Hallo.
Ich bin Baruch (Pseudonym) Ende 40, meine Frau Anfang 60.
Ich weiss, dass dieser Beitrag etwas länger ist. Ich hoffe aber, dass andere ähnliche Erfahrungen gemacht haben und mir mitdenken am Schluss gestellten Fragen helfen können.
Ich war 9 J. mit einer psychisch erkrankten Fau verheiratet. Danach war ich 5 J. alleinerziehend verlobte mich neu und heiratete erneut. Meine Frau wurde von meiner Familie abgelehnt, die Teenager wurden aufgehetzt, was zu Übergriffen der Kinder gegen uns führte (körperlich und recjtlich). Alle drei Teens zogen aus. D.h. unsere Ausgangssituation vor 10 Jahren war sehr schwierig.
Von Anfang an haben wir viel gestritten, uns aber auch viel geliebt. Gut und schlecht gingen Hand in Hand. Doch verbale Entgleisungen von ihr (ständiges meckern, Kritik, Beleidigungen, Vergleiche zu Personen aus meiner Vergangenheit (Mutter, Ex und Kinder) sowie Beleidigungen jeder Art) und verbale Lautstärke von mir (schreien, aggressiver Tonfall) waren gepaart mit leichter bis massiver Gewalt (schubsen, Ohrfeigen, festhalten ...). Im Laufe der Jahre durch Ehebücher und christliche Eheberatung wurden die Streitigkeiten weniger, bzw. wir finden schneller den Ausstieg.
Aber: Ab und an eskaliert es und dann umso heftiger. Gestern Abend war es wieder soweit. Alles war gut, bis ich nach einem längeren Telefonat mit einem Freund (sehr ungewöhnlich für mich, dass ich lange telefoniere) auf die Uhr sah und merkte was ich alles noch tun musste, Stress. Ich hatte noch ein paar Sachen zu machen, bevor ich zu Bett konnte. Also war ich genervt. Meine Frau fragte, ich sage ich bin genervt, lass mich bitte.
Bis dahin alles normal. ... würde sie nicht meinen roten Knopf drücken: sie ließ mich nicht in Ruhe bis ich fertig war, sondern fragte, was los ist. Warum. Weshalb. Und gute Tips. usw. Und ich werde sauer, versuche meinen Kopf klar zu halten. Sie "nervt". Dann hat sich alles hochgeschaukelt.
Ergebnis: 3 Regenschirme zerbrochen, Nachtischale ging zu Bruch, ich hab sie mit einem Shirt geschlagen, sie am Aufstehen von einem Stuhl gehindert, ihr gegen ihr Schienbein getreten, sie am Handgelenk festgehalten, sie mit dem Griff eines Schirms an der Hand getroffen (keinen Absicht)
Sie hat mich bedroht (Gestik Mimik, mich getreten, mehrfach am Oberkörper geschlagen, mit der Hand an der Lippe getroffen und unablässig wie weiter oben beschrieben verbal niedergemacht.
Warum kann ich mich nicht beherrschen? Warum schaffe ich es nicht die Situation zu verlassen, solange es noch geht? Warum werde ich so schnell aggressiv und lasse mich von der Frau so sehr reizen die ich mehr als alles andere liebe?
Wir haben uns bisher immer nach ein bis zwei Tagen wieder versöhnt. Auch weil wir Christen sind und wissen, dass ohne Vergebung nichts geht. Ich glaube, dass das auch diesmal sein muss. Aber es bleiben jedesmal Wunden. Das Vertrauen zwischen uns bekommt jedesmal einen Knacks. Und ich möchte das nicht. Ich möchte schnell (!!!!!!!!!!!!!) Lernen mich zu diszipliniert, mich zu beherrschen. Ich weiss, sie meint ihre Worte nicht böse. Und in den Situationen, wo ich es schaffe ruhig zu bleiben ist nach zehn Minuten die Welt wieder in Ordnung.
Aber warum schaffe ich es immer wieder nicht, mich im Griff zu behalten? Warum schaffe ich dann den Ausstieg nicht mehr? Ich hab geheult, als sie weinend auf dem Bett saß. Ich hab mich entschuldigt. Aber da war es schon zu spät. Die Wunden waren gerissen, ich hab sie übel geschlagen und sie von mir weggetrieben. Warum? Was ist das? Wie lerne ich Selbstbeherrschung? Dauerhaft, anhaltend und schnell.
