Alles was ich tue und sage, fühlt sich falsch an

Nicht jedem fällt es leicht, mit anderen Menschen in Kontakt zu treten, "einfach" mal jemanden kennenzulernen oder sich in Gruppen selbstsicher zu verhalten. Hier können Sie Erfahrungen dazu (sowie auch allgemein zum Thema "Selbstsicherheit") austauschen.
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Juna
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Alles was ich tue und sage, fühlt sich falsch an

Beitrag Mo., 04.08.2008, 17:07

Hallo,

in habe mich entschlossen hier anzumelden und über eine Sache zu schreiben, die mich extrem fertig macht. Ich würde sie im wahren Leben niemals jemandem erzählen können, weil ich denken würde die Sache würde von den anderen einfach als Banalität abgetan werden. Falls das hier passieren würde, würde ich einfach nicht mehr Forum kommen. Aber meine Freunde möchte ich ja noch wiedersehen und das könnte ich nicht würde ich ihnen davon erzählen und sie würden "falsch" reagieren.
Die Sache ist die, wie es in der Überschrift schon steht, dass sich ALLES was ich sage und tue einfach falsch anfühlt. Also zum Beispiel auf der Arbeit:
- ich bin zu ruhig, zu introvertiert
- ich sage die flaschen Dinge
- meine Sätze sind zu kurz oder inhaltlich, grammtikalisch nicht perfekt
- ich betone die Wörter falsch
- meine Körperhaltung ist nicht angemessen
- meine Mimik ist nicht passend
usw. usw.

Ich bin auch immer total verunsichert:
- soll ich denjenigen duzen oder siezen
- jetzt habe ich das schon wieder falsch gemacht
- was denken die Leute über mich (ich bin grundsätzlich davon überzeugt, alle lehnen mich ab)

Und dadurch geht es mir ziemlich schlecht. Wenn ich dann nach Hause gehe, geht mir das alles noch mal durch den Kopf und ich könnte einfach nur heulen.
Während der Arbeit ist es zeitweise auch ziemlich schlimm. Dabei hat mir niemand dort jemals irgendwelche negativen Dinge direkt gesagt. Aber ich interpretiere alles, als würde es auf mich bezogen sein, was Arbeitskollegen sagen (könnten) und zwar in einer sehr negativen Weise.
Ich versuche das alles zu Überspielen (Selbstsicher wirken, gut gelaunt, stark etc.)
Im Privatleben ist das ähnlich. Nur wenn ich Menschen jahrelang gut kennengelernt habe, ist deren Anwesenheit für einen begrenzten Zeitraum erträglich und sogar angenehm. Ansonsten wünschte ich, ich müsste gar nicht mehr unter Menschen gehen. Aber ich muss ja schließlich Geld verdienen. Mir ist es auch wichtig finanziell für dazustehen.
Am liebsten würde ich gar nicht mehr zu Arbeit gehen. Ich kann oft Nachts nicht mehr schlafen. weil ich schon so einen Horror vor dem nächsten Tag habe. Ich möchte aber nicht zu den schwächeren der Gesellschaft gehören. Ich möchte funktionieren. Ich will auch nicht so wirken, als ob ich mich vor irgendwas (Arbeit) drücken wollen würde. Ich würde wirklich gern arbeiten, wenn ich das für mich allein tun könnte. Da sehe ich aber keine Möglichkeit für mich.
Manchmal geht es mir so schlecht und ich fühle mich mit allem überfordert, dass ich meinem Leben am liebsten ein Ende bereiten würde. Ich weiß nicht, wie ich es schaffen soll, die nächsten Jahr zu funktionieren. Ich habe ja jetzt schon das Gefühl, dass ich einfach nicht mehr kann.
Mir ist manchmal schon bewusst, dass das alles übertrieben ist. Aber dieses Bewusstsein ändert nichts an diesem schrecklichen Gefühl, an dieser Angst/Unsicherheit/Anspannung/Traurigkeit. Selbst wenn ich mir sage, dass ich mich zusammenreißen soll und das ich vieles mir nur einrede/einbilde/überbewerte - es bleibt trotzdem da und ich fühle mich der ganzen Situation einfach nur ausgeliefert. Weil es irgendwie nicht richtig rational zu erfassen ist.
Ich möchte doch einfach nur ein ganz normales Leben und ganz normal funktionieren
Und was ist, wenn ab jetzt immer alles so bleibt oder alles immer schlimmer wird, ich kann doch jetzt schon fast nicht mehr?
Für mich ist es wirklich der Horror zur Arbeit zu gehen. Aber ich möchte mich davor auch nicht drücken und zwinge mich jeden Tag wieder dahinzugehen, aber irgendwie ist das alles so kräftezehrend und ich habe einfach keine Kraft mehr. Die meisten Menschen gehen einfach zur Arbeit und unter Menschen und fertig - warum muss ich dann damit so ein Problem haben?
Keine Ahnung, ich weiß wirklich nicht mehr was ich machen soll.
Für eine Therapie bin ich nicht geeignet, weil ich niemals über mich etwas erzählen könnte, dass kann ich noch nicht mal bei Menschen, die ich sehr lange kenne. Am liebsten würde ich wollen, dass niemand irgendetwas davon erfährt, was wirklich in mir vorgeht. Ich kann niemandem vertrauen.

