Wem habt ihr vom Missbrauch erzählt?

Körperliche und seelische Gewalt ebenso wie die verschiedenen Formen von Gewalt (wie etwa der Gewalt gegen sich selbst (SvV) oder Missbrauchserfahrungen) sind in diesem Forumsbereich das Thema.

Mina93
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Beitrag Do., 02.06.2016, 22:49

Da hätte ich eine Frage dazu, weiß nicht ob sie ganz dazu passt...
Habt ihr immer alles erzählt oder auch mal was ausgelassen? Auch beim Therapeuten? Bzw. erst später erzählt dass da eigentlich mehr war?

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Beitrag Fr., 03.06.2016, 06:01

Ich habe bisher nur ganz kurz gesagt, was passiert ist. Aber da meine Thera jetzt Exposition machen will nehme ich an ich soll dann jetzt bald alles sagen

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lilu
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Beitrag Fr., 03.06.2016, 06:04

Huch...wie geht denn eine Exposition bei MB??? Ich kenne Exposition so, dass man sich der entsprechenden Angst stellt und immer wieder da durch muss.....hm
Und mit Entzücken blick ich auf, so manchen lieben Tag;
Verweinen laßt die Nächte mich, solang ich weinen mag.

Goethe


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Beitrag Fr., 03.06.2016, 06:59

Also ich hab es schon verstanden, dass ich mir die Situation vorstellen muss, damit das alles nicht so verdrängt und weggeschoben bleibt..aber das handhabt ja jeder anders.

Bei meiner Prüfungsangst damals ging es auch nicht darum, dass ich immer wieder in Prüfungen gehen muss und da alleine durch muss, sondern sie bei mir war und wir das so oft durch gegangen sind, bis die Angst weggegangen ist und dann auch weg geblieben ist.

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lilu
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Beitrag Fr., 03.06.2016, 07:05

Ach so.....sorry....
Und mit Entzücken blick ich auf, so manchen lieben Tag;
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Goethe


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Beitrag Fr., 03.06.2016, 07:26

Bei manchen oder vielen Patienten reicht Stabilisierung ganz aus. Die machen dann gar keine Traumabearbeitung mehr. Bei mir scheint das nicht zu reichen, um meine Alpträume und Ängste wegzukriegen.
Es geht auch konkret nur um eine Situation, nicht um Wiederholungen, vllt ist es da leichter mit der Exposition. Ich weiß es nicht.

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Chakotay
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Beitrag Fr., 03.06.2016, 08:17

Mein Thera weiß auch noch nicht alles...
Mein Mann weiß nur, dass ich an einer komplexen Traumafolgestörung leide...
Ich bin noch voller Scham, Schmutz und beherrscht vom Schweigeintrojekt des Täters - aber es gelingt mir mittlerweile, daraus manchmal, kurz, auszubrechen. Danke an meine Therapie und meinen Therapeuten.
Wenn ich mich niederwerfen würde,weinen u.erzählen,was wüßtest Du v. mir mehr als v. der Hölle,wenn jmd erzählt,sie ist fürchterlich.Darum sollten wir voreinander so ehrfürchtig,nachdenklich,liebend stehn wie vor dem Eingang zur Hölle.(Kafka,gekürzt)

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Chakotay
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Beitrag Fr., 03.06.2016, 08:25

Oh, sorry, ich hatte die 2. Seite noch nicht gelesen...

Exposition in dem Sinne, dass man sich den Erinnerungen stellt, ist für mich auch existentiell wichtig, um mich wieder als "Ganzes" wahrnehmen zu können. Mir fehlen Erinnerungen, ich fühle mich nicht "vollständig". Ich empfinde mich, d. h. meine Person, Identität, als unkohärent, als "nicht richtig".

Tja, die Frage, was man dem Thera davon erzählt - ich kann es nur in winzigen Schritten und oft erst einmal über kreatives Gestalten und wenn ein winziges Puzzleteil sichtbar gemacht wurde, brauche ich oft erst wieder Monate der Stabilisierung. Ich will dann immer weiter machen, weiter bearbeiten, kriege das aber psychisch nicht gebacken - und das nervt mich endlos, da durch diese Mechanismen mein Therapieprozess ewig lange dauert...
Wenn ich mich niederwerfen würde,weinen u.erzählen,was wüßtest Du v. mir mehr als v. der Hölle,wenn jmd erzählt,sie ist fürchterlich.Darum sollten wir voreinander so ehrfürchtig,nachdenklich,liebend stehn wie vor dem Eingang zur Hölle.(Kafka,gekürzt)

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Candykills
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Beitrag Fr., 03.06.2016, 09:33

Nein, es geht außerhalb der Therapie niemanden etwas an. Ich habe es hier im Forum gesagt, ausgeschrieben. Aber ich bin mehr als der Missbrauchte und ich möchte auch im Alltag nicht als der Missbrauchte angesehen werden.
Ich bin wie einer, der blindlings sucht, nicht wissend wonach noch wo er es finden könnte. (Pessoa)


ziegenkind
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Beitrag Fr., 03.06.2016, 10:24

ich habe in der therapie wenig einzelheiten erzählt. ich hab mal gedacht, ich müsste das. FÜR MICH war es befreiend, mir da das müssen zu erlassen. ich hab manches kurz angedeutet, um folgen/schmerzen im heute zu erklären.

als der7die missbrauchte angesehen zu werden, ja, die angst kenne ich auch. es hat MIR gut getan, das in einer situation, deutlich zu sagen, dass ich eine bestimmte form von aufdringlichem "mitleid" nicht will und ich damit klar komme, auf meine art.
Die Grenzen meines Körpers sind die Grenzen meines Ichs. Auf der Haut darf ich, wenn ich Vertrauen haben soll, nur zu spüren bekommen, was ich spüren will. Mit dem ersten Schlag bricht dieses Weltvertrauen zusammen.

