Psychoanalyse - Angst vor therapeutischer Nähe/Abhängigkeit

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Broken Wing
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Beitrag Fr., 05.05.2017, 08:58

Man kann echt nur hoffen, an gute Therapeuten zu gelangen, vor allem bei Analytikern. Ob der Therapeut etwas taugt, weiß man aber erst, wenn man jeden Schutz aufgegeben hat. Davor konnte zumindest ich nicht mal ansatzweise Erahnen, wie manipulierbar ich bin. Wie bei jeder Sucht meint man, jederzeit wegkommen zu können.
Die Angst ist völlig berechtigt. Derzeit meine ich noch immer, an eine sehr fähige Therapeutin geraten zu sein, aber ich meinte auch, jederzeit gehen zu können.
Im schlimmsten Fall gibt es einen kalten Entzug. Wäre nicht das erste mal gewesen.
Beginne den Tag mit einem Lächeln, dann hast du es hinter dir. [Nico Semsrott]

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isabe
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Beitrag Fr., 05.05.2017, 09:02

Es gibt ja nicht nur "fähige" und "unfähige" Therapeuten, die zu unterscheiden lebensrettend sein kann; schlimmer finde ich die Spannung, die entsteht, wenn man einerseits relativ sicher weiß, dass der Therapeut fähig ist, wenn man andererseits jedoch trotzdem Probleme miteinander hat und Angst davor bekommt, dass es nicht ausreicht, fähig zu sein - weil nun einmal JEDER Mensch fehlbar ist und Schwächen hat; sich irren kann und verletzen kann.

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Ophelia12
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Beitrag Fr., 05.05.2017, 09:09

isabe hat geschrieben: Fr., 05.05.2017, 09:02 schlimmer finde ich die Spannung, die entsteht, wenn man einerseits relativ sicher weiß, dass der Therapeut fähig ist, wenn man andererseits jedoch trotzdem Probleme miteinander hat und Angst davor bekommt, dass es nicht ausreicht, fähig zu sein - weil nun einmal JEDER Mensch fehlbar ist und Schwächen hat; sich irren kann und verletzen kann.
Davor habe ich Angst. Was macht man dann.? Abbrechen ist ja auch nicht die Lösung genausowenig wie wohl den Therapeuten zu sehr zu idealisieren.


isabe
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Beitrag Fr., 05.05.2017, 09:31

Ja, genau. Abbrechen würde bedeuten, den eigenen Anteil zu ignorieren. Das hat nur dann Sinn, wenn der Therapeut wirklich unfähig ist und man das erkennt. Idealerweise redet man also miteinander - aber auch das funktioniert nicht endlos, weil wohl jeder Therapeut in sich einen "Punkt" hat, den er nicht überschreiten kann oder mag, weil ihn das selbst zu sehr infrage stellen würde. Und WENN er diesen Punkt überschreitet, ist damit nicht gesagt, dass es besser wird; womöglich wird es sogar noch schlimmer, weil er ja dann seine eigene Abwehr aufgeben muss und somit selbst umso verletzlicher wird. Und dann können sehr unschöne Dinge geschehen...

Findet man sich jedoch damit ab, dass dieser "Punkt" nicht überschritten wird, bedeutet dies gleichzeitig, anzuerkennen, dass das Verstehen begrenzt ist und dass dies auch Verletzungen und Enttäuschungen mit sich bringt.

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RoboCat
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Beitrag Fr., 05.05.2017, 16:36

Hi Prinzessin!

Ich glaube es hilft einem schon zu wissen, dass man nicht alleine ist. Dass man nicht "verrückt" ist, weil einen ein Therapeut oder eine Therapeutin gedanklich beschäftigt. Ich glaube, wer das so noch nicht erlebt hat, wird das auch eher scher verstehen können.

Beispiel: Als ich neu bei meiner Therapeutin war, habe ich mal mitbekommen, wie ein Patient nach mir einen mit einem Blumentstrauß im Wartezimmer saß. Mein erster Gedanke war tatsächlich "Oh Gott, die arme Frau! Das muss ihr aber unangenehm sein!" Für den Typen habe ich mich fremdgeschämt und gedacht, was er doch für ein armer kleiner WIcht sein muss. Bestimmt hat er keine Freunde *haha*

Heute würde ich nicht mehr so denken. Ich würde aber auch keine Blumen mitbringen, wobei das ja nicht das Thema ist. Das THema ist die Geste dahinter, die Dankbarkeit dafür, eine tolle Beziehung, eine Gemeinschaft erlebt haben zu dürfen.

