Berührung in der Therapie/Umarmung

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spirit-cologne
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Beitrag Di., 25.12.2018, 16:24

mio hat geschrieben: Mo., 24.12.2018, 15:10 Gehst Du da von Patienten aus die bereits so weit dekompensiert sind dass sie ihre Selbststeuerungsfähigkeit komplett verloren haben?
Nicht unbedingt komplett verloren, aber stark eingeschränkt.
mio hat geschrieben: Mo., 24.12.2018, 15:10 Ich habe das bisher immer eher so verstanden, dass das analytische Setting in solchen Fällen eher dazu beitragen soll...dass diese Fähigkeiten erworben werden können gerade indem der Therapeut diesen Mangel nicht bedient bzw. nicht auf ihn "einsteigt", sich also gerade dann besonders abstinent verhält um dem Patienten das Gefühl/den Raum zu geben er würde sich "allein" und aus "sich heraus" entwicklen (was eben dem "Ich-syntonen" dann entgegenkommt und es so leichter veränderbar macht)…
Mit ich-synton hat das weniger zu tun, sondern mit fehlenden grundlegenden Ich-Fähigkeiten, wie z.B. Selbstregulation, es können aber auch z.B. Schwächen in der Selbst-Objekt-Differenzierung, der Mentalisierungsfähigkeit oder Objektkonstanz vorhanden sein. Diese sogenannten Strukturdefizite, sorgen dafür, dass die für die Analyse notwendige therapeutische Ich-Spaltung nicht funktioniert und das hat etwas mit der Art und der Schwere der Persönlichkeitsstörung zu tun. Eine abstinente Haltung des Therapeuten funktioniert nur, wenn die Patientin in der Lage ist, frei zu assoziieren und gleichzeitig über diese Assoziationen zu reflektieren. Genauso muss die Patientin in der Stunde emotional regredieren können, aber sich gleichzeitig auch am Ende der Stunde wieder daraus lösen können. Klappt das nicht, muss der Therapeut so lange sogenannte Hilfs-Ich-Funktionen übernehmen, bis die Patientin das alleine hinbekommt.und voilà: Da sind wir im modifizierten Setting.
mio hat geschrieben: Mo., 24.12.2018, 15:10 Für meine Begriffe wäre ein geringes Strukturniveau langfristig eine Konatraindikation in Bezug auf allzu modifizierte Verfahren, weil dann ja kein "Wachstum" stattfinden könnte/würde sondern eher "im Alten" verharrt werden könnte. Wenn ich als Patient zB. eh dazu neige indirekt oder manipulativ zu handeln (also zu "agieren"), dann ist mir ja nicht geholfen, wenn das dann auch noch "bedient" würde sondern das Gegenteil wäre der Fall.
Hilfs-Ich-Funktionen zu übernehmen bedeutet ja nicht mitagieren. Selbst Berührungen des Therapeuten (sofern sie denn z.B. bei Dissoziationen notwendig sind) sind nicht unbedingt mitagieren, sofern sie reflektiert und bewusst zielgerichtet eingesetzt werden, ich glaube da wird agieren mit handeln verwechselt, klingt sehr ähnlich, ist aber nicht das gleiche, man kann rein verbal agieren und körperlich Handeln ohne zu agieren. Agieren bedeutet ja, (unbewusste) Impulse/Bedürfnisse durch Handlungen auszudrücken, d.h. wenn ich als Therapeut bewusst und reflektiert aufgrund meiner Behandlungsstrategie handle, ist das keine agieren. Was das agieren der Patienten anbelangt, so resultiert es ja aus einer Unfähigkeit, diesen inneren Gefühlen, Bedürfnissen und Gedanken anders einen Ausdruck zu verleihen. Und je nach Schwere der Störung entwickelt sich der adäquate verbale Umgang damit nicht einfach so von alleine, nur weil der Therapeut abstinent bleibt, da braucht es gezielter Interventionen des Therapeuten, es muss aktiv erlernt werden und das wissen auch die Analytiker (wie gesagt, sofern sie sich solche Patienten überhaupt "antun" und nicht lieber in ihrem gewohnten klassisch-analytischen Setting ausharren, wo es für sie emotional sicherer ist). Ich finde es schade, dass analytische Therapie oft so eindimensional dargestellt wird, dabei sind viele der heute in der VT eingesetzten Therapieverfahren für Persönlichkeitsstörungen (z.B. DBT, Schematherapie) durch psychodynamische Forschung inspiriert worden.
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spirit-cologne
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Beitrag Di., 25.12.2018, 16:26

