Wenn die Brücke zu Menschen bricht...

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Nebelsuppe
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Wenn die Brücke zu Menschen bricht...

Beitrag Mo., 16.09.2024, 21:13

Möchte hier ein Ereignis teilen und würde mich über eure Meinungen freuen, egal welcher Betrachtungswinkel.
Weils im Moment sehr wichtig ist für mich. Tut mir leid, dass es lang ist.

Ich habe momentan das Gefühl ich habe einen riesen Rucksack abgelegt.

Bin in der Gegenwart in meinem Leben in meinem Gestaltungsbereich ein sehr zufriedener, ausgeglichener Mensch geworden. Das war in der Vergangenheit leider sehr anders gelagert und es war ein weiter Weg dorthin.

Habe leider meine ersten Lebensjahre etwas tragisch verbracht. Mutter komplett kaputt und daneben und ich habe hier jahrelang Hass abbekommen von ihr in jeglicher Variante und in meinem Leben öfter Drecksau gehört, als meinen Namen, unprovoked. Mein Vater hat hier leider auch nicht positiv eingewirkt und war die meiste Zeit weg und ist wie ich 12 Jahre von heute auf morgen weg.

Heute bin ich ihr nicht mehr böse, wenn ich nicht aktiv viele Schritte zurückgehe und mich in diese Situation bewusst zurückversetze ("wie gings mir damals als Kind"). Einfach weil sie krank ist. Die Erde ist verbrannt und ich es habe es mittlerweile akzeptiert, dass ich es lange nicht schön hatte. Und mir niemand meine Lebensjahre zurückgeben wird.

Zu meinem Vater habe ich jetzt 15 Jahre lang, nachdem ich ihn 7 Jahre inzwischen nicht gesehen habe als Jugendlicher versucht eine Bindung aufzubauen. Er kommt im Normalfall 1x im Jahr in meine Stadt, öfter möchte er nicht und reagiert auch nicht auf Anfragen, dass ich zu ihm rausfahre. Dazwischen habe ich ihn einmal 2 Jahre nicht gesehen, ohne dass ich verstanden habe warum, gefragt habe ich mehrmals.

Abgesehen von dem, habe ich trotzdem versucht, eine Bindung mit ihm aufrecht zu erhalten. Auch wenn hier sehr wenig da war und er für Emotionen sehr wenige Rezeptoren hat. Beim letzten Besuch gabe es leider eine Totaleskalation, die ich initiert habe. Habe mich schon wochenlang gefreut, dass er wieder vorbeikommt. Er hat sich dann in der Stadt leider durchgehend angesoffen, auf der Straße Leute angepöbelt und beleidigt und hat weder gefragt wie es mir geht, noch sich besonders für mich interessiert, sondern war v.a. mit sich selbst beschäftigt.

Hat es dann sogar geschafft, mich in nem Cafe vor einer Personalchefin von meinem Konzern absolut zu blamieren, dass ihn beim gehen am Ende der Keller schon freundlich rausbegleitet (=rausgeschoben) hat. Wobei mir die Meinung von ihr nicht so extrem wichtig ist. Es geht mir einfach um den Abend, der positiv hätte sein können - aber für mich MAXIMAL unangenehm geworden ist.

Weil er dagesessen ist, non-stop Verschwörungstheorien rausgehaut hat, sich breit echauffiert hat, dass man nicht mehr Neger sagen darf und gemeint hat, wir sollen um Österreich eine Mauer ziehen, Trump macht das auch. Durchgehend - nur so eine Scheiße. Habe ihm glaube ich 2x gesagt, reiß dich zusammen - hat genau gar nichts geholfen.

Ich bin dann so geplatzt wie wir von dort weg waren und bin mal heavy Konfrontationskurs gefahren.
Hat dazu geführt, dass er mir mal 5 Minuten zugehört hat. Warum auch immer, weil ich da schon emotional schon so weit ausgelenkt bin, habe ich es für gut befunden mit ihm über die Vergangenheit zu reden. Und wie mein Leben ausgeschaut hat, in der Zeit, wie er nicht da war. Hat zwar betroffen gewirkt und mich relativ emotionslos kurz in den Arm genommen (die klassische Männerumarmung). Und da war wirklich viel dabei, von dem er vieles nichts wusste und wo es um meine körperliche Sicherheit gegangen ist als Kind und Jugendlicher, weil mich meine schizoide Mutter in nem Wahnzustand hamdrahen wollte.

Hat sich dann einreguliert für einen halben Tag und ich habe das Gefühl gehabt - hey - es wird besser!
Paar Stunden später hatte er wieder eine Fahne und sich über Leute im Kaffeehaus auf so herablassende Weise so ausgelassen, dass die Frau am Nebentisch Tränen in den Augen bekommen hat. Gratulation.

