sexuelle Unlust/Aversion bedroht Partnerschaft

Fragen und Erfahrungsaustausch über sexuelle Problembereiche wie Sexualstörungen, rund um gleichgeschlechtliche Sexualität und sexuelle Identität, den Umgang mit sexuellen Neigungen wie Fetischismus, S/M usw. - ausser Aufklärungs-Fragen.
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Magdalena85
sporadischer Gast
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Beiträge: 18

Beitrag Do., 30.06.2011, 22:26

Hallo zusammen,
ich klink mich hier jetzt einfach mal ganz unverschämt ein, weil ich ein ähnliches Problem habe...
Ich glaube, dass ich ein ziemlich gestörtes Verhältnis zur Sexualität habe.
Es ist so, dass ich in meiner Kindheit (an das genaue Alter kann ich mich nicht mehr erinnern, ich denke, so etwa mit 7) sexuellen Kontakt zu meinem 6 Jahre älteren Bruder hatte... es gibt da viele Gedächtnislücken und bis heute kann ich diese Begegnungen nicht einordnen... ich weiß eigentlich nur, dass ich mich damals unglaublich geschämt, mich aber nie gewehrt habe oder gesagt habe, dass er aufhören soll. Als ich mit meinem Bruder vor ein paar Jahren versuchte darüber zu reden, sagte er mir, dass es sich für ihn lediglich um ganz normal Doktorspielchen gehandelt habe und ich das nicht überbewerten solle...

Später war es so, dass ich in Zeiten in denen es mir psychisch schlecht ging, quasi von einem Bett ins nächste gesprungen bin... ich habe mich hemmungslos betrunken und bin dann quasi mit dem Nächstbesten mitgegangen. Dabei habe ich eine riesen Show abgezogen, den Kerlen vorgespielt, dass sie die tollsten Liebhaber sein und mich eigentlich vor ihnen geekelt. Ich bin sogar nachher gezielt mit Männern mitgegangen, die mich zuvor besonders gedemütigt haben... ich denke es hatte schon was selbstzerstörerisches, weil es mir wirklich in keiner Sekunde Spaß gemacht hat... es war nur eben besser als allein zu sein.
Seit 2 Jahren bin ich nun aber in einer sehr glücklichen, liebevollen Beziehung... und nachdem ich anfangs auch ihm die Show der hemmungslosen Liebhaberin abgeliefert habe, ist es mir mittlerweile fast unmöglich mit ihm zu schlafen. Jede Berührung auf nackter Haut und jeder inniger Kuss ist mir eigentlich schon zu viel... Eine schnelle rein- raus- Nummer kann ich an guten Tagen noch über mich ergehen lassen, aber danach muss ich ihn gleich von mir runterschieben... wenn er dann mal will, dass ich die Initiative übernehme geht gar nix mehr, dann fühl ich mich total unter Druck gesetzt und fang gleich an zu heulen... ja super, ich weiß...
Er tut mir wirklich richtig leid, ich würde ihm ja so gerne eine gute Freundin sein... aber es wird eher immer schlimmer als besser... und irgendwie kann ich mir auch nicht vorstellen, dass sich das jemals ändern wird... weil ich eigentlich noch nie Spaß am Sex hatte...
Aber wenn ich es wenigstens ihm zu Liebe tun könnte, ohne dass es so schlimm für mich wäre...


Bluedress
neu an Bo(a)rd!
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Beiträge: 1

