Moral / Welche Rolle?

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Marja
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Beitrag Di., 13.07.2010, 21:26

Wenn ich beginnen würde, über meine Moral nachzudenken, würde ich auf der Stelle einen Moralischen kriegen.

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Beitrag Di., 13.07.2010, 21:47

Hallo Ghostvoice,
Ghostvoice hat geschrieben:Mich würde zuallererst interessieren, in welchen Aspekten konkret du in ihren Augen moralische Sichtweisen zeigst. Sie wird dir bestimmt ein paar Beispiele genannt haben.

Nein, Beispiele hat sie nicht genannt. Wir kennen uns schon ewig lange, und da gibt es einen großen Erfahrungsfundus. Und ich denke, sie hat auch recht.
Beispiele wären, für mich ist es auch eine moralische Kategorie, wenn sich auf der Arbeit jemand auf Kosten anderer profilieren möchte. Sie kennt auch meine Trennungsgeschichte und mein Verhalten dabei. Es stimmt, auch da spielen moralische Aspekte eine ziemliche Rolle. Auch in der Politik finde ich oft Verhalten verwerflich etc. Wahrscheinlich beziehe ich mich auf solche Kategorien öfter als üblich ist. Deshalb ihre Sicht.
Ghostvoice hat geschrieben:(schliesslich ist der Vorwurf moralischer Sichtweisen ein ziemlicher Tiefschlag, . . .
Interessant ist, dass ich, was sie sagte, im allerersten Moment als ärgerlich, empfand. Weil so was wie "du bist da sehr moralisch" üblicherweise einen deutlich negativen Beiklang hat. Bis mir klar wurde, einerseits stimmt das, und zweitens finde ich, das ist auch gut so, oder wie man neudeutsch sagt "ich stehe dazu".

Gruß
Anastasius

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Beitrag Di., 13.07.2010, 22:25

Hallo foobar,
foobar hat geschrieben:Andere Menschen sind anders und haben andere Vorstellungen. Und wenn die Einstellungen wirklich aufeinanderprallen. Wenn das was die anderen tun mit Deinen eigenen Vorstellungen nicht einmal im Ansatz in Übereinstimmung zu bringen sind, dann gilt: Such Dir andere Freunde.
Es geht ja gar nicht immer und am seltensten um Freunde. Nimm den Fall, jemand in der Politik begünstigt Verwandte, "alte Kameraden" oder sonst wen in rechtlich nicht greifbarem Rahmen. Betreibt dunkle Geschäfte. Schiebt Untergebenen eigene Fehler zu etc. Ist ja nicht so aus der Luft gegriffen.

Da mögen manche sagen, na gut, andere haben eben ander Vorstellungen. Das eine ist nicht besser als das andere. Tue ich aber nicht. Machst du das so? Und es geht auch um Menschen, mit denen man nicht unbedingt aus freien Stücken zu tun hat. Grundsätzliche "Gleichmacherei" oder Wertabstinenz ist nicht meine Position.

Anmerken möchte ich, es ist kein Problem für mich, das mich irgendwie plagt. In der Praxis komme ich damit gut zurecht. Ich wollte wissen, wie es für andere ist. Pointiert könnte ich, was ich auch aus Erfahrung für mich gelernt habe, so zusammenfassen: Mut zum Werturteil. Mir ist klar, dass ich damit nicht mit dem Mainstream konform gehe.

Gruß
Anastasius

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TimpeTe
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Beitrag Di., 13.07.2010, 23:11

Hallo Anastasius

An einem schönen Sommernachmittag – es mag schon gut zwanzig Jahre her sein- sass ich im Zürcher- Niederdörfli an einer Bar und schwatzte mit einer Hure, die ich schon viele Jahre kannte. Vor ihr auf dem Tresen stand ein Glas mit einer Vogelspinne- sie strahlte mich an und sagte....“Weisch, dä Chollä hetti müäsä für gschiiders bruuchä, aber ......

Am selben Abend war ich zu einer Schiffstaufe im Jachtclub eines Familienmitgliedes eingeladen. Erlesene Gäste, erlesene Getränke, erlesene Speisen...
Je mehr die soffen, umso übler wurden sie. Zusammengefasst: mühsam beherrscht anständig ! Eindeutig zweideutig....., kultivierte Schleimer...

Das hat mich damals so richtig heftig beschäftigt. Die- nach gängigen moralischen Vorstellungen verwerflichere Hure war mir um sooooo vieles symphatischer als diese- von der Gesellschaft sicher höher geschätzten Geschäftsherren....

