Wahrnehmungsstörungen nach Geburt

Fragen und Erfahrungsaustausch zu Persönlichkeitsstörungen und Schizophrenie, Bipolaren Störungen ('Manisch-Depressives Krankheitsbild'), Wahrnehmungsstörungen wie zB. Dissoziationen, MPS, Grenzbereichen wie Borderline, etc.
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emmy-anton
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Wahrnehmungsstörungen nach Geburt

Beitrag Mi., 31.12.2008, 15:18

Hallo,

in den letzten Wochen habe ich hier schon einiges gelesen. Nun habe ich mich entschlossen, mein Problem hier auch mal zu schildern.
Ich habe am 23.10.08 meinen Sohn per Kaiserschnitt entbunden.Es war von vornherein klar, dass ein KS gemacht werden muss. Auch damals bei meiner Tochter schon. Ich hatte davor schon ziemliche Angst und keine guten Erinnerungen. Jedenfalls war der KS eigentlich eine Woche später geplant, da ich aber einen Blasensprung mitten in der Nacht hatte, musste ein Notkaiserschnitt durchgeführt werden und dabei kam es plötzlich zu einer Gerinnungsstörung. Nachdem mein Sohn aus dem Bauch geholt war, fing es an in der Gebärmutter zu bluten und die Blutung konnte trotz Medikamenten nicht gestoppt werden. Nachdem ich bereits 5 Liter Blut verloren hatte, musste die Gebärmutter und 1 Eierstock entfernt werden, um mein Leben zu retten. Das ganze dauerte über 4 Stunden und ich bekam trotz Narkose einige Sätze von den Ärzten mit.
Ich erwachte auf der Intensivstation, meinen Sohn sah ich erst 2 Tage später. Dauernd kamen verschiedene Ärzte an mein Bett und sagten mir, was ich für ein Glück gehabt habe, das zu überleben usw.
Ich war dann noch eine Woche im Krankenhaus und kam mit meinem Sohn eigentlich ganz normal klar. An dem Tag als ich nach Hause kam fing es an... unser Haus kam mir fremd vor, obwohl ich alles darin wiedererkannte. Für meinen kleinen Sohn, für meine Tochter und meinen Mann hatte ich plötzlich keine Gefühle mehr. Ich sah mich teilweise selbst wie in einem Film und hatte plötzlich Ängste, die mit Herzrasen, Brennen im Gesicht und Kribbeln in den Händen einhergingen. (meistens morgens und nachmittags)
Nach einigen Wochen begann mir auch die Welt fremd zu werden. Ich versatnd die Welt plötzlich nicht mehr, sie ist mir nicht mehr logisch. Dauernt muss ich alles analysieren. Vorhin war ich mit dem Kinderwagen spazieren. Da sehe ich zum Beispiel einen Baum und ich muss mir erklären, warum der Baum dort steht oder ein Haus usw. Außerdem habe ich sher oft das Gefühl, dass es mich gar nicht mehr wirklich gibt. Wenn mich auf der Strasse Bekannte grüßen, dann denke ich "Komisch, die können mich noch sehen."
Ab und zu denke ich auch, dass ich an mir selber ersticke oder dass ich in der falschen Welt bin (obwohl ich schon alles kenne draußen und auch angemessen reagiere). Wenn ich irgendwo bin, beobachte ich ständig andere Menschen ganz genau, frage mich was sie wohl fühlen... Ich habe Angst, dass ich verrückt werde, um mich schlage, mich nicht mehr kontrollieren kann, meine Familie nicht mehr erkenne usw.
Dass ich meine Gebärmutter verloren habe belastet mich sehr, es ist ein schreckliches Gefühl nicht mehr darüber entscheiden zu können, ob man noch ein Kind bekommen möchte. Ich habe das Gefühl, dass ein Teil von mir fehlt. Außerdem fühl ich mich alt, obwohl ich erst 28 bin. Sobald ich irgendwo eine Schwangere Frau sehe, fange ich an zu weinen.
Deshalb war ich vor kurzem bei einem Psychater, er meinte ich hätte eine Depression und hat mir Trevilor verordnet. Tja, nur leider bringe ich es nicht übers Herz die Tabletten einzunehmen. Da stehen so viele Nebenwirkungen drin und ich muss doch an meine 2 Kleinen Kinder denken. Kann das irgendwie nicht verantworten. Was habt ihr für Erfahrungen mit Trevilor??
Wenn nur diese Wahrnehmungsstörungen nicht währen. Das ist so belastend.
Gibt es noch andere Mütter, denen es ähnlich ergangen ist?Danke fürs Zuhören!!

