Alles nur simuliert?

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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Montana
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Beitrag Do., 18.06.2015, 14:45

Ich bin leider nicht körperlich gesund. Ich bin chronisch krank, habe einen GdB von 60, hatte innerhalb von 2 Jahren 5 teils schwere Operationen. Im Grunde hat das alles ins Rollen gebracht, denke ich. Mir ging es so lange körperlich echt dreckig, aber ich hatte einfach riesige Probleme damit, mir Hilfe zu suchen. Bis es irgendwann einfach nicht mehr ging. Ich konnte nicht mehr, hatte solche Schmerzen.
In einer Reha hatte ich dann mehrere Gespräche mit einer Psychologin, die mir eine Therapie nahegelegt hat. Meine Hausärztin hatte schon Jahre vorher vergeblich versucht, mich zu einer zu überreden. Dabei wusste sie nichts von meiner Kindheit. Sie hat mich einfach nur erlebt und gedacht, mit mir stimmt etwas nicht. Noch in der Reha habe ich dann Therapeuten abtelefoniert und schließlich einen gefunden. Der hat mich dann in der dritten probatorischen Sitzung abgelehnt, weil er meinte, mir nicht helfen zu können. VT sei nicht geeignet. War dann bei einem TFPler, der mir gleich zu Anfang gesagt hat, eine PA sei besser geeignet, wegen der höheren Stundenzahl. Genommen hat er mich trotzdem. Bei ihm war ich etwa ein Jahr. Inzwischen mache ich eine PA mit drei Wochenstunden. Und ich bin dankbar dafür.

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Montana
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Beitrag Do., 18.06.2015, 15:27

Snoozie hat geschrieben:
Ich spiele verschiedene Rollen, und das so gut, dass mir bisher keiner auf die Schliche gekommen ist. Authentisch sein kann ich eigentlich gar nicht,

Aber diese "Rollen" spiegeln doch sicherlich Persönlichkeitsanteile - und sind sie damit nicht doch auf ihre Weise authentisch? Kann es nicht sein, dass es ausschließlich Deine Bewertung ist, die sie "unauthentisch" werden lassen?
Ich meinte eigentlich die normalen Rollen, die jeder einnimmt. Ich bin ja Arbeitnehmer, Geliebte, Tochter, Schwester, Freundin usw. Diese Rollen korrelieren nicht unbedingt mit Persönlichkeitsanteilen. Auf der Arbeit treiben sich z.B. mindestens zwei herum, denn manchmal finde ich Sachen, die ich gemacht habe, oder ich möchte eine Übergabe machen und der Kollege erzählt mir, die hätten wir schon gemacht.


Snoozie
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Beitrag Do., 18.06.2015, 16:55

Ich meinte eigentlich die normalen Rollen, die jeder einnimmt. Ich bin ja Arbeitnehmer, Geliebte, Tochter, Schwester, Freundin usw. Diese Rollen korrelieren nicht unbedingt mit Persönlichkeitsanteilen. Auf der Arbeit treiben sich z.B. mindestens zwei herum, denn manchmal finde ich Sachen, die ich gemacht habe, oder ich möchte eine Übergabe machen und der Kollege erzählt mir, die hätten wir schon gemacht.
Das sind aber doch erst recht keine Lügen, denn jeder ist je nachdem was er gerade auzufüllen hat, dies oder das oder eben viele.

Wie kann ein Arbeitnehmer z. B. auf der Arbeitsstelle KEIN Arbeitnehmer sein? Wo siehst Du denn da die Täuschung? Eine Mutter nimmt tagsüber etwa 10 verschiedene Rollen ein, eine Freundin vielleicht 5 ...

Ich kenne keinen, der so gesehen, immer nur ein und derselbe ist.

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SoundOfSilence
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Beitrag Do., 18.06.2015, 19:08

Ich finde total spannend, was hier zu dem Thema kommt! An vielen Stellen denke ich, ich erkenne mich total wieder, und dann kommt jemand mit einer Sichtweise an, die ich so gar nicht passend finde, dass ich dann echt nochmal und nochmal lesen muss und meist erstaunt feststelle - ja, SO kann man das vielleicht auch verstehen... Und wenn ich das hier so mitkriege, dann wundere ich mich rückblickend nicht mehr über die Reaktionen, die ich im RL manchmal bekomme... Vieles ist ein Verständnis-Problem wie mir scheint. Damit will ich jetzt nicht sagen, das MEIN Verstehen das "richtige" sei...