Juna

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Wesung
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Beitrag Mo., 04.08.2008, 18:10

Hallo Juna,
das hört sich ja ganz schön heftig an!
Ich würde mal ausgehend von dem "falsch"-Gefühl fragen: "was würde sich richtig anfühlen?"
Da Dein Problem recht umfassend ist, kannst Du nicht mit einer schnellen, deutlichen, dauerhaften Antwort rechnen. Aber in Deiner Lage ist es lohnend, auch eine vage, vergängliche Hoffnung zuzulassen. Ist Dir danach?
Wesung

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breath
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Beitrag Mo., 04.08.2008, 18:27

hallo juna,

wenn ich dich richtig verstanden habe, bist du extrem verunsichert und hast angst etwas falsch zu machen.

du schreibst:
- ich bin zu ruhig, zu introvertiert
- ich sage die flaschen Dinge
- meine Sätze sind zu kurz oder inhaltlich, grammtikalisch nicht perfekt
- ich betone die Wörter falsch
- meine Körperhaltung ist nicht angemessen
- meine Mimik ist nicht passend
usw. usw.


wer hat denn gesagt, dass das diese dinge bei dir so sind?

zu deinem posting fallen mir schlagartig hunderte von fragen ein und ich habe das gefühl, dass es ganz viel um selbstwertgefühl und selbstvertrauen und offenbar auch um selbstliebe geht. daher meine - vielleicht merkwürdig anmutende - frage an dich: liebst du dich?

so wie du es beschreibst handelt es sich -meiner meinung nach - nicht um eine banalität, sonderen um eine störung, die m.E. professionell behandelt werden muss...auch wenn es vielleicht derzeit noch nicht so ausgeprägt wäre, ist es jedenfalls immer noch besser gleich etwas dagegen zu unternehmen bevor es sich zu mehr entwickelt. gib dir den schubs und hol dir hilfe. sowas vergeht nicht von alleine wieder - das weiß ich aus eigener erfahrung. du bist noch sehr jung - du sollst dein leben genießen und dich nicht verstecken.

ich wünsch dir alles gute
- breath -

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Juna
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Beitrag Mo., 04.08.2008, 18:50

Hallo Wesung!
Wesung hat geschrieben:Ich würde mal ausgehend von dem "falsch"-Gefühl fragen: "was würde sich richtig anfühlen?"
Richtig würde sich anfühlen, wenn ich mich in jeder Situation so verhalten würde, wie es alle erwarten würden. Also eben so, dass es niemandem auffällt wie unfähig ich eigentlich bin. Aber wie das genau aussehen sollte, weiß ich auch nicht. Wäre in jeder Situation anders. Ich dürft eben keine "Fehler" mehr finden. Aber ich finde ja immer irgendwelche "Fehler".
Ich sehe da keine wirkliche Hoffnung mehr. Es gibt wahrscheinlich auch keine.