mio hat geschrieben: Mo., 24.12.2018, 15:10 Während ein modifiziertes Vorgehen eher bei Störungen angezeigt zu sein scheint, bei denen die Reflektionsfähigkeit im Grunde bereits vorhanden ist, aber nicht so ganz klar ist, warum bestimmte Verhaltensweisen/Gefühle dennoch so schwer veränderbar sind, obwohl dem Betroffenen sehr klar ist, dass diese schädlich und falsch sind und er sie auch nicht als "zu sich gehörig" ansieht. Das hat dann ja zB. nichts mit dem Strukturniveau an sich zu tun, sondern eher damit, dass in Bezug auf bestimmte Situationen nicht adäquat oder erwachsen gehandelt wird/werden kann.
Nee, das sehe ich eben nicht so, ein relativ gut strukturierter Patient kann durch Konfrontation mit Inhalten des Unbewussten, z.B. durch Deutungen des Analytikers oder durch das Besprechen eigener Träume selbstständig mit Unterstützung des Analytiers darüber reflektieren und über Assoziationsketten sein Unbewusstes weiter explorieren, und bisher abgespaltene Inhalte integrieren und dann als zu sich gehörig wahrnehmen, ein Mensch mit gering oder gar desintegrierter Struktur kann das eigenständig einfach nicht. Der Begriff "Analysefähigkeit" kommt nicht von ungefähr.

Weiter möchte ich das hier in diesem Faden auch nicht besprechen, weil es zu weit weg vom Thema ist, könnte man bei Bedarf in einem eigenen Thread diskutieren.
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mio
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Beitrag Di., 25.12.2018, 19:25

Und was sollen diese "Hilfs-Ich-Funktionen" sein, wenn nicht "Abstinenz"?

Um das eigenständige, orginäre Wesen des Therapeuten (ergo therapeutische Transparenz) kann es dabei dann ja nicht gehen, sondern nur darum dass so getan wird "als ob"? Und so zu tun "als ob" würde für mich bedeuten, dass sich sehr abstinent verhalten wird von Seiten des Therapeuten aus, also dass die eigene (eigenständige) greifbare Person bewusst aus dem Kontakt herausgenommen wird.

Vielleicht vergleiche ich andere Voraussetzungen als Du? Mit Analyse habe ich ja auch keine persönlichen Erfahrungen sondern betrachte eher das was ich eben "bei Anderen" betrachten kann und da habe ich den Eindruck, dass diese "Abstinenz" im analytischen Sinne bedeutet, dass der Therapeut nur als "weiße Fläche" vorkommt die Raum lassen/geben soll für die Projektionen des Patienten. Diese Haltung kenne ich aus meiner Therapie zB. überhaupt nicht, was ich allerdings schon kenne ist dass meine Therapeutin deutet und mit mir gemeinsam reflektiert was was bedeuten könnte, allerdings niemals ohne dabei ganz klar als "von mir getrennte eigenständige Persönlichkeit" vorzukommen., dh. sie taugt da weder als "weiße Fläche" noch als "Hilfs-Ich" sondern ist für mich stets ein greifbares Gegenüber. Und darin sah ich bisher auch den Hauptunterschied zwischen klassischer und modifizierter Analyse ohne da jedoch persönliche Erfahrungen zu haben.

Ich bin davon ausgegangen dass Therapeuten im modifizierten Setting "greifbarer" sind und "transparenter" arbeiteten und dass diese Setting vor allem dem Hintergrund hat so eine zu starke - und eventuell retraumatisierende - "Regression" zu verhindern. Dh. dass der Therapeut in einem solchen Setting weder als Hilfs-Ich noch als "weisse Wand" fungiert sondern mehr "der begleitende - andersartige - Helfer" bleibt, der er ja auch ist.

Ich sehe deshalb wahrscheinlich auch eine Umarmung anders als viele hier.

