Gedankenchaos und Zweifel, auch an der Therapie

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combattante
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Gedankenchaos und Zweifel, auch an der Therapie

Beitrag Fr., 10.03.2023, 19:49

Hallo,
Ehrlich gesagt weiß ich noch nicht mal wo recht, was ich mir hiermit erhoffe. Eventuell Ratschläge, wie ich meinen negativen, destruktiven Gedankenstrudel beenden kann?!

Ausgangssituation des Ganzes war Folgende: ich bin derzeit recht labil, da mir erneut körperliche Gewalt angetan wurde. Folge dessen ist, dass ich letzte Woche Donnerstag ambulant operiert werden musste, seitdem und die nächste Zeit erstmal krankgeschrieben bin. Am Freitag letzte Woche hätte ich einen Termin bei meiner Therapeutin gehabt, welchen sie aufgrund des Streiks im öffentlichen Nahverkehr abgesagt hatte. Absolut nachvollziehbar, da ich davon ausgehe, dass recht viele der anderen Patienten aufgrund der guten Anbindung der Praxis mit öffentlichen Verkehrsmitteln kommen. Mir wurde aufgrund der ausgefallenen Sitzung eine Ersatzsitzung für Montag diese Woche angeboten, welche ich dankend annahm. Nun hatte meine Therapeutin den bereits vorher vereinbarten Termin für diese Woche Freitag durch den Ersatztermin am Montag als erledigt gesehen - ich hatte gedacht, dass der Termin trotzdem bestehen bleibt. Mir persönlich wäre dieser Termin sehr wichtig gewesen, eben weil es momentan alles andere als leicht ist, ich mich ständigen selbstschädigenden Gedanken zu kämpfen habe.

Nun ja, nachdem ich leider eine Person bin, die sowieso schon immer das Gefühl hat, eine Belastung zu sein, habe ich mich natürlich auch nicht getraut, meiner Therapeutin zu kommunizieren, wie wichtig mir dieser Termin gewesen wäre. Ich kann ja auch verstehen, dass sie nicht die Möglichkeit hat, alle Patienten, welche einen Ersatztermin erhalten haben, nochmal in der selben Woche zu sehen. Eine Sonderbehandlung hätte ich auch nicht gewollt, gleichzeitig befinde ich mich in einem immer schlimmer werdenden Gedankenstrudel, der mir einredet, dass meine Therapeutin mich hasst, Niemand mit mir etwas zu tun haben will, ich es nicht anders verdient habe, dass es mir so schlecht geht. Ehrlich gesagt möchte ich zwischenzeitlich auch gar nicht mehr zur nächsten Sitzung nächste Woche - weil ich mittlerweile die komplette bisher aufgebaute Beziehung in Frage stelle. Ich fühle mich verloren, hoffnungslos und spüre nichts als Selbsthass. Meine Gedanken reden mir ein, dass meine Therapeutin immer nur nett getan hat, mich aber eigentlich abgrundtief hasst. Es ist klar, dass meine Therapeutin arbeitet um Geld zu verdienen und es ihr egal sein kann, wie es den Patienten geht. Trotzdem kann ich doch keine Therapie bei Jemandem machen, wo ich das Gefühl habe, dass sie mich hasst? Ich weiß, dass der Fehler hier definitiv bei mir liegt. Trotzdem schaffe ich es nicht, meinen destruktiven Gedankenstrudel zu beenden, der durch das Termindilemma noch verstärkt wurde - ich fühle mich stattdessen stündlich nur noch mieser.
Kann mir Jemand einen Tipp geben? Ich weiß ehrlich gesagt nicht, was ich glauben und wie ich mich ihr gegenüber verhalten soll. Ich würde mich schämen, ihr nochmals gegenüber zu sitzen..

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Shukria
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Beitrag Fr., 10.03.2023, 20:01

Erstmal vom praktischen her,

hast du ihr gesagt das der Montag ja der Ersatztermin ist und du deinen regulären Termin dann nicht gestrichen haben möchtest, das du den derzeit benötigst?

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combattante
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Beitrag Fr., 10.03.2023, 20:20

Zugegebenermaßen nein. Ich bin davon ausgegangen, da es sich ja um einen Ersatztermin für die vorherige Woche handelte, dass der weitere Termin bestehen bleibt. Nachdem sie sich dann mit "bis nächste Woche" verabschiedet hatte, war ich verunsichert und habe ihr nochmals eine SMS geschrieben - dass ich dachte, dass wir am Freitag noch einen Termin hätten. Darauf meinte sie, dass bei ihr der nächste Termin nächste Woche drin steht. Ich gebe zu, ich hatte nicht den Mut, sie nochmals explizit darauf hinzuweisen, dass mir der Termin wichtig wäre. Sie weiß ja eigentlich, dass es mir momentan alles andere als gut geht.