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Juna
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Beitrag Mo., 04.08.2008, 18:59

Hallo Breath!
breath hat geschrieben:wer hat denn gesagt, dass das diese dinge bei dir so sind?
Eigentlich niemand. Natürlich haben mich in meinem Leben mal ein paar Menschen kritisiert, aber das war sehr selten. Und deshalb reagiert ja auch kein normaler Mensch so. Jeder wird ja ab und zu mal kritisiert und ich empfand das da auch nicht schlimm oder so.
breath hat geschrieben:frage an dich: liebst du dich?
Nein, eher das Gegenteil. Ich habe einfach das Gefühl, dass ich unfähig, gar nichts auf die Reihe kriege und irgendwie gar nicht richtig hier hin hingehöre. Ich hasse mich eher dafür, dass ich so bin.

Ich könnte das wirklich niemandem erzählen. Ich denke auch nicht, dass man da etwas ändern könnte.

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comus
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Beitrag Mo., 04.08.2008, 19:06

Juna hat geschrieben:Richtig würde sich anfühlen, wenn ich mich in jeder Situation so verhalten würde, wie es alle erwarten würden.
Denkst du, dass würde dich glücklich machen ständig nach den Erwartungen der anderen zu leben? Wo bliebe da deine Einzigartigkeit?

Beim Lesen deiner Zeilen drängte sich für mich eine Frage auf..... Kannst du dir selbst irgendwas verzeihen? Wer hat dir das gelernt immer perfekt sein zu müssen?

Hier noch ein Zitat von Erich Fromm......
Das Gegenteil von Erziehung ist Manipulation, bei welcher der Erwachsene nicht an die Entwicklungsmöglichkeiten des Kindes glaubt und überzeugt ist, dass das Kind nur dann zu einem ordentlichen Menschen wird, wenn er ihm das was er für wünschenswert hält einprägt und alles unterdrückt, was ihm nicht wünschenswert erscheint. An einen Roboter braucht man nicht zu glauben, weil in ihm kein Leben ist, das sich entfalten könnte.
Erich Fromm aus „Die Kunst des Liebens“
Kommt dir das bekannt vor?

LG, comus

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Juna
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Beitrag Mo., 04.08.2008, 19:47

comus hat geschrieben:Denkst du, dass würde dich glücklich machen ständig nach den Erwartungen der anderen zu leben? Wo bliebe da deine Einzigartigkeit?
Ich möchte gar nicht einzigartig sein. Ich möchte mich einfach nur "normal" verhalten und nicht negativ auffallen. Mir würde es damit auf jeden Fall besser gehen als jetzt. Und den Anspruch wirklich glücklich zu sein habe ich nicht, das wäre auch unrealistisch. Ich habe den Anspruch an mich zu funktionieren.
comus hat geschrieben:Beim Lesen deiner Zeilen drängte sich für mich eine Frage auf..... Kannst du dir selbst irgendwas verzeihen? Wer hat dir das gelernt immer perfekt sein zu müssen?
Ich bin eben NIE perfekt, das ist es ja, was mich stört. Nein, ich kann mir das nicht verzeihen.

comus hat geschrieben:Kommt dir das bekannt vor?
Ich finde es zu einfach, zu sagen, dass meine Eltern Schuld haben. Jede Mutter und jeder Vater macht Fehler in der Erziehung seiner Kinder. Das ist ganz normal. Und jedes Kind ist selbst dafür verantwortlich, wie es mit diesen Fehlern umgeht. Man kann sich nicht darauf ausruhen.
Meiner Mutter war es z. B. sehr wichtig, dass die Kinder die Familie nach außen hin gut repräsentieren. Aber so was ist fast allen Eltern wichtig, dass ist kein Grund dafür so zu werden.

lg
Juna

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Aydee
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Beitrag Mo., 04.08.2008, 21:30