Die Geschichte mit den Rollen im Alltag, und dem Gefühl dabei eben nicht authentisch zu sein, die kenne ich gut von mir insofern, dass ich NICHT denke, dass ich dabei unbedingt explizit LÜGE, aber ich habe oft das Gefühl, ich würde schauspielern, etwas vorspielen, das ICH eigentlich gar nicht bin. Und: ich habe dann schon manchmal die Angst, dass wenn das jemand entdeckt, es mir eben als Unaufrichtigkeit ausgelegt würde... (Also doch irgendwie nah an der Lüge?). Und ich denke, das unterschiedet sich deutlich von einer Frau, die gegenüber ihrer Tochter als Mutter auftritt und der Kollegin gegenüber als professionelle Sekretärin in Erscheinung tritt etc. Die Rollen, die wir alle im Alltag einnehmen, erleben die meisten ja (unabhängig davon, wie befriedigend sie das finden), eben als TEIL von sich (nicht im DIS-Sinne gemeint). Jemand der das Gefühl eben NICHT hat, sich dabei also selbst als fremd erlebt, das Schauspieler-Gefühl hat, der macht vielleicht gar nichts groß anders, aber der ERLEBT es ja anders.

Die Sichtweise, dass man das, was in einer Therapie aus dem unbekannten Unterbewusstsein aufsteigt auch deshalb als "Lüge" empfinden könnte, weil es schlicht neu und unbekannt, also ungewohnt ist und von der bisherigen "Weltsicht" abweicht, finde ich total interessant. Denn, auch wenn dieses spezielle unwahr/unehrlich-Gefühl bei DIS-Leuten ja anscheinend immer irgendwie dazu gehört, es gibt ja tatsächlich VIELE Menschen mit psychischen Problemen, die sowas kennen. Und insofern hat die Bezeichnung "Lüge" ja nun echt nichts damit zu tun...
Auch die "inneren" Stimmen, die in diese Richtung gehen (ob jetzt wirkliche Täterintrojekte oder einfach nur Introjekte), kennen wohl nicht nur DIS-Leute (ist ja z.B. für die PTBS auch ganz typisch anscheinend).

Ich finde mich in der Beschreibung von Montana, dass man bei manchen Symptomen denkt, dass sie "simuliert" seien, weil MAN JA AUCH ANDERS KANN manchmal absolut wieder (ich hoffe ich hab das richtig verstanden ) Ich habe so oft das Gefühl oder so Gedanken, dass ich z.B. gestern das und das ja auch ohne Panik geschafft habe, dass es also doch heute auch gehen muss etc.
Allerdings: die Idee, ob das damit zu tun hat, das man meint, man "verdiene" keine Therapie und weil man sie aber machen will würde man jetzt als Rechtfertigung seine Symptome übertreiben... Die ist mir noch nicht gekommen. Und so verworren sie ist, irgendwas fällt da in mir auf fruchtbaren Boden, gewissermaßen... Bleibt die Frage: Übertreibe ich, weil ich meine Therapie rechtfertigen will, oder Übertreibe ich NICHT und habe nur das Gefühl ich täte das? Denn: Als VORWURF kenne ich das Prinzip durchaus: "Du tust ja nur so als sei dir schlecht, du willst nur (nicht) xxx" DAS stecKt da ja drin, oder?

Was die Frage nach den Kindern denen es schlecht geht angeht: Ich finde wichtig, dass man sich, bei allen Problemen die man hat, auch bewusst macht, was im Leben GUT und positiv ist. Und natürlich darf man sich vor der Not von anderen nicht verschließen. Aber: Was soll eigentlich immer dieses Vergleichen? Wer will denn eigentlich sagen, wer von und schlimmer dran ist, Du oder Ich?? Und mal ehrlich: welche Position würdest Du haben wollen? Die bessere oder die schlechtere...? Worauf ich raus will: Den hungernden Kindern in Afrika hilft es kein bisschen, wenn in Deutschland eine Frau mit DIS ihre Therapie abbricht, weil es ihr objektiv betrachtet nicht schlecht genug gehen darf... Was hat das Eine denn mit dem Anderen zu tun?

Liebe Grüße,
Silence
Hello darkness, my old friend...

