Kontakte außerhalb der Gruppe

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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Thread-EröffnerIn
salamander
neu an Bo(a)rd!
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Kontakte außerhalb der Gruppe

Beitrag Mi., 06.08.2008, 20:54

Hallo !

Seit einiger Zeit sitze ich einmal pro Woche in einer Gruppentherapie.

Sinn und Mechanismen einer Gruppentherapie habe ich verstanden und auch schon erlebt.

Was ich noch nicht verstanden habe ( und auch nirgens finde) ist, warum es so problematisch ist einen anderen Gruppenteilnehmer privat zu treffen.

Für mich war mit der Gruppentherapie auch die Hoffnung verbunden Menschen kennenzulernen mit denen ich mich über Probleme austauschen kann. Die Gruppensitzungen laufen eigentlich recht locker und offen ab. Die Zeit ist aber natürlich begrenzt und spezielle Probleme des Einzelnen werden selten vertieft behandelt.

Meine Fage lautet also:
Was passiert denn Schlimmes wenn ich mit einem Gruppenteilnehmer spazieren gehe und z.b. über Trennung oder Migräne spreche?

Vielen Dank und liebe Grüße

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candle
[nicht mehr wegzudenken]
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Beiträge: 6137

Beitrag Mi., 06.08.2008, 21:18

Hallo salamander!

Naja "seit einiger Zeit" heißt nicht zwangsläufig lange. Du mußt da vielleicht etwas Geduld haben.

Aus einer Selbsthilfegruppe weiß ich, dass ich selber so problembeladen war, dass es Monate gedauert hat bis ich an gemeinsamen Freizeitaktivitäten teilnahm. Immerhin ist keiner ohne Grund in der Gruppe. Ich z. B. hätte es gar nicht tragen können, dass jemand mit Problemen ein offenes Ohr von mir verlangt. Es ist ja auch nicht so, dass die anderen nun für Dich da sein müssen. Warte ab oder schaue Dich doch mal in anderen Kreisen um, ob Du jemanden findest mit dem Du Dich treffen kannst.

Gruß!
candle
Es ist besser ein Kerze anzuzünden, als über die Dunkelheit zu klagen.
Sommer-Stumpenhorst

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Julia
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Beitrag Do., 07.08.2008, 09:59

Hallo Salamander,

vielleicht soll so verhindert werden, dass in der Gruppe besprochenes nach außen getragen wird und/oder dass sich Grüppchen innerhalb der Gruppe bilden.

Viele Grüße,
Julia

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karlei007
Helferlein
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Beiträge: 96

Beitrag Do., 07.08.2008, 15:49

Hallo Salamander,

Ich hab Erfahrungen mit Gruppentherapien und hatte auch immer Schwierigkeiten, wenn es darum ging, sich privat zu treffen. Unsere Therapeutin war auch immer nicht so dafür - nicht gegen die Treffen an sich, aber dagegen, dass Probleme außerhalb der Gruppensitzungen besprochen werden.

Manchmal ist es nämlich so, dass sich bestimmte Konflikte im Rahmen der Gruppe noch einmal widerspiegeln. Um das zu klären, ist es wenig hilfreich, solche Dinge dann außerhalb klären zu wollen, weil der "geschützte Rahmen" fehlt. Insbesondere, wenn der/die Betreffende nicht beim Treffen dabei ist (also praktisch außerhalb der Gruppe über ein Gruppenmitglied reden). Die Situation innerhalb der Gruppensitzungen ist in gewisser Weise sicher. Jeder ist gleich, jeder hat seine Probleme, jeder kann sich den Raum dafür nehmen, Dinge anzusprechen.

Die Gefahr bei Treffen außerhalb der Gruppe besteht wohl darin, dass sich die Beziehungen der Gruppenmitglieder außerhalb der Gruppensitzungen sehr verwickeln. Wenn sich z. B. enge Freundschaften oder partnerschaftliche Beziehungen entwickeln, dann würde diese Gruppendynamik sehr aus dem Gleichgewicht geraten und die Konfliktlösung innerhalb der Gruppe erheblich erschweren.