Hallo Juna
wenn ich dich lese, Juna, lese ich meine Vergangenheit. ich weiß nicht was (d)eine "Lösung" sein könnte, aber eines würde ich dir doch gern aus (m)einer nicht-profi-Sichtweise gern mitgeben: Überspiele nicht wenn du unsicher bist, tue nicht so als wärest du selbstsicher, gut gelaunt, stark etc.... wenn du es nicht bist. Zumindest nicht in deinem Freundeskreis. Denn wenn deine Freunde dich nicht akzeptieren (können) - wer dann? Und wenn sie dich nicht so akzeptieren und du dies von und durch sie nicht erfährst, wirst du dich selbst niemals akzeptieren können. Akzeptieren können dass du anders bist. Und dass es ok ist. Und einen Weg finden mit deinem Anderssein im Leben trotzdem zurecht zu kommen. Ohne dich ständig verstellen und verbiegen zu müssen.
Das wäre mein Rat, meine Bitte an dich. Mach es besser als ich. Ich hoffe dass du es kannst. Das ist was ich jetzt bedaure mit einer Vergangenheit die deiner Beschreibung so verdammt ähnlich ist...

Alle Kraft wünsch ich dir
"When I say something once my lips are sealed. Say something once, why say it again?" (David Byrne)

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Wesung
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Beitrag Do., 07.08.2008, 09:22

Ich möchte gar nicht einzigartig sein. Ich möchte mich einfach nur "normal" verhalten und nicht negativ auffallen.
Das ist für mich ein deutliches Indiz für eine normotische Störung.
Vgl. dazu Christopher Bollas: The Shadow of The Object: Psychoanalysis of the Unthought Known, wo es heißt:
"The fundamental identifying feature of this individual is a disinclination to entertain the subjective element in life, whether it exists inside himself ot in the other. .. By the subjective element I mean the internal play of affects and ideas that generates and authorizes our private imaginations, creatively informs our work and gives continuing resource to interpersonal relations... The normotic person seems unable to experience evolving subjective states within himself. Without moods he may appear unusually steady or sound. If he is forced by circumstances into a complex situation in which the subjective element is called into play (such as being part of a family quarrel, or discussing a film, or hearing of tragic events) he betrays the absence of a subjective world. He may speak of a phenomenon as an object in its own right, laden with known laws, and thus undertandable. A quarrel might lead him to say 'you people are just being unreasonable', or *Hamlet* might inspire him to say 'an unhappy young fellah', or more often than not, he lapses into repectful silence." (p. 137)
"If psychotic illness is characterized by a break in reality orientation and a loss of contact with the real world, then normotic illness is typified by a radical break with subjectivity and by a profound absence of the subjective element in everyday life. As psychotic illness is marked by a turning inward into the world of fantasy and hallucination, normotic illness is distinctive as a turning outward into concrete objects and towards conventional behavior. The normotic flees from dream life, subjective states of mind, imaginative living and aggressive play with the other. Discharges of mental life is favoured over articulated elaborations that require symbolic processes and real communication. We could say that if the psychotic has
gone off at the deep end", the normotic has "gone off at the shallow end."

A normotic family may be successful for some time, depending on material comfort and the availability of personal wealth. As they need a supply of material objects to enrich their personal happiness, they are far more dependent than other sorts of people on the flux of economic life. For example, if one of the parents becomes unemployed, this amounts to more than a redundancy: it threatens the breakdown of a mentality. It does not lead to reflection or to affective states that deepen the family members' understanding of themselves and of their life. A father may become absent, either literally, by going off and staying away from home, or he may sit before the TV for long periods of time. We would say that there is a depression there, but from inside the family; it is the experience of 'leave your father alone' whose mental equivalent is 'leave that part of your mind concerned with your father alone'....
...
As has been suggested, the outcome of such a situation is a person who apears really quite extroverted and able. He seems to be without conflict, even in a troubled world. He manages distress through the use of 'language transformers' that alter significance into insignificance by virtue of the use of a vocabulary of phrases that function as evacuators of meaning."

