Was mir meine Thera bedeutet-äußern oder nicht?

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
Benutzeravatar

münchnerkindl
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 38
Beiträge: 9727

Beitrag Di., 05.06.2012, 10:36

B-Moll hat geschrieben: Aber ich glaub irgendwie nicht, dass ich mich jemals trauen werde.

Dann geht die Therapie irgendwann zu ende und du hast die Zeit mit Suhlen emotionaler Abhängigkeit verschwendet.

Ich war schon mal emotional abhängig. Glaube mir, es bringt DICH als Mensch null weiter, die Therapeutin anzuschmachten und dein Lebensglück auf sie abzuwälzen anstatt dich selbst darum zu bemühen. Sowas ist pure Zeitverschwendung und zumindest in meinem Fall hat eine echte Persönlichkeitsentwicklung erst eingesetzt als ich davon entzogen hatte. Warum? Weil sowas wie eine Droge wirkt, eine nicht stoffgebundene Sucht mit der man verhindert daß man mit sich selbst konfrontiert wird. Genauso wie eine Spielsucht, eine Computersucht oder Kaufsucht. Aber heil werden ist immer ein Prozess von bei sich selbst sein.

Von daher, es ist ein Symptom deiner psychischen Problematik und Symptome einer KRANKHEIT sind nie peinlich.

Werbung

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
B-Moll
Helferlein
Helferlein
weiblich/female, 48
Beiträge: 147

Beitrag Di., 05.06.2012, 10:55

Liebe Müki,

danke!!! Jedes Wort, was du schreibst, trifft voll und ganz mein Innerstes. Du berührst mit deiner Intuition genau meine wunden Punkte. Ich hätte es jedoch nie so klar eun eindeutig wahrnehmen oder gar formulieren können.
Meine Väter haben mich oft beschämt/bloßgestellt und psychisch und physisch oft meine Grenzen überschritten. Der leibliche in meinen ersten Lebensjahren manisch-depressiv, mit entweder Abwesenheit oder noch schlimmer extremen Jähzorn, Prügel.
Der Stiefvater später "nur" verbal aggressiv, aber sehr vernichtend, mit sex. Übergriffen.

Die Mutter ergriff kaum Partei für mich, glaubte mir Letztes nicht....was ganz schlimm für mich war!!! Ich blieb allein mit all den Ängsten, der Wut, dem Hass.

Gespräche darüber, wie ICH mich mit den schlimmen familiären Zuständen fühlte, gab es nie. Verständnis für meine Not auch nicht.
Auch über andere Dinge, die mir wichtig gewesen wären, und sei es aus Fluchtgedanken heraus, durfte nie geredet werden.

Als ich EINMAL im Beisein von 2 Freunden meiner Eltern von meinen schulischen Wünschen und Plänen (musische Ausbildung mit Internat ab 14J.) reden wollte, wurde ich extrem zurückgewiesen. "Wie kannst du dich hier nur so wichtig nehmen, das interessiert doch gar keinen, das gehört sich nicht, eine Frechheit ..."
Ich hab mich also dann mit 14 aus dem Spannungsfeld zurückgezogen, bin vorübergehend in eine völlig neue Welt getreten, aber dafür bin ich aus meinem Schneckenhaus meiner Mutter gegenüber nie wieder rausgekommen.

Ja, ich fühle mich innerlich schon ein bißchen wie ein armes Würstchen. Man merkt es mir vielleicht nicht an, da ich diese verletzliche Seite zu verstecken suche, weil ich stark sein will. Aber es gibt im Außen auch wenig Möglichkeiten, mein Selbstwertgefühl zu verbessern, da ich seit Jahren ziemlich isoliert bin und mir keine Arbeit (mehr) zutraue.
Soziale Vermeidungsstrategien als Antwort auf die Scham-Manipulationen in meiner Kindheit...

So ein Teufelskreis.