Zu deiner Frage: Ja, du merkst daran, dass es dich beschäftigt, dass es wirkt! Es lässt dich nicht "kalt", wie man so schön sagt. Dann vielleicht noch daran, dass du dich gut fühlst mit deinem Therapeuten. Dass ihr vielleicht auch mal lachen könnt, es aber trotzdem viel Raum gibt für deine Bedürfnisse, deine Emotionen.

Deine Zweifel bezüglich deines Therapeuten, ob er "echt" ist gewissermaßen, das kenne ich. Meine hat mal gefragt, ob ich den EIndruck hätte, nicht gemocht zu werden, so ganz grundsätzlich. Das bejahte ich. Daraufhin sagte sie "also ich mag sie" und auch "ich arbeite gerne mit ihnen". Das hat etwas in mir ausgelöst, das ich so nicht kannte. Das wa erst einmal befremdlich und nachher fühlte es sich gut an, vor allem ehrlich und athentisch.

Deshalb, sprich deinen Therapeuten ruhig noch einmal expliziter auf deine Zweifel an, ich bin mir sicher, dass sich dadurch ein dicker Knoten bei dir lösen könnte (oder auch ein kleiner, aber ein Problem ists ja schon glaube ich, eine Art Blockade).

Viel Erfolg für deine Therapie! Ich glaube, du bist auf einem guten Weg :-)
:axt:

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Prinzessin27
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Beitrag Sa., 06.05.2017, 09:39

Broken Wing hat geschrieben: Fr., 05.05.2017, 08:58 Davor konnte zumindest ich nicht mal ansatzweise Erahnen, wie manipulierbar ich bin. Wie bei jeder Sucht meint man, jederzeit wegkommen zu können.
Glaubst du denn, dass sie dich manipuliert?

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Prinzessin27
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Beitrag Sa., 06.05.2017, 09:43

isabe hat geschrieben: Fr., 05.05.2017, 09:31 Ja, genau. Abbrechen würde bedeuten, den eigenen Anteil zu ignorieren. Das hat nur dann Sinn, wenn der Therapeut wirklich unfähig ist und man das erkennt. Idealerweise redet man also miteinander - aber auch das funktioniert nicht endlos, weil wohl jeder Therapeut in sich einen "Punkt" hat, den er nicht überschreiten kann oder mag, weil ihn das selbst zu sehr infrage stellen würde. Und WENN er diesen Punkt überschreitet, ist damit nicht gesagt, dass es besser wird; womöglich wird es sogar noch schlimmer, weil er ja dann seine eigene Abwehr aufgeben muss und somit selbst umso verletzlicher wird. Und dann können sehr unschöne Dinge geschehen...
Abbrechen ist wohl meist die schlechteste Entscheidung (außer der Therapeut ist wirklich unfähig und destruktiv).

Ich habe nicht den Eindruck meinen Therapeuten an einen Punkt zu bringen, der an seine Grenzen kommt. Hast du dafür ein Beispiel Isabe? Ich habe generell eh nicht das Gefühl, dass mein Therapeut enorm "mitfühlt" oder ich ihn in Frage stelle oder ähnliches...durch seine Neutralität und sein "Beobachten" ist er irgendwie zwar nah aber auch "außen" und versteht....ist aber selbst nicht an einem wunden Punkt...kann mir das gerade nicht so vorstellen wie du das meinst.

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Prinzessin27
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Beitrag Sa., 06.05.2017, 09:48

RoboCat hat geschrieben: Fr., 05.05.2017, 16:36 Hi Prinzessin!

