wie wirken eigentlich Antidepressiva?

Erfahrungsaustausch zur Begleitmedikation zur Psychotherapie (Psychopharmaka und pflanzliche Mittel). Achtung: dient nicht zur gegenseitigen Medikamentenberatung, die ausschließlich Fachärzten vorbehalten ist. Derartige Beiträge werden aus dem Forum entfernt.
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candle.
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Beitrag Fr., 16.08.2013, 10:38

hopeless81 hat geschrieben: Wenn du wirklich einen
chronischen Mangel in deinem Gehirn hast, macht auch Psychotherapie nichts mehr.
Wie untersucht man das denn?

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hope_81
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Beitrag Fr., 16.08.2013, 10:56

Das Beste, was du für einen Menschen tun kannst, ist nicht nur deinen Reichtum mit ihm zu teilen, sondern ihm seinen eigenen zu zeigen.
Benjamin Disraeli

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candle.
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Beitrag Fr., 16.08.2013, 11:10

Das ist genau das, was ich schon wußte. Ich dachte ernsthaft, dass man am Gehirn direkt untersuchen kann, aber da sind wir wohl noch nicht so weit. Kann ja auch eine Membranleistungsschwäche sein oder so- dachte ich. Da wird aber nur von gängigen Erkrankungsbildern gesprochen, die da einwirken können. Schade!

Naja, hope, aber irgendwas macht Psychotherapie ja auch im Gehirn, also kann das schon helfen. Naja, will hier nicht weiter stören.

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hope_81
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Beitrag Fr., 16.08.2013, 11:16

Ja klar macht Psychotherapie was mit deinem Gehirn, Psychotherapie ist die Arbeit am Gehirn
Allerdings kann Psychotherapie kein Serotonin oder Noradrenalin synthetisieren.
Okay, stören wir beide hier nicht mehr weiter.
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Henrike76
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Beitrag Fr., 16.08.2013, 11:24

hallo toska13

ja da hast Du einiges an der Backe.

"wie gesagt mein leben ist nicht leicht, mein LG ist alkoholkrank, meine mutter krank und bettlägerig(ich kümmer mich sehr um sie), ich habe finanzielle probleme und 2 volkschulkinder"

Wobei die Volksschulkinder je weniger ein Problem sein dürften. Immerhin sind sie wohl gesund.

Fordere da mal aktiv Hilfe ein (insbesondere mit der Mutter) und auch über die Selbsthilfegruppe der AL-ANON (Angehörige Suchtkranker).

Das hat Dich wahrsch. schon längst ausbluten lassen, evtl. ist es aber noch nicht zu spät.
Was sagt denn der LG zu einer eigenen Therapie?

Das wäre hier wichtig zu wissen!
Wo tankst Du selbst auf und kommst auf andere Gedanken?

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Dampfnudel
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Beitrag Fr., 16.08.2013, 20:14

Hallo Toska,

da hast Du wirklich viel auszuhalten. So eine Lebenssituation ist ja ein ganz guter "Nährboden" für eine Depression.

Vor über zwei Jahren habe ich mal in einem Blog erzählt, wie ich die Erklärung zu den Antidepressiva von meiner Ärztin verstanden habe. Ich glaube, das passt auch ganz gut zu Deinen Fragen. Da der Blog inzwischen geschlossen ist und daher auch irgendwann gelöscht wird, kopiere ich die Beiträge mal hier rein, anstatt sie nur zu verlinken:

Die erste Frage war, wie lange man Antidepressiva eigentlich nimmt und wie es kommt, dass man sie dann wieder absetzen kann:

"Als ich meine Frau Doktor gefragt habe, wie lange ich das nehmen sollte, meinte sie, normalerweise mindestens bis es einem besser geht plus sechs Monate. In meinem Fall würde sie allerdings von mindestens ein bis zwei Jahren ausgehen, da ich sehr spät zu ihr gekommen sei und die Depression sich dadurch schon ziemlich chronifiziert hätte.
Ich habe dann gefragt, warum eine längere Einnahmedauer da wirksamer sein sollte, und sie meinte, dass bei Störungen wie Depressionen und Ängsten ein chemisches Ungleichgewicht im Gehirn herrsche und dass manche der Botenstoffe nicht in ausreichendem Maße in den synaptischen Spalten vorhanden sind, um eben die Informationsweiterleitung zu gewährleisten. Daher würde das Medikament dafür sorgen, dass die Botenstoffe, die ausgeschüttet werden, länger im synaptischen Spalt bleiben, bevor sie von der Zelle wieder "eingesammelt" werden, so dass sie mehr Zeit haben, ihre Arbeit zu tun (es ging da um einen selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer; inzwischen habe ich zu einem Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer gewechselt, der wohl auch besser gegen Angst wirkt, aber das Prinzip ist dasselbe).
Wenn nun dieses Ungleichgewicht samt seinen Symptomen schon eine längere Zeit bestanden habe, sei das ganze System, auch mein Verhalten, sehr dadurch geprägt, und es würde einfach Zeit brauchen, bis es sich wieder verändert. Ich hätte während der Einnahmedauer die Möglichkeit, neue, andere Erfahrungen zu sammeln und bewusst Dinge zu verändern (z. B. auch in der Therapie), die mich auch wieder anders prägen und die mir schließlich eben die Möglichkeit geben, das System so zu reorganisieren, dass es irgendwann auch wieder allein richtig funktionieren kann. So habe ich das verstanden.