Danke, liebe Müki, für deine Gedanken. LG von B-Moll

Benutzeravatar

Marielle
sporadischer Gast
sporadischer Gast
weiblich/female, 27
Beiträge: 7

Beitrag Di., 05.06.2012, 13:56

Liebe B- Moll,
leider habe ich grade nicht die Zeit so auf deine Zeilen einzugehen, wie ich es eigentlich gerne würde.. aber wenigstens ein paar Worte dazu...
Als ich deine Zeilen gelesen hab, hätte ich heulen können, weil du mir so sehr aus dem Herzen sprichst... und vor allem du kannst diese Gefühle so gut formulieren, du bringst es genau auf den Punkt...
Bitte nutze das und sprich mit deiner Thera darüber! Scham ist bei mir auch ein großes Thema und ich weiß bei Gott, dass es viel Überwindung braucht, aber bitte trau dich... zeig ihr den Text, wenn du es nicht über die Lippen bringst... nur wenn sie davon weiß, kannst du mit ihr daran arbeiten... und wie du Sie beschreibst, wird sie gut damit umgehen können...
Wie münchnerkindl schon schreibt, natürlich ist diese Sehnsucht, diese Abhängigkeit ein Symptom und darum ist die Scham und deine Angst völlig unbegründet und ich denke, vom Verstand her weißt du das doch auch... es fühlt sich nur eben anders an...
Ich hoffe ich bin dir jetzt nicht zu Nahe getreten... aber das berührt mich gerade alles sehr.

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
B-Moll
Helferlein
Helferlein
weiblich/female, 48
Beiträge: 147

Beitrag Di., 05.06.2012, 15:59

Liebe Müki,
über deine Gedanken:
münchnerkindl hat geschrieben: Weil sowas wie eine Droge wirkt, eine nicht stoffgebundene Sucht mit der man verhindert daß man mit sich selbst konfrontiert wird. Genauso wie eine Spielsucht, eine Computersucht oder Kaufsucht. Aber heil werden ist immer ein Prozess von bei sich selbst sein.
denke ich intensiv nach.

Zum Teil sehe ich das auch so, denke auch, das ich damit Zeit verschwende, aber gerade dieses "Schmachten", Idealisieren usw. bzw. Meine Überlegungen darüber sind ja auch eine Konfrontation mit mir selbst. Oder? Ich darf genau DA hingucken, warum ich diese abhängigen Anteile habe, was sie mir sagen wollen.

Das teilweise Quälende ist vlt. nötig, damit ich mich auch diesem wunden Punkt zuwende. Mir diese Seite in mir anschaue. Ich konfrontiere mich innerlich schon lange damit. Aber noch besser wäre es halt IN der Therapie statt im stillen Kämmerlein.

@Marielle: Danke für deine Anteilnahme und dein Mut-Zusprechen. Ja, ein Teil in mir weiß, sie könnte sicher damit umgehen.
Der andere, größere Teil in mir aber zweifelt scheinbar so sehr daran, dass sich sofort Ängste darüberegen und meine Maske hochziehen.

In den Stunden bin ich dann wie ausgewechselt und kann von dem, was ich hier schreibe, was ich zwischen den Stunden fühle, fast NICHTS spüren. Das ist doch verrückt, oder? Dort sitze ich (denk ich mal) als total rationale und vernünftige und erwachsene Person. Fühle mich ziemlich gesund. Relativ "normal". Frage mich, was ich denn sonst eigentlich für "Probleme" habe, die mir vorgaukeln, so drängend zu sein. Meine Abwehrmechanismen "schützen" mich wahrscheinlich nach wie vor...
Da ist einfach Angst, sie würde mit mir daran nicht arbeiten WOLLEN. (Mutter-Übertragung?)