(p.146-155)
Ich habe so ausführlich zitiert, weil Bollas' Bemerkungen zum familiären Umfeld m.E. gut zu Deinen Andeutungen passt.

Aus analytischer Sicht gibt es für Dich zwei Möglichkeiten:
1. Du lebst weiter dieses äußerliche Leben.
2. Deine Psyche produziert einen unlösbaren Konflikt zwischen Deiner bewussten Einstellung und Deiner Erlebenswelt.
Im zweiten Fall produzierst Du neurotische Symptome, die Leidensdruck verursachen und Dir damit die Möglichkeit eröffnen, über eine bewusste Auseinandersetzung -etwa im Rahmen einer Therapie - mit ihnen mehr Du selbst zu werden.
Die Prognose hierfür ist nicht allzu günstig, denn genau das möchtest Du ja tendenziell vermeiden:
Und den Anspruch wirklich glücklich zu sein habe ich nicht, das wäre auch unrealistisch. Ich habe den Anspruch an mich zu funktionieren.
Eine kleine Tür hast Du aber - in dem Gefühl "Alles was ich tue und sage, fühlt sich falsch an". Bleib dabei, sei freundlich dazu - meinethalben auf normotischer Basis: "auch kleine Bedrängnisse verdienen Beachtung, sonst werden sie zu großen."
Wesung

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pajera
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Beitrag Do., 07.08.2008, 14:28

Für mich klingt das so, als würdes du langsam aber sicher eine Soziale Phobie entwickeln.
Ich bin selbst Sozialphobikern und in Behandlung.
Für mich ist es auch nicht einfach darüber zu sprechen, weil ich zusätzlich noch Zwänge habe, die mir sehr peinlich sind.
Ich würde dir dennoch raten es mal zu versuchen, wenn du wirklich willst, dass es dir besser geht!
Anders kannst du dich wohl kaum aus dieser Situation befreien.
Einer Psychologin kannst du sehr wohl vertrauen, denn sie unterliegt der Schweigepflicht. Du braucht auch keine Angst zu haben bei ihr etwas falsches zu tun oder zu sagen. Auch ich hatte diese Angst und sie sagte mir immer wieder "hier, bei mir gibt es kein richtig oder falsch!"
Selbst jetzt habe ich noch Probleme vor ihr zu sprechen und verhaspel mich oft, aber das interessiert niemanden!

Lg pajera

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c0nsp1r4cy
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Beitrag Do., 07.08.2008, 21:30

Hey Juna,

oh man, wie gut ich genau diese Gedankengänge kenne. Einfach nur mal normal verhalten, so das ich ja nicht das kleinste Indiz dafür liefer, gerade eine Tortur sondergleichen durchzumachen.

Das blöde an dieser Sache ist auch noch, wie bei allem, was man zum handfesten Problem manifestiert, dass dieser Teufelskreis nie aufhört und sich selbst am Leben erhält. Sprich mittlerweile bist du einfach überzeugt, genau diese Macken zu haben und du setzt alles daran, die Resultate, die aus tieferliegenden Ursachen entstehen, auszumerzen. Du versucht dir wahrscheinlich gerade eine Persönlichkeit zusammenzubasteln, mit der du am sichersten fährst, also Verhaltensweisen zu suchen, die entweder keine Aufmerksamkeit auf sich ziehen oder eben positive. Also was muss ich tun, um ein einigermaßen sicheres Gefühl zu bekommen, wenn es um meine Ausstrahlung und Wirkung auf andere geht.

Du kommst von der Arbeit heim, denkst daran wieivele Situationen du deiner Meinung nach vermasselt hast. Jede Situation, und wir wissen beide, es gab viele, lässt dich innerlich zusammenzucken, du spürst die peinliche Berührtheit und machst dich nieder - womöglich nicht einmal bewusst. Aber was du fühlst, könnte man interpretieren ala "man wie arm, wie konnte ich nur so dumm sein, wieso war ich wieder so verkrampft, man was denken die nur über mich, wie kann ich dem entgegenwirken usw...". Und der Selbsthass schlägt zu, aber je mehr Übung man kriegt, desto besser klappt es sich jedem anderen Menschen so weit anzupassen, dass man selten eine negative Rückmeldung bekommt.