Für mich geht es da nicht um ein "Hilfs-Ich" (im Sinne eines "Ersatzelternteils") sondern mehr um ein spürbares Gegenüber, was aber klar (reif/erwachsen) getrennt ist und dessen Vorgehen einzig und allein den Zweck hat dass sich der Patient gerade durch den ECHTEN, DIREKTEN Kontakt zweier Menschen selbst stärker spüren lernt, nicht durch ein Hilf-Ich oder etwas in der Art. Also dass der Therapeut einfach transparenter (weniger abstinent im Sinne von "Ich als Individuum komme hier nicht vor") arbeitet um für den Patienten so im "hier und heute" (und nicht via Regression) etwas erlebbar zu machen, was dieser allein so vielleicht nicht erleben/erkennen könnte.

Für meine Begriffe hat das dann auch nichts damit zu tun, dass das Strukturniveau nicht ausreichend vorhanden ist, sondern eher damit, dass bestimmte Gefühle/Bedürfnisse/Erlebnisse aufgrund traumatischer Erfahrungen aus dem "Bewusstsein" abgespalten wurden und so eben wieder erlebbar gemacht werden können. Also vom Anwendungsgebiet eben eher etwas was bei Störungsbildern der Kategorie F40-F48 angewandt und anempfohlen wird als bei Störungsbildern der Kategorie F60-F69.

Das zu unterscheiden finde ich zB. extrem wichtig, da es dabei ja um vollkommen unterschiedliche Grundvoraussetzungen geht.

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spirit-cologne
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Beitrag Di., 25.12.2018, 19:41

Mio, Hilfs-Ich Funktionen haben nichts mit "Ersatz-Eltern" zu tun, es werden die fehlenden Funktionen des Ichs, wie z.B. Selbstwahrnehmung oder Mentalisierung durch Angebote des Therapeuten ersetzt, etwa durch Inverventionen wie: "Ich könnte mir vorstellen, sie fühlen sich jetzt zurückgewiesen", "Ist das jetzt ihr Gefühl oder das ihrer Mutter?" oder "Andere Menschen würden jetzt in ihrer Situation Wut empfinden" usw., damit der Patient das dann am Modell lernen kann. Das ist eine gängige Intervention, vor allem in der TP, aber auch in der AP und teilweise auch in der VT. Manche verwechseln das auch mit Deutungen, es sind aber keine, Deutungen stellen Sinnzusammenhänge über die Entstehung der Störung her, z.B. "Sie sind jetzt so wütend auf mich, wie sie es damals auf ihren Vater waren" , Hilfs-Ich Funktionen beziehen sich auf die basalen Aufgaben des Ichs, wie Selbstwahrnehmung, Selbst-Objekt-Differenzierung, Mentalisierung, Emotionsregulation usw..

Näher werde ich an dieser Stelle nicht auf deinen Beitrag eingehen, da es wie gesagt ein ganz eigenes Thema ist, das hier mit dem Thread nichts zu tun hat.
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mio
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Beitrag Di., 25.12.2018, 20:41

Für mich hat das was Du beschreibst halt null mit "Ich" (also meinem) zu tun sondern für mich sind das Rückmeldungen eines anderen Menschen, die immer nur Vermutungen darstellen können und seiner Wahrnehmung (nicht aus mir) entspringen. Das ist auch die Basis meiner Therapie gewesen. Nicht meine Therapeutin sagt mir "wie ich bin" sondern meine Therapeutin gibt mir - als eine explizit Andere - eine Rückmeldung die ich für mich annehmen kann oder eben auch verwerfen, wenn ich da nix drin "finden kann". Alles andere hätte ich auch ziemlich unrealistisch und überheblich gefunden.

Dh. meine Therapeutin kann mit ihrem Eindruck richtig liegen, aber auch vollkommen daneben. Das muss ich ja erst mal überprüfen, also ob da was dran sein könnte oder nicht. Das kann sie mir doch gar nicht "sagen" in dem Sinne, sie kann mir nur sagen, was sie gerade wahrnimmt, das ist für mich aber kein "Hilfs-Ich" sondern ein "Du".

Für mich würde ein "therapeutisches Hilfs-Ich" eben schon bedeuten, dass mir vom Therapeuten etwas "beigebracht" wird was normalerweise bereits in der Kindheit gelernt wird (also zB. Objektkonstanz oder Mentalisierungsfähigkeit) und nicht dass ein Therapeut mir einfach nur "hilft" den Kontakt zu mir selbst in Bezug auf "Dunkelfelder" zu verbessern.

