit 'gut' oder 'toll' zu tun. Wenn überhaupt, dann ist es eher so, dass ich mich freue, dass mich jemand so sieht.

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stern
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Beitrag Fr., 09.08.2013, 17:55

titus2 hat geschrieben:Kaja, 'schwer gestört' ist wohl jemand, der 'frühgestört' ist
Das sehe ich wiederum anders, dass eine frühe Störung nicht automatisch eine schwere Störung ist.

Die Schwere der Störung würde ich eher unmittelbarer den vorhanden bzw. besser gesagt nicht-vorhanden Fähigkeiten ausmachen. Man unterscheidet durchaus mitunter leichtere und schwerere Persönlichkeitspathologien (sofern überhaupt eine solche vorliegt). (Frühe Störungen, ein Begriff der eigentlich vorwiegend in der PA gebraucht wird, können beides sein).
Diese frühen Störungen sind wohl deshalb so schwer, weil eben der Kern des Menschen nicht richtig ausgebildet werden konnte und weil das ganze Selbsterleben gestört ist. Darunter leiden dann alle möglichen Fähigkeiten. Und je früher entwicklungsmäßig du in der Therapie ansetzen musst, umso länger dauert es, was ich eigentlich logisch finde.
aber umso unlogischer, wenn unter diesen Umständen ausgerechnet die selbstreflexiven Fähigkeiten besonders hoch sein sollen. Die Literatur sieht es zumindest so, dass bei schweren Pathologien auch die selbstreflexiven Fähigkeiten regelmäßig eingeschränkt sind.

Die Resilienz würde ich auch noch berücksichtigen bzw. äußere Faktoren.
Liebe Grüße
stern 🌈💫
»Je größer der Haufen,
umso mehr Fliegen sitzen drauf
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(alte Weisheit)


leberblümchen
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Beitrag Fr., 09.08.2013, 18:26

Die Schwere der Störung würde ich eher unmittelbarer den vorhanden bzw. besser gesagt nicht-vorhanden Fähigkeiten ausmachen. Man unterscheidet durchaus mitunter leichtere und schwerere Persönlichkeitspathologien (sofern überhaupt eine solche vorliegt). (Frühe Störungen, ein Begriff der eigentlich vorwiegend in der PA gebraucht wird, können beides sein).
Wieso machst du die Schwere der Störung an den 'Fähigkeiten' fest? Glaub mir, es gibt Menschen, die bestimmte Fähigkeiten haben und trotzdem schwer gestört sind. Weil sie besonders schwer leiden oder weil ihre Symptome so hartnäckig sind. Das, was du schreibst, hört sich so an wie: "Ich glaub nur das, was in Katalog xy aufgeführt ist". In diesen Katalogen, in der Literatur, findet man solche 'Listen', die ich auch kenne. Da wird die 'Reife' anhand eines Punktekatalogs festgelegt. Du findest dann Stufen von 'desintegriert' bis 'gut strukturiert'.

Nun kann aber jemand mit einer Borderline-Persönlichkeit trotzdem weit überdurchschnittlich intelligent sein und damit vieles kompensieren, zum Beispiel. Aus irgendwelchen Gründen reagiert der nicht, wie es im Lehrbuch vorgesehen scheint... Trotzdem ist seine 'Struktur' so geschädigt, dass sein 'Ich' nicht so funktioniert wie das Ich eines gesunden Menschen. Vielleicht verfügt er aber dennoch über eine ausreichende Steuerungsfähigkeit, die das Schlimmste, d.h., den Kontaktabbruch, verhindert. So scheint es bei mir zu sein (und auch hier glaube ich einfach mal meinem Therapeuten...). Vielleicht hat so ein Patient keine guten inneren Objekte - und ist trotzdem in der Lage, sich sicher an den Therapeuten zu binden? Vielleicht gerät er schnell in Panik, kann sich aber irgendwie so regulieren, dass er nicht aggressiv gegen sich oder andere wird? Die menschliche Seele ist doch wohl komplexer, als es ein Lehrbuch darzustellen vermag.

