Was mir meine Thera bedeutet-äußern oder nicht?

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B-Moll
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Was mir meine Thera bedeutet-äußern oder nicht?

Beitrag Fr., 04.05.2012, 22:56

Liebe Foris,

ich bin gerade sehr unsicher, ob ich meiner Thera in einem "Anfall von Mut" mal meine tiefen Gefühle ihr gegenüber offenbaren sollte oder lieber nicht. Ist sowas "richtig", sinnvoll oder eher eine Grenzüberschreitung?

Auslöser für diese Überlegung ist eine traurige Sache. Meine Freundin ist von einem Tag auf den anderen schwerst erkrankt und liegt nun im Koma. Ungewiss, ob sie überlebt. Ich habe also in den letzten Tagen sehr viel über diese Freundschaft nachgedacht und mir ist sehr schmerzlich bewusst geworden, dass ich ihr noch nie explizit gesagt habe, wieviel mir diese Freundschaft bedeutet, was sie für mich bedeutet. Ich habe ihr nie gesagt, dass ich sie sehr gern habe etc.
Das bedauere ich nun sehr, doch ich weiß nicht, ob ich je noch die Gelegenheit dazu haben werde.

Doch zurück zu meiner Thera.
Meine Gefühle für meine Thera sind sehr intensiv, seit vielen Jahren. Ich fühle mich mit ihr in fast jeder Minute meines Lebens innerlich ganz sehr verbunden. Denke oft an sie und fast jeden Gedanken im (vermeintlichen) Kontext zu ihr. Das ist schön und schmerzlich zugleich.
(Ob sie diese Musik wohl auch mag? Würde sie diese Bluse mögen? Ob diese Schuhe auch ihren Geschmack träfen? Wie würde sie im Streit mit ihrem Mann jetzt reagieren? Jetzt geht sie in die nächste Stunde. Heute hat sie frei, was wird sie gerade tun? Jetzt hat sie Chorprobe....) Das geht den ganzen Tag so in meinem Kopf....

In mir eine bunte Mischung aus Idealisierung/riesengroß empfundener Vorbildwirkung, Abhängigkeit von der wohltuenden Zuwendung, dem sich-immer-Verstanden-Fühlen, auch von dem sich-niemals-abgelehnt-Fühlen und überhaupt von der Therapie-Athmosphäre usw.

Bestimmt ist auch ein bißchen Verliebtheit dabei, aber jetzt nicht sexuell gemeint. Zumindest habe ich immer eine freudige Erwartungshaltung vor den Stunden. Immer einen schnelleren Herzschlag, wenn ich an sie denke.


Ein Teil in mir möchte so gern endlich mal zu all diesen Gefühlen in mir stehen, ihr all dies mal von Angesicht zu Angesicht sagen, aber da ist so viel Scham und Angst in mir, dass ich bisher nicht darüber gesprochen habe. Nur schriftlich konnte ich zumindest meine Dankbarkeit ausdrücken und einmal auch ein bißchen von diesen Gefühlen schreiben. Aber wir haben nicht drüber gesprochen. Meine Thera ist der Meinung, dass ich entscheiden muss, worüber wir reden wollen...

Der andere Teil sagt: Nein, das "schickt" sich nicht. Du bist eine erwachsene Frau, solche Gefühlsdinge gehören nicht in eine Therapiebeziehung. Und die ist es nunmal und wird es (leider) auch immer bleiben.

Dieser vernünftige Teil sagt: Das ist eine Übertragungsneurose, denn du KENNST die Thera ja gar nicht wirklich. (ok, ganz abstinent ist sie wirklich nicht, ich weiß schon Einiges über sie)

Und wenn es KEINE ist und du wirklich auf irgendeine Art und Weise in sie verliebt bist, dann ist das auch wenig sinnvoll, darüber zu reden. Es ist doch kindisch.

