Die eigene Sexualität / Lust (wieder-)entdecken (W)

Körperliche und seelische Gewalt ebenso wie die verschiedenen Formen von Gewalt (wie etwa der Gewalt gegen sich selbst (SvV) oder Missbrauchserfahrungen) sind in diesem Forumsbereich das Thema.
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Pocahontas5683
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Die eigene Sexualität / Lust (wieder-)entdecken (W)

Beitrag Mo., 21.12.2020, 11:36

Hallo liebe Community,

...........................
Ich bin 22 Jahre alt, weiblich.

Mit 14 hatte ich mein erstes Mal, weil ich Angst hatte, dass wenn ich jetzt nein sage, der Junge sich von mir abwendet. Wir hatten bereits einige Wochen lang Geschlechtsverkehr, den ich über mich ergehen lies und dabei stark dissoziierte. Meine beste Freundin hat irgendwann zu mir gesagt: " Du weißt, dass du nein sagen kannst, oder?" ... Dann hab ich es mal ausprobieren wollen. Mein Nein wurde nicht gehört. Egal wie laut. Die Situation ist so eskaliert, dass ich ihm mein Knie in die Eier gerammt hab und halb nackt aus dem Haus gerannt bin. Kurz darauf habe ich mich getrennt.

Meine darauffolgenden Sexualpartner waren meist ähnlich auf sich fixiert. Ich hab Aussagen wie "Du brauchst solange bis du erregt bist. Ich will nicht warten bis du 100% erregt bist, reichen nicht auch 80%?" und "Du hast kein Recht dich zu beschweren, dass es beim Sex zu wenig um dich geht, wenn du nichtmal selbst in der Lage bist, dir einen Orgasmus zu beschehren (ich hab von Anfang an Orgasmusschwierigkeiten gehabt, jedoch komme ich eher beim Geschlechtsverkehr als bei der Masturbation)".

Mit 19 wurde ich in meinem Studentenwohnheim von meinem F+ sexuell genötigt. Ich habe WIRKLICH gekämpft, aber mich irgendwann meinem "Schicksal" hingegeben und es über mich ergehen lassen. Die Anzeige wurde eingestellt, da Aussage gegen Aussage stand.

Darauf folgte eine weitere toxische Beziehung und nun bin ich seit knapp einem Jahr in einer liebevollen und heilsamen Beziehung. Wir haben keine gröberen Probleme, außer einem: Ich bin noch nie bei ihm gekommen. Da ich wie schon erwähnt eher beim Sex als bei der Masturbation komme, belastet mich das Thema extrem. Vor allem, weil ich zum Teil schon wirklich guten Sex hatte.

Ich bin in Therapie und habe auch ein paar Stunden Sexualtherapie hinter mir. Ich mache brav meine Beckenbodenübungen, lese ALLES was ich zu dem Thema finden kann und trotzdem habe ich das Gefühl auf der Stelle zu treten.

Ich glaube, dass ich über die Jahre eine ungesunde Verbindung zwischen Leiden & Lust entwickelt habe. Außerdem ist mein Körper über die Jahre absolut unempfindlich geworden (physische Dissoziation?). Mangelnde Kompatibilität mit meinem Partner? - auch wenn ich das nicht glauben kann, denn ich liebe ihn, finde dass er unheimlich gut aussieht und es ist auch nicht so, als würde er irgendwas "falsch" machen beim Sex. Ich spüre nur einfach kaum etwas und meine Erregung bricht total schnell ein, wenn nur ein falscher Gedanke auftaucht.

Oder bin ich einfach zu ungeduldig? Habe ich jetzt ein paar Jahre liebevollen Sex, der mich nicht befriedigt, bis mein Liebeschip umprogrammiert wird?

Was ist eure Meinung? Irgendwelche Tipps, Tricks, eigene Erfahrungen oder Ratschläge?

Freu mich schon auf eine Antwort, LG :)
Zuletzt geändert von Pauline am Mo., 21.12.2020, 18:39, insgesamt 1-mal geändert.

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Herzeleid
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Beiträge: 72

Beitrag Mo., 21.12.2020, 12:35

Ausprobieren, ausprobieren, ausprobieren!
Hinweis: Ich bin kein Mediziner und habe auch keine medizinische
Ausbildung. Alles was ich hier schreibe sind meine eigenen Erfahrungen
oder angelesenes Wissen. Also alles Ohne Gewähr.

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Malia
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Beitrag Mo., 21.12.2020, 12:43

Ich halte es für möglich, dass etwas in dir echte Hingabe an jemanden, der gut zu dir ist und den du gern hast, aufgrund der bisherigen Erfahrungen (noch) boykottiert.
Vielleicht bist du auch zu sehr auf einen Orgasmus fixiert?
Bei einem gewissen Stande der Selbsterkenntnis und bei sonstigen für die Beobachtung günstigen Begleitumständen wird es regelmäßig geschehen müssen, dass man sich abscheulich findet.
Franz Kafka

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chrysokoll
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Beitrag Mo., 21.12.2020, 12:49

du brauchst vor allem Geduld, auch wenn dir das verständlicherweise schwer fällt.