Das sind für mich echt zwei Paar vollkommen unterschiedliche Paar Schuh.

Wenn jemand zB. Angst vor körperlicher Nähe hat, dann kann da auch einfach nur eine oder mehrere traumatische Erfahrungen dran gekoppelt sein (Lernerfahrung: Wenn ich jemanden körperlich an mich ranlasse dann werde ich verletzt) ohne dass die Person deshalb automatisch Probleme mit Objektkonstanz oder aber mit Mentalisierungfähigkeit etc. haben muss. Dh. diese "Reife" kann vorliegen und dennoch ist es möglich, dass da "verschüttete Bereiche" existieren die sich dem Bewusstsein entziehen.

Nun kann es gut sein, sich diesen Bereichen zu nähern, es kann aber auch "zu viel" werden, wenn dabei zu viel traumatisches Material auf einmal ans Tageslicht befördert wird (und dann destabilisierend wirken), was bei einem "nicht allzu invasivem Vorgehen" aber nicht sooo schnell passiert wie bei einem sehr invasivem Vorgehen, weshalb davon auch abgeraten wird. Meine Thera hat mir zB. mal davon erzählt dass in den 70ern die Leute reihenweise umgekippt sind und destabilisiert wurden weil in irgendwelchen "Atemtherapien" viel zu viel viel zu schnell "freigesetzt" wurde. Ähnliches kann durch andere körperliche Interventionen geschehen, weil "Traumaenergie" auch immer im Körper "gebunden" wird. Das hat dann aber zB. nichts mit "Regression" im analytischen Sinne zu tun sondern ist etwas vollkommen anderes.

Und das hat nicht zwingend etwas mit dem "Entwicklungsstand" (also der strukturellen Reife) des Menschen zu tun sondern kann schlicht und ergreifend auch die Folge unintegrierter traumatischer Erfahrungen sein. Wenn ich es nun - im positiven Fall - schaffe, die auslösende Situation zu erkennen und auch zu "überwinden" (sprich zu integrieren) dann fällt das Problem weg, ohne dass dazu je ein "Hilfs-Ich" in dem von Dir beschriebenen Sinne notwendig gewesen wäre.

Wofür auch? Das einzige was dazu notwenig ist ist jemand der einem dabei hilft die vergangene Situation als "klar vergangen" im eigenen Gedächtnis zu verorten. Was aber nichts mit "Hilfs-Ich" zu tun hat.

Bei komplexer PTBS hast Du das ja zB. vorliegen, nur dass es sich da eben um viele traumatisiernde Erfahrungen handelt, die integriert werden müssen, was dann eben auch dauert, weil alles ja nach und nach integriert werden muss. Dennoch muss der Patient keine strukturelle Störung haben im Sinne eines Entwicklungsdefizits das eines "Hilfs-Ichs" bedürfte.

Und wenn ich kein "Hilfs-Ich" in dem Sinne benötige, dann ist auch die Gefahr einer "Abhängigkeit" (von eben diesem "Hilfs-Ich") nicht gegeben. Die ist ja nur dann gegeben, wenn es "mich" so noch gar nicht "ohne den anderen" gibt (also noch so eine Art "symbiotischer Zustand" vorliegt), dennoch kann ein Mensch Hilfe benötigen, auch über einen längeren Zeitraum, um die nicht integrierten "Anteile" des EIGENEN Ichs (also zB. Gewalterfahrungen, verbotene Gefühle etc.) "gefahrlos" integrieren zu können.

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spirit-cologne
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Beitrag Di., 25.12.2018, 23:08

Mio, falls du mich meinst, ich weiß nicht, welchen Film du da fährst, ich habe überhaupt nicht über komplexe Traumata geschrieben und natürlich kannst du jeden Begriff für dich alleine umdefinieren, aber es macht dann wenig Sinn sich auszutauschen, wenn jeder was Anderes unter einem Begriff versteht. Das was ich beschrieben habe, ist das, was allgemein in der psychodynamischen Theorie unter Hilfs-Ich Funktionen verstanden wird, egal ob du diesen Begriff jetzt für geeignet hältst oder nicht. Soviel zum Formalen, inhaltlich werde ich, wie schon geschrieben, an dieser Stelle nicht mehr eingehen, sonst bleibt von diesem Thread mal wieder nichts anderes übrig als eine Endlos-Diskussion über Dinge, die mit dem Thema nichts zu tun haben.
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mio
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Beitrag Di., 25.12.2018, 23:19