Ich habe für mich herausgezogen: Ich bekomme durch die Medikamente die Möglichkeit, Dinge zu verändern und mich weiterzuentwickeln, was ich ohne die Medis aufgrund der psychischen Belastung so nicht mehr geschafft hätte. Weil dafür eben keine Kraftreserven mehr übrig waren, die gingen alle fürs Aushalten und Überleben drauf. Um die Medis irgendwann wieder absetzen zu können, ist es allerdings nötig, dass ich das auch wirklich mache mit dem Verändern, dass ich aktiv daran arbeite. Das Ganze geht aber nicht von heute auf morgen, sondern diese Veränderung braucht Zeit. Und die Medis nehme ich so lange, wie ich eben an Zeit dafür brauche."


Dann zu der Frage, was die Botenstoffe in den synaptischen Spalten machen, was sie weitergeben sollen und wieso ansonsten eine Depression entsteht:


"Das habe ich mich auch gefragt und dann erstmal gegoogelt. Hier steht zum Beispiel in recht angenehm lesbarer Form etwas darüber, was das Serotonin so weitergibt http://www.gluecksforschung.de/Botenstoffe.htm
Die Überschriften aus dem Text, der sich hinter diesem Link verbirgt, geben einen kurzen Überblick darüber, welche Bestandteile des Glücks-Botenstoff-Cocktails für welche Aufgaben zuständig sein sollen:"

http://www.gluecksforschung.de/Botenstoffe.htm hat geschrieben: 2.1 Dopamin: Weit mehr als nur der Botenstoff des Glücks, der Lust und des Vergnügens

2.2 Der Stimmungsaufheller Serotonin gibt uns emotionale Ausgeglichenheit, Gelassenheit, inneren Frieden, Ruhe und Zufriedenheit (näheres dazu steht wie gesagt in dem Link, u. a. auch: "Ein gut genug funktionierendes Serotoninsystem überträgt an seine Ser1A-, Ser1B-, Ser2A-Rezeptoren und Ser-Wiederaufnahme-Transporter gleichsam die Botschaft, dass wir satt, gelassen, innerlich ausgeglichen, ruhig und zufrieden sind. Dabei dämpft es eine ganze Reihe unterschiedlicher Gefühlszustände wie Aggressivität, Hunger, Angstgefühle, Kummer und Sorgen, Niedergeschlagenheit und Depressionen. ")

2.3 Noradrenalin erregt, aktiviert, macht uns wach und reaktionsbereit, und wir sind aufmerksamer, motivierter und leistungsbereiter

2.4 Die Endorphine: Unsere Schmerzkiller

2.5 Oxytocin, das vertrauensbildende Hormon für mehr Liebe, Sex, zwischenmenschliche Risiko- und Kooperationsbereitschaft, Sinn für partnerschaftliche Fairness und Edelsinn

Als nächstes ging es um die Frage, was die Botenstoffe damit zu tun haben, dass man andere Erfahrungen machen kann:

"Erfahrungen prägen ja das Hirn, sowohl in seinen Strukturen als auch in seinen Funktionen (z. B. Verhalten des Neurotransmittersystems). Ich hab das so verstanden, dass das aktuelle Erleben, Verhalten, Denken, ... sich so entwickelt hat, dass das Neurotransmittersystem bei psychischen Problemen eben in diese ungünstige Funktionsweise hineingeraten ist und nun darin "festhängt" - warum auch immer, vielleicht Gewohnheit, vielleicht anhaltend schlechte Erfahrungen durch die negativen Emotionen die man in der Situation hat, vielleicht negative Emotionen, die durch die Erfahrungen verstärkt werden, die man in diesem Zustand macht, was weiß ich.