Doch dann denke ich wieder, vielleicht würde es mir ja sogar auch helfen, die Auflösung der Abhängigkeit endlich anzustoßen? Oder über die ungelebten Anteile in mir zu reden, die sich hinter diesen Sehnsüchten verstecken.
Vielleicht würde es mir ANDERS gehen, wenn ich nicht diese Gedanken und Gefühle immer wieder so wegsperren würde?

Tja, drüber reden oder lieber nicht....Wenn ich mir vorstelle, dass meiner Thera so etwas Schlimmes widerfahren würde wie meiner Freundin und ich hätte keine Gelegenheit mehr dazu, ihr all das mal ganz aufrichtig zu erzählen, wie sehr ich sie mag, das fühlt sich nicht gut an.

Bitte helft mir, was denkt ihr dazu? Liebe Grüße von B-Moll.

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leise
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Beitrag Sa., 05.05.2012, 07:13

Liebe B-moll,

das mit deiner Freundin tut mir sehr sehr leid, ich wünsche dir und ihr, dass es ganz bald wieder ein Zurück ins Leben gibt, eines mit einem guten und gesunden Weiterleben! Ganz viel Kraft und Geduld und Mut und Hoffnung!

Die Anhänglichkeit an deine Thera, die Gedanken die da ständig in einem sind, was macht sie gerade, geht es ihr gut...auch in mir ist das.
Es ist schön, dass das ist, ich brauche das jeden Tag und zugleich erfüllt es mich mit einer solchen Traurigkeit, es ist eine so große Sehnsucht da, die einfach nicht gestillt werden kann. Es waren auch in mir schreckliche Zweifel ob ich das sagen darf, es hat mich viel Überwindung gekostet. Es war wirklich nicht leicht, es zeigt doch so viel von dem, was da zutiefst berührt und es ist immer mit der Angst verbunden, dass da etwas kaputt geht.

Ich habe dann einfach darauf vertraut, dass sie damit umzugehen weiß, dass ich nicht Angst haben muss wegen diesem sich ihr ausliefern, diesem zeigen, was da so zerbrechlich und scheu in einem ist, kaputt zu gehen.
Es war einfach erlösend ihr anvertrauen zu können und auch zu dürfen, dass da einfach so viele herzliche Gefühle sind, Gefühle die ihr gehören.

Immer wieder hat sie von mir so kleine Herz-Ausschütt-Zeilen bekommen, Ausdruck dieses unbändigen kleinen Wesens in mir, das so sehr ihre Nähe, ihr Da-Sein und ihren Schutz sucht.

Es war richtig es zu tun, so mein Empfinden heute. Ihre Reaktionen waren nicht immer so, wie ich es mir gewünscht habe, ich weiß auch gar nicht was ich mir erwartet habe, es war mir klar, dass es kein "mehr" geben kann.

Sie hat mir ohnehin so viel gegeben, und sie tut es wohl auch heute noch, wahrscheinlich mehr als erlaubt ist, es gibt so viel an Zuwendung und Kümmern von ihr, ich sehe das und nehme es so dankbar an, doch da ist auch immer wieder diese Grenze die einfach nicht überschritten werden darf.

Ich finde es ist ein gutes Zeichen von Vertrauen, wenn man seiner Thera so sein Herz ausschütten kann.
Und es ist doch auch für sie ein gutes Feedback, dass da eben so viel Vertrauen ist und es ist für sie als Therapeutin sicher wichtig vermittelt zu bekommen, dass da eben ein so herzliches und doch auch so drängendes "Bitte ich brauche Sie" in uns ist.


Alles Liebe
leise

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Mia Wallace
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Beitrag Sa., 05.05.2012, 08:12

Liebe B-Moll,

ich fühle ganz tief mit dir. All das kenne ich auch so gut. Diese ständige Beziehen auf sie- das ist so schön und so anstrengend und traurigmachend zugleich.
B-Moll hat geschrieben: Ist sowas "richtig", sinnvoll oder eher eine Grenzüberschreitung?
Diese Frage würde ich zweigeteilt beantworten. Mit einem ganz klaren "Nein" in Bezug auf Grenzüberschreitung. Es ist keine Grenzüberschreitung. Die Therapie ist der Ort, an dem du über deine Gefühle sprechen darfst. Deine Empfindungen können gar keine Grenzüberschreitung sein.