LG, B-Moll

Werbung

Benutzeravatar

meereswogen
sporadischer Gast
sporadischer Gast
weiblich/female, 35
Beiträge: 16

Beitrag Mi., 06.06.2012, 16:35

Liebe B-Moll,

ich habe eben deinen Beitrag zur Beziehung zu deiner Therapeutin gelesen. Ich denke, dass es grundsätzlich ganz normal ist, dass man, wenn man sehr isoliert ist, zu der Person, mit der man sein Seelenleid(-und freud) teilt, eine ganz enge, sogar abhängige Beziehung entwickelt. Vielleicht könntest du einmal das Thema "Abhängigkeit zu EINER Person" mit ihr thematisieren, ohne ihr direkt zu sagen, dass sie damit gemeint ist und so daran arbeiten, auch wieder Beziehungen zu anderen Menschen einzugehen. Natürlich nur, wenn dich das nicht in irgendwelche Gewissenskonflikte bringt.
Ich denke, es wäre ja auch wichtig im Rahmen einer Therapie daran zu arbeiten, mehrere Anker im Leben zu etablieren, soviel Zeit das auch brauchen mag.
Durch deine Beiträge fühlt man doch, dass du einen tollen Zugang zu dir selbst und anderen hast! Und das kann man auch im wirklichen Leben verwirklichen versuchen - ich weiß, sehr leicht gesagt, aber vielleicht findet sich ein gangbarer Weg!

Ganz liebe Grüße - Meereswogen

Benutzeravatar

münchnerkindl
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 38
Beiträge: 9727

Beitrag Mi., 06.06.2012, 18:35

B-Moll hat geschrieben: In den Stunden bin ich dann wie ausgewechselt und kann von dem, was ich hier schreibe, was ich zwischen den Stunden fühle, fast NICHTS spüren. Das ist doch verrückt, oder? Dort sitze ich (denk ich mal) als total rationale und vernünftige und erwachsene Person. Fühle mich ziemlich gesund. Relativ "normal". Frage mich, was ich denn sonst eigentlich für "Probleme" habe, die mir vorgaukeln, so drängend zu sein. Meine Abwehrmechanismen "schützen" mich wahrscheinlich nach wie vor...
Da ist einfach Angst, sie würde mit mir daran nicht arbeiten WOLLEN. (Mutter-Übertragung?)
Das finde ich nicht so abwegig, ist wohl ähnlich wie in einer Prüfung, man hat alles gelernt alles ist so weit klar, aber in der Prüfungssituation ist dann alles ziemlich weg.

Benutzeravatar

Fast Forward
Forums-Insider
Forums-Insider
weiblich/female, 24
Beiträge: 369

Beitrag Mi., 06.06.2012, 20:10

B-Moll: Ich kenne das genau so, dass ich davor und danach an manchen Tagen total auf Wolken schwebe und dann in den Stunden viel sachlicher und distanzierter bin und mir diese Gefühle so kindisch vorkommen... Woran das genau liegt, krieg ich grade auch nicht so auf die Reihe, aber es macht schon irgendwo Sinn.

Denkst du, dass du diese relative Gefühlsneutralität nicht vielleicht nutzen könntest, mit anderen Hilfsmitteln (wie einem Brief, einer Zeichnung, einer Parabel, ...) über deine Gefühle zu sprechen, wohlwissend, dass es dir in dem Moment weiter weg vorkommt und du es dadurch vielleicht sehr viel besser mit ihrer Hilfe noch untersuchen könntest, als jenseits ihrer vier Wände, wo dich die Gefühle überschwappen? Mehr noch; es dir nicht weh tun kann, oder aus der Bahn werfen, denn du bist da ja irgendwie doch sehr viel mehr bei dir, als sonst wo...

Mir gelingt es nicht immer, aber ab und an schaffe ich es in der Situation, mir einen Ruck zu geben und bin jedes Mal überrascht, wie leicht es doch war. Man vergisst das, aber die Erleichterung und das Erfolgsgefühl danach lohnen für das Bangen und den kurzen Moment in dem man Mut hatte!