Und komm weg von der Sicht mit dem "Chip" etc.
Du bist kein Roboter, kein Computer, das funktioniert so nicht.

Eine liebevolle Beziehung ist sehr viel wert, befriedigende, erfüllende Sexualität dauert u.U. lange.
Es ist sicher gut eine Sexualtherapie zu machen, aber mit reinen Übungen und der Fokussierung darauf kommst du womöglich nicht weiter, das geht tiefer.

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Pocahontas5683
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Beitrag Mo., 21.12.2020, 13:33

Danke für eure Antworten :) Hatte natürlich insgeheim auf eine magische Zauberformel gehofft, um das Thema mit einem Fingerschnips aus der Welt zu schaffen, aber Geduld & Ausprobieren klingt auf jedenfall realistischer ;)

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helgak62
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Beitrag Mi., 23.12.2020, 12:43

Für mich macht sich da eine ganz grundsätzliche Frage auf: Nach was suchts du - nach einer erfüllenden und guten Beziehung oder den ultimativen Sex?
Für mich hat Beziehung und Intimität nur bedingt etwas mit Sex zu tun. Ich denke, dass könnte für dich einmal eine ganz neue Erfahrung sein, Beziehung nicht rundum Sex zu "bauen". Ich wünsch dir, dass du einfach einmal wohltuende Beziehung und Intimität genießen kannst - vertraut sein, sich körperlich nah sein, gegenseitiges Verstehen, gemeinsam schöne Dinge tun,... Das kann in manchen Fällen viel erfüllender sein und das beste daran: es dauert viel länger als ein Orgasmus! Und in einer guten Partnerschaft wird jemand bei dir sein, mit dem du den Weg zu erfüllender Sexualität gemeinsam gehen kannst.


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Pocahontas5683
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Beitrag Mi., 23.12.2020, 15:33

@helgak62

Vielen Dank für deine Antwort. Ich bin sprachlos. Das ist eine ganz neue Perspektive für mich.

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chrysokoll
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weiblich/female, 45
Beiträge: 3983

Beitrag Mi., 23.12.2020, 20:42

die Perspektive halte ich grundsätzlich für sehr gut und sehr wichtig!
Eine nahe, gute, innige Beziehung ist sehr viel wert
Aber: Sexualität gehört normalerweise zu einer Beziehung, eine gute, für beide seiten befriedigende Sexualität.
Gerade wenn man jung ist, gerade am Anfang, gerade wenn einem Sexualität wichtig ist

Ich halte es für gefährlich sich da mit viel viel weniger zufrieden zu geben.
Das ist dann Freundschaft, aber nicht nur Beziehung

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peponi
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Beiträge: 908

Beitrag Mo., 28.12.2020, 13:11

es tut mir leid, was dir passiert ist, und es ist verständlich, dass du so keinen unbeschwerten Zugang zu Sexualität hast.

Was ich mich, ganz pragmatisch, gerade frage: wie ist das bei dir mit Sexspielzeug? Hast du das schon einmal versucht und hilft dir das in irgendeiner Art? Das Spektrum da ist ja wirklich sehr breit, da ist eigentlich für jede etwas dabei, man muss vielleicht nur ein wenig herumprobieren, bis man das für sich Passende gefunden hat.

Ich glaube, eine befriedigende Sexualität ist sehr viel Kopfsache. Und wenn man den Kopf nicht abschalten kann, ein falscher Gedanke auftaucht, den man nicht zur Seite schieben kann, ist die Erregung schnell weg. Ich kenne das alles leider ziemlich gut. Mir helfen Schmerzen tatsächlich ziemlich gut, um bei mir bleiben zu können, aber das ist auch nicht für jeden etwas... Was magst du denn? Weißt du das? Wenn nicht, wäre es vielleicht erst einmal Zeit, das herauszufinden... in Ruhe, ohne Stress, ohne Druck, ohne das zwanghafte Ziel, dass es unbedingt auf einen Orgasmus hinauslaufen muss.
silence like a cancer grows.

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diesoderdas
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Beiträge: 3693

Beitrag Mo., 28.12.2020, 21:02

Hi Pocahontas,

ich habe da noch einen anderen Gedanken.
Wenn ihr Sex habt, kommen da auch Gedanken auf an die früheren Männer? Oder entsprechende Gefühle?
Oder wenn du keinen Orgasmus hast, frustet dich das nur? Oder bist auch traurig? Wütend?

Was wäre, wenn du diese Gefühle deinem Freund zeigst (sofern vorhanden - vielleicht rede ich ja auch von für dich völlig unzutreffendem Zeugs)?
Würde er es aushalten, wenn dir z.B. mal die Tränen kommen würden, wenn ihr "mitten drin" seid?

Sofern er das kann, könnte ich mir nämlich vorstellen, dass sowas auch eine ziemliche Intimität schaffen kann.
Wie gesagt, geht vielleicht an dir vorbei und stammt eher von mir...

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