Ob es richtig und sinnvoll ist....

Ich glaube, diese Frage kann man nur ganz individuell und wahrscheinlich oft auch erst in der Rückschau -mit der Erfahrung, es gesagt zu haben, oder auch nicht- beantworten.

Ziemlich lange war ich fest davon überzeugt, daß es auf jeden Fall und für jeden richtig ist, daß ich deine Frage ganz eindeutig mit "sag es, das ist das einzig Richtige" beantwortet hätte. Deine Empfindungen und deren Ursachen sind ein wichtiger Teil von dir, was dich beschäftigt ist ein wichtiges Thema, klar, daß das in die Therapie gehört usw. und ich hätte leises Beitrag einfach nur mit *voll und ganz unterschreib* kommentiert.

Ich gehöre zu denen, die diese Gefühle ungeschminkt (also auch das sexuelle Begehren nicht aussparend ) angesprochen haben und unterm Strich war es für mich auch gut und richtig, das zu tun. Aber es war eben nicht nur gut. Es gab und gibt aber auch Mißklänge und damit Zweifel. Die Erleichterung, wenn es endlich "heraußen" ist, ist unbeschreiblich groß. (Die Scham war es bei mir allerdings auch, das will auch erstmal ausgehalten sein....puh).

Meine Therapeutin hat ganz wunderbar reagiert . Aber (und dieses aber bin ich nie wirklich losgeworden) ich habe mich sooooooo unendlich schutzlos und bedürftig gezeigt, dass dieses wunderbar Reagieren in der Stunde mir, wenn ich ganz ehrlich bin, als Sicherheit nie ganz gereicht hat und immer Zweifel geblieben sind.
Es ist eine Sache, daß man nicht das bekommen wird, was man sich am meisten wünscht. (Als ich es ausgesprochen hatte, wurden einerseits die Gefühle noch realer, andererseits aber auch die Gewissheit: ich bedeute ihr bei weitem nicht das Gleiche, wie sie mir)
Und ich kann nicht ihre Gedanken lesen. Ich weiß nicht, wie sie in der Supervision oder Kollegen gegenüber über mich gesprochen hat. Vielleicht so empathisch, wertschätzend und berührt, wie mir gegenüber. Aber ich bin die Zweifel, ob sie nicht vielleicht als Privatmensch oder in der Supervision die Augen verdreht und flapsig über mich spricht nie ganz losgeworden (obwohl ich auch diese angesprochen habe).
B-Moll hat geschrieben:Dieser vernünftige Teil sagt: Das ist eine Übertragungsneurose, denn du KENNST die Thera ja gar nicht wirklich. (ok, ganz abstinent ist sie wirklich nicht, ich weiß schon Einiges über sie)

Und wenn es KEINE ist und du wirklich auf irgendeine Art und Weise in sie verliebt bist, dann ist das auch wenig sinnvoll, darüber zu reden. Es ist doch kindisch.

Doch dann denke ich wieder, vielleicht würde es mir ja sogar auch helfen, die Auflösung der Abhängigkeit endlich anzustoßen? Oder über die ungelebten Anteile in mir zu reden, die sich hinter diesen Sehnsüchten verstecken.
Vielleicht würde es mir ANDERS gehen, wenn ich nicht diese Gedanken und Gefühle immer wieder so wegsperren würde?
Ich finde es sehr schwierig, dir zu raten. Ich schwanke selbst immer noch, ob das Aussprechen den Gefühlen die Wucht nimmt, oder das ganze noch an Beschleunigung gewinnt.
Bei mir war es mal so, mal so. Die meiste Zeit waren die Gefühle aber -einmal auf den Tisch gepackt- noch stärker. Lange waren sie das immer wieder durchgekaute einzige Thema in meiner Therapie.
Die Probleme derentwegen ich ursprünglich in Therapie gegangen war, waren irgendwann weitgehend im Griff.
Die Beziehung zu ihr war schließlich das Haupt-Thema. Irgendwann auch das einzige.