Die Medikamente durchbrechen erstens diesen Kreislauf und machen damit eine Neuorganisation wieder möglich, und zweitens ist man ja durch Depressionen, Ängste oder was man da sonst so mit sich herumschleppt, manchmal auch ziemlich eingeschränkt in seinen Möglichkeiten.

Sei es, dass man weniger raus geht, weniger Leute trifft, weniger Erfahrungen macht, sich weniger zutraut bzw. sich Dinge aus lauter Angst gar nicht mehr zutraut, Dinge nur sehr zögerlich anpackt oder vermeidet, sich unheimlich viele Gedanken um Dinge macht, die man sonst einfach nur tun würde oder wie auch immer. In der Regel verändert sich das Verhalten durch solche emotionalen Probleme ja auch.

Wenn nun die emotionalen Probleme erstmal durch das Medikament abgeschwächt oder sogar ausgeschaltet werden, dann traut man sich vielleicht wieder, mehr rauszugehen, mehr auszuprobieren, kommt leichter mit anderen Leuten in Kontakt bzw. kann besser mit ihnen reden, hat mehr Erfolgserlebnisse, kann Dinge unbeschwerter erleben und verarbeiten, kann Erlebnisse ganz anders wahrnehmen und verarbeiten, weil nicht das ganze Erleben durch die Angst oder die Depression überdeckt und beeinflusst ist und so weiter. Insofern werden vielleicht doch Erfahrungen (wieder) möglich, die ohne Medi dann eben nicht möglich wären. Oder nicht so. Oder viel weniger.

Dadurch kann es dann zum Beispiel auch sein, dass"
man die Antidepressiva nicht mehr nehmen muss: Die Lebensumstände ändern sich, die Therapie hat zu neuen Denk- und Verarbeitungsweisen geführt, das Leben wird wieder aushaltbarer, und man verhält sich auch so, dass das Neurotransmittersystem wieder besser funktioniert. Weil das eben von den Erfahrungen, die man so macht, sehr beeinflusst wird. Und dazu gehören sowohl Erfahrungen im Hinblick auf die äußeren Umstände als auch Erfahrungen des inneren Erlebens.


Die ursprünglichen Beiträge stehen hier: viewtopic.php?f=35&t=15615&p=389749#p389726
Ich hoffe, Du bist nicht erschlagen von der Länge dieses Beitrags, aber ich dachte, vielleicht hilft Dir das in der Ausführlichkeit noch ein bisschen bei der Beantwortung Deiner Fragen.

Viele Grüße
Dampfnudel
Alles hat seine Zeit.

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kmfdm
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Beitrag Mi., 28.08.2013, 17:56

hopeless81 hat geschrieben:Bei den Wirksamkeitsstudien gibt es solche und solche Meinungen.
und die studien, die als "beweis" für die wirksamkeit von ADs angeführt werden, sind in der regel von der pharmaindustrie finanziert. schaut man sie sich genauer an, stößt man teilweise auf haarsträubende methoden, die mit wissenschaftlichkeit rein gar nichts mehr zu tun haben, sondern vielmehr mit bewusster manipulation und täuschung.
hopeless81 hat geschrieben:Wenn du wirklich einen chronischen Mangel in deinem Gehirn hast, macht auch Psychotherapie nichts mehr.
der einzige "beweis" für die sogenannte "serotoninhypothese der depressionsentstehung" ist die "wirksamkeit" von antidepressiva. nur, so wirksam sind die wie gesagt gar nicht.

und es wird noch lustiger: der 50 jahre alte wirkstoff tianeptin wirkt über den genau umgekehrten mechanismus wie die "modernen" SSRIs, ist aber etwa gleich effizient in der behandlung von depressionen, hat allerdings weniger nebenwirkungen. warum wird er heute kaum mehr verschrieben? möglicherweise hängt es damit zusammen, dass mit medikamenten nach ablauf ihres patentschutzes kein großes geld mehr zu machen ist. möglicherweise liegt es auch daran, dass psychiater allesamt keine ahnung von psychopharmakologie und den drogen haben, die sie so bereitwillig verteilen und doch selbst nie probiert haben. warscheinlich liegt's aber an beidem.
hopeless81 hat geschrieben:Ja klar macht Psychotherapie was mit deinem Gehirn, Psychotherapie ist die Arbeit am Gehirn
Allerdings kann Psychotherapie kein Serotonin oder Noradrenalin synthetisieren.
auch ADs können keine neurotransmitter synthetisieren. sie führen lediglich (im optimalfall) für mehr freie (und also aktive) neurotransmitter im synaptischen spalt - genauso, wie jede erfreuliche erfahrung (sei es sex, erfolg, hobbies, gutes essen oder psychotherapie).

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