Ich fühl mich so mies. Ich weiss nicht, wie ich damit umgehen soll, selbst wenn sie mir verzeihen kann, dass ich zu sowas fähig bin. Ich hasse mich selbst dafür so zu sein.
Danke, dass Ihr bis hierher durchgehalten habt. Ich bin dankbar für jeden Tip und jeden Rat.
Beidseitige Gewalt in der Ehe
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Ich würde mir Hilfe holen, ganz schnell. Vll sogar gemeinsam als Paar
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Würde ich auch tun und zwar nicht bei einer christlichen Eheberatung sondern einer fundierten, psychotherapeutischen Gewaltberatungsstelle. Sorry falls das direkt ist: aber „heuchlerisches“ Vergeben, weil es christlich ist, ohne am Grundproblem was zu ändern, wird euch langfristig nichts bringen.
Alles Gute
PS: es gibt explizite Männerberatungsstellen. Vielleicht macht ein Mix aus Einzel- und gemeinsamer Beratung Sinn.
PPS: wenn ihr das Beide hinbekommen wollt, schafft ihr das auch.
Alles Gute
PS: es gibt explizite Männerberatungsstellen. Vielleicht macht ein Mix aus Einzel- und gemeinsamer Beratung Sinn.
PPS: wenn ihr das Beide hinbekommen wollt, schafft ihr das auch.
Kopf hoch... Sonst kannst du die Sterne nicht sehen
Hallo Baruch und willkommen,
zuallererst: gut dass du für dich die Einsicht erreicht hast, dass es so nicht weitergeht und dass sich etwas ändern muss. Seht ihr das alle beide so, du und deine Frau? Oder ist das eher deine persönliche Erkenntnis?
Ich bin sehr streng christlich aufgewachsen (bin heute nicht mehr gläubig). Und für mich hat dieses strenge Glaubenskonstrukt dazu geführt, dass ich als Kind und als junge Erwachsene keinen (gesunden) Umgang mit meinen Gefühlen lernen konnte. Es war bei uns zB verpönt zu sagen, "die Sandra finde ich doof, weil sie mir meinen Ball weggenommen hat" oder sowas in der Art. Weil Christliche Nächstenliebe und andere Wange hinhalten usw. Was dann dazu führt, dass man diese Gefühle (die da sind und die ja auch ihre Berechtigung haben) ganz weit wegschiebt, weil die ja nicht da sein dürften und man sich auch noch dafür schämen muss, dass man diese Gefühle hat, weil das ja "Sünde" ist usw. (das ist jetzt stark verkürzt). Aber: Der Ärger über Sandra zeigt mir doch, dass sie meine Grenzen verletzt hat und das ist ja ein wichtiges Signal, das ich brauche, um meine Beziehungen zu leben. Die Frage ist doch, wie ich mit meinem Ärger so umgehen kann, dass es nicht eskaliert.
Als weiblich sozialisierte Person habe ich meine Wut und meinen Ärger runtergeschluckt, das konnte ich gut. Hat bei mir zu Depressionen geführt. Bei dir scheint sich das dann eher explosionsartig zu entladen, wobei ich glaube, dass sich da unter der Oberfläche viel angestaut hat, so dass es dann nur noch den buchstäblichen Tropfen braucht, der dein Fass zum Überlaufen bringt.
Was kannst du tun? Und ja, ich glaube du solltest bei dir selbst anfangen, schreibst du ja auch. Es gibt in vielen Städten Beratungsangebote für Männer, die in Konflikten gewalttätig werden - du könntest mal schauen, ob es sowas in deiner Nähe gibt und einen Beratungstermin ausmachen. Geht anonym. Die können dich an weitere Hilfsangebote verweisen, die für deine Situation passend sind (zb Selbsthilfegruppe, Kurse zur Gewaltprävention usw.). Du könntest mit den Beratern dort auch überlegen, ob für dich eine Psychotherapie in Frage kommen würde. Paar- oder Eheprobleme allein sind keine Indikation für eine Psychotherapie, die von der Krankenkasse übernommen wird, aber oft gibt es ja weitere Probleme in der Gemengelage, wo es sinnvoll sein könnte, bestimmte Dinge in einer Psychotherapie zu bearbeiten.