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montagne
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Beitrag Do., 18.06.2015, 19:45

Hi Montana,
danke für das Thema. Ich erkenne mich auch in vielem wieder, was du sagst. Ich schreibe dir mal meine Sichtweise und meine Erfahrungen. Vielleicht hilft es dir. Ich sortiere jedenfalls mal.

Ich kenne dieses Gefühl zu lügen sehr gut. Und zwar auch über Erinnerungen, bei denen ich mir ganz sicher bin und bezogen auf ein Thema bei mir auch durch Presseberichte und andere Personen objektiviert sind. Auch da hatte ich, solange das recht unverarbeitet war das Gefühl zu lügen, zu übertreiben, wenn ich nur dran dahcte.
Schlimmer, viel schlimmer ist es nach wie vor über Dinge aus meiner Kindheit, zu denen ich sagen wir mal Erinnerungsspuren habe. Ich habe nur wenige Erinnerungen. Es ist recht fragmentiert. Teils sind da Körpergefühle, Bilder, Szenen die irgendwie da sind, aber diffus bleiben.

Ich habe mit meiner Therapeutin über das Gefühl zu lügen gesprochen. Sie sagte zum einen, was Fundevogel auch schon sagte: Es geht nicht um die Wahrheit, es geht nichtmal darum, was wirklich passiert ist. Es geht um das eigene Empfinden, was es mit einem gemacht hat, in welche Stimmung und Zustände es einen versetzt. Man nimmt etwas wahr und das alleine ist zu respektieren. Das empfinden ist wahr uns richtig. Ich kann mich dem anschließen.

Zum anderen sagte sie etwas, was mich noch immer beschäftigt. Sie sagte, dass Täter ihre Spuren verwischen. Also auch uns insbesondere Erinnerungsspuren. Ich frage mich, wie das geht. Aber je länger ich Therapie mache, umso mehr merke ich, dass sie Recht hat. Ich persönlich habe shcon lange keinen Kontakt mehr zu den Menschen, die mir geschadet haben. Trotzdem immer noch oder jetzt erst Zusammenhänge auf. Jede Erinnerung an sich war schon immer da. Aber jetzt erst, fängt es an einen Sinn zu ergeben und jetzt erst erkenne ich die Bedeutung und Wirkung von manchem.

Das mag seltsam klingen, aber mir geht es so. Bsp. Ich denke anch wie vor, ich übertreibe (und lüge). Abwertung und klein machen war ein Thema und ich denke, ich erinnere mich doch garnicht an Dinge, die mein verdammt mieses Gefühl rechtfertigen (das Bedürfnis nach Rechtfertigung für Gefühle zeigt ja scon an sich dass es aus einem kranken System kommt). Und jetzt wo ich das von dir mit dem Namen las, wird mir bewusst, das ist einer meiner Bausteine. Man gab mir einen "Spitznamen", der aber explizit mit einer Herabwürdigung verknüpft war. Die Bedeutung meines echten Namens (es ist eine recht gediegene Bedeutung) wurde zu etwas herabwürdigendem umdefiniert. Beides wurde auch immer wieder affirmiert, damit ich es ja nicht vergesse. So rief man mich jahrelang.
Es ist nicht so, dass ich an solche Deteils ständig denke, eher selten. Aber Fakt ist, vergessen oder verdrängt habe ich es nicht. Nur erst beim Lesen des Threads hier wurde mit die Verbindung bewusst.

Ich denke so ist bei mir noch einiges fragmentiert. Das ist neben destruktiven Introjekten sicher ein Grund für das starke Gefühl zu lügen. Ich jedefalls habe es stark und ich habe keine DIS, bin nichtmal wirklich frühgestört. Trotzdem halt.
amor fati

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walduft
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Beitrag Do., 18.06.2015, 19:49

Der Thread tut mir gerade irgendwie gut, da ich glaube,dass mich das Lesen auf meinem Genesungsweg bestärkt.
DANKE!

Ich sage IMMER bei der Therapie: "Es war NICHTS.Aber warum reagiere ich dann so? Das bin nur ich, die das alles aufbauscht und inszeniert. Die Dramatik reinbringt.Ich bin eine Mimose.Ein Sensibelchen, eine selbstmitleidige Memme usw."
Meine Therapeutin verhält sich aber toll,schätze ich sehr.(habich nicht verdient sagt der Teil.ich lügedoch nur)

Dieses "Ich lüge". vs <--> "Ich sage aber die WAHRHEIT. Für mich ist es so gewesen!!"
verstehen natürlich wenige Menschen.