Spirit, mir geht es nach wie vor darum was ich unter "modifiziert" verstehe und wann ich es laut meinem Informationsstand für angezeigt halte. Hier vielleicht ein hilfreicher Text/Link dazu was ich - im Gegensatz zu Dir wie mir scheint? - meine:

"Posttraumatische Belastungsstörung. Unerwartet eingetretene Gefahrensituationen, Unfälle oder Katastrophen, die mit großer seelischer Angst oder körperlichen Verletzungen verbunden waren, können eine "Posttraumatische Belastungsstörung" (PTBS, amerikanisch PTSD) zur Folge haben, und zwar sowohl bei den direkt betroffenen Opfern als auch bei den Zeugen. Die Symptome einer PTBS/PTSD sind: Empfindlichkeit, Reizbarkeit, Schreckhaftigkeit, Angstzustände, Konzentrationsstörungen, plötzliches Auftauchen der Unfallbilder oder Unfallgeräusche vor dem "Inneren Auge" bzw. "Inneren Ohr" (sogenannte "Intrusionen") sowie Albträume bei Nacht. Diese Symptome können zum Teil erst einige Zeit (z. B. Wochen) nach dem Unfallereignis einsetzen. Die PTBS/PTSD kann, falls keine Behandlung erfolgt, Monate oder Jahre, manchmal Jahrzehnte anhalten. Von der PTBS/PTSD, die in den meisten Fällen nach einem einmaligen Unfall- oder Katastrophenereignis auftritt, betroffen sind häufig Unfallopfer, Unfallzeugen, Vergewaltigungsopfer, Opfer von Überfällen (z. B. Bankangestellte) und Kriegsteilnehmer. Die Behandlung besteht in einer speziellen Form von Psychotherapie, die sich von "normaler" Psychotherapie durch einige Besonderheiten unterscheidet (So dürfen z. B. Verhaltenstherapeuten mit Traumapatienten keine übliche Expositionstherapie machen, sondern müssen nach einer modifizierten Methode vorgehen. Aber auch für psychodynamisch/ tiefenpsychologisch arbeitende Psychotherapeuten gelten Besonderheiten: Traumapatienten bzw. -patientinnen sollen nicht im Liegen behandelt werden, auch tiefenpsychologische Deutungen der Symptome sind bei diesen Patientinnen i. d. R. nicht hilfreich)."

(Quelle: http://www.psychotherapie-prof-bauer.de ... rauma.html)

Und da geht es eben NICHT um das mangelnde Strukturniveau welches die Voraussetzung für eine modifizierte Analyse bildet sondern um etwas vollkommen anderes. Vielleicht verstehst Du ja jetzt, was mich an Deinen Ausführungen irritiert bis stört?

Sie sind ja vielleicht nicht falsch aber zumindest unvollständig.

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spirit-cologne
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Beitrag Mi., 26.12.2018, 04:39

Mio, ich habe nie gesagt, dass ein gering integriertes Strukturniveau Voraussetzung für eine modifizierte analytische Therapie sei, ich habe weiter vorne ja geschrieben, dass die meisten Analytiker beides machen, aber es gibt auch einige Analytiker, die durchweg modifiziert arbeiten, manche haben nicht mal 'ne Couch im Behandlungszimmer. Modifiziert kann man praktisch mit allen Patienten arbeiten, lediglich für das klassische Setting gibt es besondere Bedingungen, u.a. dass die Patientin, die hohe Frequenz der Sitzungen in ihren Alltag integrieren kann und analysefähig ist. Die strukturell gestörten Menschen waren ein Beispiel für eine Patientengruppe, die meist nicht im klassischen Setting behandelbar ist.