Würde ich z. B. mit jemandem aus der Gruppe in meiner Freizeit viel zu tun haben, dann hätte ich Angst, diese Person in der Gruppe zu kritisieren und dann in einen Konflikt zu geraten, der auch Auswirkungen auf die Beziehung zu diesem Menschen außerhalb der Gruppentherapie hätte. Ich würde diesen Menschen, wenn ich ihn sehr mag, evt. auch vor der Kritik anderer Gruppenmitglieder schützen, vorschnell Partei für ihn ergreifen etc. etc. Es wäre nicht mehr das gleiche wie vorher. Die Beziehung zu dieser Person hätte auch innerhalb der Gruppe ein anderes Level als die Beziehung zu allen anderen Gruppenmitgliedern.

In manchen Gruppentherapieformen sind Kontakte außerhalb der Gruppensitzungen deshlab grundsätzlich nicht gestattet bzw. erwünscht. Vielleicht wird das in deiner Gruppe aber auch nicht so eng gesehen. Selbsthilfegruppen haben beispielsweise ja genau den Sinn, dass Betroffene von Krankheiten o. ä. Kontakt zueinander finden und sich mehr und mehr auch auf anderer Ebene verabreden.

Vielleicht sprichst deine Gefühle mal in der Gruppe an und hörst die Meinungen der anderen Gruppenmitglieder zu diesem Thema? Ich hoffe, du bist nicht schon eingeschlafen? sorry, war sehr lang.... LG

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gompert
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Beiträge: 493

Beitrag Sa., 09.08.2008, 16:16

Salamander,

Man muss in seiner Therapie seine verletzliche Seele bloβstellen. Dazu bedarf es der gröβtmöglichen Sicherheit. Wir brauchen ja Therapie da unsere Seele in der Aussenwelt zu scheu ist um sich zu zeigen, sich schämt, wütend oder ängstlich ist. Deshalb sind unsichtbare Beziehungen eine Gefahr. Die möglichen Folgen, für andere aber auch für dich selbst, wiegen schwerer als die Chance auf eine schöne Freundschaft. Diese Freundschaft würde dir in der Therapie im Wege stehen dieser Person die Wahrheit zu sagen.

Eine Gruppentherapie ist asozial. Die anderen sind eigentlich nur Püppchen mit denen du übst. Du musst untersuchen können was sie für dich bedeuten, vertreten. Du musst deine Assoziationen spüren und beobachten. Da die Püppchen aber Menschen sind, werden sie reagieren. Der Therapeut wird da den nötigen Abstand sichern. Wenn man beim Kartenspielen allmählich vermutet dass zwei sich insgeheim zusammengetan haben, führt das zu groβem Misstrauen. Man ist in der Therapie verletzlicher als sonst wo. Ein Augenzwinkern, ein heimlicher Blick kann einem das Vertrauen nehmen.

Ich sehe dass die Mitglieder meiner ehemaligen Gruppe einander auf Studivs-ähnlichen Sites melden wie das Wochenend war und ob der neue Freund was getaugt hat. Belanglos, unschuldig? Mag sein, ich aber würd's auf garkeinen Fall mehr akzeptieren. Eine Therapiegruppe ist ein geschlossenes System und soll es bleiben.

LG

gompert
Staunend liest's der anbetroffne Chef......

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Vetiver
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Beiträge: 38

Beitrag Mi., 13.08.2008, 16:39

Hallo Salamander,

in meiner aktuellen Gruppe konnte ich schon ganz konkret problematische Auswirkungen von privaten Kontakten außerhalb der Gruppentermine feststellen.

