viele Jahre Gewalt und Missbrauch - aber keine Folgen

Körperliche und seelische Gewalt ebenso wie die verschiedenen Formen von Gewalt (wie etwa der Gewalt gegen sich selbst (SvV) oder Missbrauchserfahrungen) sind in diesem Forumsbereich das Thema.
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Hope67
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Beitrag Do., 16.10.2008, 20:27

Guten Abend Alhambra,

Du liegst sicher nicht daneben wenn Du der Meinung bist, das meine Mutter sich ihren gut bürgerlichen Stand nicht von so einer wie mir kaputt machen lässt.
Damals... als sie meinen Vater an eine andere Frau (die Ärmste) regelrecht "verhökert" hat (ich bin der Meinung das sie ihn zu diesem Zeitpunkt bewusst loswerden wollte) hat sie das Elternhaus verkauft und ist ziemlich weit weggezogen vom Ort des Geschehens. Meine jüngere Schwester hat sie mitgenommen (DIE Schwester, die ganz normal aufgewachsen ist ) Nun... meine Lebensumstände hatten es so ergeben, das ich mit meinem Sohn nach Ehescheidung hier im selben Umfeld gelandet bin. Sicher habe ich hier auch eine gute Bekannte (Freundin?) gefunden und ein bis zwei Vertraute Menschen. DIE wissen auch Bescheid über mich. Und genau das hat meine Mutter mir vor gar nicht so langer Zeit an den Kopf geworfen : " Ich lasse mir mein hart aufgebautes Image von DIR nicht zerstören"
Was sagt uns das? Sie WUSSTE es !!! Ich hatte bis vor kurzem ja überhaupt keine Erinnerung an meine ersten 16 Lebensjahre und daher auch keine positiven Vorkommnisse. Es fing an mit schlechten Erinnerungen. Durcheinandergewürfelt und quer. Mittlerweile weiss ich auch ein paar Gute. Ungefähr solche: wir haben mal vorm Fernseher beim Rosenmontagsumzug Blutorangen gegessen. Tja... sehr positiv oder?
JA! Ich vermisse eine Mutter wie ich es eine bin. Eine (das Wort bitte auf der Zunge zergehen lassen:) A f f e n m u t t e r Aber die bin ich mit Leib und Seele.
Meinen Vater nicht mehr zu lieben und auf jegliche Zuwendung von ihm verzichten zu wollen habe ich mittlerweile erlernt. Das ist nämlich auch so eine prikäre Sache. Das schlechte Gewissen weil es einem ja durch die Gefühle, die er in einem als erfahrener erwachsener Mann erwecken konnte, manchmal leider auch (rein gefühlstechnisch) gefallen hat. Boah ist das krank !
Auf meine Mutter verzichten zu können, bzw. auf ihre Liebe die vielleicht DOCH noch mal irgendwann zu spüren sein würde ist unheimlich schwer für mich. Und noch dazu kommt die Tatsache, das ich in den letzten 7 Jahren sehr sehr sehr auf meine Familie angewiesen war weil ich NICHTS... aber auch garnichts alleine konnte durch meine ziemlich breitspektrische Angstkrankheit. Ich habe wegen Angst keinen Führerschein und auch der könnte mir nichts helfen, weil ich mich allein nicht aus dem Haus bewege. Sei dann mal abhängig von der Güte und Geduld ausgerechnet dieser Menschen. Stop! Heute habe ich ganz allein in einer grossen grossen Landeshauptstadt den Weg zu Aldi geschafft und Schokolade gekauft. Das war unheimlich hart und ich dachte ich sterbe. Aber ich habs geschafft !!! Muss nur noch lernen ein Gefühl dafür in mir fühlen zu können. Weils ja eigentlich so sehr selbstverständlich ist. Ich habs meiner Mutter erzählt das ich es heute gemacht habe und habe den Spruch: Wieso? Es waren ja gaaaanz viele Leute in der Stadt. Du warst ja nicht allein" geerntet. Wieder ein Satz mit X also. Ich beziehe ja nun Rente und so oft reicht das Geld für mich und mein Kind nicht. Dann kann ich mir anhören: Wenn Du mehr Geld willst, gehe arbeiten" Ach .. ich könnte sooo viele Beispiele nennen die sich mir endlich mal in mein Hirn brennen sollten. Damit ich da nicht mehr hinterher renne.
Mittlerweile habe ich ja nun einen ganz sehr viel lieben Partner der mich meistens versteht und sehr unterstützt. Der hat heute sogar ein bisschen geweint weil er so stolz auf mich war. Mal sehen... wann er auch von ihr degradiert wird, sobald sie merkt das ich viel zu mutig und eigenständig werde
Ach.. ich hör mal lieber auf, damit Dir nicht schwindelig wird beim Kopfschütteln über mich
Ich bin aber auf dem richtigen Weg denke ich

wünsche Dir eine gute erholsame Nacht

Hope

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Alhambra
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Beitrag Fr., 17.10.2008, 14:23

Hallo Hope,

vielleicht widerspricht sich das gar nicht so sehr, einerseits bei gewissen alltäglichen Verrichtungen auf die Hilfe Deiner Mutter angewiesen zu sein - und andererseits etwas mehr emotionalen Abstand zu ihr aufzubauen?
Sicher ist es schwierig, jemanden, der einem hilft, nicht auch gefühlsmäßig an sich ran zu lassen, aber bei den Sprüchen, womit sie es begleitet, können wir wohl annehmen, dass sie es wenig um deinetwillen tut, éher, um vor sich selbst gut dazustehen. Dann hat sie ja zwei Fliegen mit einer KLappe geschlagen: sie fühlt sich prima, weil sie ja ach so aufopferungsvoll ihrer kranken Tochter hilft und gleichzeitig fühlt sie sich nochmal prima, weil sie darüberhinaus Dich gemäß ihres alten Schemas runterputzen kann.