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doppelgängerin
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Beitrag Fr., 03.06.2016, 10:36

niemandem. (euch jetzt wohl schon)

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SoundOfSilence
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Beitrag Fr., 03.06.2016, 11:19

Ich möchte noch was ergänzen. Die negativen Erfahrungen, es erzählt zu haben, liegen wohl teilweise "in meiner Wahrnehmung" begründet. Ich habe ANGST, die Person könnte mir mit dem Wissen "schaden wollen". Aber es gab tatsächlich auch zwei, die mir ganzganz real damit "gedroht" haben, Jmn 3. Etwas zu erzählen obwohl ich es nicht will. Übrigens geht's um eine Schwester und meinen Ex-Mann. Aus meiner Sicht war/ist das bedrohlich, aus deren Sicht nicht. Glaub ich jedenfalls. Sie wollen mir damit nicht drohen, verstehen gar nicht, dass es bedrohlich ist für mich sowas zu hören (dann auch noch in Wut gesagt)... Und das finde ich schwieriger noch als die "direkte" Reaktion: dass die trotzdem nicht verstehen können/wollen.

Auf der anderen Seite: eine Ehe/Partnerschaft ohne mich, auch in dieser Hinsicht, verständlich zu machen, ist heute für mich undenkbar. Dann bleibt es eben ein oberflächlicher Kontakt, aber ich spiele nix mehr vor indem ich so einen Teil von mir ganz ausklammer und trotzdem eine "tiefe" Beziehung eingehe.

In Freundschaften halte ich es anders, ich erzähl es meist nicht. Aber es gibt zwei Freunde aus der Klinikzeit, die es also wissen. Und drei aus Foren - die wissen es bevor sich die Freundschaft entwickelt. Und da merke ich dann - in den Freundschaften, die inzwischen stabil sind - eine Erleichterung für mich, eben doch besser verstanden zu werden. Mich nicht verstellen zu müssen. Aber ganz glücklich bin ich nicht damit, dass es insgesamt so viele sind.

Es gibt aus Schulzeiten vier Freundinnen, die es wissen. Kontakt hab ich noch immer zu 2 von Ihnen, da ist es kein Thema, aber der Umgang mit der PTBS super entspannt. Perfekt.....Damals war aber jede Menge Alkohol im Spiel... bereuen tu ich das nicht, aber das ist eher ungeplant passiert.

Ich merke gerade, der große Unterschied zwischen denen, mit denen es ok ist drüber gesprochen zu haben und den anderen ist: können Sie es verstehen. Die, die es selber kennen oder sich persönlich damit beschäftigt haben und empathisch sind - da klappt es ohne allzu große Reue. Und dann ist es eine Erleichterung.
Hello darkness, my old friend...

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lilu
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Beitrag Fr., 03.06.2016, 11:43

..eine Freundin lernte ich in der Klinik kennen...sie wusste also fast alles und dann entwickelte sich die Freundschaft...auch meine andere Freundin hat psych.Probleme und wenn ich so drüber nachdenke, auch alle meine guten Bekannten. Ich fühle mich wohl in deren Nähe und auch verstanden...wahrscheinlich "sucht" man sich auch eher Freunde, die wissen was es heißt eine psych. Erkrankung/Leid zu haben....suchen in dem Sinne, dass mir diese Menschen begegnen und man versteht sich und später weiß man dann auch WARUM...

Ich bin mir grad nich sicher, ob ich die richtigen Worte gewählt habe, um zu sagen was ich meine...
Und mit Entzücken blick ich auf, so manchen lieben Tag;
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Beitrag Fr., 03.06.2016, 17:09

Danke für eure offenen Worte.

Manchmal denke ich vllt wäre es einfacher, wenn einige es wüssten, aber dann denke ich auch wieder, ich will weder Mitleid noch abgestempelt werden.

Aber eigentlich traurig, dass ich nur meiner Therapeutin zutraue, in dem Punkt gut mit mir umzugehen. Aber letztendlich ist ja auch dort der Ort, wo dieses Thema hingehört.

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doppelgängerin
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Beitrag Fr., 03.06.2016, 18:54

Immerhin traust Du Dich das! Das war doch sicher auch kein leichter Schritt...


Irgendjemand schrieb hier, dass es nach dem Erzählen vom Missbrauch zu einem Abbruch der Freundschaft kam durch die Freundin, die davon erfuhr.
Ich habe genau so reagiert bei einer Freundin, die mir von ihrem Missbrauchserlebnis per Brief schrieb. Ich hab den Brief gelesen, mich direkt übergeben müssen und den Kontakt komplett abgebrochen. War glaube ich schlimm und sehr verletzend für meine Freundin. Aber ich konnte nicht anders...

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