Die Gefühle sind über weite Strecken mit dem Aussprechen nicht weniger geworden.
Sie sind erst weniger geworden, als ich die Therapie nach x Jahren beendet habe und sie einfach nicht mehr gesehen habe.
Zuletzt geändert von Mia Wallace am Sa., 05.05.2012, 08:23, insgesamt 2-mal geändert.

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münchnerkindl
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Beitrag Sa., 05.05.2012, 08:21

Ich denke du solltest es auf jeden Fall ansprechen, zumindest in Grundzügen, welchen Raum sie in deinen Gedanken einnimmt und wie abhängig du dich fühlst. Weil Therapie ist ja eine endliche Veranstaltung. Also das Ziel ist nicht daß diese Frau den Rest deines Lebens ein Teil deines Lebens sein wird. Du musst also bei Ende der Therapie in der Lage sein wieder von ihr loszukommen.

Ausserdem hast du immerhin selbst das ganze als dicke Idealisierung und Abhängigkeit bezeichnest. Und ich glaube daß jemand nicht ohne Grund eine Bereitschaft zu so einer Reaktion mitbringt, also daß das auch Teil deiner Problematik ist, diese Idealisierung bei dir möglicherweise irgendein Defizit kompensiert.

Von daher denke ich daß das einzig vernünftige ist, sich in der Therapie damit zu beschäftigen. Du musst ja nicht bis ins letzte Detail gehen dabei.

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Mia Wallace
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Beitrag Sa., 05.05.2012, 08:31

münchnerkindl hat geschrieben: Weil Therapie ist ja eine endliche Veranstaltung
Nicht immer. Bei mir gab es die Zusage eines unbegrenzten Kommen Dürfens....


münchnerkindl hat geschrieben: Also das Ziel ist nicht daß diese Frau den Rest deines Lebens ein Teil deines Lebens sein wird. Du musst also bei Ende der Therapie in der Lage sein wieder von ihr loszukommen.
Das sehe ich auch so.

Meine Erfahrung ist allerdings, daß das Ansprechen zwar sicher ganz viele Vorteile hat (und wie gesagt: unterm Strich war es gut für mich und ich würde es wohl auch wieder tun), aber dieser Effekt, dass die Gefühle dadurch weniger oder besser aushaltbar werden, gab es bei mir nicht. Im Gegenteil .)

Kein Kontakt mehr war meine Lösung. Wie in einer realen Liebesbeziehung.
Erst da wurde es besser.

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Tigerkind
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Beitrag Sa., 05.05.2012, 08:46

Mia Wallace hat geschrieben:Nicht immer. Bei mir gab es die Zusage eines unbegrenzten Kommen Dürfens....
Ja, das ist bei mir auch so.

Vielleicht hat gerade das dazu geführt, das ich mich aus der PT gelöst habe, irgendwann war es wie von selbst gar nicht mehr wichtig, das Wissen ich kann ja immer kommen hat für sehr viel Entspannung gesorgt.

LG
Tigerkind
Je weiter sich eine Gesellschaft von der Wahrheit entfernt, desto mehr wird sie jene hassen, die sie aussprechen.

-George Orwell-

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münchnerkindl
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Beitrag Sa., 05.05.2012, 08:48

Mia Wallace hat geschrieben: Meine Erfahrung ist allerdings, daß das Ansprechen zwar sicher ganz viele Vorteile hat (und wie gesagt: unterm Strich war es gut für mich und ich würde es wohl auch wieder tun), aber dieser Effekt, dass die Gefühle dadurch weniger oder besser aushaltbar werden, gab es bei mir nicht. Im Gegenteil .)

Kein Kontakt mehr war meine Lösung. Wie in einer realen Liebesbeziehung.
Erst da wurde es besser.

Puh, das stelle ich mir aber auch suboptimal vor. Immerhin war dann ein grösserer Teil der Therapie (den in dem es um die Beziehung zu ihr ging) ziemlich für die Katz.


