Normales Therapeutenverhalten?

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ArcticFox
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Normales Therapeutenverhalten?

Beitrag Mi., 26.07.2023, 23:16

Seit ca. 2 Monaten bin ich jetzt in einer ambulanten Gruppentherapie und ich komme mit der Gruppe (also den anderen Patienten:innen) bisher auch relativ gut zurecht. Aber mit dem Therapeuten habe ich zunehmend so meine Schwierigkeiten und ich weiß nicht so recht, was ich damit machen soll.

Ich bin mir unsicher, ob ich ihm gegenüber nicht einfach nur negativ eingestellt bin, weil er nunmal anders ist und anders arbeitet, als mein langjähriger ehemaliger Einzeltherapeut, der mir viel bedeutet (hat). Oder ob sich seine Arbeitsweise wirklich irgendwie an der Grenze zu unprofessionell bewegt. Oder ob daran grundsätzlich nichts auszusetzen ist und nur MIR einfach diese Art nicht liegt.

Mal ein paar Beispiele:
Ein Patient hat mehrfach über das Problem berichtet, dass seine Tochter den Kontakt zu ihm abgebrochen hat. Vom Therapeuten kam darauf immer die Reaktion, dass ihm das wahnsinnig leid für den Patienten täte und er auch überhaupt nicht verstehen könnte, warum die Tochter jetzt diesen Schritt gegangen ist, es wäre doch schließlich gar nichts vorgefallen. Einmal eröffnete der Therapeut sogar eine Sitzung damit, dass er sich an den betreffenden Patienten wandte und ihm sagte, dass ihm das gar nicht mehr aus dem Kopf gegangen sei und deshalb mal fragen wollte, ob es da neue Entwicklungen gäbe. Es kam kein wirklicher Versuch, der Sache irgendwie auf den Grund zu gehen oder vielleicht gar zu versuchen, die Perspektive der Tochter zu verstehen oder was weiß ich. Mir kam es so vor, dass der Thera sich da viel zu krass mit dem Problem des Pat. identifiziert und genauso hilflos agiert wie dieser.

Eine andere Patientin erzählte etwas von einer Firma, in der ihre Tochter gerade eine Ausbildung macht und da massive Schwierigkeiten mit den Kollegen hat. Der Therapeut erzählte, dass er von Patienten aus anderen Gruppen, die auch da arbeiten, wüsste, dass der Laden wirklich ganz schrecklich sei und riet, dass die Tochter da dringend raus müsste.

Wieder eine andere Patientin macht gerade ihre praktische Ausbildungsphase zur Kinder- und Jugendpsychiaterin und scheint da in einem sehr schädlichen/chaotischen beruflichen Umfeld gelandet zu sein. Der Therapeut ist selbst Ausbilder und Supervisor für Psychotherapeuten und reagiert auf die Erzählungen dieser Patientin häufig mit Tips und Ratschlägen aus seine eigenen Ausbildungszusammenhängen.

Ich weiß nicht, irgendwie wirkt er häufig auf mich, als wäre er zu dicht dran und reagiert dann aus meiner Sicht nicht therapeutisch, sondern wie ein guter Bekannter, der halt mal Anteilnahme bekundet und Ratschläge verteilt.
Er kann auch ganz anders, stellt sehr gute Fragen, macht Beobachtungen etc. Aber die Themen, bei denen er das nicht macht, sondern eher wie oben beschrieben reagiert, häufen sich.

Mein ehemaliger Einzeltherapeut hat sich an solchen Stellen wirklich immer sehr stark zurückgehalten. Praktische Tips, wie ich mit konkreten Situationen umgehen sollte, gab es fast nie und persönliche Meinung habe ich nur an Stellen gehört, an denen ich mir selbst keine Meinung erlaubt habe (z.B. dass der Mensch, der mich missbraucht hat, ein A.loch ist).
Bin das nur ich, oder sollte ein Therapeut sich nicht etwas mit seiner Meinung und Ratschlägen zurückhalten?