Ich glaube es hilft einem schon zu wissen, dass man nicht alleine ist. Dass man nicht "verrückt" ist, weil einen ein Therapeut oder eine Therapeutin gedanklich beschäftigt. Ich glaube, wer das so noch nicht erlebt hat, wird das auch eher scher verstehen können.
Ja, das hilft schon! Danke! :-P Ich habe eben oft das Gefühl es beschäftigt mich "zuviel" (die ganze Nacht usw.). Aber es ist schön zu wissen, dass es anderen auch so geht. Es ist ja auch enorm emotional das Ganze.
RoboCat hat geschrieben: Fr., 05.05.2017, 16:36 Deine Zweifel bezüglich deines Therapeuten, ob er "echt" ist gewissermaßen, das kenne ich. Meine hat mal gefragt, ob ich den EIndruck hätte, nicht gemocht zu werden, so ganz grundsätzlich. Das bejahte ich. Daraufhin sagte sie "also ich mag sie" und auch "ich arbeite gerne mit ihnen". Das hat etwas in mir ausgelöst, das ich so nicht kannte. Das wa erst einmal befremdlich und nachher fühlte es sich gut an, vor allem ehrlich und athentisch.

Deshalb, sprich deinen Therapeuten ruhig noch einmal expliziter auf deine Zweifel an, ich bin mir sicher, dass sich dadurch ein dicker Knoten bei dir lösen könnte (oder auch ein kleiner, aber ein Problem ists ja schon glaube ich, eine Art Blockade).
Das glaube ich dir. Doch "echt" ist er glaube ich. Aber sowas sagt er nicht bzw. ich glaube würde er nie sagen. Ich merke die Sympathie dann eher daran, dass wir mal lachen. Aber eigentlich hält er sich da enorm bedeckt und zurück (was ich auch gut finde. In der Vergangenheit hatte ich häufig Übergriffe von älteren Männern. Da passt er "perfekt" in das Schema. Hat er auch schon festgestellt. So wäre jede Art der Bekundung von Zuneigung eine Gratwanderung. Trotzdem fühle ich mich auch unsicher ihm gegenüber...ob er mich überhaupt mag.... :roll:
RoboCat hat geschrieben: Fr., 05.05.2017, 16:36 Viel Erfolg für deine Therapie! Ich glaube, du bist auf einem guten Weg :-)
Danke! :lol:
Euch Mitlesern und Schreibern übrigens auch!

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Prinzessin27
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Beitrag Sa., 06.05.2017, 10:01

Noch was vergessen.
Zu Bindung, Nähe, Vertrauen und das Gefühl haben dem Therapeut "ausgeliefert" zu sein oder wie ein "offenes" Buch vor ihm zu liegen. Da ich so langsam feststelle, dass er (fast) "alles" aus meinem Leben weiß, habe ich mich ein paarmal dabei ertappt, dass ich ihm einige neue Entwicklungen in meinem Leben gar nicht erzähle. Irgendwie mit Absicht. Wichtiges schon, aber so halbwichtiges was schon erwähnenswert wäre manchmal nicht oder erst ein paar Tage/ Wochen später - nur um das Gefühl zu haben noch irgendwas für mich zu haben. Irgendwie die Kontrolle zu behalten.
Ist vielleicht blöd, brauche ich aber gerade...
Kennt ihr das?

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RoboCat
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Beitrag Sa., 06.05.2017, 11:40

Ja, ich kenne das. Aber eher vor der Hintergrund, dass ich nicht meine eigentlichen Themen derer ich in der Behandlung bin aus dem Fokus verliere. Das ist mir leider bis rund einem halben Jahr öfter passiert. Also dass ich irgendwas Neues "aus meinem Leben" erzählte und die THerapeutin dann erst mal gründlich in die Analyse ging, statt meine wirklich wichtigen Themen ans Tageslicht zu holen.

Fand ich irgendwie nervig, darum versuche ich seitdem die Zügel in der Hand zu behalten, in dem ich möglichst nur noch das erzähle, was ich mir vor der Stunde (oder einige Tage zuvor) auch vorgenommen habe. Das kann enorm helfen: Sich vorher gedanklich sortieren, was die eigenen Themen sind. Man darf auch durchaus Notizen mit in die Stunde nehmen. Habe ich erst einmal gemacht, stellte schnell fest, dass ichs mir auch so merken kann, wenn ich mich zuvor darauf konzentriert habe.