Zwei Leute haben sich z.B. relativ schnell nach Beginn ineinander verliebt. Mit der Frau habe ich später, als die Beziehung schon gründlich in die Binsen gegangen war, darüber geredet. Und kurz formuliert ist nach ihrer Einschätzung folgendes passiert: Sie war beeindruckt davon, wie offen der Mann über seine Gefühle reden konnte, das kannte sie so nicht. In der Gruppe öffnen sich die Teilnehmer manchmal in einer Weise, die auch für die anderen sehr beeindruckend ist. Und man fühlt sich den anderen dadurch häufig sehr nah, weil man diese Situation miteinander teilt oder mitfühlt oder was wiedererkennt, was einen berührt. Dadurch entwickeln sich Emotionen, die sich "außen" so eventuell nicht hestellen würden. Diese Gruppenintensität und Nähe ist was außergewöhnliches, ist aber ganz deutlich Bestandteil einer sicheren und durch die Therapeuten gestützten und regulierten Atmosphäre. Finden die Kontakte dann darüber hinaus "draußen" statt, fehlt nicht nur der geschützte Rahmen, die einzelnen sind in ihrem Alltag auch häufig anders, als in den Gruppenzeiten. Konflikte, unterschiedliche Meinungen, Alltagsthemen - das alles unterscheidet die Situationen völlig voneinander.

Und es wird über die anderen Gruppenteilnehmer geredet, wenn es Treffen außerhalb gibt, es wird vielleicht sogar gefachsimpelt, was deren Probleme angeht - all das nimmt die Energie häufig aus den Therapiesitzungen, wird sozusagen abgeleitet und steht dann nicht mehr zur Verfügung, wenn man es konstruktiv therapeutisch bearbeiten könnte.

Auch was Julia sagt, ist manchmal wirklich problematisch - einige gehen manchmal zusammen weg; die glucken dann auch in der Therapie aufeinander; andere fühlen sich dann ausgeschlossen; wenn es in dem "Grüppchen" Konflikte gab, sind manchmal auch alle anderen damit beschäftigt, obwohl bei ihnen ganz andere Theman anliegen etc. etc.
Wenn die Therapeutin nichts von diesen Treffen weiß, ist auch sie häufig mit Situationen konfrontiert, die erstmal schwierig einzuschätzen sind. Unsere Therapeutin will also immer wissen, wer mit wem außerhalb welchen Kontakt hat - so kann man auch mit den sich daraus ergebenden Themen in der Gruppe besser arbeiten.


Viele Grüße
Vetiver

@ gompert: Dass du die Teilnehmer "Püppchen" nennst, kann ich nicht nachvollziehen. a) findet da einfach Interaktion zwischen Personen statt und b) wären dann auch alle anderen Leute, auf die ich treffe "Püppchen" - auch das Verhalten dort könnte man in deiner Auslegung als "Üben am lebenden Objekt" bezeichnen.

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Stöpsel
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Beitrag Do., 14.08.2008, 08:03

HAllo,

auch ich habe neulich drüber nachgedacht, eine Gruppentherapie zu machen. Eine Therapeutin von einem früheren Wohnort schlug mir das vor, erwähnte sogar explizit den Grund (neben anderen), damit ich andere Leute kennenlerne, weil ich nach meinem Umzug noch niemanden kenne. Ich war (wegen Aussagen hier?!) skeptisch, ob das denn gehen würde, Leute aus der Gruppentherapie privat zu treffen und fragte explizit nach und sie meinte, das wäre wohl kein Problem. Sie sagte auch, daß ich eine Gruppentherapie grundsätzlich auch bei jemand anderem als bei der Einzeltherapeutin machen könnte, empfahl mir das in meinem Fall sogar. Die Einzeltherapeutin findet letzteres nicht so gut, läßt mir da aber freie Wahl. Offenbar sind die Meinungen da verschieden und ich kann mir vorstellen, daß auch die Art der Gruppentherapie je nach Therapeut sehr verschieden ist. Die frühere Therapeutin macht VT und die jetzige Therapeutin TFP.
Ich selbst hab eher gedacht, daß es in einer Gruppentherapie darum gehen würde, die Probleme außerhalb, aus dem Alltag zu besprechen und die anderen Teilnehmer teilen einem mit, welche Erfahrungen sie bei ähnlichen Problemen gemacht haben (das waren meine ERfahrungen mit Gruppen, aber keine expliziten Gruppentherapien). In den Beiträgen bisher kommt eher raus, daß es in einer Gruppentherapie um das geht, was sich zwischen den Gruppenmitgliedern entwickelt. Das wäre ja ein ganz anderer Ansatz. Von daher denk ich mir, kann man das (mal wieder) so pauschal nicht sagen.