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MerleX
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Beitrag Do., 27.07.2023, 05:44

Hallo ArccticFox,

möglicherweise hast du recht und der Therapeut handelt hier (interessanterweise beziehen sich alle Beispiele auf Mitpatient/innen) unprofessionell. Trotzdem finde ich, dass du dir hier in erster Linie selbst im Weg stehst - gerade deswegen, weil es hier ja nicht um ein unprofessionelles Verhalten dir gegenüber geht, sondern um eines, das du quasi bei anderen beobachtest.
In diesem speziellen Fall würde ich dir raten: bleib einfach bei dir selbst. Es scheint ja kein Fehlverhalten dir gegenüber zu geben.

Ansonsten halte ich es persönlich so, dass ich „lässliches“ unorofessionelles Verhalten, das hin und wieder phasenweise vorkommt, einfach ignoriere und für mich das Gute herausfiltere.
Ich merke bei meiner Therapeutin immer mal wieder vereinzelt „Unprofessionalität“. Es gibt Tage, da ist sie sogar richtig schlecht. Na und? Ich erwarte nicht, dass sie immer Höchstleistung bringt und gleichmäßig perfekt ist.
Ich kann es durchaus aushalten, eine scheinbar schlechte Stunde selbst zu kompensieren. Natürlich ärgere ich mich in dem Moment und denke, hier hätte sie dieses und jenes machen müssen und dieses und jenes anmerken können.
Das ist übrigens die Chance, die ich auch bei dir sehe … wenn ich selbst in diesem Moment spüre, was ich zu mir sagen, mit mir fühlen und mitdenken kann, dann brauche ich das nicht mehr unbedingt über den Umweg Therapeut.

Ich denke, das gilt hier auch für dich. Du bist ja schon sehr therapieerfahren und hast eine gelungene Therapie hinter dir. Das ist etwas ganz anderes, als wenn du verloren und unbedarft am Anfang einer Therapie stehst. Du bist durchaus in der Lage, zu schauen, warum dich die phasenweise (!) Unprofessionalität deines Therapeuten, der ansonsten keinen schlechten Eindruck macht, derart beschäftigt.

Viel Spaß dabei 😊

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alatan
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Beitrag Do., 27.07.2023, 06:36

ArcticFox hat geschrieben: Mi., 26.07.2023, 23:16 sollte ein Therapeut sich nicht etwas mit seiner Meinung und Ratschlägen zurückhalten?
Klar sollte er das, alles andere macht Pat. zu Schülern oder anderweitig Abhängigen, es ist nicht Therapie auf Augenhöhe. Viele Therapeuten mögen es darüberhinaus kuschelig mit angenehmer Kaffeehausatmosphäre, warum sollte man sich stressen?

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Just_Me
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Beitrag Do., 27.07.2023, 07:04

Sehr spannendes Thema. Ich befinde mich derzeit in einer ähnlichen Situation. Gruppenmitglieder sind in Ordnung, mit der Therapeuten komme ich nicht so klar.
Für mich stellt sich die Frage: Inwieweit kann eine Gruppentherapie erfolgreich sein, wenn es mit dem Therapeuten nicht so passt? Bzw. kann man den Therapeuten so weit "ausklammern", um sich voll auf die Gruppe zu konzentrieren?

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Shukria
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Beitrag Do., 27.07.2023, 08:09

Wenn dich das stört, kannst die in in so einem Monent deine Wahrnehmung zur Verfügung stellen.

Hab ich auch schon in Kliniken gemacht in Gruppen und sagen was und warum dich das stört.

Oder du sprichst das in der Gruppe an und fragst die anderen , wie es Ihnen damit geht und wie die das finden.
Funktioniert ganz gut 👍

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Montana
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Beitrag Do., 27.07.2023, 10:01

Das mit der Tochter, die den Kontakt abgebrochen hat, na ja. Da finde ich das Verhalten tatsächlich in einer Art und Weise unpassend, dass es mich persönlich darin beeinflussen würde, was ich von mir selbst erzählen würde, weil ich selbst keinen Kontakt zur leiblichen Mutter habe. Und so mag es bei diesem und auch anderen Themen Gruppenmitglieder geben, die das nicht einfach wegstecken können, sondern die dann unsichtbar werden. Darum sehe ich das nicht so locker. Das anzusprechen ist grundsätzlich eine gute Idee, und würde ein Übungsfeld eröffnen, das sehr ergiebig sein könnte. Falls der Therapeut damit umgehen kann. Denn sich selbst zur Zielscheibe zu machen: würde ich dann auch nicht riskieren.