Und mich hat er auch wieder von vorne bis hinten kritisiert. Obwohl ich mein Leben in fast jedem Bereich so optimiert habe, dass normalerweise jeder Elternteil stolz wäre oder zumindest sich fürs Kind freuen könnte. Und dass ich nebenberuflich ein Unternehmen gründen will (weil mir die Materie Spaß macht und mir vorstellen kann, dass außerhalb der Arbeitszeit zu machen). Über Anerkennung hätte ich mich gefreut. Bekommen habe ich "du bist ein Betrüger, was heißt außerhalb der Arbeitszeit du hackelst ja sowieso nix". Hab nicht gewusst, was ich sagen soll und mir hats ein wenig die Freude genommen.
Zuletzt geändert von Nebelsuppe am Mo., 16.09.2024, 21:15, insgesamt 1-mal geändert.

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Nebelsuppe
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Beitrag Mo., 16.09.2024, 21:15

Heute habe ich mit ihm telefoniert, wie immer hab ich angerufen. Bisschen mit positiven vibes versucht. Er hat dann das Thema angeschnitten (unschöner Kaffeeabend). Und dass er es arg gefunden hat, dass ihn sein Kind verleugnet (habe gesagt, ja das versteh ich, ist nicht schön gewesen). Aber dann als Draufgabe: eigentlich bin ich Schuld, weil ich wollte ins Lokal (ich wollte mit ihm dorthin, weils mein Lieblingslokal ist :neutral: ) und dass die Depperte sich nix denken braucht.
Und dass ich mit ihm über die Sachen von früher eh nicht wirklich reden brauch, weil er kann eh nix sagen (und es war wirklich HART für mich das Thema anzuschneiden und ich hab 5 mal überhaupt gebraucht, dass ich was sagen hab können, weils mir die Tränen so rausdrückt hat). Ich hab mit 11 bis 3 in der Früh manchmal Streit geschlichtet, wie sich die beiden gegenseitig geprügelt haben haben und meine Mutter ihn mit dem Feitel in der Hand abstechen wollte. Ich habe mich dazwischen gestellt. Und der Dreckswixer ist nicht mal fähig mit mir über irgendwas zu reden, weils ihm zu mühsam ist. So spürt es sich an. Und es war nicht leichter, nachdem er weg war, weil ich dort angebunden war und erst mit 18/19 wegkonnte.

Ich bin nach diesem Abend sogar für ein paar Termine in Traumatherapie gegangen, weil ich die Schuld bei mir gesucht habe, weil ich so ausgelenkt bin. Und mir dachte "wieso hats mich so ausgelenkt, vielleicht habe ich es nicht richtig verarbeitet. Vielleicht gibts blinde Flecken und ich kann nicht mit der Vergangenheit abschließen und das war der trigger". Nur wie ich dort war, habe ich nicht mehr verstanden, was ich dort mache, weil ich mein Leben mag und es mir nicht schlecht geht. Es geht mir nur mit einer Person schlecht und das ist er. Und ich kein Bedürfnis habe in meiner Vergangenheit oder Psyche zu graben.

Ich habe also das Telefonat relativ schnell abgebrochen und ihm im Nachgang eine Nachricht geschrieben. Relativ lange.
Dass ich nur mehr Enttäuschung übrig habe und das das Einzige ist, was ich bei ihm noch spüre.
Und dass es besser ist, wenn er mich nicht mehr anruft. Und dass ich jahrelang für ihn den Schädel hingehalten habe und ich auch jetzt keine emotionale Rückendeckung bekomme.

Und irgendwie fühl ich mich schuldig, weils mir gerade so gut geht. Mir hats direkt nach dem Absenden der Nachricht komplett alle Gefühle auf einmal rausgedrückt, aber mit einem Gefühl der Befreiung, dass ich mich 10kg leichter gefühlt habe. Ich habe akzeptiert, dass ich nicht nur keine Mutter habe, sondern auch keinen Vater. Auch wenns innendrin weh tut.
Ich pack dieses riesengroße scheiß Arschloch nicht mehr und mein Leben besteht aus positiven Momenten und Menschen. Und er hat dort keinen Platz!

Ich bin weder gläubig, noch religiös noch esoterisch. Aber an dem Tag, bevor er zu mir rausgefahren ist, habe ich mir überlegt, wie es wird, wenn er da ist. Und aus dem Nichts hatte ich den Gedanken im Kopf "Er wird alles zerstören".
Und letztendlich muss ich einsehen, dass er nur ein Mensch in meinem Leben war, der mich nie mit Respekt behandelt hat und der eine Quelle für ewige Enttäuschungen ist. Und dieses Gefühl kenne ich bereits aus den vorigen Jahren.

Leider - gehts mir gut. So sollte es nicht sein. Und ich hoffe, dass er einfach nichts mehr zurückschreibt und stur genug ist sich einfach nicht mehr zu melden. Das hat jetzt über ein Monat an mir genagt. Und das Gefühl lügt nicht - er war nie wirklich da.

Ich will hier nicht jammern, um das gehts mir nicht. Aber mir würde es schon beim Einordnen helfen, wenn ich ein paar Worte von jemanden bekomme, der das auch schonmal durchlebt hat.