Ich kenne das auch daß man emotionale Abhängigkeiten, wenn sie mal einigermassen obsessive Züge angenommen haben nur durch Kontaktabbruch los wird. Im Nachhinein finde ich auch den Zwang ständig an diese Person zu denken extrem belastend. Wenn man drin steckt fällt einem das garnicht so auf wie einengend das ist.

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Mia Wallace
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Beitrag Sa., 05.05.2012, 09:02

münchnerkindl hat geschrieben: Puh, das stelle ich mir aber auch suboptimal vor. Immerhin war dann ein grösserer Teil der Therapie (den in dem es um die Beziehung zu ihr ging) ziemlich für die Katz.
Naja, für die Katz.... das würd ich nun so wieder auch nicht sagen. Dadurch, daß ich ausgiebigst Zeit hatte, nachzureifen konnte ich mich ja irgendwann trotz Abhängigkeit und starker Gefühle überhaupt erst lösen und diese Abhängigkeit zu leben und immer wieder hinzuschauen, welche meiner Persönlichkeitsanteile aus welchen Gründen dafür verantwortlich sind war schon auch gut und nicht nur für die Katz .

Aber ich denke im Nachhinein, das ganze hätte ich auch in wesentlich kürzerer Zeit haben können. Bzw. den emotionalen Stand, auf dem ich die Therapie schließlich beendet habe (beenden konnte) hatte ich auch schon Jahre zuvor.
Ich wollte nicht weg von ihr, obwohl ich schon früher gekonnt hätte. Und diese über allem anderen stehende Beschäftigung mit der Beziehung zu ihr in der Therapie....DIE hat mir eher nicht gut getan. Weil es keine Auflösung (also kein wenigerwerden der Gefühle) gab aber meine Therapeutin immer quasi drauf bestanden hat, daß es weniger werden sollte, ehe ich gehe.

Womit ich nicht sagen will, daß das bei anderen unbedingt auch so sein muss.

münchnerkindl hat geschrieben:Ich kenne das auch daß man emotionale Abhängigkeiten, wenn sie mal einigermassen obsessive Züge angenommen haben nur durch Kontaktabbruch los wird.
Im Grunde ist es ja auch nicht so wichtig, um was für eine Art Liebe/Verliebtheit es sich handelt. (Also um eine reale Liebesbeziehung, emotionale Abhängigkeit, Anhimmeln aus der Ferne, einseitige Verliebtheit.......), die Erfahrung vieler ist wohl, daß allermeistens erst "nicht mehr sehen" (das klingt irgendwie netter als Kontaktabbruch die Gefühle weniger werden lässt.



Ich will mit dem, was ich sage nicht davon abraten, es anzusprechen. Ich glaube nur, daß es wichtig ist zu wissen, daß es keine Garantie gibt, daß die Gefühle weniger Wucht haben, oder besser aushaltbar sind, wenn man drüber spricht.


münchnerkindl hat geschrieben:Im Nachhinein finde ich auch den Zwang ständig an diese Person zu denken extrem belastend. Wenn man drin steckt fällt einem das garnicht so auf wie einengend das ist.
oooohh ja

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spyde
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Beitrag Sa., 05.05.2012, 10:06