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chrysokoll
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Beitrag Do., 27.07.2023, 10:35

ArcticFox hat geschrieben: Mi., 26.07.2023, 23:16
Eine andere Patientin erzählte etwas von einer Firma, in der ihre Tochter gerade eine Ausbildung macht und da massive Schwierigkeiten mit den Kollegen hat. Der Therapeut erzählte, dass er von Patienten aus anderen Gruppen, die auch da arbeiten, wüsste, dass der Laden wirklich ganz schrecklich sei und riet, dass die Tochter da dringend raus müsste.
sowas wäre MIR - neben der allzu schnellen Parteinahme - auch viel zu viel Info.
Der erzählt also über andere Patienten, die da auch arbeiten.
Zwei dumme Zufälle zusätzlich, und man kann zuordnen wer das ist. Sowas geht aus meiner Sicht gar nicht !

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Sydney-b
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Beitrag Do., 27.07.2023, 11:51

Ich könnte mir (zu all dem anderen bereits Geschriebenen) zusätzlich noch vorstellen, dass sich das ein oder andere Gruppenmitglied durch seine Art benachteiligt fühlen könnte.

So auf die Art: „Das Thema von Person X ist für den Therapeuten viel wichtiger, als meine Probleme….“
„Über Person X macht er sich das ganze Wochenende Gedanken, ich fühle mich deshalb gar nicht gesehen/wertgeschätzt…“

Dadurch kann auch eine ungünstige Gruppendynamik entstehen.

Würdest du dir zutrauen, deine Bedenken/Beobachtungen in der Gruppe anzusprechen?

Ich empfinde sein Verhalten als problematisch und unprofessionell, auch wenn er es sicherlich nur „Gut“ meint.

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ArcticFox
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Beitrag Do., 27.07.2023, 12:02

MerleX hat geschrieben: Do., 27.07.2023, 05:44 In diesem speziellen Fall würde ich dir raten: bleib einfach bei dir selbst. Es scheint ja kein Fehlverhalten dir gegenüber zu geben.
[...]
Das ist übrigens die Chance, die ich auch bei dir sehe … wenn ich selbst in diesem Moment spüre, was ich zu mir sagen, mit mir fühlen und mitdenken kann, dann brauche ich das nicht mehr unbedingt über den Umweg Therapeut.
[...]
Du bist durchaus in der Lage, zu schauen, warum dich die phasenweise (!) Unprofessionalität deines Therapeuten, der ansonsten keinen schlechten Eindruck macht, derart beschäftigt.


Ja, gute Frage ^^

Hm, ganz so einfach finde ich das nicht. Nur, weil es mich selbst bisher nicht betrifft, einfach mal weghören und die anderen können ja was sagen, wenn's sie stört? Find ich ungünstig.
Vor allem aber beeinträchtigt es mich ja trotzdem, auch wenn er zu mir noch nichts in der Richtung gesagt hat. Zum einen schafft er dadurch ja insgesamt eine bestimmte Atmosphäre in der Sitzung, der ich mich nicht entziehen kann. Zum Anderen so oft, wie das vorkommt, muss ich doch davon ausgehen, dass er das bei mir potentiell auch irgendwann macht.

Mir gehts nicht darum, dass ich unbedingt bestimmte Dinge von ihm hören möchte, weil ich mich anders nicht reguliert bekomme. Dazu gehe ich mittlerweile nicht mehr zur Therapie, das kann ich die meiste Zeit über selbst. Mir gehts darum, dass ich generell große Schwierigkeiten in der Gruppe habe, mich zu trauen, etwas zu sagen, sei es etwas Persönliches von mir zu erzählen, sei es, auf die anderen Patient:innen zu reagieren. Und sein Verhalten schafft bei mir eine große Unsicherheit, kein Vertrauen, dass ich da gut aufgehoben bin.