Viele Grüße

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karlei007
Helferlein
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Beitrag Do., 14.08.2008, 09:04

@Stöpsel:

Du hast recht, das ist wohl sehr unterschiedlich, wie Kontakte außerhalb der Gruppe gehandhabt werden. Vielleicht geht die Tendenz aber auch in die Richtung, dass bei VT-orientierten Gruppen solche Kontakte weniger ein Problem darstellen als bei Gruppen, die analytisch orientiert arbeiten - denn bei letzteren ist es eben so, dass sich innerhalb der Gruppe die Beziehungsmuster der einzelnen Gruppenmitgliedern im Leben außerhalb widerspiegeln.

@Vetiver:

Gomperts Ausdruck "Püppchen" ist unangemessen gewählt, da stimme ich dir zu. Aber von der Sache her ist es m. E. so, dass innerhalb der Gruppe alle Mitglieder einander irgendwie benutzen - um etwas über sich selbst zu erfahren, ihre Beziehungsmuster zu erkennen. Trotzdem: wäre ich mit Gompert in einer Gruppentherapie, würde ich mir jetzt auch so einige Fragen stellen.

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Stöpsel
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Beitrag Do., 14.08.2008, 09:13

Hallo karlei,

genau diese Vermutung habe ich auch, das meinte ich.

Viele Grüße

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Gärtnerin
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Beitrag Do., 14.08.2008, 18:56

Für mich macht es einen großen Unterschied, ob es sich um eine ambulante Therapiegruppe handelt oder um eine Gruppe innerhalb einer stationären Therapie. In einer Klinik lernt man sich ganz automatisch auch außerhalb der Therapiestunden privat kennen, und das habe ich persönlich als sehr bereichernd auch für die Gruppensituation erlebt. In den Gruppen, die ich in meinen stationären Therapien erlebt habe, gingen die einzelnen Teilnehmer wesentlich menschlicher und mitfühlender miteinander um als in der ambulanten Gruppe, in der es nur wenige private Kontakte nebenher gab.

Mal unabhängig davon, ob man private Kontakte zulässt oder nicht - ich finde die Sichtweise, die gompert hier skizziert (und die auch von manchen Therapeuten gefördert wird), nämlich dass die anderen nur als Projektionsfläche für unsere eigenen Probleme dienen sollen, unmenschlich. Ich habe selbst schon eine solche Gruppe aus lauter Einzelkämpfern erlebt, die gnadenlos an den anderen Gruppenmitgliedern ihre Emotionen auslebten. Allein die Erinnerung an diese Sitzungen jagt mir heute noch einen Schauer über den Rücken.
Eine völlig gegensätzliche Erfahrung durfte ich während eines dreimonatigen Aufenthalts in einer therapeutischen Gemeinschaft machen. Dort lebte man zusammen, bereitete zusammen die Mahlzeiten zu, verbrachte oft die Freizeit zusammen, war füreinander da. Für mich machte erst die dadurch entstandene Vertrautheit ein Öffnen auch in den Gruppentherapiestunden möglich.
Wer etwas will, findet Wege. Wer etwas nicht will, findet Gründe.