Dieses piepsende Stimmchen, das mitleidig, aufmerksamkeitshaschend, zusammengekauert auf dem Therapiesofa sitzt.
Und die ehrliche Stimme im Kopf, die aus dem Hintergrund sarkastisch und kopfschüttelnd dazwischenwirft:

"hach,inszenieren wir schon wieder? Suchst du schon wieder Aufmerksamkeit? HYPERBELN HYPERBELN HYPERBELN. Du übertreiiiibst. So waaaars doch gar nicht. Feigling. Du schaffst es doch immer wieder, alles zu deinen Gunsten zu drehen."

Und dann gibt es noch die "schwarzes Loch" Gedanken. Aber über die darf ich nicht schreiben.

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walduft
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Beitrag Do., 18.06.2015, 20:28

und wenn dann Worte, wie "Trauma"oder "Missbrauch" fallen.....
schnaubt mein Inneres verächtlich.

Einmal hat eine Psychiaterin auf einen Arztbrief "Komplexe PTBS" geschrieben. Ich dachte "Na toll, jetzt haben wir´s mit der Lügerei so übertrieben. Weit haben wir´s gebracht. -.-"

(Bin NICHT multipel oder so. Dieses "wir" bezieht sich eher auf so eine verächtliche Stimme, spottend, ...)

Antworten nicht gelesen - Internet zwischendurch abgekackt
Zuletzt geändert von walduft am Do., 18.06.2015, 21:11, insgesamt 1-mal geändert.

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SoundOfSilence
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Beitrag Do., 18.06.2015, 20:38

@ walduft: Du bist DIS oder Du bist NICHT DIS? Das ist mir jetzt nicht so ganz klar... Ist aber auch nicht wichtig. Ich denke übrigens auch manchmal im Plural...

Hast du dein inneres "Schreibverbot" (wenn ich das mal so nennen darf) eigentlich nur hier? In Bezug auf das Lügen-Gefühl? Oder dürftest Du es auch nicht aufschrieben, wenn es keiner liest?
Ich frage interessehalber, weil ich ein "Redeverbot" aus mir selbst heraus kenne - aber mit dem schreiben wenig Probleme habe.

LG
Hello darkness, my old friend...

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walduft
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Beitrag Do., 18.06.2015, 21:29

@Sound of silence: Ich kenne mich leider mit den Begriffen nicht so aus. Ich habe oft starke Dissoziationen/dissoziative Zustände und eine diagnostizierte Depersonalisierungsstörung. Multipel bin ich aber nicht.
(Im Plural schreibe/rede ich mit mir selbst eher so spöttisch. Wie mit einem kleinen Kind. So alá "Oooh, armes Bubu, haben wir schon wieder in die Hose gemacht?" ist das irgendwie verständlich ? )

Schreiben nicht, nein. ich schreibe gerade sehr schnell,weil ih nicht darf. schwarzes Loch ist sonst schneller.
Alles wird verschluckt. Zuerst nicht DENKEN, dann nicht reden, dann nicht bewegen, nicht sehen,Augen schliessen --> Hände vors Gesicht --> nicht atmen --> Ohnmacht

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Montana
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Beitrag Fr., 19.06.2015, 07:30