Du könntest auch parallel anfangen, dich mit Gewaltfreier Kommunikation zu beschäftigen, das ist ein Kommunikations- und Handlungsmodell nach Marshall Rosenberg, das dabei hilft, Konflikte nicht weiter zu eskalieren, indem man (vor allem) das eigene Kommunikationsverhalten überdenkt.
PS, kleiner Nachtrag: Ich weiß nicht, ob das auf dich zutrifft, aber in den Kreisen in denen ich aufgewachsen bin, herrschte große Angst vor allem "Weltlichen", weil man Angst hatte, dass man dadurch von der reinen christlichen Lehre abweichen könnte. Falls das auf dich zutrifft, würde ich dich bitten, diese Angst mal nach hinten zu stellen und dich trotzdem auf solche "weltlichen" Angebote einzulassen. Das sind in aller Regel Profis, die für diese Themen ausgebildet sind, und dazu gehört, dass man den Glauben und die Spiritualität der Klienten respektiert. Von 'christlicher Beratung' oder Seelsorge halte ich persönlich bei solchen Problemen nicht viel, oft sind das eben keine Fachleute die die Beratung anbieten, oft werden christliche Dogmen über psychologische Erkenntnisse gestellt und das ist in dem Zusammenhang nicht besonders hilfreich. Denn beides kann und sollte nebeneinander existieren können, das ist kein Entweder-Oder.
Alles Gute für dich!
zuallererst: gut dass du für dich die Einsicht erreicht hast, dass es so nicht weitergeht und dass sich etwas ändern muss. Seht ihr das alle beide so, du und deine Frau? Oder ist das eher deine persönliche Erkenntnis?
Hast du schon mal versucht, einen Ball dauerhaft unter Wasser zu drücken? Wird dir nicht gelingen, der wird immer wieder hochploppen, oft ziemlich abrupt. Du schreibst, du willst dich besser "beherrschen" - damit versuchst du, deinen (Aggressions)-Ball unter Wasser zu drücken. Aggressionen ungehemmt ausleben ist aber auch keine Option. Daher wäre es gut, wenn du anfängst, einen anderen Umgang mit deinen Gefühlen insgesamt und deiner Aggression im besonderen zu üben. Die gute Nachricht: das lässt sich lernen. Die schlechte Nachricht: Das braucht Zeit, manchmal viel Zeit, weil du Muster durchbrechen musst, die du dein ganzes bisheriges Leben gelebt hast, und der Mensch ist nun mal auch ein Gewohnheitstier. Also mit 'schnell' wird das ganz sicher nichts, sondern mit Veränderungen, die viel Arbeit machen, die oft ihre Zeit brauchen, bis sie Wirkung entfalten, und wo es auch viele Fehlversuche und immer wieder Hinfallen geben wird.
Ich bin sehr streng christlich aufgewachsen (bin heute nicht mehr gläubig). Und für mich hat dieses strenge Glaubenskonstrukt dazu geführt, dass ich als Kind und als junge Erwachsene keinen (gesunden) Umgang mit meinen Gefühlen lernen konnte. Es war bei uns zB verpönt zu sagen, "die Sandra finde ich doof, weil sie mir meinen Ball weggenommen hat" oder sowas in der Art. Weil Christliche Nächstenliebe und andere Wange hinhalten usw. Was dann dazu führt, dass man diese Gefühle (die da sind und die ja auch ihre Berechtigung haben) ganz weit wegschiebt, weil die ja nicht da sein dürften und man sich auch noch dafür schämen muss, dass man diese Gefühle hat, weil das ja "Sünde" ist usw. (das ist jetzt stark verkürzt). Aber: Der Ärger über Sandra zeigt mir doch, dass sie meine Grenzen verletzt hat und das ist ja ein wichtiges Signal, das ich brauche, um meine Beziehungen zu leben. Die Frage ist doch, wie ich mit meinem Ärger so umgehen kann, dass es nicht eskaliert.
Als weiblich sozialisierte Person habe ich meine Wut und meinen Ärger runtergeschluckt, das konnte ich gut. Hat bei mir zu Depressionen geführt. Bei dir scheint sich das dann eher explosionsartig zu entladen, wobei ich glaube, dass sich da unter der Oberfläche viel angestaut hat, so dass es dann nur noch den buchstäblichen Tropfen braucht, der dein Fass zum Überlaufen bringt.