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karlei007
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Beitrag Fr., 15.08.2008, 08:31

@Stöpsel - Sorry, dann war das nur mein Senf, den ich trotzdem wieder dazu geben musste

@Gärtnerin - So wie du die gruppentherapeutische Gemeinschaft beschreibst, klingt es für mich nach einer Gruppe, die sehr supportiv arbeitet. Das Ziel ist dabei wohl haupsächlich, sich gegenseitig zu unterstützen und zu stabilisieren. Das finde ich z. B. für eine stationäre Therapie sehr gut. Bei Menschen, die sich gerade in einer Krisensituation befinden, ist es m. E. die sinnvollere Variante der Gruppentherapie.

Das, was du als "unmenschlich" bezeichnest, ist die Form der Gruppentherapie, in der es tatsächlich darum geht, die Auswirkungen des eigenen Agierens innerhalb einer Gemeinschaft möglichst realitätsnah zu erforschen. Ich empfinde das nicht als unmenschlich, aber als sehr anstrengend und belastend. Deshalb finde ich diese Form der Gruppentherapie auch eher geeignet für Menschen, die relativ stabil sind und ihren Beziehungsproblemen im Alltag auf den Grund gehen wollen, d. h. eher als Möglichkeit einer ambulanten Behandlung. Beides hat, denke ich, seine Berechtigung.

LG karlei

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gompert
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Beitrag Sa., 16.08.2008, 16:39

In unserer Parallelgruppe war neulich eine scheue junge Frau hinzugekommen. Sie ist Apotekerin, hat nach langen Depressionen endlich eine Stelle in einer Apoteke und darin auch die Kraft für eine Therapie gefunden. Da ihre zwei Wochentage in Anspruch nimmt, hatte sie Glück dass der Arbeitsgeber einverstanden ist.

Einer von den obig beschriebenen Leutchen meldet auf hyves (eine Art Studivs) an ein verreistes Gruppenmitglied dass die neue in Apoteke Soundso arbeitet. Das liest seine salsa-Tanzpartnerin, eine Apotekerassistentin, die dort angestellt ist. Sie weiss dass die beiden anderen in Therapie sind und zählt zwei und zwei zusammen.

So, nun beschmunzelt das ganze Personal die scheue Apotekerin. Sie war von vornherein nicht populär da wenig kontaktfreudig. Der Medis-chauffeur erlaubt sich Scherze, es werden bedeutungsvolle Blicke gewechselt und sie wird immer depressiver. Aber auch böser. Und sie greift in der Therapie den Petzer an. Ist das unmenschlich? Wenn, dann ist diese Unmenschlichkeit die Folge von Vertrauensbruch.

Kontakte ausserhalb der Gruppe verursachen Unsicherheit. Das ist nicht ein bisschen wahr und ein bisschen unwahr, das hat keine zwei Seiten, solche externe Freundschaften sind potentiell schädlich für die Therapie. Dieses Kommunikationsverbot muss man nicht abhängig machen vom persönlichen Beurteilungsvermögen, man muss es strikt und gründlich nachleben. Eben aus Respekt.
Staunend liest's der anbetroffne Chef......

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Gärtnerin
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Beitrag Sa., 16.08.2008, 18:08

gompert, der Vertrauensbruch, den du hier beschreibst, ist echt übel. Das ist ein guter Grund dafür, weshalb das, was in der Gruppe passiert, nie den Raum verlassen darf. Für das Verbot, dass sich Gruppenmitglieder privat treffen, sehe ich darin jedoch keinen zwingenden Grund. Oder habe ich da etwas missverstanden? Wo war in deinem Beispiel der private Kontakt?

Aber was ich mit "unmenschlich" meinte, bezog sich gar nicht auf außergruppliche Kontakte, sondern darauf:
gompert hat geschrieben:Eine Gruppentherapie ist asozial. Die anderen sind eigentlich nur Püppchen mit denen du übst.
Ich denke, ich verstehe, wie du es gemeint hast, und ich weiß, dass es Therapeuten gibt, die genau diese Sichtweise fördern, aber ich empfinde diese Haltung trotzdem nicht als sehr hilfreich. Natürlich geht es in der Gruppentherapie darum, sich selber in Interaktion mit anderen zu erleben. Doch darf ich die anderen deshalb nicht als Menschen wahrnehmen? Eine Therapie, in der das Eigene hemmungslos ausgelebt wird, ganz egal, ob der andere dabei auf der Strecke bleibt, hat für mich nichts mit Realitätsnähe zu tun. Im Gegenteil: Eine Therapie, die nicht zugleich einen positiven, wertschätzenden Umgang mit anderen Menschen übt, unterschlägt meiner Meinung nach einen wichtigen Teil der Lebensrealität.