Ja, das ist ein Thema, womit fast alle irgendwann konfrontiert werden.
Meine Gescichte:
Ich war sehr neu in der Therapie und schon nach wenigen Sitzungen voller Liebe und Sehnsucht nach der Therapeutin. Weil ich sehr empfindlich bin und mir nicht vorstellen konnte, dass meine Therapeutin für meine Liebesäßerungen ein großes Verständniss haben wird, habe ich es verschwiegen. Außerdem war sie junger als ich - also für mich unvorstellbar so etwas unsinniges meinerseits zu sagen.
Ich war die ganze Zeit in den Sitzungen damit beschäftigt mich bloß nicht zu Verraten, bloß keine Sympatie zeigen. In mir selber bin ich immer schwächer geworden, wirklich krank vor Sehnsucht, in einen Zustand gefallen, aus dem ich gar nicht mehr rauskam. Irgendwann hat meine Therapeutin die Therapie beendet - ein weiterer Schlag für mich. Ich war so kaputt wie noch nie.
Zum Glück konnte ich einen anderen Therapieplatz bekommen, wo ich monatelang von der Verlezung und Verliebtheit zu der 1. Therapeutin gesprochen habe. Meine jetzige Therapeutin findet die Verliebtheit gar nicht schlimm, sie sagt, dass das sehr normal in der Therapie ist. Und hinter dieser Liebe und Sehnsucht stecken meistens die nicht erfüllten Bedürfnisse aus der Kindheit, so ist das bei mir.
Solche Äußerungen brauchen viel Mut, aber jeder Therapeut weiß, dass solche Gefühle sehr wohl auftreten können, ist nur die Frage wie die einzelnen Therapeuten damit umgehen und dir gegenüber reagieren.
Aus meiner Erfahrung kann ich sagen, dass man die Gefühle nicht verschweigen sollte, weil so etwas sehr Quahlvoll ist und muss in unserem kostbarem Leben nicht sein - es ist Zeitverschwendung. Versuch dich zu entspannen und einen Weg für deine Mitteilung finden.

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**AufdemWeg**
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Beitrag Sa., 05.05.2012, 10:14

Ich habe derartige Gefühle immer sehr stark zensiert und mit dem Verstand in Schach gehalten.
Dafür habe ich einen hohen Preis bezahlt.
Phasenweise war ich soweit die Therapie abzubrechen und mich an eine andere Therapeutin zu wenden.
Über die Jahre haben sich die zensierten Gefühle angestaut und als der Damm gebrochen ist
bekam ich eine ganz andere Reaktion von meiner sachlich kühlen Therapeutin als ich erwartet habe.
Das Gefühl ist bei mir noch ganz frisch, daher kann ich nicht sagen, wie es weiterhin aussehen wird
ich weiss nur heute, so wie ich da sitze, dass mir eine enorme Last von den Schultern genommen ist...enorm...

LG ADW
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Fast Forward
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Beitrag Sa., 05.05.2012, 13:32

Ich bin auch der Ansicht, dass man seine Gefühle in der Therapie ansprechen sollte. Auch wenn dadurch die Gefühle nicht verschwinden und "realer" werden; ich denke, die Beispiele hier zeigen ja, dass es noch schmerzlicher ist, es in sich hinein zu fressen. Und wenn man es äußern kann, so ist das in der Regel doch ein Zeichen für eine gute therapeutische Beziehung, oder?

Ich habe ja auch hier geschrieben, ob ich es meinem Thera erzählen soll, dass ich verliebt bin. Für mich war das wirklich eine gute Entscheidung! Es ist für mich zwar immer noch ein tägliches Thema mit unterschiedlicher Intensität, aber vor allen Dingen weiß ich, dass ich jeder Zeit darüber reden darf. Nachdem mein Thera erst meinte, er müsse mich zu wem anderes schicken, wenn ich unter den Gefühlen leide und ich daher nicht mehr darüber reden wollte, hat er dies später revidiert. Nun weiß ich; ich darf drüber sprechen, wenn ich es für notwendig halte. Er weiß aber eh, dass ich diese Gefühle habe und geht super damit um. Unsere therapeutische Beziehung ist dadurch auf jeden Fall besser geworden, weil ich nun kein Blatt mehr vor den Mund nehme - im Allgemeinen und weil mein Vertrauen einfach total gewachsen ist.
Trotzdem empfinde ich gerade jetzt - da ich eine für mich vorher unüberwindbare Prüfung mit seiner Unterstützung geschafft habe - wieder das Bedürfnis, ihm meine Gefühle neu auszudrücken, dieses Liebhaben, was einfach noch mal etwas anderes ist, als Verliebtheit. Und wisst ihr was? Ich werde das auch tun. Gestern tat ich das schon per SMS, nachdem er mir Mut gemacht hatte, aber ich will es auch so sagen können. Ich glaube, so was ist für Theras auch sehr sehr schön, auch wenn sie natürlich nicht dasselbe empfinden können, wie wir für sie... Wäre auch sehr anstrengend für sie