Was kannst du tun? Und ja, ich glaube du solltest bei dir selbst anfangen, schreibst du ja auch. Es gibt in vielen Städten Beratungsangebote für Männer, die in Konflikten gewalttätig werden - du könntest mal schauen, ob es sowas in deiner Nähe gibt und einen Beratungstermin ausmachen. Geht anonym. Die können dich an weitere Hilfsangebote verweisen, die für deine Situation passend sind (zb Selbsthilfegruppe, Kurse zur Gewaltprävention usw.). Du könntest mit den Beratern dort auch überlegen, ob für dich eine Psychotherapie in Frage kommen würde. Paar- oder Eheprobleme allein sind keine Indikation für eine Psychotherapie, die von der Krankenkasse übernommen wird, aber oft gibt es ja weitere Probleme in der Gemengelage, wo es sinnvoll sein könnte, bestimmte Dinge in einer Psychotherapie zu bearbeiten.
Du könntest auch parallel anfangen, dich mit Gewaltfreier Kommunikation zu beschäftigen, das ist ein Kommunikations- und Handlungsmodell nach Marshall Rosenberg, das dabei hilft, Konflikte nicht weiter zu eskalieren, indem man (vor allem) das eigene Kommunikationsverhalten überdenkt.
PS, kleiner Nachtrag: Ich weiß nicht, ob das auf dich zutrifft, aber in den Kreisen in denen ich aufgewachsen bin, herrschte große Angst vor allem "Weltlichen", weil man Angst hatte, dass man dadurch von der reinen christlichen Lehre abweichen könnte. Falls das auf dich zutrifft, würde ich dich bitten, diese Angst mal nach hinten zu stellen und dich trotzdem auf solche "weltlichen" Angebote einzulassen. Das sind in aller Regel Profis, die für diese Themen ausgebildet sind, und dazu gehört, dass man den Glauben und die Spiritualität der Klienten respektiert. Von 'christlicher Beratung' oder Seelsorge halte ich persönlich bei solchen Problemen nicht viel, oft sind das eben keine Fachleute die die Beratung anbieten, oft werden christliche Dogmen über psychologische Erkenntnisse gestellt und das ist in dem Zusammenhang nicht besonders hilfreich. Denn beides kann und sollte nebeneinander existieren können, das ist kein Entweder-Oder.
Alles Gute für dich!
When hope is not pinned wriggling onto a shiny image or expectation, it sometimes floats forth and opens.
― Anne Lamott
― Anne Lamott
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Was ich noch ergänzen will:
Das ist emotionale und physische Gewalt, ob gewollt oder nicht von ihr ist das - wie du es schilderst Fakt.
Das tut mir sehr leid und in solchen Fällen rate ich immer zu Schutzhäusern, entsprechenden Anlaufstellen:
Auf zum Hilfetelefon, die sind richtig klasse:
https://www.maennerhilfetelefon.de/
Und einen Chat haben sie auch ganz unkompliziert:
https://onlineberatung.maennerhilfetelefon.de/
Hilfe für Opfer vom weissen Ring:
https://weisser-ring.de/gewaltopfer-mann
Männerhaus:
https://www.maennergewaltschutz.de/bera ... ichtungen/
Nimm das ganze noch etwas ernster und hol dir Stütze, die Gewaltspirale wird sich ansonsten so weit drehen, bis du nicht mehr Handlungsfähig wirst. Ich drück die daumen
Das ist emotionale und physische Gewalt, ob gewollt oder nicht von ihr ist das - wie du es schilderst Fakt.
Das tut mir sehr leid und in solchen Fällen rate ich immer zu Schutzhäusern, entsprechenden Anlaufstellen:
Auf zum Hilfetelefon, die sind richtig klasse:
https://www.maennerhilfetelefon.de/
Und einen Chat haben sie auch ganz unkompliziert:
https://onlineberatung.maennerhilfetelefon.de/
Hilfe für Opfer vom weissen Ring:
https://weisser-ring.de/gewaltopfer-mann
Männerhaus:
https://www.maennergewaltschutz.de/bera ... ichtungen/
Nimm das ganze noch etwas ernster und hol dir Stütze, die Gewaltspirale wird sich ansonsten so weit drehen, bis du nicht mehr Handlungsfähig wirst. Ich drück die daumen
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