SoundOfSilence hat geschrieben:Ich finde mich in der Beschreibung von Montana, dass man bei manchen Symptomen denkt, dass sie "simuliert" seien, weil MAN JA AUCH ANDERS KANN manchmal absolut wieder (ich hoffe ich hab das richtig verstanden ) Ich habe so oft das Gefühl oder so Gedanken, dass ich z.B. gestern das und das ja auch ohne Panik geschafft habe, dass es also doch heute auch gehen muss etc.
Allerdings: die Idee, ob das damit zu tun hat, das man meint, man "verdiene" keine Therapie und weil man sie aber machen will würde man jetzt als Rechtfertigung seine Symptome übertreiben... Die ist mir noch nicht gekommen. Und so verworren sie ist, irgendwas fällt da in mir auf fruchtbaren Boden, gewissermaßen... Bleibt die Frage: Übertreibe ich, weil ich meine Therapie rechtfertigen will, oder Übertreibe ich NICHT und habe nur das Gefühl ich täte das? Denn: Als VORWURF kenne ich das Prinzip durchaus: "Du tust ja nur so als sei dir schlecht, du willst nur (nicht) xxx" DAS stecKt da ja drin, oder?
Das krasseste Beispiel dafür ist für mich, wenn ich "einfriere" und mich weder bewegen noch sprechen kann. Da denke ich dann, dass ich das vielleicht extra mache. Oder dass ich das viel früher beenden könnte, wenn ich mich nur mehr bemühen würde. Aber die letzten Mal habe ich mich SEHR bemüht und trotzdem war es einfach so wie es war. Dagegen spricht auch, dass das durchaus auch dann passiert, wenn ich keine Zuschauer habe. In so einem Fall "habe ich ja nichts davon".
Und ja, ich WILL tatsächlich diese Therapie machen. Das wollte ich schon ganz lange. Wie gesagt hat meine Hausärztin schon vor längerer Zeit versucht, mich zu überreden. Auch damals hätte ich schon gewollt. Aber ich dachte, dass das einfach nicht geht. Dass es mir nicht schlecht genug geht. Und ich hätte ja dadurch auch zugegeben, dass mit mir etwas nicht in Ordnung ist, und das konnte ich nicht.
Außerdem hat meine Hausärztin mir dazu geraten, mir im Internet ein Forum zu suchen, um mich austauschen zu können. Nach Monaten habe ich zu suchen angefangen. Und das erste, was ich gefunden habe, war eine Seite, auf der sich jemand darüber ausließ, was für Jammerlappen das sind, die sich in Internetforen über ihre Probleme auslassen und in Selbstmitleid suhlen. Das hat dazu geführt, dass ich das mit dem Forum doch wieder gelassen habe für einige Jahre.
Als Vorwurf kenne ich das auch. "Ich habe Bauchweh". "Du lügst. Du willst nur nicht in die Schule." Das hat bei mir dazu geführt, dass ich IMMER in der Schule war, egal wie es mir ging. Ich habe auch mal während des Unterrichts im Klassenzimmer gekotzt. Danach habe ich auch noch eine Deutscharbeit geschrieben, die - Überraschung! - mit einer 5 bewertet wurde. Hätte ich die Möglichkeit gehabt, sie an einem anderen Tag nachzuschreiben, wäre ich vielleicht zu einer besseren Leistung imstande gewesen.

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Beitrag Fr., 19.06.2015, 07:40

Hi Montana,
Jaaaaa, absolut!! Dieses Erstarren / einfrieren kenne ich. Und weil ich ja durchaus auch Währenddessen WEIß, dass ich mich BEWEGEN KANN eigentlich, finde ich mich immer selber total affig... Und es passiert mir fast nur alleine, wenn jemand dazu kommt und mich etwa anspricht löst es sich eigentlich auf. Nur, dass ich dann immer noch so langsam bleibe irgendwie. Kennst du das? Wenn man partout nicht normal oder schnell kann... Stunden braucht für alles?
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Beitrag Fr., 19.06.2015, 07:48

Ach, was mir noch einfällt. Es war ja tatsächlich so, dass ich mit Bauchweh nicht in die Schule wollte. Wer will schon in die Schule, wenn es einem schlecht geht? Es war also so: Ich SAGE, dass ich Bauchweh habe, weil ich nicht in die Schule will, weil ich Bauchweh HABE. Der letzte Punkt wurde mir dann abgesprochen. Und weil ich keine Beweise hatte, war's das dann. Keine weitere Diskussion.
Das war für mich lange ein sehr großes Problem. Obwohl ich sehr krank war, konnte ich nicht zum Arzt gehen, weil ich keine Beweise hatte. Ich hatte einfach Angst. Inzwischen habe ich das Problem so nicht mehr. Meine Krankheit wurde ja höchstoffiziell festgestellt und ich habe jede Menge schriftliche Unterlagen darüber.