Mein Kopf redet mir ein, dass sie keinen Nerv auf mich hat und deshalb den Termin von heute gestrichen hat...

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Shukria
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Beitrag Fr., 10.03.2023, 20:25

combattante hat geschrieben: Zugegebenermaßen nein. […] Ich gebe zu, ich hatte nicht den Mut, sie nochmals explizit darauf hinzuweisen, dass mir der Termin wichtig wäre. Sie weiß ja eigentlich, dass es mir momentan alles andere als gut geht.

Mein Kopf redet mir ein, dass sie keinen Nerv auf mich hat und deshalb den Termin von heute gestrichen hat...
Es ist schon an dir klar zu sagen das du den regulären Termin nutzen möchtest weil es dir nicht gut geht.

Ein „sie weiß ja eigentlich…“ ist ne ganz schöne Verantwortungsverschiebung
Auch wenn es dir nicht leicht fällt wäre es dran, da für dich einzustehen und klar deine Bedürfnisse zu kommunizieren, erraten kann sie die nicht

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combattante
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Beitrag Fr., 10.03.2023, 23:23

Shukria hat geschrieben: Fr., 10.03.2023, 20:25
combattante hat geschrieben: Zugegebenermaßen nein. […] Ich gebe zu, ich hatte nicht den Mut,.........
Es ist schon an dir klar zu sagen das du den regulären Termin nutzen möchtest weil es dir nicht gut geht.

Ein „sie weiß ja eigentlich…“ ist ........
Du hast recht, dass ich nochmals explizit hätte kommunizieren müssen, dass ich Wert darauf lege. Leider ist das ein sehr großes Problem, was ich (noch) nicht kann. Meine Therapeutin sagt selbst, dass ich ein Mensch bin, der grundsätzlich eher zu wenig fordert, als zu viel. Ein für mich einstehen würde Selbstfürsorge bedeuten, worin ich leider nicht gut bin. Dass ich dies üben muss, steht außer Frage. Ich bin aber ehrlich, mich derzeit darin zu üben, dafür fehlt mir aufgrund der anderen Baustellen die Kraft.

Ich hatte die Hoffnung, dass die nochmalige Nachfrage via SMS ein Zeichen "durch die Blume" wäre, dass es mir wichtig ist. Dass damit kein expliziter Wunsch kommuniziert wurde, ist klar. Dass das auch anders bzw. einfach nur so verstanden werden kann, wie es geschrieben war, kann ich natürlich Niemandem - außer mir selbst - zum Vorwurf machen.

Dennoch bleibt das dumpfe Gefühl, dass meine Therapeutin eine Pause von mir brauchte und deshalb der heutige Termin als "erledigt" gesehen wurde. Es mag sein, dass es sich hierbei um Hirngespinste meinerseits handelt - das kann ich natürlich nicht ausschließen, gerade wenn ich mich in einer Negativspirale befinde - aber es widerstrebt mir, mich ihr nächste Woche wieder gegenüber zu setzen und den ständigen Gedanken haben zu müssen, zu viel/ eine Belastung/ oder Jemand zu sein, den sie partout nicht ausstehen kann... :kopfschuettel:
Zuletzt geändert von Pauline am Sa., 11.03.2023, 15:07, insgesamt 1-mal geändert.
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alatan
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Beitrag Sa., 11.03.2023, 06:16

Diese "Hirngespinste" sind Projektionen, mit denen du dich letztlich selbst sabotierst ("Negativspirale"). Sie verhindern, dass du dich auf die Therapie und Nähe zu Therapeutin einlässt. Sie gehören dringend in die Bearbeitung der Therapie, falls du den Willen und Mut dazu hast.

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caduta
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Beitrag Sa., 11.03.2023, 08:56

Liebe combattante,
Nur so als ein Gedanke...
Du schreibst oben sehr ausführlich von den Gedanken deiner Negativspirale. Vielleicht kannst du ja versuchen aus der Negativ- eine Positivspirale zu machen. Also zu jedem Satz oben das Gegenteil formulieren. Im Grunde weißt du ja nicht was deine Therapeutin denkt. Es besteht also eine 50:50 Chance, dass es auch anders herum ist...?

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Zephyr
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Beitrag Sa., 11.03.2023, 17:51

combattante hat geschrieben: Fr., 10.03.2023, 23:23 Du hast recht, dass ich nochmals explizit hätte kommunizieren müssen, dass ich Wert darauf lege. Leider ist das ein sehr großes Problem, was ich (noch) nicht kann. Meine Therapeutin sagt selbst, dass ich ein Mensch bin, der grundsätzlich eher zu wenig fordert, als zu viel.
(…)
Ich hatte die Hoffnung, dass die nochmalige Nachfrage via SMS ein Zeichen "durch die Blume" wäre, dass es mir wichtig ist.

Dennoch bleibt das dumpfe Gefühl, dass …
Liebe combattante,
ich kenne solche Negativspiralen von mir auch.