Beitrag Fr., 08.07.2011, 11:54

An alle Betroffenen

Als ich nach sehr langer excessiver Lebensphase endlich auf eine "normale" Beziehung zu einem Mann eingegangen bin, anfangs allerdings noch in alte Muster verfallen bin und alkoholosiert tollen Sex haben konnte, hat sich die Situation von mal zu mal verschlechtert, da der Alkohol nicht mehr im Spiel war und die Wirkung ohne Alkohol nicht Ihren Ziel erfüllte. Dies hatte zur Folge, dass ich meinen Partner nicht mehr sexuell an mich heranlassen konnte. Eine einfache Berührung führte für mich zur totalen Bedrängnis. Ich habe mich ihm sexeull enthalten. Im laufe der Zeit führte dies auch zu Streit. Ich konnte ihm nicht erklären woran das lag. Und, ich konnte es mir auch nicht erklären. Die körperliche Abneigung war einfach da. Nach Monaten der körperlichen Abstinenz, sind wir an einen Punkt angekommen, an dem unsere Beziehung vor der Entscheidung stand das etwas passieren musste. Wir haben uns beide dazu entschlossen, Hilfe bei einer Sexualtherapeutin zu suchen. Mit dem Problem der sexuellen Unlust habe meine Erste Beraung gehabt. Nach den vielen Fragen zu den familiären Verhältnissen, Erlebnissen in der Kindheit und darüber hinaus wurde mir die Diagnose eine Posttraumatischen Belastungsstörung diagnostiziert. Ich habe in der Kindheit Erfahrungen gemacht die mich so sehr und so schwer geprägt haben, dass ich im laufe meines Lebens eigene Methoden entwickelt habe um in der gesellschaft, mit Männern, mit Liebe zu überleben. Man muss nicht einen schweren Unfall, körperlich Misshandelt oder entführt woren sein um traumartisiert zu werden. Oft reichen schon emotionale Vernachlässigungen in der Familie oder Erlebnisse in der Kindheit, die man nie verarbeiten konnte aus, um diese Traumata sein leben lang mit sich herumzuschleppen.

Ich möchte hier bei keinem Betroffenen den Eindruck erwecken, hier eine Ferndiagnose zu stellen. Jedoch, wenn ich Eure Erfahrungen/erlebnisse lese, die sich mit meinen decken, so sind es Erfahrung die NICHT normal sind. Ihr habt wirklich und das muss Euch bewusst werden, sehr schlimme Sachen erlebt.

Wie kann es besser werden:

1. Schritt
Habt Ihr einen Partner, dann muss er von Euren Erfahrung erfahren. Es ist wichtig ür ihn zu wissen, warum Ihr Euch im sexuell und körperlich entzieht, was mit Euch los ist. Er wird (in den meisten Fällen) froh darüber sein, endlich eine Antwort auf seine Fragen zu bekommen, warum es sexuell nicht funktionert und Ihr habt eine Unterstützung für das weitere Vorgehen. Außerdem ist es für Euch mehr als nur befreiend, wenn Ihr es nicht mehr über Euch ergehen lassen müsst.

2. Schritt
Sucht Euch einen Therapeuten. Am besten einen, der sexuelle Störungen, Traumata und Borderlinestörungen therapiert. Es ist nicht einfach hier den richtigen zu finden. Ich habe mich an weiblichen Therapeuten orientiert, aber das muss jeder für sich selbst entscheiden, was für einen am angenehmensten erscheint. Und dann einfach mal im Internet in Eurer Umgebung suchen. Die meisten Therapeuten haben ein Foto auf der Hompage. Das half mir auch bei der Suche.
Wenn Ihr gesetzlich krankenversichert seid, benötigt Ihr von Eurem Hausarzt eine Überweisung zu einem Therapeuten. Der Hausarzt wird Euch ein paar Fragen stellen, wenn es Euch zu anangenehm ist diese zu beantworten, müsst Ihr dies auch nicht. Er wird Euch auch einen Therapueten empfehlen. Ich finde es jedoch besser sich selber einen zu suchen und dort hin überwiesen zu werden.

Es ist überhaupt nicht schlimmes daran einen Therapeuten aufzusuchen. Bitte schämt Euch deswegen nicht. Ganz im gegenteil und das werdet Ihr merken, wenn Ihr das Gefühl habt endlich jemanden diese Erlebnisse erzählen zu können, los zu lassen, sich helfen zu lassen. Es tut so gut endlich zu erfahren was mit einem nicht stimmt und zu verstehen wie es dazu kommen konnte.
Und auch der Partner wird es Euch danken und verstehen, warum er zurückgewiesen wird.

Ich hoffe, ich konnte ein wenig Erfahrung vermitteln.

LG
Bluedress

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