LG!
:axt:

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RoboCat
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Beitrag Sa., 06.05.2017, 11:48

...wo ich so drüber nachdenke, in der PA ist das sicher noch mal ein anderes Thema, als in der TfP. Immerhin erlebt man den Therapeuten dort bisweilen als eine Art allmächtiges Wesen, das irgendwo im Hintergrund sitzt und urteilt.

Ich kann verstehen, wenn man innnerhalb einer PA einen Teil von sich für sich behalten will. Um nicht die Kontrolle zu verlieren oder um ein Stück dieser Allmacht des Therapeuten abzuwenden. Für mich wäre das glaube ich nichts, ich könnte dieses Vertrauen nicht aufbringen, eswürde mich wahnsinnig machen und ich würde mich irgendwann erdrückt fühlen. Jedenfalls ist das meine Vorstellung von einer PA.

Siehst du denn grundsätzlich Erfolge, oder zumindest, dass sich etwas an deiner Symptomatik verändert?
:axt:

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Krümmelmonster
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Beitrag Sa., 06.05.2017, 11:59

Hallo Prinzessin,
wenn du unsicher bist manchmal. ob er dich mag. Sprich wirklich darüber und fühle erst und las es in dir wirken was es in dir aus löst. Schreibe deine Gedanken auf, welche Gedanken du hast, oder sich bedeckt halt . Du bist die Patientin und dir löst etwas aus, eben die Unsicherheit und das ist doch interessant. Ob deine Wahrnehmung passt oder täuschung vorgibt.
Trau dich zu fragen was passiert denn, wenn du das ansprichst. In der Vergangenheit hatte ich häufig Übergriffe, von älteren Männern. Da passt er "perfekt" in das Schema. Genau und deswegen würde ich das ansprechen vielleicht lernst du etwas daraus. Wünsche dir trotzdem mehr neugierde in deiner Analyse.

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Prinzessin27
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Beitrag Sa., 06.05.2017, 14:27

Danke Robocat und Krümmelmonster.

Als ganz so schlimm empfinde ich die PA nicht, Robocat. ;) Es ist auch schön jemanden so nah an sich ran zu lassen (und versetzt mich gleichzeitig in Panik). Wie BrokenWing glaube ich schrieb, gibt es ja trotzdem eine Distanz, da der Analytiker neutral bleibt und ich z.B. rein gar nichts persönliches über ihn weiß (außer seinen Namen und wo er seine Praxis hat). Das gleicht es wieder ein bißchen aus. Es ist irgendwie eine distanzierte Nähe.

Ob ich Erfolge sehe? Hm...das frage ich mich momentan auch. Ich frage mich auch was eigentlich meine Ziele der Analyse waren. Ich ging mit Problemen rein und nun sind wir bei ganz anderen dahinterliegenden Problemen gelandet. Ich glaube schon, dass ich Fortschritte bemerke:
Mir werden Dinge bewusster. Das ist schön, aber oft geht es mir dadurch schlechter (vorher habe ich viel verdrängt oder ignoriert und konnte damit lange "gut" leben).
Ich "fühle" wieder was. Schotte mich nicht mehr so komplett ab. Stehe nicht mehr so häufig neben mir.
Fange an Dinge zu hinterfragen.
Aber von einem Erfolg wie Beziehungsfähigkeit oder mit destruktiven Gedanken umgehen/akzeptieren/verbessern, bin ich noch ganz weit, weit entfernt.

Danke für das Mut machen Krümmelmonster :-) Neugierde in der Analyse. Hm...
Wir haben darüber schon mehrfach ansatzweise gesprochen. Ich blocke es meist ab und lenke auf ein anderes Thema. Würde er mir irgendwie zeigen oder sagen, dass er mich mag, würde ich in Panik verfallen (allein mit einem sehr viel älteren Mann in einem geschlossenen Raum. So viel Zeit, die wir alleine verbringen. Die "Nähe", das Vertrauen...oh je.....da schrillen die Alarmglocken...). Würde er ausweichen, wäre ich aber trotzdem enttäuscht. Wenn er sagen würde "er mag mich nicht" (was ich nicht glaube), würde ich gehen...kompliziert :-) Deshalb stelle ich die Frage nicht.


isabe
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Beitrag Sa., 06.05.2017, 15:22