Moral ist ein ganz intimes Abkommen mit mir selber, mich zu bemühen, andere Menschen nicht zu arg zu verletzen. Aber ich bin ein fehlbarer Mensch, und als solcher tue ich Unrecht, und wenn ich Unrecht tue handle ich unmoralisch.
Ich bemühe mich,

aber ich bin ein Mensch....

lg. medusa

Politik war glaub ich noch nie moralisch korrekt...
Wenn wir bedenken, dass wir alle verrückt sind, ist das Leben erklärt. (Mark Twain 1835-1910)

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Beitrag Di., 13.07.2010, 23:16

Hallo Medusa52,
medusa hat geschrieben:.“Weisch, dä Chollä hetti müäsä für gschiiders bruuchä, aber ......
Gibt es auf der Seite hier irgendwo einen Übersetzungs-Button? Ich weiß, die Schönheit der Sprache wird dadurch verschandelt, aber wenigstens im Prinzip hätte ich gerne gewußt, worum es geht.

Gruß
Anastasius

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Milly1
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Beitrag Di., 13.07.2010, 23:20

Lach, ja, eine Übersetzung hätte ich auch gerne.
Ich habe ja irgendwie den Eindruck, dass das für das Verstehen der Geschichte recht wichtig sein könnte...SO verstehe ich sie jedenfalls (auch) nicht (und würde doch so gerne...).

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Hamna
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Beitrag Di., 13.07.2010, 23:56

medusa52 hat geschrieben:....“Weisch, dä Chollä hetti müäsä für gschiiders bruuchä, aber ......
Eigentlich bin ich ja recht gut im Übersetzen von Dialekten, aber hier hakt es auch bei mir aus
Ghostvoice hat geschrieben:schliesslich ist der Vorwurf moralischer Sichtweisen ein ziemlicher Tiefschlag, . . .
Wieso das denn? Ist jetzt schon die Moral an sich verwerflich?
Ehrlich, mit dieser Aussage kann ich jetzt so gar nichts anfangen!

Finde übrigens dies
Innere_Freiheit hat geschrieben:Moral ist, wenn man meint, man wäre besser als die Anderen!
und jenes
foobar hat geschrieben:Moral ist DEINE Vorstellung.
auch etwas irritierend
foobar hat geschrieben:Moral ist nichts absolutes.
Auch hiermit kann ich mich nicht recht anfreunden. Das mag für die Feinheiten stimmen, aber im Großen und Ganzen ist Moral auch schon etwas Absolutes meiner bescheidenen Meinung nach.

Mord, Vergewaltigung, Raub etc. - alles jenseits der Moral und zwar so absolut, dass es sogar gesetztlich geregelt ist (Warum ist das überhaupt nötig? Die Grundsätze der Moral, entnehme ich daraus, sind gesetzlich festgelegt. (ohje, was wäre, wenn nicht? )

Alles, was nicht gesetzlich geregelt ist, nehme ich an, ist demnach dehnbar und dem subjektiven Empfinden des Einzelnen unterworfen?
foobar hat geschrieben:Differenzierung zwischen Gut und Böse
Und was ist eigentlich Gut und Böse? Unterliegt das nicht auch dem Empfinden jedes Einzelnen? Oder ist resp. genauso durch das Gesetz geregelt wie die Moral? (Vielleicht meintest du das sogar damit?)

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Pitt
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Beitrag Mi., 14.07.2010, 00:09

Sir hat geschrieben: Oder einfach : "Was du nicht willst, daß man dir tu', das füg' auch keinem andern zu."
Ich würde diese Regel eigentlich unterstreichen.
Aber, - ist sie hinreichend?
Würde ja auch bedeuten: Womit ich selbst kein Problem habe, wenn man "es mir tut", kann ich anderen bedenkenlos zumuten.
Womit wir beim Problem der individuellen "Grenzen" wären....
Nur son Gedanke
Pitt


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Beitrag Mi., 14.07.2010, 01:45

@ Pitt, Dein Einwand ist berechtigt. Es ist eben nur eine grobe Regel.

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TimpeTe
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Beitrag Mi., 14.07.2010, 07:06

ÜBERSETZUNG:
medusa schrieb:.“Weisch, dä Chollä hetti müäsä für gschiiders bruuchä, aber ......
Weisst du, diese "Kohle" hätte ich für Dringenderes gebraucht.........
(Sie hatte Schulden, und ....aber das Freiergeld hat sie gleich in eine Vogelspinne umgewandelt... )

lg. medusa
Wenn wir bedenken, dass wir alle verrückt sind, ist das Leben erklärt. (Mark Twain 1835-1910)

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foobar
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Beitrag Mi., 14.07.2010, 08:05