Mag sein, dass ich hier überreagiere, die eiskalte Atmosphäre in meiner letzten Therapiegruppe, in der sich deswegen auch bald keiner mehr traute, sich wirklich zu öffnen, hat mich eben jedes Mal sehr mitgenommen.
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Vetiver
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Beitrag Mo., 18.08.2008, 09:29

@ Gompert:
Kontakte ausserhalb der Gruppe verursachen Unsicherheit. Das ist nicht ein bisschen wahr und ein bisschen unwahr, das hat keine zwei Seiten,

Das einzige, was wirklich keine zwei Seiten hat und immer stimmt im menschlichen Bereich, ist, dass alles mehr als eine Seite hat.
Vetiver

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gompert
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Beitrag Mo., 18.08.2008, 13:08

Gärtnerin hat geschrieben: Wo war in deinem Beispiel der private Kontakt?

Gärtnerin, meins war kein deutliches Beispiel, zugegeben. Nur ein sehr aktuelles und schmerzhaftes. Die Crux des privaten Kontakts liegt hier im Bericht an das verreiste Mitglied, die schlimme Folge kam über einen Umweg erst wieder in die Therapie.

Ich habe sowohl die saloppe als auch die strikte Handhabung des Kontaktverbots erlebt und bin in der ersteren selber Ursache einer Vertrauenskrise geworden und demzufolge Schieβscheibe der Gruppenaggression. Ich kenne also die eiskalte Atmosphäre von der du sprichst. Und wurde deshalb versetzt. Von der Hölle in den Himmel.

Es ist schon sehr merkwürdig wie im selben Institut eine Gruppe friedfertig und liebevoll bleibt, während eine andere sich zum Schlägertrupp entwickelt.

Ich habe mit Püppchen keineswegs Schieβbudenfiguren gemeint die man hemmungslos abknallt. Gruppenmitglieder sollen wie Püppchen möglichst wenig Tiefe und Identität für dich bekommen da diese dein Assoziationsvermögen, deine Selbstuntersuchung beeinträchtigen. Natürlich sollen Zuneigungen und Abneigungen entstehen. Die sollen aber sichtbar, beobachtbar und diskutierbar bleiben. Man ist da um die eigenen Reaktionen zu untersuchen. Einverstanden, der positive menschliche Umgang soll überwiegen, aber wie unser Thera meint: ihr seid hier nicht wegen Schweiβfüβe. Die negativen sind leider Anlass zur therapie. Freundschaften ausserhalb des Gesichtsfeldes können da stören. Bei uns darf man sich erst 3 Monate nach dem Abschied wieder sprechen.

Ich würde mich in der Therapie nicht wohl fühlen wenn ich vermute dass meine Aussage, mein Heulkrampf, meine Wut oder mein Kummer am Samstag beim Kaffee nochmal Revue passiert, womöglich bedauert, bespöttelt oder gar parodiert wird. Man hat in der Therapie mit verletzlichen, anfälligen Menschen zu tun die schnell einen solchen Verdacht hegen, die schnell meinen dass man sie ablehnt, beschmunzelt.

Ich finde dass Gruppenmitglieder einander nicht nur Geheimhaltung versprechen, sondern auch die gröβtmögliche Loyalität gewährleisten müssen. Am nächsten Therapietag muss man sicher sein können dass man da anfängt wo man letztes mal aufgehört hat.
Staunend liest's der anbetroffne Chef......

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