Traumatisierte Patienten sind eine weitere Gruppe, aber im Prinzip kann man eben mit jedem Patienten modifiziert arbeiten (nicht aber klassisch analytisch), das ist halt auch eine Frage der persönlichen Einstellung des Analytikers zum klassischen Setting. Es gibt ja heutzutage nicht wenige Analytiker, die sich generell von der Idee des Therapeuten als "weiße Wand" verabschiedet haben, spätestens mit Watzlawick weiß ja jeder, dass man nicht nicht kommunizieren kann, je zurückgenommener der Analytiker sich gibt, umso mehr werden die Patienten auf kleinste Veränderungen achten, sie haben ja genug Zeit ihn gründlich zu studieren... Deshalb sehen viele moderne Analytiker die zugrunde liegenden theoretischen Annahmen als falsch an und distanzieren sich davon. Meine Prognose ist, dass die klassische Analyse in nicht allzu ferner Zeit ganz aus der kassenfinazierten Therapie verschwinden wird und nur noch modifiziert gearbeitet wird.
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Beitrag Mi., 26.12.2018, 19:31

[quote=Wirbel-Uschi post_id=1049957 time=1545550185 user_id=72884]

Welche Gefühle genau? Was fühlst du ihr gegenüber?

Es sind sehr starke Liebesgefühle, sexuelle Fantasien, ein großes Nähebedürfnis, was ich zuletzt bei einer anderen Frau fühlte.

Was meinst du mit „ob sie mehr empfindet“?
Wünscht du dir das? Oder wäre Dir das befremdlich, unangenehm, nicht geheuer?

Nein, ich wünsche es mir auf gar keinen Fall. Das würde mir Angst machen und würde ja auch bedeuten, die Therapie beenden zu müssen. Aber sie meinte schon häufig:"Ich finde, dass Sie eine wunderschöne, junge Frau sind und aus der Menge hervorstechen... " Kann ein aufbauendes, selbstwertstärkendes Kompliment sein. Aber ständig?
Dann, wie Philosophia schreibt, dass Danke für die Umarmung. Und natürlich die Ausgangssituation mit der Berührung im Nacken.

Ich denke auch nicht, dass es um Grautöne und Extreme geht. Alles was ich rational erfassen kann, leuchtet mir sofort ein. Aber gegen diese Gefühle komme ich dennoch nicht an. Und das erstmalige Ansprechen, Aussprechen, auch Übertragungsliebe, Irritationen, blieb im Raum, denn die Reaktion ihrerseits schien mir ein bisschen, als wäre sie überrascht und unsicher, als wolle sie es nicht weiter anschauen wollen. Erst da kam ich weiter auf den Gedanken, dass es von ihrer Seite aus mehr Empfindungen geben könnte. Und wie schon erwähnt, es gab und gibt aktuell eben auch andere, einschneidende Lebensthemen.
Ein normales Vermissen in der Urlaubszeit wäre ja vollkommen ok. Aber ein dauerhaftes an sie denken, trotz genügend Ablenkung - das empfinde ich als alles andere als gut. Weil, wenn ich mich im weiteren Verlauf wirklich in sie verliebt haben sollte, wäre es eine unerwiderte Liebe. Kann im Leben auch passieren, aber dann arbeitet man nicht so eng und intim mit einem weiter.

Liebe Grüße
Bedenke, dass die menschlichen Verhältnisse insgesamt unbeständig sind, dann wirst du im Glück nicht zu fröhlich und im Unglück nicht zu traurig sein. (Sokrates) :!!:

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Pianolullaby
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Beitrag Mi., 26.12.2018, 19:32

keine Fullquotes bitte
Träume nicht Dein Leben, lebe Deinen Traum

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Anna-Luisa
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Beitrag Do., 27.12.2018, 12:34

Pianolullaby hat geschrieben: Mi., 26.12.2018, 19:32 keine Fullquotes bitte
Das war doch nur ein Versehen. Lifeislife hat Wirbel-Uschi versehentlich in deren Zitat geantwortet.
Fordere viel von dir selbst und erwarte wenig von den anderen. So wird dir Ärger erspart bleiben.
(Konfuzius)

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Solage
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Beitrag Do., 27.12.2018, 23:33

Quelle:

https://www.g-ba.de/downloads/62-492-17 ... -12-21.pdf

Auszug:
Psychotherapie-Richtlinie Stand: 21. Dezember 2018
§ 1 Abs. 5:
(5) Psychotherapie ist keine Leistung der GKV und gehört nicht zur vertragsärztlichen
Versorgung, wenn sie nicht dazu dient, eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre
Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Dies gilt ebenso für
Maßnahmen, die ausschließlich zur beruflichen Anpassung oder zur Berufsförderung
bestimmt sind, für Erziehungsberatung, Sexualberatung, körperbezogene Therapieverfahren,
darstellende Gestaltungstherapie sowie heilpädagogische oder ähnliche Maßnahmen.