Für mich war die schlimmste Zeit die, als ich unter fremden Menschen war, denn ich wusste nie wie ich mich verhalten sollte - was kommt an was nicht, was finden die anderen witzig und was nicht, womit kann ich sie beeindrucken, womit blamie ich mich usw... Je länger ich die Menschen, um mich rum kenne, desto sicherer ist mein Auftreten.

Leider kann ich dir aus Erfahrung sagen, dass dieses Verhaltensschemata keines ist, welches dich glücklich machen wird, denn du wirst immer Dinge sehen, die dir peinlich sind, die du besser hättest machen können. Mal abgesehen davon, dass du dich von deiner wahren Persönlichkeit so weit entfernst, dass du nicht einmal eine kleine Ahnung hast wer du bist, was du magst und nicht magst, was dir gefällt und was dir nicht gefällt, woran du glaubst und nicht glaubst. Auf diesem Weg wird man niemals glücklich, vielleicht immer mal wieder, wenn man es so weit eingeübt hat, dass man sogar positive Aufmerksamkeit erntet, aber dieses kurze Hoch ist schnell vorbei.

Mir geht es besser, weil ich gelernt habe mir selbst öfter zu verzeihen. Meine Selbstzweifel durch positives Gegensteuern ein wenig im Zaum zu halten. Was mir letzten Endes hilft öfter tatsächlich ein wenig ich selbst zu sein und es ist so viel schöner, manchmal zumindest in seinem eigenen Leben nicht nur ein Statist zu sein. Das sind die Momente, die Du spürst und in denen du dich ein wenig unbekümmerter durch die Welt bewegst. Bei mir noch viel zu selten, aber es reicht mir bereits, dass mein leben einfacher wurde.

Man macht unmerkliche kleine Schritte, man fängt an, wenn es gerade wieder in der Brust zieht, sich gedanklich abzulenken ala "du weißt doch, was du gerade mit dir wieder anstellst, lass es einfach" (also sich selbst im Kopf gut zureden). Wenn es etwas ist, was dir wieder einmal in der Öffentlichkeit passiert, frag dich, ob es dich interessieren würde, wenn jemand anderem dieses Missgeschick passiert wäre. Sag dir mal "scheiss drauf, ich ignorier es einfach mal und konzentriere mich nun nicht darauf, wie ich etwas "besser" machen kann". In kritischen Momenten versuch das mal: geh einen Moment in dich, schließ die Augen, versuch die Temperatur zu spüren, merk wie der Wind dein Ohr kitzelt, hör darauf was um dich herum passiert, mach die Augen auf und versuch wirklich etwas zu sehen, konzentrier dich dabei. Diese Taktik hab ich mir irgendwann auf dem Höhepunkt ekelhafter Paranoia angewöhnt - es hat nicht immer geholfen, aber es half hin und wieder.

Du bist dein schlimmster Feind, dein schärfster Kritiker - pflegte ich mir selbst zu sagen. Kämpf gegen dich selbst, glaub daran. Je öfter du es schaffst, dich selbst zu beruhigen und dir die Anspannung zu nehmen, desto freier wirst du.

Lass mal ein Arzt checken, ob dein Blutdruck zu hoch ist. Ist furchtbar permanent am Limit zu laufen und verdammt anstrengend und macht alles zu einer Bewährungsprobe - war bei mir psychosomatisch induziert.

Übrigens, ich leide an einer Narzisstischen Persönlichkeitsstörung, soll jetzt nicht heißen, dass du auch eine hast, denn Menschen mit einem geringen Selbstwertgefühl denken oft so.... Ach darüber hätte ich noch endlos viel zu erzählen - sorry für die Länge!

Wie erträgst du die Zeit daheim? Wie lenkst du dich ab?

