Erbschuld, Wiedergutmachung?

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Nico
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Beitrag So., 25.03.2012, 17:44

Soll ich mich jetzt hier entschuldigen dass von meiner Familie niemand umgebracht wurde ?
Ist DAS etwa meine Schuld die ich zu tragen habe ?
Natuerlich kann ich das nicht begreifen was es bedeutet wenn die halbe Familie ( oder mehr) von den Nazis vergast wurde, aber macht mich das schuldig ?
Verpflichtet mich das zur Wiedergutmachung bis zu den naechsten zig Generationen ?
Nicht das schwarze Schaf ist anders, sondern die weißen Schafe sind alle gleich ;)

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Nico
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Beitrag So., 25.03.2012, 17:56

WOFUER habe ICH die Verantwortung ????
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ExtraordinaryGirl
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Beitrag So., 25.03.2012, 18:02

Weshalb kommst du hier nur immer wieder mit Schuld an?

Natürlich haben die Deutschen heute keine Schuld mehr an dem, was damals passiert ist. Es geht um die Übernahme von Verantwortung.

Aber die Nachwirkungen dessen, was dort geschehen ist, verschwinden nun einmal nicht unbedingt mit den Jahren. Auch wenn man es versucht, als Opfer und/oder Nachkomme.

Und denen willst du jetzt einfach in ihrem Leid sagen: "Es ist nicht schön, dass es euch heute nicht gut geht, aber wir können halt heute nichts mehr dafür, dass diese grauenvollen Dinge geschehen sind. Und deshalb geht es uns nichts an."

Wenn mein Vater jemandem etwas antut, bin ich ganz sicher freiwillig bereit, denen zu helfen, die darunter leiden. Das gebietet der Anstand. Auch wenn ich mich mit einem "Nein, danke." zurücklehnen könnte. Mit Schuld oder Verurteilung hat das nichts zu tun.
"Charakter zeigt sich in der Krise."

(Helmut Schmidt)

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Nico
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Beitrag So., 25.03.2012, 18:07

Mein Vater hat niemandem etwas angetan denn er ist 1934 geboren, mein Grossvater hat ganz sicher keine Juden vergast denn er ist in Russland verreckt.
Aber moeglicherweise hat der Hund meiner Urgrosstante einmal einen Juden angebellt.
Dafuer uebernehme ich die Verantwortung, wieviel sollte ich deinervMeinung dafuer bezahlen in den naechsten Jahrzehnten ?
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ExtraordinaryGirl
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Beitrag So., 25.03.2012, 18:12

Böser Hund.

Aber wer, denkst du, sollte Verantwortung übernehmen für die Auswirkungen, unter denen viele von uns heute noch leiden?

Oder ist dir das gleichgültig?
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(Helmut Schmidt)


leberblümchen
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Beitrag So., 25.03.2012, 18:18

Nico scheint nicht verstanden zu haben, dass es dabei nicht um die Frage der persönlichen Schuld geht. Es geht nicht einmal um Schuld überhaupt. Und außerdem bagatellisiert er das Geschehene, was zeigt, dass er eben nicht versteht und nicht nachfühlen kann, was passiert ist.

Ich habe so ähnlich gedacht, als ich 14 war.

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Nico
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Beitrag So., 25.03.2012, 18:22

Man haette die Leute nach Kriegsende entsprechend aussieben und zur Verantwortung ziehen muessen, damals waren die Taeter noch greifbar!
Man koennte auch heute noch jene Konzerne die damals Juden beschaeftigt und "verbraucht" haben,zur Verantwortung ziehen, ich finde es in Ordnung, dass noch heute Beutekunst zurueckgegeben wird.
Wobei es auch da oft voellig unbeteiligte trifft die diese Kunstwerke im guten Glauben gekauft haben.
In dervSchweiz gibt es heute noch zig Konten auf denen Geld der Nazis von damals liegt, aber das ist was anderes, oder ?
Die Schweiz hat gute Geschaefte mit den Nazis gemacht, die koennten jetzt ja wiedergutmachen, hm?
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leberblümchen
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Beitrag So., 25.03.2012, 18:25

Was heißt schon 'die Täter'? Was ist mit den Wählern? Was ist mit den Leuten, die weggeschaut haben? Meinst du, es ging dabei nur um 20 Irre?