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Gespensterkind
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Beitrag Do., 27.07.2023, 12:06

Für mich wäre eine Gruppentherapie mit einer super Gruppe, aber einem Therapeuten, zu dem ich kein Vertrauen haben kann nichts. Es muss schon auch mit dem Therapeuten passen. Natürlich ist das in einer Gruppe was anderes als im Einzel. Aber wenn er mit solchen Themen bei anderen Gruppenmitgliedern so umgeht, wie es für mich gar nicht passt, dann kann ich mir vorstellen, dass es schwer fällt, sich selbst in der Gruppe und vor dem Therapeuten so weit zu öffnen.
Ich würde mir das gut überlegen, ob mir an sich diese Gruppentherapie bei diesem Therapeuten darüber hinaus was bringt oder nicht und es davon abhängig machen. Und ansonsten nicht zu lange dort kleben bleiben und nur beobachten - es soll Dich ja weiterbringen!

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candle.
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Beitrag Do., 27.07.2023, 12:20

Hallo ArcticFox!

Ich, aus meiner Sicht, sehe da eigentlich kein Fehlverhalten, eher fand ich deine Anmerkungen beim Lesen eher nett und vor allem realitätsbezogen, was mir fehlen würde.
ArcticFox hat geschrieben: Do., 27.07.2023, 12:02 Mir gehts darum, dass ich generell große Schwierigkeiten in der Gruppe habe, mich zu trauen, etwas zu sagen, sei es etwas Persönliches von mir zu erzählen, sei es, auf die anderen Patient:innen zu reagieren. Und sein Verhalten schafft bei mir eine große Unsicherheit, kein Vertrauen, dass ich da gut aufgehoben bin.
Was ist das denn genau für eine Unsicherheit? Worauf bezieht die sich genau? Ich habe das nämlich nicht verstanden. Und vielleicht noch: Die Gruppe ist die Gruppe und der Therapeut der Therapeut, das sind dann zwei Problemfelder.

Liebe Grüsse
candle
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Montana
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Beitrag Do., 27.07.2023, 18:56

candle. hat geschrieben: Do., 27.07.2023, 12:20 Die Gruppe ist die Gruppe und der Therapeut der Therapeut, das sind dann zwei Problemfelder.
Das kann man aber nicht ganz trennen, weil der Therapeut die Gruppe stark beeinflusst. Vielleicht ein Beispiel aus meiner Schulzeit: ein bestimmter Schüler war das auserkorene Mobbingopfer der lautesten Schüler in der Klasse. Der Klassenlehrer hatte großen Einfluss darauf, wie das weitergeht, weil er nunmal derjenige ist, der während des Unterrichts das Sagen hat. Er hat sich entschieden, sich am Mobbing zu beteiligen.

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Tchu
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Beitrag Do., 27.07.2023, 21:05

ArcticFox hat geschrieben: Mi., 26.07.2023, 23:16 Es kam kein wirklicher Versuch, der Sache irgendwie auf den Grund zu gehen oder vielleicht gar zu versuchen, die Perspektive der Tochter zu verstehen oder was weiß ich.
Das ist der Punkt, den ich kritisch sehe, weil ich schon der Auffassung bin, Therapie beschäftige sich u.A. auch damit, eben die eigene Perspektive mal zu hinterfragen, verschiedene Sichtweisen zum jeweiligen Problem einzunehmen etc. An gesundem Mitgefühl bzw. Anteilnahme per se ist meiner Meinung nach nichts einzuwenden, aber nicht so, dass der Patient sich hinterher noch schlechter fühlt. Vor allem, wenn dann auch keine konkreten Lösungsvorschläge kommen.
Sydney-b hat geschrieben: Do., 27.07.2023, 11:51 So auf die Art: „Das Thema von Person X ist für den Therapeuten viel wichtiger, als meine Probleme….“
„Über Person X macht er sich das ganze Wochenende Gedanken, ich fühle mich deshalb gar nicht gesehen/wertgeschätzt…“
Dadurch kann auch eine ungünstige Gruppendynamik entstehen.
Das denke ich auch.