LG
.oO°Hunger, onward, with my desires.
Learned the hard way not to play with fire.
From a comfortable distance, I'll admire.
Because I got to take a break.
I'm exhausted, I'm tired.°Oo.

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Juna
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Beitrag Fr., 08.08.2008, 18:56

Hey,

danke für die Antworten


@aydee: das ich mich bei anderen immer verstelle, mache ich ja ganz automatisch, fast so wie ein Art Reflex. Die Schwierigkeit sehe ich halt auch darin, dass mich andere z. B. nur gut gelaunt kennen und zwar immer. Da kann ich ja nicht auf einmal sagen, dass das alles gar nicht "echt" war. Ich erfinde auch oft irgendwelche Geschichten, nur weil sie "ins Bild passen" und weil ich damit verstecken kann, was ich wirklich denke. Ich wüsste halt auch gar nicht wie ich da wieder rauskommen sollte. Also z. B. bei meinen Freunden. Die würden mich dann ja als eine Art Lügnerin sehen.

@pajera: ich rede ja niemals mit jmd. über das was mich wirklich beschäftigt. Ich habe das auch noch niemals in meinem ganzen Leben getan. Ich könnte also nicht einfach zu einer Psychologin gehen, weil ich das einfach nicht aussprechen könnte, was ich wirklich denke. Wenn ich das bei keinem Menschen kann (auch nicht bei denen die ich jahrelang kenne), warum sollte ich das dann gerade bei einer fremden Person können. Ich kann sowas einfach nicht, selbst wenn ich es wollen würde. Ich könnte mir irgendwelche Gehschichten ausdenken, die letztlich nichts mit mir zu tun haben und die erzählen, aber ich könnte nichts erzählen, was mich wirklich betrifft. Deshalb hätte das keinen Sinn.

@c0nsp1r4cy:
Ach darüber hätte ich noch endlos viel zu erzählen - sorry für die Länge!
also die Länge hat mich nicht gestört, hättest von mir aus auch noch weiter schreiben können
Wie erträgst du die Zeit daheim? Wie lenkst du dich ab?
Ich mach ziemlich viel Sport. Wenn ich von der Arbeit nach Hause komme, gehe ich meistens 1-2 Stunden laufen. Dann am Abend bin ich die meiste Zeit im Internet unterwegs.
Jede Situation, und wir wissen beide, es gab viele, lässt dich innerlich zusammenzucken, du spürst die peinliche Berührtheit und machst dich nieder - womöglich nicht einmal bewusst.
Seit einiger Zeit ist mir das schon bewusst. Also das ich mich extrem auf die ganzen Situationen konzentriere die schlecht gelaufen sind und ich mich unendlich lange damit beschäftigen kann, was ich alles falsch gemacht habe.

denn ich wusste nie wie ich mich verhalten sollte
bis zu dem Moment in dem ich mich dann auf eine bestimmte Art und Weise verhalte, weiß ich schon wie ich mich verhalten sollte. Wenn ich dann aber irgendetwas gesagt oder getan habe, habe ich z. B. das Gefühl, dass mich andere "komisch" anschauen, sich danach abweisender verhalten, hinter dem Rücken über mich reden etc. Also letztendlich das sie negativ mir gegenüber eingestellt sind, mich ablehnen. Je mehr Verhaltensweisen ich an den Tage lege, desto mehr "Gründe" gibt es dann ja auch für mich das zu denken. Aber auch wenn ich gar nichts sage oder tun würde, würde ich ja dann erst Recht ein merkwürdiges Verhalten zeigen und die anderen hätten erst recht ein Grund mich abzulehnen. Also ist es gleich, ob ich nichts oder etwas tue, das schreckliche Gefühl bleibt.

LG

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petrapan
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Beitrag Fr., 08.08.2008, 22:07

Richtig würde sich anfühlen, wenn ich mich in jeder Situation so verhalten würde, wie es alle erwarten würden.
Mein Therapeut hat immer gesagt, daß man gar nicht wissen KANN was andere erwarten. Wie soll man das auch wissen! Wenn man sich das zum Maßstab macht, was man denkt was andere Menschen denken können, dann macht man sich abhängig von etwas was man nicht mal definieren kann.