Achja; mein Thera hat mir damals auch angeboten, dass ich selbst bestimme, wann der Zeit des Ablösens gekommen ist. Ich habe momentan noch sehr stark das Bedürfnis, mit ihm Dinge zu besprechen, bin aber voller Zuversicht, dass ich es schaffe, irgendwann ganz alleine zu stehen. Ob das so funktioniert, hängt wahrscheinlich auch sehr von der Beziehung ab, die man hat. Ich spüre viel Vertrauen auf seiner Seite, auch, dass er mir Dinge ZUTRAUT und mich so stützt. Und meist gelingen mir die Dinge dann auch. Und das hilft mir, zu glauben, dass ich den Moment des Abschiedes selbst wählen kann. Auch, wenn ich ihn am liebsten immer in meinem Leben hätte.

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B-Moll
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Beitrag So., 06.05.2012, 09:46

Ich danke euch sehr für eure Antworten und eure Offenheit. Sie spiegeln in ihrer Vielfalt genau meine innere Zerrissenheit zu diesem Thema wieder. Bitte entschuldigt, wenn ich jetzt nur kurz antworten kann und nicht auf alles eingehen kann. (Am Wochenende habe ich leider wenig ungestörte PC-Zeit, ohne dass mein Mann schaut, was ich so tue.... Aber dieses Thema ist einfach nur MEINS.)
leise hat geschrieben: ...auch in mir ist das.
Es ist schön, dass das ist, ich brauche das jeden Tag und zugleich erfüllt es mich mit einer solchen Traurigkeit, es ist eine so große Sehnsucht da, die einfach nicht gestillt werden kann.
Ja, liebe Leise, das tut so weh, dass diese Sehnsucht immer da ist und einfach nicht kleiner wird, obwohl man doch schon so viel bekommen hat. Ich denke dann immer: Einmal muss es doch gut sein...

Ich kann schon auch vertrauen, dass meine Thera mit meiner Offenbarung umzugehen wüsste. Auf meinen Brief zu dem Abhängigkeitsthema vor langer Zeit und meine damalige Beendigung der Therapie hatte sie ja auch mit ganz freundlichem Lächeln reagiert. Aber es gab dennoch kein richtiges Gespräch darüber. Liegt natürlich auch an mir und meinen Abwehrmechanismen.
Vielleicht oder eigentlich ganz sicher wäre sie bereit dazu, aber ich hab auch Angst, ob es ihr nicht eher unangenehm wäre.

Auf jeden Fall müsste ICH deutlich die Dringlichkeit meines Redebedarfs darüber ansprechen. Aber meistens mache ich bei brisanten Themen nur eine kurze und eher geschlossene Äußerung, die nicht gerade anzeigt, dass ich weitergehend darüber reden möchte. Da spürt sie sicher meine Ängste und Schamgefühle und bleibt dann nur in einer abwartenden offenen Haltung.
Oft würde ich mir von ihr ein provokativeres Herangehen an alle Themen wünschen. Aber sie fragt kaum nach, drängt nie...

Tja, und dann vermeide ich es eben eher und bleibe nicht dran.

Ja, liebe Leise, es ist die Angst, dass etwas kaputtgehen könnte! Etwas, dass einem immer wieder so viel Halt im Leben gibt. Etwas, dass einmalig schön ist.

Du schreibst, dass deine Thera immer wieder so kleine Herz-Ausschütt-Zeilen bekommen hat. Diese Formulierung von dir hat mich sehr berührt. Und ja, so mache ich das auch ab und an, wenn ich ihr zum Geburtstag ein paar Zeilen geschrieben habe. Aber es sind dann nur kleinste Andeutungen, die sie sicher nicht vermuten lassen, welch riesengroßen Raum sie seit Jahren in mir einnimmt.