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Nico
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Beitrag So., 25.03.2012, 18:28

Ja titus du hast Recht, ich verstehe es nicht.

Aber du hast nicht Recht, ich bagatellisiere nichts.

Und du hast nochmals Recht, ich kann es nicht nachfuehlen und wenn du behauptest du kannst es, luegst du sofern du nicht direkt selbst betroffen bist.

Du schaust wahrscheinlich selbst weg wenn der Nachbar sein Kind schlaegt aber jene die sich gegen dieses moerderische System nicht gewehrt haben stellst du an den Pranger!

Bravo titus du kannst wirklich stolz auf dich sein !
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münchnerkindl
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Beitrag So., 25.03.2012, 18:29

ExtraordinaryGirl hat geschrieben:
Und, was für mich das Wichtigste ist: Wie viele der Überlebenden, bzw. der Nachkommen Überlebender auch heute noch enorm leiden unter dem, was damals getan worden ist?

Ja klar. Nur ich habe mit dem Krieg und Völkermord im 3. Reich genauso wenig zu tun wie mit dem Völkermord in Ruanda, dem unter Stalin, Mao oder dem in Ex-Jugoslawien.

Weil ich habe keinen davon befürwortet oder auch nur billigend in kauf genommen. Hilter ist eine armselige, geifernde Witzfigur und seine ewiggestrigen Anhänger heutzutage haben einfach nur einen Sprung in der Schüssel.

Warum sollte ich mich also für etwas verantwortlich fühlen was damals passiert ist. Ich bin selbstverständlich dafür daß die Rechtsnachfolgeorganisationen der Täter damals die Opfer finanziell entschädigen so weit es möglich ist hier mit Geld eine Entschädigung zu erreichen.

Was ich den Abschuss finde ist daß die Entnazifizierung damals ein absoluter Treppenwitz war und die Täter in mittlerer Hierarchieebene von damals zum allergrössten Teil nie zur Verantwortung gezogen und bestraft wurden. Die ganzen alten Nazis damals sassen ruck zuck wieder in ihren alten Ämtern. DIE hätten sie greifen und zur Verantwortung ziehen müssen, was aber aus diversen opportunistischen Gründen nie geschehen ist.

Schuld kann man nicht erben. Da Schuld einen EIGENEN Willen zur Tat und die EIGENE Ausführung einer solchen erfordert.

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Phönixia
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Beitrag So., 25.03.2012, 18:35

Warum sollte ich mich also für etwas verantwortlich fühlen was damals passiert ist. Ich bin selbstverständlich dafür daß die Rechtsnachfolgeorganisationen der Täter damals die Opfer finanziell entschädigen so weit es möglich ist hier mit Geld eine Entschädigung zu erreichen.
Die Täter waren das Deutsche Volk und wir sind ihre Nachfolger.
Was ich den Abschuss finde ist daß die Entnazifizierung damals ein absoluter Treppenwitz war und die Täter in mittlerer Hierarchieebene von damals zum allergrössten Teil nie zur Verantwortung gezogen und bestraft wurden. Die ganzen alten Nazis damals sassen ruck zuck wieder in ihren alten Ämtern. DIE hätten sie greifen und zur Verantwortung ziehen müssen, was aber aus diversen opportunistischen Gründen nie geschehen ist
Da gebe ich dir allerdings recht. Aberwitzig sowas. Haarsträubend sowas.
Aber das ist die Politik. Moral kann man von ihr nicht erwarten.


leberblümchen
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Beitrag So., 25.03.2012, 18:39

Nico: Wieso sollte ich wegschauen, wenn ein Nachbar sein Kind misshandelt? Wie kommst du darauf? Weil du es nicht ertragen kannst, wenn jemand etwas vertritt, was du nicht verstehst? Da meinst du dann, du musst den Anderen irgendwie kleinreden, damit du dir nicht noch minderwertiger vorkommst?