Du stellst außerdem andere über Dich, so als wäre es auf jeden Fall wichtiger was andere denken könnten als das was Du selbst über Dich denkst.
Das ist das Verhalten eines kleinen Kindes, daß es der Mutter Recht machen will und versucht intuitiv zu erraten was der Mutter gefallen könnte. Als Erwachsener sollte man das idealerweise abgelegt haben. Bei Dir hat es sich hingegen verstärkt.

Das fatale an Deinem Anspruch ist, daß Du ihn NIEMALS erfüllen kannst, weil es den Maßstab den Du hast gar nicht gibt! Weil Du nicht wissen kannst was andere von Dir erwarten!

Das ist so wie mit dem Hund, der überall einen Stromschlag bekommt, egal was er macht: es gibt kein richtig, er bekommt immer nen Stromschlag!

Es ist dringend Zeit für einen Psychologen, sonst treibt Dich das in den Wahnsinn.

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heissundkalt
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Beiträge: 536

Beitrag So., 10.08.2008, 17:07

...ich gebe petrapan recht: man kann nicht wissen, was von einem erwartet wird.

aber ich weiss: man hat trotzdem immer diesen ungreifbaren ehrgeiz in sich, es perfekt machen zu wollen, allesn zu gefallen. dabei ist das unmöglich. schliesslich gibt es immer leute denen irgendetwas an einem nicht passt. und wahrscheinlich muss man lernen, dass es unwichtig ist. dass man zufrieden mit sich selbst sein muss. mit sich im reinen, wie man so schön sagt. aber dieses erkenntnis bleibt auch bei mir nur im kopf. ich empfinde nicht so. ich komme mir manchmal vor wie ein papagei: ich plappere irgendwelche "weisheiten" nach, ohne sie verinnerlicht zu haben...

aber ich wünsche dir, dass du aus diesem teufelskreis herausfindest!!
WER ZUHÖRT KANN VERSTEHEN

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Juna
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Beiträge: 27

Beitrag So., 10.08.2008, 18:56

Ja, man kann vielleicht nicht ganz genau wissen, was die anderen von einem denken - man kann's halt nur erahnen. Aber wenn mich manchmal Menschen z. B. auf eine bestimmte Art und Weise anschauen, dann weiß ich in dem Moment, dass sie irgendetwas Negatives über mich denken oder aus welchen Gründen auch immer eine ablehnende oder negative Einstellung mir gegenüber eingenommen haben (nur für den Moment oder auch für längere Zeit). Ok, ich weiß nicht genau, was sie denken und ich kann mich in dem einen oder anderen Fall vielleicht auch täuschen, aber man kann doch Mimik, Gestik etc. interpretieren und dann weiß man einfach, ob der andere einem eher positiv oder negativ gegenübe eingestellt ist. Zumindest in der überwiegenden Zahl der Fälle ist das für mich einfach ganz klar.
Ich weiß auch, dass ich manche Dingen einfach überbewerte, zu sehr auf mich beziehe, zu negativ sehe etc. Irgendwie ist mir das ja schon klar, aber ich kann versuchen mir das die ganze Zeit zu sagen und versuchen logisch zu denken, dass kommt aber irgendwie überhaupt nicht bei mir an. Also ich fühle mich trotzdem in den Situationen in denen ich mit anderen Menschen zusammen bin einfach nur total schrecklich. Ja, eigentlich sollte es mir nicht so extrem wichtig sein, dass ich bei anderen den perfekten Eindruck hinterlasse, ist es aber nun mal.
Ich kann mir halt auch gar nicht vorstellen, dass man daran etwas ändern könnte. Also irgendwie fühle ich mich dem ganzen einfach nur ausgeliefert. Und ich denke halt, dass ich einfach nicht so sein dürfte und weil ich so bin, sollte ich es eigentlich eher verstecken und nicht auch noch irgendjmd davon erzählen.

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