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
B-Moll
Helferlein
Helferlein
weiblich/female, 48
Beiträge: 147

Beitrag Do., 07.06.2012, 15:11

Liebe Fast Forward,

ja, dieses "total auf Wolken schweben"...genauso fühlt sich das an ein paar Tagen nach der Therapie. Dann denke ich immer, mit dieser inneren Nähe zu MIR selbst und meinen Gedanken und Gefühlen möchte ich gern mal zu ihr gehen und daran arbeiten. Doch ein paar Tage vor dem neuen Termin ist das plötzlich "weg".
Ich hatte mir jetzt mal extra einen Termin schon nach 10 Tagen geben lassen (sonst geh ich seltener hin), weil ich hoffte, dann bin ich noch NAHE dran. Doch es war wieder nicht greifbar in den Tagen zuvor und am Therapietag.
Ich glaube, es hat nichts mit der Zeit zu tun. Habe ich lange Pausen, rutsche ich vor dem Termin weg von meinem Gefühl, mir selbst nahe sein zu können und habe ich kürzere Pausen, dann auch. Wäre interessant zu wissen, wie das bei mir wäre, wenn ich wie bei einer PA 3 mal wöchentlich hingehen würde. Ob ich dann dran bleiben könnte?

Diese Gefühlsneutralität ist wie eine Sperre. Ich kann dort einfach nicht ran, also kann ich auch nicht drüber reden. Es fühlt sich in dem Moment einfach nicht passend zu meinem momentanen Inneren in der Stunde an. Vielleicht ist es das Wissen um die Asymmetrie, die Abstinenz, die ganzen rational erfassbaren Zusammenhänge, die in DEM Moment, wo sie mir gegenüber sitzt, einfach mehr Gewicht haben als meine sonst so tobenden Gefühle.

Am Anfang meines Threads hatte ich von meiner kranken Freundin geschrieben. Es gab kurz ein wenig Hoffnung, aber inzwischen geht es ihr sehr schecht und sie wird vermutlich sehr bald sterben. Ich hatte KEINE Gelegenheit zum Gespräch mit ihr mehr....Nun rücken wieder diese Gedanken an NICHT gesagte Dinge gegenüber Menschen, die man sehr gern hat/liebt, in meinen Fokus.

Vielleicht finde ich in diesem Zusammenhang doch noch Worte...

Danke euch allen, LG von B-Moll.


montagne
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 99
Beiträge: 4599

Beitrag Fr., 08.06.2012, 22:05

Hallo B-Moll.
Zu deiner Freundin möchte ich sagen:
Vielleicht kannst du ihr all das, was du ihr sagen möchtest noch sagen? Wir wissen doch nicht, was Menschen mitkriegen und was nicht, die angeblich nicht mehr bei Bewusstsein sind.

Ich habe damals wenige Stunden vor dem Tod meiner Großmutter ihr nochmal vieles gesagt. Ich weiß nicht was sie davon mitbekommen hat. Ich weiß nicht ob sie wach war oder nicht.
Für mich war es gut und wichtig, ihr das zu sagen, ihr ganz direkt. Ich bin heute noch sehr dankbar, dass ich von menschen, die sich auskennen mit Sterbebegleitung dazu ermutigt wurde auszusprechen, was mir in dem Moment wichtig war. Hat ja auch damit was zu tun, den Prozess als Angehörige aktiv mitzugestalten, die Beziehung.. auch und insbesondere, wenn sie am Ende des Lebens steht.

Im Grunde habe ich dadurch mehr Mut gefasst im Weiteren auch mehr das zu sagen, was mir wichtig ist in Beziehungen.
Ich wollte dir das nur da lassen, vielleicht hilft es dir.
amor fati

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
B-Moll
Helferlein
Helferlein
weiblich/female, 48
Beiträge: 147

Beitrag Di., 12.06.2012, 12:25

Danke, liebe montagne, für deine Gedanken.

Leider hatte ich keine Gelegenheit mehr, meine Gedanken über unsere Freundschaft zu äußern.
Sie ist nicht mehr unter uns. Erlöst.
Ich darf lernen, wie wichtig es ist, solche Gedanken im Alltag auszusprechen.
Nichts in mir herumschleppen, was raus will...

Liebe Grüße von B-Moll.

Werbung

Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag