Jura und schüchtern

Das Leben ist wesentlich durch unsere Arbeit geprägt. Der Job kann jedoch auch Quelle von Ärger und Frustration sein, oder persönliche Probleme geradezu auf die Spitze treiben...
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Loire
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Jura und schüchtern

Beitrag So., 05.10.2008, 19:45

Ich studiere JUra und stehe jetzt kurz vor dem Examen, aber es fällt mir einfach so schwer, mich zu konzentrieren, weil ich immer denke, dass Jura einfach nichts für mich ist. Ich bin so schüchtern und unsicher im Umgang mit Anderen- wer stellt schon eine schüchterne Juristin ein? Ich kann mich nicht präsentieren oder gut verkaufen, bei der Konkurrenz werd ich nie etwas finden. Ich würd mich selbst ja auch nicht einstellen. Es scheint auch nicht so, als würde ich ein gutes Examen machen. Ich glaube, ich bin prädestiniert für die Arbeitslosigkeit oder für einen Job als Anwältin bei dem ich ums Überleben kämpfe oder einen Job bei dem ich in einem einsamen Kämmerchen mit Büchern sitze, dabei würde ich gerne im Kontakt mit anderen arbeiten.
Ich versuche, mich zu zwingen offener und selbstbewusster zu werden, aber es ist schwer.
Hinzukommt, dass ich immer, wenn ich vor den Büchern sitze denke, dass ich etwas "falsches" tue, dass ich ein schlechter Mensch bin, weil ich Jura studiere und Juristen hinterhältig und egoistisch sind und der Seite der Menschen stehen, die ohnehin Geld und Macht haben und ich in meinem Leben eigentlich etwas für Andere tun sollte, etwas soziales, mich für andere engagieren sollte, denen es nicht so gut geht.
In meiner Familie gibt es keine Juristen und ich glaube, für meine Mutter war es eine derbe Enttäuschung, als ich mit Jura angefangen hab. Für sie war es schon immer klar, dass ich Lehrerin oder so werde (daher wohl auch meine Denkweise über Juristen).
Ich hab das Gefühl das ist eine fremde Welt für mich, in die ich einfach nicht passe. Aber andererseits kann ich mir nicht vorstellen Lehrerin zu sein oder etwas Soziales zu machen, dafür fehlt mir der Idealismus und die Geduld. Und manchmal, da macht mir Jura sogar Spaß, aber ich kann mich einfach nicht richtig drauf einlassen, weil ich denke ich stehe dann auf der falschen Seite.
Ich musste das einfach mal loswerden. Vielleicht fällt ja jemandem was dazu ein...

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Georgine
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Beitrag So., 05.10.2008, 20:03

dass ich ein schlechter Mensch bin, weil ich Jura studiere und Juristen hinterhältig und egoistisch sind und der Seite der Menschen stehen, die ohnehin Geld und Macht haben und ich in meinem Leben eigentlich etwas für Andere tun sollte, etwas soziales, mich für andere engagieren sollte, denen es nicht so gut geht.

aber juristen werden doch in sehr vielen, sogar auch fachfremden bereichen eingestellt. du könntest z.b. in der verwaltung einer behinderten werstätte oder eines kinderheimes eingesetzt werden.
juristen werden überall gebraucht.
du bist jetzt 24, da hast du doch dein studium bisher sehr zügig durchgebracht, oder nicht? spezialisierst du dich denn in deinem examen schon auf eine bestimmte richtung (arbeitsrecht etc.?). wenn nein, welch richtung schwebt dir vor? in welchem bereich möchtest du dein refrendariat machen?

In meiner Familie gibt es keine Juristen und ich glaube, für meine Mutter war es eine derbe Enttäuschung, als ich mit Jura angefangen hab. Für sie war es schon immer klar, dass ich Lehrerin oder so werde (daher wohl auch meine Denkweise über Juristen).

hier beschreibst du ja schon, woher deine negative denkweise über juristen herrührt. wie kamst du eigentlich auf die idee, jura zu studieren? hast du es bekannten nachgemacht? was schwebte dir vor mit deiner entscheidung? ein sicherer arbeitsplatz? gute verdienstmöglichkeiten?

Ich hab das Gefühl das ist eine fremde Welt für mich, in die ich einfach nicht passe. Aber andererseits kann ich mir nicht vorstellen Lehrerin zu sein oder etwas Soziales zu machen, dafür fehlt mir der Idealismus und die Geduld. Und manchmal, da macht mir Jura sogar Spaß, aber ich kann mich einfach nicht richtig drauf einlassen, weil ich denke ich stehe dann auf der falschen Seite.

ich denke, dass der schlüsselpunkt deiner zweifel in der enttäuschung deiner mutter begründet liegt. wer braucht denn schüchterne lehrer? das ist noch viel heikler. ich denke, ein jurist kann sich doch sehr gut vorbereiten auf seine aufgaben (das bekannte aktenwälzen). ein lehrer muss doch viel spontaner reagieren und sich viel direkter surchsetzen.

du sollst ja mit deiner berufswahl nicht die wünsche deiner mutter erfüllen, das ist dir doch bestimmt klar, oder?

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Georgine
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Beitrag So., 05.10.2008, 20:35

du schreibst selbst, dass dir jura "manchmal sogar richtig spaß macht". was daran macht dir spaß? eine besondere richtung? vielleicht könntest du dich hier weiterspezialisieren/-qualifizieren.

soweit ich das verstanden habe, fällt dir keine alternative zu jura ein. gäbe es denn eine? wo liegen/lagen deine begabungen/neigungen (z.b. schon in der schulzeit)?
du könntest z.b. nach deinem examen ein aufbaustudium machen (dauert ein bis zwei jahr, kann eventuell auch ganz fachfremd sein), das geht ja nun mit den master und bachelor studiengängen.
du schreibst, dass dein examen voraussichtlich nicht sehr gut werden wird. erkundige dich doch mal danach, welche berufseinstiegschancen juristen mit etwas schlechterem examen haben. auf was müssen sie achten? wie können sie sich anders qualifizieren, um besser dazustehen
(ein auslandssemster vielleicht etc.)?

ich denke, dass es auf jeden fall schonmal eine starke leistung von dir war, dass du trotz familiärer widerstände dich für ein jurastudium entschieden hast.

ein ganz anderer ansatz wäre natürlich noch, dass du dich einmal intensiv mit deiner schüchternheit auseinandersetzt.
woher rührt diese? schüchternheit ist ja keine statische eigenschaft und kann sich im laufe der zeit wandeln oder kann gar ganz verschwinden.
gibt es bereiche in deinem leben, in denen du dich nicht schüchtern fühlst? oder bereiche in deinem studium? wo liegen dort deine stärken?
lässt dich ein gut vorbereitetes referat z.b. weniger schüchtern werden?

hast du noch in einem anderen bereich erfolge, z.b. im sport? hast du vielleicht einen partner oder gute freunde, die dir den rücken stärken?

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Loire
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Beitrag So., 05.10.2008, 20:43

Danke, Georgine, für deine Antwort.
Ich weiß einfach nicht, was ich machen will. Ich habe mit dem Studium angefangen, weil ich nicht wusste, was ich studieren sollte. Ich wusste nur, was ich nicht wollte. Und mit Jura dachte ich mir, hat man so viele Möglichkeiten.
Während des Studiums habe ich den Schwerpunkt "Europäisches und internationales Öffentliches Recht" gewählt, weil ich bei einer europäischen Institution, der Uno oder Amnesty International oder so arbeiten wollte. Aber inzwischen glaube ich, dass das wenig realistisch ist und auch nicht unbedingt das was ich will. Inzwischen hab ich als Ziel Mediatorin für Familienrecht ins Auge gefasst. Ich könnte mir das gut vorstellen, aber ich glaube, da bin ich auch zu verschlossen und schüchtern für. Oder Richterin für Familienrecht, aber: Schüchterne Richter? Ein sicherer Job als Beamter wäre bestimmt nicht schlecht, aber in der Verwaltung kann das bestimmt langweilig sein. Da braucht man auch die entsprechenden Noten.
Vielleicht liegt das Problem wirklich bei meiner Mutter. Es fällt mir einfach schwer, mich von dieser Einstellung frei zu machen und damit klar zu kommen, dass sie das was ich tue, nicht anerkennt.

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Georgine
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Beitrag So., 05.10.2008, 20:46

Inzwischen hab ich als Ziel Mediatorin für Familienrecht ins Auge gefasst. Ich könnte mir das gut vorstellen, aber ich glaube, da bin ich auch zu verschlossen und schüchtern für. Oder Richterin für Familienrecht
das sind bestimmt interessante bereiche.
du solltest allerdings prüfeb, ob du nun diese richtung nicht auch wieder gewählt hast, um den vorstellungen deiner mutter gerecht zu werden.
meinst du nicht, dass es genug andere juristen gibt, die ebenso schüchtern sind wie du?
wirst du oft auf deine (vermeintliche) schüchternheit angesprochen oder ist diese deine subjektive wahrnehmung?
wenn du so sehr unter deiner schüchternheit leidest - hast du deshalb schonmal einen therapeuten aufgesucht?

vielleicht könntest du in den semesterferien mal ein praktikum in der verwaltung machen und so herausfinden, ob das nicht doch etwas für dich wäre.

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Beitrag So., 05.10.2008, 21:26

Danke, für deine vielen Vorschläge. Ich werde mal über ein Aufbaustduium nachdenken.
Besondere Begabungen, Stärken oder ein besonderes Hobby, das ich gut kann oder wo ich mich voll reinhänge, habe ich nicht. Schlüsselqualifikationen sind bestimmt gut, habe ich aber auch nicht so besondere. Habe ein paar Praktika gemacht, aber ich kann keine Fremdsprache richtig gut oder so.
Freunde habe ich ein paar, aber auch nicht viele, wohl wg. der Schüchternheit. Ich habe schon mehrere Anläufe wg. einer Therapie wegen der Schüchternheit hinter mir, habe es aber jetzt aufgegeben.

Ich weiß nicht, ob och mir dieses Ziel der Mediatorin gesetzt habe, um den Vorstellungen meiner Mutter gerecht zu werden...Irgendwie wollte ich früher eigentlich immer was Soziales machen und auch mit den Menschen direkt zu tun zu haben. Ich hab das Gefühl, wenn man als Jurist nicht als Anwalt arbeitet, sitzt man auf seinem Posten hinterm Schreibtisch und arbeitet so fern von den Menschen und man weiß gar nicht, was die wirklich brauchen oder sie wirklich beschäftigt.
Andrerseits denke ich manchmal, ich studiere Jura, weil ich gerade so einen Schreibtisch-Job haben will, der in der Gesllschaft anerkannt und prestige-trächtig ist.

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Georgine
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Beitrag So., 05.10.2008, 21:43

Andrerseits denke ich manchmal, ich studiere Jura, weil ich gerade so einen Schreibtisch-Job haben will, der in der Gesllschaft anerkannt und prestige-trächtig ist.
für mich hört es sich so an, als wäre die wahl deines studienfaches eigentlich ganz gut für dich gewesen.
vielleicht hast du ja nette, interessante kollegen in deinem büro, mit denen es spaß macht, zusammen zu arbeiten. juristische fragen haben ja oft gar nicht direkt mit einzelnen menschen zu tun (siehe medienrecht etc.).
es kann doch villeicht auch eine befriedigende arbeit für dich geben, die du in cooperation mit anderen kollegen machst.

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Loire
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Beitrag Mo., 06.10.2008, 19:37

Georgine hat geschrieben:
Andrerseits denke ich manchmal, ich studiere Jura, weil ich gerade so einen Schreibtisch-Job haben will, der in der Gesllschaft anerkannt und prestige-trächtig ist.
für mich hört es sich so an, als wäre die wahl deines studienfaches eigentlich ganz gut für dich gewesen.
vielleicht hast du ja nette, interessante kollegen in deinem büro, mit denen es spaß macht, zusammen zu arbeiten. juristische fragen haben ja oft gar nicht direkt mit einzelnen menschen zu tun (siehe medienrecht etc.).
es kann doch villeicht auch eine befriedigende arbeit für dich geben, die du in cooperation mit anderen kollegen machst.
Ja, aber ich habe das Gefühl, ich handele damit gegen meine Prinzipien. Das ist vllt. paradox. Irgendwie will ich ja schon etwas soziales tun, etwas für andere Menschen. Irgendwie halte ich die Gedanken meiner Mutter schon für richtig, nur eben ist es bei ihr einfach zu radikal. Ich will andere nicht verurteilen, für das, was sie tun. Aber wenn ich so einen Büro-job machen würd, hätt ich das Gefühl, ich bin total egoistisch und lass es mir auf Kosten anderer gut gehen. Auch wenn es in der Verwaltung eines Kinderheims oder so wär, ist das für mich nicht wirklich sozial.

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Georgine
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Beitrag Mi., 08.10.2008, 08:49

Aber wenn ich so einen Büro-job machen würd, hätt ich das Gefühl, ich bin total egoistisch und lass es mir auf Kosten anderer gut gehen. Auch wenn es in der Verwaltung eines Kinderheims oder so wär, ist das für mich nicht wirklich sozial.
das ist für mich überhaupt nicht nachvollziehbar. buchhalter, bauarbeiter und nachrichtensprecherinnen muss es geben und auch sie tuen letztendlich etwas für andere.
lass es einen beruf wie radrennfahrer oder stardesigner sein. selbst hier: sie zahlen hohe steuern (was der gesellschaft letztendlich zugute kommt), promis können dann z.b. werbung für soziale projekte machen etc.

man stelle sich eine gesellschaft vor, in der jeder nur im sozialen bereich tätig wäre...wer produzierte dann überhaupt noch? wie ginge es voran in dieser gesellschaft? ich denke, die meisten berufssparten machen sinn. es kommt darauf an, dass immer genügend leute im sozialen bereich tätig sind.

alle können und sollen es auch nicht dort arbeiten. und es sollen auch die leute die aufgaben dort übernehmen, die in diese richtung ambitioniert sind.

wahrscheinlich hat deine mutter ein helfersyndrom (um mal wieder daran zu erinnern: menschen mit helfersyndrom handeln egoistisch, da sie in ihrem vermeintlich selbstlosen tun ihrem drang, zu helfen, nachkommen).

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Hiob
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Beitrag Fr., 10.10.2008, 16:29

Hallo Loire,

ich würds erstmal fertig machen und eine der Ideen, die du beschrieben hast umsetzen, einfach mal nach dem Studium irgendwo anfangen, auch wenn es nicht hundertprozentig dein Wunschbereich ist. Und dort wirst du wahrscheinlich merken, ob diese „Art von Menschen“ generell etwas für dich sind. Nicht primär an dir herumändern, sondern feststellen, ob du überhaupt in diese Umgebung möchtest.

Ich hab z.B. bemerkt, dass ich mit der Verlogenheit der Kollegen, mit ihren aufgeblasenen Masken und dem „Geldverdienen auf Kosten anderer“ nicht klar komme. Mich hat es belastet, einer Sekretärin etwas aufzutragen, manche macht das ja richtig spitz. Mich hat es belastet, wenn jemand mit mir heuchelnd redete, und der nicht bemerkte, dass man seine Absichten bereits auf seiner Stirn sah.

Aber das müsstest du vielleicht selber testen, es mag sein, dass du angenehmere Menschen findest, den Versuch würde ich wagen. Auch in Politik oder Verwaltung würde ich heute nicht arbeiten, aber an deiner Stelle würde ich das ausprobieren. Du brauchst doch nicht bis zur Rente bleiben. Und vielleicht musst du auch erst ausprobieren, ob dir dieses Prestige, die schicken Kostümchen und das Geld Wert sind, über deine Sensibilität drüber zu rumpeln und deine Zeit im Anpassen an gesell. Gepflogenheiten zu verbringen. Wenn du nun nicht so ein A******** bist, wie du es glaubst sein zu müssen (oder es so viele sind), vielleicht beschließt du auch irgendwann, dass dein alter Traum von der tollen Juristen es nicht Wert ist, dein lebendiges Leben zu opfern. Wenn dich etwas dauerhaft quält, würde ich mein Inneres lieber in Sicherheit bringen, als es einem aus dem Denken kommenden Ziel zu opfern oder es an dieses Ziel anzunähern. Das ist generell n Thema, was du genauer anschaun könntest.

Die Schüchternheit heilt aus meiner Sicht von alleine, wenn du so sein darfst, wie du bist...es gibt dann einfach weniger zu verlieren. Und ein Mensch, der vielleicht nicht so super selbstbewusst ist, dafür sich aber seine Echtheit und Verletzlichkeit bewahren konnte, ist aus meiner Sicht sympathischer, als eine trainierte Maske...wie man sie überall findet und wie sie dann mit 45 wieder beim Therapeuten sitzen...weil sie unter der Maske verhungert sind. Ein erfolgreicher Jurist wird möglicherweise forscher und fordernder auftreten, aber er hat seinen Ruf zu verlieren, sein ganzes Leben lang versucht er „sauber“ zu bleiben, besser zu werden, er verbraucht dabei einen großen Teil seiner Kraft und Zeit. Wenn diese Seifenblase zerbrechen würde, was währe dann?,... vielleicht würde er sich dann fragen, was er hier eigentlich macht. Vielleicht wäre das grausam. Vielleicht ist man deshalb grausam zu anderen.

An deiner Stelle würde ich versuchen, einen Weg zu finden, bei dem du das, was du in dir spürst, bewahren kannst. Und sei es, in einem ganz anderen beruflichen Bereich.
Viele Grüße
Hiob

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Georgine
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Beitrag Fr., 10.10.2008, 17:02

in meinem bekanntenkreis gibt es ein beispiel von einem juristen, der auch ähnliche skrupel hatte wie du und sich deshalb auf arbeitsrecht spezialisierte. er hat sich einfach nach dem referendariat als anwalt selbstständig gemacht. das ist natürlich auch nichts für jeden. ihm gefällt`s: homeoffice, keine vorgesetzten, keine untergebenen etc., freie zeiteinteilung.
ich persönlich finde es gut, kollegen zu haben, natürlich am liebsten mit flachen hirarchien und ein büro/eine arbeitsstelle außerhab der eigenen wohnung inspiriert mich auch mehr und produktiver finde ich es auch; man kommt außerdem raus, unter menschen/in die stadt auf dem weg zur arbeit etc.
das ist einer der wichtigsten aspekte bei der berufswahl, dass man einen bereich findet, in dem der bezug zu den anderen menschen dem eigenen sozialen kontaktbedürfnis entspricht (liegt einem der direkte kontakt zu klienten/patienten/kunden, die man berät? liegt einem der umgang mit kollegen? mit vielen/wenigen kollegn? liegt es einem, menschen zu unterrichten/zu versorgen? oder sollte man ganz für sich alleine arbeiten?).

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Loire
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Beitrag Sa., 11.10.2008, 21:41

Hallo Hiob, danke für deine Antwort.

Klingt, als würdest du aus Erfahrung sprechen, als hätten sich für dich die Vorurteile oder Befürchtungen, die ich hab, für dich bestätigt...
Ich hatte schon während meiner Praktika immer wieder das Gefühl, dass diese Jura-Welt nichts für mich ist, mit den ganzen Förmlichkeiten, Wertlegung auf Äußerlichkeiten, der small-talk. ICh wurd einfach völlig anders erzogen, in meiner Familie wurde auf so etwas nie Wert gelegt.
Ja und ich glaube schon, dass man schon gerissen sein muss um gut überleben zu können, zumindest als Anwalt. Sicher muss man das vllt. nicht unbedingt, aber dafür muss man eine starke PErsönlichkeit sein, glaub ich. Ich habe Angst, dass ich selbst mal so werde, wie du beschrieben hast, wenn ich permanent mit solchen MEnschen zusammen bin.
Heute hab ich grad drüber nachgedacht: das einfachste wäre wohl, wenn ich einfach was anderes machen würde, dann würde ich mich in diesem Konflikt überhaupt nicht mehr befinden. Aber jetzt hab ich 4,5 JAhre studiert und kann oder will auch einfach nichts neues mehr machen.

Hallo Georgine,
Georgine hat geschrieben: wahrscheinlich hat deine mutter ein helfersyndrom (um mal wieder daran zu erinnern: menschen mit helfersyndrom handeln egoistisch, da sie in ihrem vermeintlich selbstlosen tun ihrem drang, zu helfen, nachkommen).
Das habe ich schon öfter mal gehört, aber ich verstehe es nicht. Mir fallen einfach keine anderen Gründe ein, warum Menschen sonst einen sozialen Beruf ergreifen. Ist doch eigentlich meistens so, dass sie die Welt verbessern wollen oder anderen, denen es nicht so gut geht helfen wollen, oder?
Georgine hat geschrieben:in meinem bekanntenkreis gibt es ein beispiel von einem juristen, der auch ähnliche skrupel hatte wie du und sich deshalb auf arbeitsrecht spezialisierte. er hat sich einfach nach dem referendariat als anwalt selbstständig gemacht. das ist natürlich auch nichts für jeden. ihm gefällt`s: homeoffice, keine vorgesetzten, keine untergebenen etc., freie zeiteinteilung.
Das finde ich sehr gut, aber ganz schön mutig...Als Anwältin hätt ich immer Angst, dass nicht genug Klienten kommen und ich am Hungertuch nagen müsste...

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physalis
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Beitrag Di., 21.10.2008, 17:53

Hi,
ich habe auch Jura studiert und ganz genau die gleichen Probleme wie du (und keinen Job). Möchte dazu nur sagen: Wenn du das 1. Examen erfolgreich hinter dir hast, wirst du im Referendariat wahrscheinlich die gleichen Probleme weiterhin haben. Wenn du nach dem Examen weiter machst, werd dir erst darüber klar, was du damit wirklich machen willst. Ansonsten ist es besser, man verschenkt 5 Jahre als noch viele mehr, denke ich.

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MinaM
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Beiträge: 461

Beitrag Di., 21.10.2008, 19:35

Hallo Loire,

ich denke, dass man jeden Beruf mit Idealismus betreiben kann, auch Jura. Der Idealismus hängt nicht am Beruf, sondern an der Person. Du denkst unter "Hilfsberufe" wie Krankenschwester, Lehrer, Sozialpädagoge, Ärzte sind immer Idealisten? Na da kann ich dir aber Gegenbeispiele nennen: Lehrer denen es im Pausenhof egal ist wenn ein Kind von 10 anderen verprügelt wird, Krankenschwestern die ungefähr so freundlich wie ein Drache sind zu Schwerstkranken. Ärzte die kurz einen Blick auf dich werfen und irgendein Rezept kritzeln nach dem du zwei Stunden im Wartezimmer verbracht hast.
Jura kann auch Menschen helfen und man kann es mit der richtigen Einstellungen auch idealistisch sehen. Den Menschen zu ihrem Recht vor Gericht zu verhelfen. Ist doch eine gute Sache. Und an Geld verdienen ist auch nichts schlimmes. Schließlich wird jeder für seine Arbeit bezahlt. Ein guter Jurist hat meiner Meinung nach auch gutes Geld verdient.

lg
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Nichts bereuen ist aller Weisheit Anfang.
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Hiob
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Beitrag Fr., 24.10.2008, 22:12

Zuletzt geändert von Hiob am Sa., 25.10.2008, 06:50, insgesamt 1-mal geändert.

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