Gut, dass Du eo einen Partner hast, der sich für Deine Erfolge mit Dir freut. Vielleicht gelingt es Dir mit der Zeit mehr und mehr, das Zuwendungs-Bedürfnis ganz auf diese Seite zu verlagern, wo es mit ehrlichen, Dich ernst nehmenden Signalen bedacht wird.

Schönen Nachmittag noch!
Alhambra

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Alhambra
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Beiträge: 15

Beitrag Fr., 17.10.2008, 14:37

Liebe AlterEgo,

das kann ich mir tatsächlich ganz gut vorstellen, was Du schreibst, dass das sozusagen ein emotionaler Gau wäre, wenn ich mir vorstellen müsste/es Anzeichen gäbe, dass mein Mann unsere Tochter missbraucht.
Zum Glück ist das ja bei mir nicht unbewusst, was mir in dieser Hinsicht als kleines Mädchen passiert ist, weshalb ich jetzt mal nicht hoffe, dass mir das irgendwann so 'plötzlich' in den Kopf käme.
Aber darüber nachgedacht habe ich dennoch öfter. Ich vertraue ihm allerdings sehr - wir sind schon über 12 Jahre zusammen und geheiratet haben wir erst nach ca. 10 Jahren Partnerschaft. Er wollte das früher und musste in dieser Hinsicht lange, lange ausharren. Er hat es aber gemacht. Und er ist ein super Papa.
Ich denke trotzdem hin und wieder daran...manchmal ist das für mich sehr unangenehm, weil es sich anfühlt, als würde ich ihm etwas unterstellen, wofür er mir wirklich keinen Grund gibt. Aber dann denke ich wieder, es ist ok, denn ich bin ja nicht in dem Sinn misstrauisch oder dichte ihm was an - ich denke eben nur manchmal an diese theoretische Möglichkeit und frage mich dann, ob es dafür Anzeichen gibt.
Ich glaube, er ist sich dessen bewusst. Er hat viel Kontakt mit unserer Tochter vor meinen Augen und zeigt mir, dass er das Vertrauen zu Recht genießt. Ich glaube, er akzeptiert es, dass ich mir diese Frage wohl hin und wieder stelle und bezieht sie gar nicht so sehr auf sich persönlich, sondern mehr auf 'mich persönlich'.

Viele Grüße
Alhambra

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Alhambra
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Beitrag Fr., 17.10.2008, 14:48

Liebe Thorn,
Alhambra hat geschrieben:Kannst du damit was anfangen?

Oh ja!
Ich finde sogar, dass man unsere Situationen durchaus vergleichen kann: bei Dir sehen die Leute die Narben, bei mir kennen sie eben die Geschichte. Und beide ordnen wir uns dadurch sozusagen einer bestimmten Gruppe in der Herde zu (finde ich nen super Vergleich!) und fragen uns, da wir nun schon in dieser Gruppe gelandet sind, ob wir nun nicht bitte genau so reagieren müssten wie sie.
Insofern bist Du für mich eben doch ein 'kleiner Profi' und Dein Zuspruch tut auf jeden Fall sehr gut.
thorn hat geschrieben:Ist doch eigentlich komisch, dass wir nie nach Beweisen dafür suchen, dass unser schlechtes Gefühl echt ist, aber unsere guten Gefühle nur allzu leicht anzweifeln

Diesen Satz finde ich wirklich gut. Du führst mir das Ungleichgewicht in dier Bewertung von mir selbst vor Augen und es stimmt: wenn ich dem einen vertarue, warum nicht auch dem anderen?
Mir geht es auch mit meiner Unsicherheit in Bezug auf mein eigenes Gefühl für mich schon viel besser. Ich wundere mich direkt, dass ich nicht mal früher auf die Idee gekommen bin, nach Austausch mit anderen Missbrauchs- und Gewaltopfern zu suchen, denn schon die paar Tage, die ich jetzt zwischendurch hier im Forum herumgelesen habe, haben mir echt richtig viel gebracht. Wenn ich die Geschichten und Meinungen hier so lese, dann finde ich eine Menge Dinge, die bei mir wirklich ein ganzes Stück anders gelaufen sind und mir wohl geholfen haben, heute so gesund zu sein.
Dies sowie die Bestärkung in der Selbstwahrnehmung haben mein Grübelaufkommen nun schon ganz gewaltig reduziert!

Nochmal lieben Dank Dir und nen schönen Start ins Wochenende!
Alhambra

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lingaroni
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Beitrag Mi., 29.10.2008, 19:54

Hallo Alhambra.

Also ich glaub Dir das schon, dass es Dir gut geht. Ich glaub Dir das deshalb, weil Du strafrechtlich erfolgreich gegen Deinen Vater vorgehen konntest. Letztlich hast Du damit Genugtuung erhalten. Dein Vater hat schlimmes getan, aber er wurde bestraft. Die "Gesellschaft" hat zu Dir gehalten. Nun gibt es aber Verbrechen, die so intelligent ausgeführt wurden, dass der Täter immer gut da steht, und das Opfer eben keine Genugtuung erfährt, schlimmstenfalls wird das Opfer zum Täter erklärt und von der Gesellschaft dafür bestraft, dass es versucht hat, sich zu wehren.

Die Frage, die offen bleibt ist, ob es den anderen auch gut mit Dir geht.

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