§ 18 Keine Kombination von psychoanalytisch begründeten Verfahren und
Verhaltenstherapie
Psychoanalytisch begründete Verfahren und Verhaltenstherapie sind nicht kombinierbar, weil
die Kombination der Verfahren zu einer Verfremdung der methodenbezogenen
Eigengesetzlichkeit des therapeutischen Prozesses führen kann.

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Solage
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Beitrag Do., 27.12.2018, 23:58

spirit-cologne hat geschrieben: Mo., 24.12.2018, 01:36
Anna-Luisa hat geschrieben: So., 23.12.2018, 21:35 Aber wandermaus fragte nach einer Richtlinie - und darauf wollte ich antworten.

Unstrittig ist, dass Berührungen in der Psychotherapie nicht das Mittel erster Wahl sind, aber es kann durchaus auch Situationen geben, in denen sie notwendig und sinnvoll sind. In der realen Arbeit mit Menschen gibt es eben selten so einfache, klare und eindeutige Regeln, was richtig oder falsch ist, wie manche das gerne hätten. Der Wunsch danach ist verständlich, es ist der Versuch etwas von vorneherein zu kontrollieren/auszuschließen (Missbrauch in der Therapie), was leider nicht vollstädnig auszuschließen ist. Es gibt Missbrauch ohne Berührung, so wie es Berührung ohne Missbrauch gibt. Eine Dämonisierung oder Pathologisierung von körperlichen Berührungen hilft daher nicht wirklich weiter.
Die Notwendigkeit von körperlichen Berührungen von Seiten des Therapeuten, entscheidet ja dann der Therapeut!
Dem einem hilft es, wenn in einer schlimmen Situation einem nur mal der Arm auf die Schulter gelegt wird, als hilfreiche Geste und gut gemeint.
Ein anderer Patient kann damit vielleicht gar nicht umgehen und erlebt diese Berührung vielleicht als grenzüberschreitend.

Und ja, Missbrauch gibt es auch ohne Beührung!

Es ist nicht alles Missbrauch, was gut gemeint ist. Es ist aber auch nicht alles für das Gegenüber in Ordnung, was vom anderen gut gemeint ist: Was will ICH für den anderen und was glaube ich, was der andere wirklich braucht?

Wichtig: Sich Gedanken machen, was das mit dem anderen machen kann!
Oder: Was brauche ich als Therapeut und was füttere ich mit so einem Verhalten an...

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Solage
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Beitrag Fr., 28.12.2018, 00:31

Wirbel-Uschi hat geschrieben: Mo., 24.12.2018, 08:17

Was ich sagen will: ich vermute (weis es nicht, so gut kenne ich mich nicht aus), die Therapeuten/Analytiker, die eben die analytische Therapie machen, die lehnen sich stark an die Analyse an und halten entsprechende Gebote (Verbote) ein. Wie z. B. die Abstinenz. Vielleicht eher ein Begriff der Analyse, ja, aber genau auf Basis dieser arbeiten sie ja und entsprechend wichtig der Rahmen?!
Abstinenz soll wohl allgemein heißen, dass die Therapeuten ihre Belange nicht in den Vordergrund stellen.
Egal welche Theraieform.
Das heißt für mich jetzt nicht, dass die Therapeuten so gar nix geben dürfen. Das wäre dann der berühmte Blechaffe und kalte Spiegel.So hat Freud auch nicht gearbeitet, aber seine Nachfolger...
Auch Psychoanalytiker sind Menschen und egal wie viele Jahre sie Lehranalyse gemacht haben, die haben trotzdem auch noch blinde Flecken.
Auch kommt es darauf an, welcher Schule sie sich zugehörig fühlen.
Das heißt, dass der Prozess weder alleine vom Analytiker noch vom Klientel gesteuert wird. Sondern von BEIDEN!

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Solage
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Beitrag Fr., 28.12.2018, 00:55

Nur, die VERANTWORTUNG für den therapeutischen Prozess, trägt der Therapeut.
Behauptet mein Therapeut!

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