Worauf soll man sich stützen? Auf das, was die Entwickler der Stabilisierungstherapie sagen? Auf Studien, wie die unten zitierte, die besagt, dass Konfrontation zu keiner Verschlechterung führt und die Entwickler der Stabilisierungstherapie Unrecht haben? Auf Klienten, der (erst mal) glücklich sind, wenn auf das Trauma ein Deckel gepackt wird und sie nicht mehr hinsehen müssen? ...?Zu sagen, "oooooccchhhh, was soll schon passieren" oder "kennen wir doch eh", wäre/ist MIR persönlich zu einfach (und für MICH auch nicht zufriedenstellend).
Ich weiß, es wird nicht von jedem gerne gehört oder gelesen, aber mich interessiert nicht die subjektive Meinung von einzelnen Therapeuten, wie Reddemann oder Huber. Mich interessiert, was kontrollierte replizierte Studien an einer großen Anzahl von Klienten ergeben. Studien sind gewiss auch nicht das Goldene vom Ei. Wenn ich etwas an der Uni gelernt habe, dann, wie man Studien manipulieren kann, so dass man das gewünschte Ergebnis erhält. Dass sie nicht so ganz das Wahre sind sieht man auch daran, dass Therapeuten, die unterschiedlicher Meinung sind, interessanterweise in ihren Studien zu dem Ergebnis kommen, das ihrer Meinung entspricht. Einzelne Studien sind für mich somit nicht so glaubwürdig. Aber wenn Studien repliziert werden, von unabhängigen Forschern, und diese zu demselben Ergebnis führen, dann gewinnen diese Studien für mich an Glaubwürdigkeit, zumindest mehr als Einzelstudien und subjektive Meinungen einzelner Therapeuten. Ich bin mir jedoch durchaus bewusst, dass alles, was heute wissenschaftlich "belegt" ist, immer nur eine vorläufige "Wahrheit" ist. Denn es gibt keine Studie, die alle möglichen Einflussgrößen berücksichtigt. Die Auswahl der Variablen ist selektiv und wird beeinflusst von Vorannahmen der Forscher. Es gibt für alles alternative Erklärungsmöglichkeiten. Zu jeder Studie fallen mir solche alternativen Erklärungsmöglichkeiten (Variablen) ein, die in der Studie unberücksichtigt blieben. Nichts ist wirklich das Goldene vom Ei, weder subjektive Meinung einzelner Therapeuten noch Studien, die nur selektive Variablen untersuchen. Aber auf irgendetwas muss man sich stützen. Ich stütze mich lieber auf Studien, die an großen Stichproben durchgeführt wurden und die repliziert werden konnten als auf subjektive Therapeutenmeinungen. Und eine dieser Studien, die repliziert wurden, besagt halt Folgendes:
Stabilisierung vor Konfrontation in der Traumatherapie –Grundregel oder Mythos?(...)
Expositionstherapien führen nicht häufiger zu Verschlechterungen, werden nicht häufiger verweigert und nicht häufiger abgebrochen. Es gibt also keinen Beleg dafür, dass Expositionsverfahren gefährlicher sind als stabilisierende Verfahren oder von den Patienten schlechter akzeptiert und toleriert werden
(...)
http://www.karger.com/Article/Abstract/134006
Das gilt mit Sicherheit nicht für jeden Klienten. Gemessen wird stets, wieviel % der Klienten etwas hilft. In jeder Studie, egal zu welcher Störung oder zu welchem Therapieverfahren, gibt es auch Klienten, denen das, was anderen hilft nicht hilft. Aber wenn Studien ergeben, dass die Mehrzahl der Klienten von etwas profitieren, dann präferiere ich das, wo die Wahrscheinlichkeit, dass es hilft, am höchsten ist - verliere aber nicht aus den Augen, dass nichts jedem hilft. Auch die Konfro wird nicht jedem helfen so wie nicht jedem die Stabi hilft. Was dem einen hilft schadet dem anderen.