Münchnerkindl: Es geht überhaupt nicht um Schuld. Schuld ist ein juristischer Begriff. Den kann man hier gar nicht anwenden.

Wenn ich sehe, dass sich jemand verletzt, dann versuche ich zu helfen. Da sag ich doch nicht: "Was kann ich denn dafür?" Und wenn ich, wie Extraordinary Girl geschrieben hat, weiß, dass mein Vater jemanden verletzt hat, dann fühle ich mich da doppelt angesprochen, auch wenn ich juristisch natürlich nicht schuldig bin.

Und nein, ich glaube auch nicht, dass man das Dritte Reich alleine damit erklären kann, dass Hitler eine Witzfigur war. Ich bin kein Historiker, aber ich fürchte, wenn man einfach sagt, dass alle Unterstützer der Nazis irgendwelche Hirnis waren, dann begeht man damit den Fehler, dass man feststellt: "Mit uns hat das nichts mehr zu tun".

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TwoFace
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Beitrag So., 25.03.2012, 18:43

Phönixia hat geschrieben:...
Die Täter waren das Deutsche Volk und wir sind ihre Nachfolger.

....
Und ihr Anführer ein Maler aus Österreich.
Und die polnischen SS-Divisionen?
Oder die Spanischen?
Und noch mehr! Aber das ist anscheinend nicht wichtig, ihr Historiker.
Ich feue mich so über euer sogenanntem Hintergrundwissen.
Ich verlass´ mich auf meine Sinne!
Irrsinn
Blödsinn
Wahnsinn

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Passat
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Beitrag So., 25.03.2012, 18:47

titus2 hat geschrieben:Ich bin nur wahnsinnig traurig, wenn ich daran denke, wie viele Menschen (ich denke ja vor allem an die Kinder) einfach so sinnlos gestorben sind.
Wer weiß - vielleicht hat das Sterben doch einen übergeordneten Sinn gehabt.
Solche Ereignisse haben doch auch immer etwas Reinigendes, und etwas Neues entsteht. Solche historischen Ereignisse könnte man auch als eine Analogie zur menschlichen Psyche sehen, die sich weiterentwickeln will und eben auch Opfer bringt.

Man neigt dazu, allzu subjektiv zu werten, wenn die Ereignisse auf dem Zeitstrahl der Menschheitsgeschichte noch einigermaßen zeitnah sind. Und das Bild- und Filmmaterial jener Zeit ist ja auch ein so fester Bestandteil unserer gegenwärtigen Zeit, dass man völlig übersieht, wie "normal" in der Historie das eigentlich ist (und immer schon war), dass das Organisieren von Ideologien nunmal viele Menschenopfer bringt (oder das Überlebenwollen eines Stammes, der dann einen anderen Stamm dafür ausrotten muß).

Aber mal zur "Wiedergutmachung": Man sollte sich mit solchen Ereignisse ausgiebig befassen, nach den Ursachen fragen usw. ... Wiedergutmachung kann aber nur in der nachträglichen Einsicht geschehen, und in der Verantworung, die für die Zukunft daraus gezogen wird - nicht aber durch ein Eingestehen von Schuld (und auch nicht allein durch "Reparationszahlungen").
"Alles entsteht durch den Konflikt" (Heraklit)

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Nico
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Beitrag So., 25.03.2012, 18:48

Nein titus soweit bin ich noch lange nicht, dass ich mich dir gegenueber minderwertig fuehle, aber du scheinst dich mir sehr ueberlegen zu fuehlen.
Macht nix, wenns dich gluecklich macht ist es gut so.

Deine Vergleiche mit dem Verletzten sind ja wirklich eins zu eins auf den Holocoust und das 3. Reich umlegbar, gratuliere zu deiner Scharfsinnigkeit.

Erzaehl einmal wie, wann und wo du in den letzten Jahren den Opfern des Holocoust Wiedergutmachung geleistet hast!
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