Es ist doch nicht nur derjenige schwer gestört, der sich auffällig verhält, oder?

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Tristezza
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Beitrag Fr., 09.08.2013, 18:34

Naja, ich würde den Grad der Störung nicht vom Grad der Funktionsfähigkeit im Alltag abkoppeln wollen. Wenn jemand dazu in der Lage ist, sich eine berufliche Karriere aufzubauen, eine Familie zu gründen etc., ohne dass dies erkennbar durch die Störung beeinträchtigt wird, z.B. in Form von Suchtentwicklung und psychischen Zusammenbrüchen, würde ich in Frage stellen, ob derjenige tatsächlich eine "schwere Störung" hat.


ziegenkind
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Beitrag Fr., 09.08.2013, 18:40

eins glaube ich wirklich: eine schwere störung verschafft sich luft und raum.da hilft kein intellektueller kompensationsmechanismus oder sonst was. vorzugsweise in der therapeutische beziehung. und wenn nicht, dann ist es entweder keine schwere störung oder es ist noch nicht nah und eng. vielleicht mach ich mir auch nur mein eigenes erleben durch generalisierung erträglicher. hat es alles schon gegeben. aber ich glaub da dran.

da wo es distanziert ist und ich hinter meiner glasscheibe bleibe, kann ich hingegen wunderbar funktionieren. da hilft mir dann meine reflexionsfähigkeit. da kann ich sogar sehr raffiniert nah simulieren.
Die Grenzen meines Körpers sind die Grenzen meines Ichs. Auf der Haut darf ich, wenn ich Vertrauen haben soll, nur zu spüren bekommen, was ich spüren will. Mit dem ersten Schlag bricht dieses Weltvertrauen zusammen.


leberblümchen
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Beitrag Fr., 09.08.2013, 18:40

Tristezza: Aber es sind doch oft die erfolgreichen Narzissten, die innerlich total leer sind, obwohl jeder denkt, derjenige müsse sehr glücklich sein. Und dann wäre eine 'schwere Störung' dadurch gekennzeichnet, dass der Therapeut den Patienten kaum erreicht, weil dieser aufgrund seiner Störung nicht in der Lage ist, sich an den Th zu binden, sich auf ihn einzustellen, ihn als eigenständigen Menschen zu sehen usw. Der Patient hat dann einen Partner, der ihn bewundert und der selbst wiederum vielleicht abhängig ist. Und trotzdem leidet der Patient, weil er es vielleicht nicht erträgt, alleine zu sein, oder weil er Angst hat oder körperliche Symptome usw.

Für mich - ohne das jetzt verifizieren zu können - impliziert 'schwer' einen hohen subjektiven Leidensgrad und die objektive Schwierigkeit, 'schnell' voranzukommen in der Therapie.

ziegenkind, ich kenne es anders: Ich erlebe bestimmt ähnlich heftige Gefühle wie ein 'klassischer' Borderliner - auch das wieder bestätigt durch den Fachmann, falls jemand nachfragt... -, muss aber nicht so reagieren wie ein Borderliner. Da kann ich ganze Nächte durchweinen und Angst haben und 'hin und her geschmissen werden' innerlich - aber ich kann trotzdem morgens um 6 Uhr aufstehen und zur Uni gehen. Jemand, der weniger schwer gestört ist, würde sicher nicht eine Nacht durchweinen, nur weil der Therapeut mal schweigt.