RoboCat hat geschrieben: Sa., 06.05.2017, 11:48 ...wo ich so drüber nachdenke, in der PA ist das sicher noch mal ein anderes Thema, als in der TfP. Immerhin erlebt man den Therapeuten dort bisweilen als eine Art allmächtiges Wesen, das irgendwo im Hintergrund sitzt und urteilt.
Äh, nein.
Ich kann verstehen, wenn man innnerhalb einer PA einen Teil von sich für sich behalten will. Um nicht die Kontrolle zu verlieren oder um ein Stück dieser Allmacht des Therapeuten abzuwenden.
Genau das sollte nicht in einer Analyse passieren: dass der Patient versucht, die Kontrolle zu behalten.


isabe
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Beitrag Sa., 06.05.2017, 15:38

Prinzessin27 hat geschrieben: Sa., 06.05.2017, 09:43 Ich habe nicht den Eindruck meinen Therapeuten an einen Punkt zu bringen, der an seine Grenzen kommt. Hast du dafür ein Beispiel Isabe? Ich habe generell eh nicht das Gefühl, dass mein Therapeut enorm "mitfühlt" oder ich ihn in Frage stelle oder ähnliches...durch seine Neutralität und sein "Beobachten" ist er irgendwie zwar nah aber auch "außen" und versteht....ist aber selbst nicht an einem wunden Punkt...kann mir das gerade nicht so vorstellen wie du das meinst.
Es gibt verschiedene Typen von Therapeuten-Persönlichkeiten, wobei das Mitfühlen etwas ist, was alle mitbringen sollten; der Unterschied besteht wohl darin, dass die Einen es mehr zeigen als die Anderen.

Wegen des Beispiels:
Ich weiß ja nicht, ob du auch eine "Frühgestörte" bist, also jemand, der den Therapeuten stark miteinbezieht in die Therapie bzw. in die "Reinszenierung". Dann wird es ein bisschen schwierig, weil der Druck, den solche Patienten ausüben (ich spreche auch von mir), sehr groß ist, und zwar häufig, ohne dass sie das merken. Es gibt dann, grob gesagt, zwei Wege, wie der Therapeut damit umgehen kann: Er lässt sich "reinziehen" in den Sog, den der Patient aufbaut. Oder er bleibt auf seinem Platz und beobachtet (er hat dann natürlich auch seine Gegenübertragung, aber er wird das Geschehen distanzierter betrachten und sich auf den Patienten und dessen "Botschaften" konzentrieren und weniger auf das Gemeinsame).

In der Praxis vermischen sich diese beiden Haltungen häufig, je nachdem, an welchem Punkt die Beziehung gerade steckt. Es gibt dafür das Bild des Tennis-Spiels, wobei der Th. einmal Mitspieler ist und einmal der Schiedsrichter in seinem Stuhl. Und das ist insofern passend, als man sich gut vorstellen kann, dass ein Mitspieler viel mehr ins Schwitzen kommt und viel mehr darauf achten muss, wie er selbst sich bewegt und wie er auf deine Bälle reagiert usw. - Während der Schiedsrichter von außen auf das Spielfeld schaut.

Wie man dabei auch unschwer erkennt, hat beides Vor- und Nachteile. Problematisch wird es, wenn der "Schiedsrichter" sich nur auf die Regelübertretungen konzentriert und das Spielgeschehen selbst nicht verfolgt. Und problematisch ist auch, wenn der Mitspieler erstens so sehr außer Puste gerät, dass er zusammenbricht - oder aber er ist dabei zu verlieren und kann damit nicht umgehen...

Konkreter ist die Frage, wie sehr sich der Th. selbst auf seine eigene Regression bzw. seine eigene Geschichte, eigene Verletzungen, eigene Sehnsüchte usw. einlässt - und ob er dann noch in der Lage ist, den Überblick zu behalten. Klappt leider nicht immer, und da Th. nicht selten selbst psychisch angeschlagen sind, kann es u.U. rasch kippen - und am Ende ist es IMMER der Patient, der es ausbaden muss, wenn der Th. seine eigenen Ängste, seine eigenen Sehnsüchte, seine eigenen Aggressionen usw. nicht im Griff hat.

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