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Beitrag Fr., 19.06.2015, 07:58

SoundOfSilence hat geschrieben:Hi Montana,
Jaaaaa, absolut!! Dieses Erstarren / einfrieren kenne ich. Und weil ich ja durchaus auch Währenddessen WEIß, dass ich mich BEWEGEN KANN eigentlich, finde ich mich immer selber total affig... Und es passiert mir fast nur alleine, wenn jemand dazu kommt und mich etwa anspricht löst es sich eigentlich auf. Nur, dass ich dann immer noch so langsam bleibe irgendwie. Kennst du das? Wenn man partout nicht normal oder schnell kann... Stunden braucht für alles?
Ja, ich bin danach auch sehr langsam. Insb. reden fällt mir dann sehr schwer. Ich bin dann immer kurz davor, wieder reinzurutschen. Mir passiert es auch in der Therapiestunde oder anderswo in der Öffentlichkeit und ich kriege immer Angst, wenn es jemand merkt. Die meisten Leute können damit ja gar nicht umgehen. Es hilft leider gar nicht, mich anzusprechen. Ein Arzt hat mir sogar mal eine Nadel ins Gesicht gestochen und dabei ordentlich gedrückt, weil er eine Reaktion provozieren wollte. Nach einer Operation im Aufwachraum haben sie es mit Stromschlägen versucht. Einmal bin ich in der geschlossenen Psychiatrie gelandet. Also alles in allem Situationen, die nicht gerade angenehm sind.

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Montana
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Beitrag Mo., 22.06.2015, 10:10

Hatte letztens eine Diskussion mit meinem Thera darüber, ob es DIS gibt oder nicht. Er hält DIS für eine Erfindung der Traumalobby. Ich will immer herausfinden, was ich denn nun wirklich habe - ob ich etwas habe. So als Rechtfertigung für die Therapie. Habe dann gesagt, dass ich keine DIS haben kann, weil das ja eine Traumafolgestörung ist. Und dass ich kein Trauma erlebt habe. Darauf meinte mein Thera: "Ach, Frau M., Sie sind aber heute hart zu mir." Und fing an, mir zu erklären, was ein Trauma ist. Muss darauf nochmal zu sprechen kommen in der Therapie, denn das ist eine Frage, die mich sehr beschäftigt. Trauma ja oder nein? Und was mich besonders umtreibt ist die Frage, was der Freund meiner Mutter mit mir gemacht hat. Ich kann mich bloß daran erinnern, dass meine Mutter mal gesagt hat, er sei eigentlich mein Freund, und nicht ihrer. Er war neun Jahre jünger als sie und hat sie auch sofort verlassen, nachdem ich weg war.


Jenny Doe
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Beitrag Mo., 22.06.2015, 11:15

@ Montana
Er hält DIS für eine Erfindung der Traumalobby
Könnte man drüber diskutieren, aber das würde Dir keine Antwort auf Deine Frage geben, ob Du eine DIS hast oder simulierst. Und auch hier im Forum kann Dir diese Frage keiner beantworten. Der eine wird dir sagen: "Du, ich zweifle auch, das ist normal für eine Multiple, ..". Der andere wird dir sagen: "Du, ich habe auch gezweifelt und meine Zweifel waren berechtigt".
Letztendlich kannst Du Dir Deine Frage nur selbst beantworten, denn Du bist die einzige die wissen kann, ob du simulierst oder nicht.
Guck bei dir selber und schau bei dir
- Was gibt Dir das Gefühl, dass Du simulierst?
- Was gibt dir das Gefühl Deinen Therapeuten anzulügen? Was erlebst du als unecht, als Lüge, als nicht multipel?
- Was bereitet dir das Gefühl der Unsicherheit bzgl. der Diagnose?
- Was müsste anderes sein, damit Du das Gefühl hättest, nicht zu simulieren, sondern tatsächlich multipel zu sein?
- Erfülltst Du die Kriterien für eine DIS?
- Wie lassen sich die Symptome alternativ erklären?
- Käme auch eine andere (dissoziative) Störung von der Symptomatik her in Frage?
- Was hat es mir der "Stimme im Kopf" auf sich? Wie erlebst du die Stimme? Ist es eine andere "Persönlichkeit", ist es Dein Gefühl oder Wissen, dass Dir sagt, dass alles nicht stimmt?
- ....

Wenn du unsicher bist, ob die Diagnose stimmt oder nicht, du tatsächlich multipel bist oder nicht, ... dann hast Du die Möglichkeit einen Zweittherapeuten aufzusuchen, die Diagnose überprüfen zu lassen und Dir eine Zweitmeinung einzuholen.

Alles Gute für Deinen weiteren Weg.
Wir müssen das Leben loslassen, das wir geplant haben, damit wie das Leben leben können, das uns erwartet (Joseph Campbell). Manche Leute glauben, Durchhalten macht uns stark. Doch manchmal stärkt uns gerade das Loslassen (Hermann Hesse).

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