Ist ein schwieriges Thema. Man lebt mit Moral aber wer macht sich da schon wirklich Gedanken bevor er auf so eine Diskussion wie hier stösst ...
Rilke hat geschrieben:
foobar hat geschrieben: Moral ist DEINE Vorstellung.
auch etwas irritierend
Ich versuch weiter unten zu erklären was ich meine.
Rilke hat geschrieben:
foobar hat geschrieben: Moral ist nichts absolutes.
Auch hiermit kann ich mich nicht recht anfreunden. Das mag für die Feinheiten stimmen, aber im Großen und Ganzen ist Moral auch schon etwas Absolutes meiner bescheidenen Meinung nach.
Moralvorstellungen sind von der Zeit und von der jeweiligen Gesellschaft geprägt. Was hier und jetzt moralisch einwandfrei ist kann dort und zu einer anderen Zeit als unmoralisch gelten und vice versa. Sklavenhaltung? In alten Kulturen von einem moralisch/ethischen Standpunkt heraus völlig akzeptabel. In unserer Gesellschaft völlig inakzeptabel. Das Küssen in der Öffentlichkeit? In Indien unmoralisch, bei uns völlig normal. Das rituelle Opfern eines Kindes? In mesoamerikanischen Kulturen eine Ehre. Bei uns unvorstellbar. Foltern? Eine völlig normale Herangehensweise im Mittelalter. Heute: unmoralisch / unethisch. Kannibalismus? In Neuseeland zur Zeit von James Cook wohl normal für die damaligen Maori. Päderastie? Im antiken Griechenland (Knabenliebe) nicht unmoralisch. IMHO hat Platon selbst z.B. den gelegentlichen Sex mit Knaben gepriesen. Über unserer heutige Ansicht zu dem Thema brauchen wir wohl nicht zu diskutieren.
Rilke hat geschrieben:
foobar hat geschrieben: Differenzierung zwischen Gut und Böse
Und was ist eigentlich Gut und Böse? Unterliegt das nicht auch dem Empfinden jedes Einzelnen?
Ja, sag ich doch. Moral ist erstmal etwas persönliches. Es ist eine Handlungsanweisung an Dich selbst. Ausgehend von Deinem eigenen Verständnis von Richtig und Falsch (oder halt Gut und Böse). Das ist natürlich von Deiner Sozialisation geprägt aber letztendlich passt Du das auch individuell für Dich selbst an. Wir Beide z.B. werden bestimmt im Großen und Ganzen ähnliche moralische Vorstellungen haben weil wir Beide im europäischen Raum aufgewachsen sind aber auch unsere Vorstellungen werden sich zum Teil unterscheiden.

Nimm ein erzkonservatives und katholisches Mitglied unserer Gesellschaft und stell dem ein linksliberales und atheistisches Mitglied gegenüber. Da wird es Gemeinsamkeiten in den moralischen Überzeugungen geben aber mit Sicherheit auch sehr viel trennendes. Was ist mit der katholischen Soziallehre? Stell da mal den Calvinismus gegenüber. etc.
Rilke hat geschrieben: Oder ist resp. genauso durch das Gesetz geregelt wie die Moral?
Ich würde erstmal nicht sagen, dass die Moral durch Gesetze geregelt ist sondern das gewisse moralische Vorstellungen einer Zeit / Gesellschaft für so wichtig erachtet werden das daraus Gesetze entstehen um Ihre Einhaltung zu erzwingen. Ändert sich die Moral, dann ändern sich auch die Gesetze (Bsp. die Diskussion um den §218 in den 70(?)ern der letzen Jahrhunderts)
Zuletzt geändert von foobar am Mi., 14.07.2010, 09:17, insgesamt 1-mal geändert.
Das Leben ist ein Sack voll Spaß und ich darf ihn aufmachen!

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foobar
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Beitrag Mi., 14.07.2010, 08:25

Anastasius hat geschrieben: Es geht ja gar nicht immer und am seltensten um Freunde. Nimm den Fall, jemand in der Politik begünstigt Verwandte, "alte Kameraden" oder sonst wen in rechtlich nicht greifbarem Rahmen. …
Ja, da hast Du recht. Da bin ich zu kurz gesprungen.
Anastasius hat geschrieben: Da mögen manche sagen, na gut, andere haben eben ander Vorstellungen. Das eine ist nicht besser als das andere. Tue ich aber nicht. Machst du das so?
Nein, mach ich natürlich nicht. Ich hab ja genau wie Du meinen moralischen Kompass der mir sagt was richtig und was falsch ist. Ich komm genau wie Du i.A. in der Praxis damit zurecht. Ich denke bei solchen Fällen muss man sich halt entscheiden in wie weit es die eigenen Grenzen sprengt. Ob es die eigenen moralischen Vorstellungen in einem Maße verletzt die ein aktives Handeln quasi erzwingen. Politik und Wirtschaft, wie von Dir angeführt, sind sicherlich ein gutes Beispiel. Für mich ganz persönlich ist das alles nicht mehr moralisch vertretbar. Ich kann da nicht mehr wirklich drüber hinwegsehen. Mein Schluss daraus ist: Ich muss politisch (parteipolitisch oder/und ausserparlamentarisch) aktiv werden. Das ist auf jeden Fall mein Vorsatz. Ob ich Ihn realisieren werde hängt auch von meiner eigenen Verfassung ab. Ich bin immer noch sehr erschöpft und meine Leistungsfähigkeit ist sehr eingeschränkt aber es ist mein Plan aktiv dafür zu kämpfen das diese (in meinen Augen) Unmoral ein Ende findet.
Das Leben ist ein Sack voll Spaß und ich darf ihn aufmachen!

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