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Elfchen
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Beitrag Do., 01.01.2009, 18:36

Liebe emmy

Was Du erlebt hast, ist wirklich ein absolutes Trauma.
Das ist mal ein Fakt. Auch der Verlust der Gebärmutter und des Eierstockes ist erst mal zu verdauen in Deinem Alter.
Du nimmst diese Störungen sehr bewusst wahr, weisst, dass es nicht die Realität sein kann, die Du kennst.

Ich hatte auch eine traumatische Geburt beim zweiten Kind. Auch wir sind beide grad mal davongekommen. Das Kind war polytraumatisiert; er hatte Schädelbrüche, Hirnblutungen, Fascialisparese, sonst noch diverse Verletzungen. Er wurde reanimiert; auch ich konnte ihn erst nach einer Woche in die Arme nehmen, weil er so schwer verletzt war. Man wusste nicht, wie er sich entwickeln wird, ob er Schäden zurückbehält.
Ich selber war ein halbes Jahr gelähmt. Die Ärzte wussten nicht, ob ich wieder laufen könnte. Meine Muskulatur war von der Hüfte abwärts gelähmt. Mir ist alles sozusagen einfach ausgelaufen. Es war nur schrecklich.
Mit viel Willen hab ich das wieder so hingekriegt, dass niemand etwas mir ansieht heute.

Damals fingen auch meine "komischen Zustände" an. Ich hatte ständig das Gefühl, die Erdanziehung könnte sich auflösen und mich ins Nichts katapultieren. Alles war übergrell. Oder die Angst, ich könnte vor allen Leuten hinfallen. Ich könnte Dir hier noch viele Symptome erzählen.
Ich möchte nur, dass Du Dich verstanden fühlst.

Nimm die Medis! Die Nebenwirkungen stehen überall drin. Quäle Dich nicht so lange, wie ich es getan habe! Du kannst ja langsam anfangen und langsam steigern, dann werden auch die Nebenwirkungen nicht so schlimm sein. Tu es für Dich, für Deine Kinder und für das Leben!

Ganz viel Kraft wünsche ich Dir von Herzen!
Es sind nicht die Dinge, die uns beunruhigen, sondern die Meinungen, die wir von den Dingen haben. Epiktet

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emmy-anton
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Beitrag Do., 01.01.2009, 20:32

Liebes Elfchen,

zuerst einmal danke ich dir für deine Antwort!

Was dir passiert ist, klingt ja auch mehr als schrecklich.
Ich hoffe, dass es deinem Sohn heute ohne Probleme gut geht!

Ich versuche diese Depersonalisation und Derealisation eigentlich die ganze Zeit zu ignorieren, aber das ist verdammt anstrengend und so etwa einmal am Tag kommt der Punkt, wo es so extrem schlimm ist, dass ich Panik kriege.
Ich weiß, dass mir eigentlich nichts passieren kann, aber naja...

Hast du damals denn auch Medikamente genommen?
Wahrscheinlich werde ich die Trevilor dann doch mal versuchen, habe die Schachtel hier liegen... aber am Montag wird meine Tochter 5 Jahre alt und ich habe irgendwie Angst, dass ich mit den Tabletten nicht mehr ich selbst bin und so werde ich wenigstens noch bis nach ihrem Geburtstag warten.

Alles Gute für dich!!

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Elfchen
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Beitrag Do., 01.01.2009, 21:17

Liebe emmy

Ich finde es gut, dass Du da wenigstens ein wenig Realität reinbringst.

Ich hatte auch schreckliche Panikattacken, jeden Tag, und Angst davor. Noch heute kommen sie manchmal.
Ich habe die Medis erst vor einem halben Jahr genommen, weil ich es nicht mehr ausgehalten habe. Der Psychiaterin hab ich nie alles erzählt. Das Medi hab ich mir selber ausgesucht, als ich vor Schlafstörungen kaum mehr funktionieren konnte. Ich hab mir Surmontil ausgesucht. Da mein HA mich gut kennt bekomme ich von ihm, was ich mir überlegt habe. Jetzt hab ich vor einer Woche auf Trittico umgestellt. ich wollte es einfach mal probieren.
Mach es einfach langsam. Ich persönlich hab keine Wesensveränderungen festgestellt. Wenn Du die Medis abends nimmst, ca. 1 1/2 Stunden vor dem Schlafen, bist Du morgens auch nicht verladen. Und va. mit einer kleinen Dosis anfangen. Die Ärzte wollten mir eine viel grössere Dosis verschreiben, aber ich habs nach meiner Fasson gemacht und so ist es gut.
Ich hätte besser damals schon die Medis genommen, wenn ich gewusst hätte, dass ich damit besser leben kann.