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DiemitdemHundgeht
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Beitrag Di., 17.09.2024, 07:39

Ich finde es gut, dass du da eine Grenze gesetzt hast und denke, dass du das auch aufrecht halten solltest. Beim Lesen deines Posts habe ich mir die ganze Zeit gedacht, dass das mehr als überfällig ist und mich gefragt, warum du dir das gibst. Ich denke Kontakt mit ihm wird erst wieder Sinn ergeben, wenn er in der Lage ist gewisse Dinge zu reflektieren und Verantwortung zu übernehmen und das wird sehr wahrscheinlich nie eintreten.

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Beitrag Di., 17.09.2024, 09:18

DiemitdemHundgeht hat geschrieben: Di., 17.09.2024, 07:39 Ich finde es gut, dass du da eine Grenze gesetzt hast und denke, dass du das auch aufrecht halten solltest. Beim Lesen deines Posts habe ich mir die ganze Zeit gedacht, dass das mehr als überfällig ist und mich gefragt, warum du dir das gibst. Ich denke Kontakt mit ihm wird erst wieder Sinn ergeben, wenn er in der Lage ist gewisse Dinge zu reflektieren und Verantwortung zu übernehmen und das wird sehr wahrscheinlich nie eintreten.
Danke dir für die Antwort!

Ich bin heute mit nem immensem Befreiungsgefühl aufgewacht und bereits an dem wies mir damit geht, gemerkt, dass es das beste war. Hat sich heute Früh insofern nochmal bestätigt. Habe als Antwort nur bekommen:

"So nicht mein Freund. Und tschüss"

Das war alles. :neutral:

Ich habe es lange genug versucht und es geht einfach nur auf Kosten meiner Lebenszufriedenheit, wenn ich den Kontakt aufrecht erhalten hätte. Ich hab jetzt ein ganzes Monat lang überlegt, wie ich mit der Situation umgeh. Mir hat das wirklich zugesetzt und es hat gegärt in mir. Aber ich hab den Rucksack jetzt abgestreift und ich fühle mich so viel leichter und meine Unbeschwertheit war in dem Moment wie mit einem Fingerschnipp wieder da.

Ich habe immer versucht Erklärungen für ihn zu finden und dass er halt nicht anders kann, weil er selber kein schönes Leben hatte.

Aber die Gegenwart und wie er mit Menschen umgeht ist seine Eigenverantwortung und er hats in jeder Situation geschafft immer noch ein Schäufelchen draufzulegen. Und ich brauche diese Kaskade an Enttäuschungen nicht mehr.

Mir war das so scheiß peinlich am nächsten Montag wieder in die Firma zu fahren. Ich mag die Menschen in meinem Umfeld, egal aus welchem Land sie kommen und ich bin wirklich gern dort. Und ich will nicht das Brandzeichen, dass ich aus einer Nazifamilie komme, ohne dass ich was dagegen tun kann. Das war so ein immenses Fremdschämen und ich hab mir danach nur mehr gedacht, ich will ihn nicht mehr dahaben, weil er mich jederzeit vor Freunden, meiner Partnerin oder Arbeitskollegen bloßstellt und mich in ungute Situationen bringt. Und es ihm ontop sowieso scheißegal ist, wies mir geht.

Zeit für den nächsten Lebensabschnitt. Oder besser gesagt, will ich einfach den jetzigen weiterleben. Nur halt diesmal komplett ohne Eltern. Es ist leider alles verbrannt, was an Bindung da war.

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Wurstel
[nicht mehr wegzudenken]
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Beitrag Do., 19.09.2024, 14:56

Wurstel


Bezüglich dieses Treffens, wo Deine Personalchefin mit Deinem Vater konfrontiert wurde:

Wie hat die denn sein Verhalten aufgenommen? Nicht, daß das auf Dich zurückfällt nach dem Sprichwort "wie der Herr so is' 's Gscher" und Du deshalb noch dienstrechtliche Probleme bekommst!


Wurstel

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Beitrag Fr., 20.09.2024, 07:43

Glücklicherweise war sie am Nebentisch und er hat zumindest nicht direkt mit ihr gesprochen an dem Abend.

Inzwischen hatte ich mit ihr wieder beruflichen Kontakt und es war am Anfang echt ein ... beklemmendes, komisches Gespräch. Aber zum Glück ist es dann nach ner Zeit besser geworden. Mir wars aber extrem unangenehm und es war echt nicht notwendig.

Letztendlich kann ich das aber jetzt hinter mir lassen, das Kapitel Eltern ist geschlossen. Das war einfach der bekannte Tropfen im Fass, der zu viel war. Ich finde sein ganzes Sozialverhalten mittlerweile so abstoßend, dass ich nicht mal mehr in einem Raum mit ihm sitzen will.

Und ich erspare mir letztendlich sehr viel dadurch. Das Befreiungsgefühl ist immer noch immens. Will nicht wissen, was ich in Zukunft noch für Problemlagen gehabt hätte, wenn ich den Kontakt aufrecht erhalten hätte.

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