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Beitrag Do., 27.07.2023, 23:06

Montana hat geschrieben: Do., 27.07.2023, 10:01 Das mit der Tochter, die den Kontakt abgebrochen hat, na ja. Da finde ich das Verhalten tatsächlich in einer Art und Weise unpassend, dass es mich persönlich darin beeinflussen würde, was ich von mir selbst erzählen würde, weil ich selbst keinen Kontakt zur leiblichen Mutter habe. Und so mag es bei diesem und auch anderen Themen Gruppenmitglieder geben, die das nicht einfach wegstecken können, sondern die dann unsichtbar werden.
Das beschreibt den Grund für mein Unwohlfühlen sehr genau, denke ich. Das konnte ich bisher so noch nicht benennen. Auch genau mit dem Beispiel mit der Tochter geht es mir ganz ähnlich, wie das, was du beschreibst. Ich hatte einige Jahre keinen Kontakt zu meinen Eltern und ich fühle mich nicht besonders sicher darin, das jetzt noch irgendwann mal zu erwähnen, weil der Therapeut da eine sehr einseitige Sicht drauf zu haben scheint und auf mich da einen recht abwertenden Eindruck der Entscheidung der Tochter gegenüber gemacht hat. Und ja, aus diesen und anderen Äußerungen zu dem Thema schließe ich, dass er generell eine ablehnende Haltung einer solchen Entscheidung gegenüber hat.

Und eben auch bei anderen Themen hat er für meinen Geschmack vorschnell eine eindeutig erkennbare Wertung. Und wenn ich oder andere in der Gruppe damit rechnen müssen, dass er nicht offen ist, sich die jeweilige Geschichte/Seite erstmal wertfrei anzuhören, sondern möglicherweise direkt oder indirekt Vorwürfe macht, dann habe ich sehr wenig Lust mich in der Gruppe zu öffnen. Denn ja, die Gruppe und er sind zwei verschiedene Dinge, die aber doch nunmal sehr eng miteinander zusammenhängen. Er ist ja Teil der Gruppe und was ich der Gruppe erzähle erzähle ich automatisch auch ihm. Außerdem, wie hier auch schon jemand schrieb, beeinflusst er doch sehr maßgeblich die Atmosphäre in der Gruppe.

Das ist jetzt natürlich auch theoretisch wieder eine wunderbare Lernaufgabe: Etwas Persönliches preiszugeben, wovon man glaubt, dass es auf Ablehnung stoßen wird. Aber ehrlicherweise sehe ich wenig Nutzen darin, das zu können. Denn im Alltag wähle ich doch im Normalfall auch sorgfältig aus, wem ich sehr persönliche Dinge anvertraue.

Ich würde es wirklich sehr gerne in der nächsten Stunde ansprechen. Aber ich weiß nicht, ob ich mich das traue. Ich habe nicht wirklich ein Gefühl dazu, wie der Therapeut mit Kritik umgeht und bin mir auch sehr unsicher, wie die Gruppe darauf reagiert. Ich bin ja noch relativ neu in der Gruppe und will ja auch nicht direkt rummeckern...

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alatan
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Beitrag Fr., 28.07.2023, 06:05

ArcticFox hat geschrieben: Do., 27.07.2023, 23:06 Ich würde es wirklich sehr gerne in der nächsten Stunde ansprechen. Aber ich weiß nicht, ob ich mich das traue. Ich habe nicht wirklich ein Gefühl dazu, wie der Therapeut mit Kritik umgeht und bin mir auch sehr unsicher, wie die Gruppe darauf reagiert.
Das beste ist, es auszuprobieren. Allein schon deshalb, weil du Angst davor hast. Da, wo die Angst ist, geht es lang. Nur das bringt Entwicklung.

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