Lieber Gruss!
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emmy-anton
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Beitrag Do., 01.01.2009, 22:16

Liebes Elfchen,

ich soll die Trevilor je eigentlich morgens einnehmen..., muss morgen wieder zum Psychater und werde ihn nochmal darauf ansprechen.
Die Medikamente die du nimmst kenne ich gar nicht.
Dass es dir damit besser geht und sie dir helfen freut mich und ich wünsche dir alles Gute und hoffe, dass ich mich auch bald wieder in dieser Welt als "richtig da" fühlen kann.

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Elfchen
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Beitrag Do., 01.01.2009, 22:22

Weisst Du, es ist ja nicht so, dass das Mittel alle meine Probleme löst. Das will ich auch gar nicht und nehme darum nur eine möglichst kleine Dosis.
Eben, weil ich mich noch selber spüren will. Das ist mir wichtig!
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emmy-anton
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Beitrag Do., 01.01.2009, 22:30

Das finde ich eine sehr gute Einstellung und ich seh das ganz genau so.

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Lumpi
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Beitrag Do., 01.01.2009, 23:05

Elfchen hat geschrieben:Der Psychiaterin hab ich nie alles erzählt. Das Medi hab ich mir selber ausgesucht, als ich vor Schlafstörungen kaum mehr funktionieren konnte. Ich hab mir Surmontil ausgesucht. Da mein HA mich gut kennt bekomme ich von ihm, was ich mir überlegt habe. Jetzt hab ich vor einer Woche auf Trittico umgestellt.
Schon klar, dass man vielleicht dem Arzt nicht alles erzählt.
Glaube aber, dass man die Mediaktion ihm überlassen sollte.

LG, Lumpi

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Elfchen
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Beitrag Fr., 02.01.2009, 08:02

Hallo Lumpi

Da hast Du Recht.

Ich kann mir aber nicht leisten, mit vollgedröhnter Birne zu arbeiten und hab darum den Weg gewählt, der für mich stimmt. So konnte ich auch feststellen, dass mir 50 mg genügen und ich nicht 100 mg brauche, wie der HA oder die Psychiaterin meinten.
Klar, bei 50 mg ist die antidepressive Wirkung gleich null, aber wenn ich wenigstens schlafen kann bin ich schon glücklich. Und ich will mich nicht so sehr verändert wissen- solange es geht zumindest.
Da Trittico weniger Nebenwirkungen haben soll habe ich darauf umgestellt für den Fall, dass ich eine höhere Dosis brauchen würde.

Ich spreche die Medikationen auch mit dem Arzt ab. Er bleibt dann jeweils bei der Höchstdosis und weiss aber, dass ich zuerst mit niedriger Dosis bastle.

Danke aber für den Einwand. Das sollten auch nicht alle Leute versuchen, das ist klar.

Lg
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Lumpi
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Beitrag Fr., 02.01.2009, 11:16

Hallo Elfchen,

danke für die Erklärung.

In meinem Fall überlasse ich die Medikation dem Arzt. Er sieht mich alle zwei Wochen.

LG, Lumpi

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emmy-anton
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Beitrag So., 11.01.2009, 21:10

Hallo,

wollte nur mal kurz meinen aktuellen Stand hier aufschreiben...

Habe Trevilor dann doch noch eingenommen, allerdings nur eine Tablette am Abend, danach ging es mir dermaßen schlecht, dass ich keine mehr genommen habe.
Dafür hat mir der Arzt dann Edronax verschrieben und damit komme ich super zurecht.
Gegen die DR und DP hat er mir noch Risperidon 0,5 verordnet, habe mich zuerst sehr dagegen gewehrt (hasse es eben Med. zu nehmen), aber als ich dann ziemlich verzweifelt war, habe ich sie doch genommen und schon nach der 2 Tablette sind meine Zustände so gut wie weg.

Viele Grüße und lasst Euch nicht unterkriegen

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