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Tristezza
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Beitrag Fr., 09.08.2013, 18:45

Ich weiß nicht, ob erfolgreiche Narzissten wirklich so schwer gestört sind. Klar, sie sind in ihrem Innersten unglücklich, aber sie können immerhin die Fassade aufrechterhalten, was wirklich schwer Gestörten nicht gelingt.


leberblümchen
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Beitrag Fr., 09.08.2013, 18:51

Das ist halt die Frage, was man unter 'schwer gestört' versteht. Ich bin - weiß nicht, wieso? - der festen Überzeugung, dass jemand auch schwer gestört sein kann, wenn er im Alltag einigermaßen funktioniert. Wenn es so wäre, wie du sagst, dann bräuchte doch die ganzen Akademiker usw. keine jahrelangen Analysen. Dann erst recht müsste man ja propagieren, dass lange Therapien für Geringverdiener besser wären, während sich der Physiker Dr. von und zu ja selbst helfen könne? Aber ich glaube nicht, dass das so ist. Zumal ja jeder irgendwo seine Schwachstelle hat - wie wollte man das evaluieren? Einer ist im Beruf erfolgreich, hat dafür aber keinen festen Partner. Der Andere ist glücklich verheiratet, hat aber drei abgebrochene Ausbildungsversuche hinter sich usw.

Ich denke mal, dass jeder, der eine Analyse macht, einerseits schwer gestört ist (denn ansonsten ginge das auch zackiger mit der Therapie) und dass er andererseits irgendwo verbuddelt Ressourcen hat, die es ihm ermöglichen, einigermaßen klarzukommen.

Man liest ja immer wieder von Menschen, die sich suizidiert haben, obwohl jeder dachte, sie seien einigermaßen zufrieden: Haus, Frau, Kinder, Job - und trotzdem müssen sie doch schwer gelitten haben.

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Tristezza
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Beitrag Fr., 09.08.2013, 18:59

Eine Analyse zu machen bedeutet aber nicht automatisch, schwer gestört zu sein. Im Gegenteil, bei zu schwerer Störung wird man abgelehnt oder es wird modifiziert. Meine PA hat jedenfalls mal die rhetorische Frage gestellt, ob ich denn meine, mehr Stunden pro Woche würden automatisch eine schwerere Störung bedeuten (weil ich meinte, ich würde mich nie trauen, meiner Mutter zu erzählen, dass ich eine Analyse mache). Ich denke, es geht vielmehr darum, ob mehr die Beziehungsproblematik oder mehr die Symptome bearbeitet werden sollen bei der Frage, welche Therapieform und wie viele Stunden sinnvoll sind. Für eine detaillierte Beziehungsanalyse braucht man nun mehr ein anderes Setting als für VT, selbst wenn in letzterer eine schwere Störung wie ein Trauma behandelt wird.


leberblümchen
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Beitrag Fr., 09.08.2013, 19:06

Aber wenn diese Beziehungsproblematik nicht als schwerwiegend betrachtet würde, würde doch keine Kasse 300h Beziehung-Üben bezahlen, oder?

Früher hatte ich ja auch die Vorstellung, dass jemand wie ich, der sich nie geritzt hat und nicht suizidal ist und auch keine dramatischen Süchte hat, nicht so schlimm dran sein KANN!

Aber mittlerweile sehe ich das anders, wobei ich das nicht in Relation setzen würde zu anderen Verletzungen und Störungen - wie gesagt: Ich kenne ja nur mein eigenes Erleben. Aber absolut gesehen, kann ich mittlerweile sagen (auch das kommt nicht von mir selbst ), dass die Störung 'schwer' ist. Das soll gar nichts bewerten und eine Art 'Rangliste' symbolisieren; es beschreibt lediglich die individuelle Schwierigkeit, die Störung zu behandeln.

Ein bisschen analog, vielleicht, zu den körperlichen Symptomen: Es gibt heftige akute Infektionen und chronische, unterschwellig verlaufende. Wenn man mal die Betroffenen fragt, dann stellt man fest, dass die mit den chronischen, aber 'aushaltbaren' Krankheiten nicht unbedingt leichter krank sind als die, die vielleicht wenige, aber heftige akute Schübe haben.

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