Ich frage mich schon, warum will ich das nicht hergeben? Warum brauche ich das Idealisieren? Was sind eigene Anteile, die einen dafür anfällig machen?

Meine Thera meinte letzte Stunde (und diese kleine Konfrontation war schon eher ungewöhnlich), ich solle endlich aufhören, mich nach OBEN zu orientieren. (Ich hab zwar verstehend genickt, aber wie so oft geschwiegen dazu) Vielleicht sollte ich genau daran anknüpfen und mir dann all das von der Seele reden.

Aber ich merke schon, dass ich dann wieder nur selber reden werde und es nicht hinbekomme, dass ein echtes Gespräch zustande kommt. Ich monologisiere irgendwie zu oft. Ich muss lernen, mir mehr Rückfragen/feedback zu wünschen/zu erlauben, endlich mehr in Richtung Erarbeitung einer inneren Haltung in der Stunde/im Kontakt mit der Thera hinkommen. Dort habe ich, so ich glaube ich, große Defizite.
(Liegt an der Kindheit, es gab fast keine Gespräche..., und jetzt in meiner Beziehung ist der Ehemann der Dominante, der Redner, der Macher...)

Insofern spiegelt meine Therapie-Abhängigkeit diese Defizite auch wider. Mich artikulieren zu dürfen, MEINS zu suchen, MICH zu suchen.
Aber ich tue dies nun seit vielen Jahren. Warum kann ich nicht loslassen???
(Aufgrund meiner Privatversicherung gibt es zum Glück (?) kein strenges Limit. Ich gehe etwa alle 2, manchmal 3 Wochen zur Therapie.)

Ich werde mich morgen wieder melden, danke erstmal an alle, die mir geschrieben haben, es hilft mir sehr weiter, hier eure Diskussion dazu zu lesen. Ich fühle mich dann nicht so allein in meiner Zerrissenheit, die mich seit langem doch ziemlich mitnimmt.

LG von B-Moll

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B-Moll
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Beitrag Mo., 07.05.2012, 15:57

Ich bin soooo wütend auf mich , dass ich heute wieder nicht geredet habe über all DAS hier, obwohl es eben in der Stunde eine super Gelegenheit dazu gegeben hätte.
Ich hatte es mir so sehr vorgenommen und mir auch überlegt, wie ich es sagen könnte. Hatte mir Notizen dazu gemacht. Alles bissl logisch aufgebaut. Damit ich mich nicht zu sehr verheddere.
Es hätte soo gut gepasst heute, die anderen Themen waren so nahe dran heute wie noch nie....

Aber ich bin derart feige . Scheiße. Ich wollte meine Ängste und Schamgefühle heute endlich überwinden...Hatte an mich geglaubt.

Sie meinte heute in einem anderen Zusammenhang: Was raus will, kommt auch raus. Ich habe den Kopf geschüttelt und gesagt: Ich bin mit so Vielem "schwanger", aber es geht nicht.

Traurige Grüße von B-Moll.

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münchnerkindl
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Beitrag Mo., 07.05.2012, 16:29

Jetzt sieh das mal nicth so negativ daß du es dieses Mal nicht geschafft hast. Keine Selbstabwertungsarien deshalb!

Manchmal muss man einfach eine Weile um eine Sache drumrumschleichen, sich seelisch-moralisch drauf einstellen, ggf auch mal "mürbe" genug sein um es dann tatsächlich zu tun.

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Tristezza
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Beitrag Mo., 07.05.2012, 16:33

Hallo B-Moll,

vielleicht kannst du deine Gefühle ja doch besser in einem Brief formulieren - wie du es schon ansatzweise mal getan hast?
Ich glaube, du hast dir für heute etwas zu viel vorgenommen. Offenbar wolltest du ja eine Art Vortrag halten, da du dich gut vorbereitet hattest. Damit war die Schwelle vielleicht zu hoch. Mir würde es jedenfalls leichter fallen, mich langsam, mit einzelnen Sätzen, bestenfalls zwischendurch immer wieder durch die Therapeutin ermuntert, an das Thema heranzutasten.

Lg
Tristezza

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