Kannst du vielleicht versuchen hinzufühlen, was genau die Spirale ausgelöst hat? Bzw. wann sie nicht ausgelöst worden wäre?
Wenn sie dir auf deine Nachfrage “durch die Blume” einen Termin angeboten hätte, weil sie dich ja kennt und weiß, dass dir das schwer fällt z.B.?

So ungefähr hätte zumindest meine Spirale damals ausgesehen - bzw. so sieht sie auch manchmal heute noch aus.

Was mir geholfen hat/ hilft:
1. Dieses Gefühl, diese Wut und Enttäuschung und Verzweiflung, dass das Gegenüber einfach nicht bereit ist, die eigenen Bedürfnisse zu “erraten”, war bei mir ganz alt und kam aus früher Kindheit - als ich tatsächlich noch keine Bedürfnisse adäquat äußern konnte. Das anzuerkennen und auch zu betrauern, dass ich das nicht bekommen habe und nie bekommen werde, weil man das eben nur bekommen KANN, solange man ein kleines Kind ist, das hat geholfen. (Und selbst als kleines Kind bekommt man das auch in den besten Familien nur bedingt. Auch da wissen Eltern nicht immer, was das Kind gerade braucht, wenn es weint.).
2. Auch habe ich mich immer sehr geschämt, sobald sich Bedürfnisse gemeldet haben (und das hat den Wunsch, dass ich da gar nicht richtig hinfühlen muss, dass ich das Bedürfnis nicht klar äußern muss und mein Gegenüber das einfach errät bzw. trotzdem erfüllt noch verstärkt.)
Auch da hat es mir geholfen diese Scham sein zu lassen, sie anzuerkennen und auch herauszufinden woher sie eigentlich kommt.
3. Mir klar zu machen, dass dieses “Ich kann mich (noch) nicht gut um mich kümmern, ich KANN meine Bedürfnisse nicht äußern” zumindest man manchmal so nicht stimmt. Schwer ja, aber unmöglich nein.
Und dann habe ich angefangen (in kleinen Schritten) zu machen. Ich habe mich gezwungen, zu sagen wie es mir wirklich geht, habe mich gezwungen auch mal eine Email mit einer Bitte zu schreiben usw.

In deinem Fall zum Beispiel: Was heißt, du kannst das nicht? (Das ist nicht vorwurfsvoll gemeint, sondern als ernstgemeinte Frage, was passiert da, wenn du sagst, du kannst das nicht, was genau hindert dich)
Du kannst keine Email formulieren, die klar um einen weiteren Termin bittet? Findest du die Worte nicht? Dann suche Formulierungen im Internet usw. Lass dich von deinem eigenen “Ich kann das nicht!” nicht so leicht einschüchtern. (Aber ja, ich weiß selbst, dass das viel einfacher gesagt als getan ist.)

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Arakakadu
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Beitrag Sa., 11.03.2023, 19:26

Hallo,

Ich kann das alles sehr gut nachvollziehen und mir ist es sehr lange so gegangen.
Ich würde dir ans Herz legen ihr es beim nächsten mal unbedingt zu sagen. Der Termin wäre also gestern gewesen und dein nächster ist nächsten Freitag? Bei mir sind die Termine durch Ersatztermine nie ausgefallen. Hat sie dich gefragt ob es ok ist?
Den selbsthass den du hast.... Ich vermute dass du eigentlich wütend auf die Therapeutin bist, diese Wut aber nicht zulassen willst weil die Beziehung dadurch in Gefahr wäre? Und du brauchst sie ja.... Ich glaube es könnte deine Projektion nach innen sein. Den Hass die Wut... Die selbstzerstörerischen Gedanken die du gegen dich selbst hast. Die gelten der Therapeutin, kann das sein? Du fühlst dich alleine gelassen. Welche Therapieform machst du? Ich finde das Gedankenchaos ganz normal und es gehört dazu. Wichtig ist dass du so offen wie möglich bist, das ist super Material um zu arbeiten. :) alles gute dafür

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Kreativus50
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Beitrag Sa., 11.03.2023, 20:33

Erstmal: Ich kann Deine Problematik aua eigenem Erleben gut nachvollziehen und finde das im Rahmen des Therapieprozesses auch völlig normal und okay.
Du hast bereits die Erkenntnis, dass "für Dich und Deine Bedürfnisse einstehen" ein Punkt ist, den Du noch üben möchtest.
Nun führst Du an, dass Dir dies aufgrund anderer Baustellen bzw. mangelnder Kraft zur Zeit nicht möglich ist. Das ist auch völlig okay.
Möchte zusätzlich eine andere Perspektive reinbringen: Das Zurückhalten der eigenen Bedürfnisse bzw. eine unklare Kommunikation "durch die Blume" - verbunden mit der Hoffnung, der andere möge erraten, was ich möchte, - das braucht nach meiner Erfahrung mindestens genauso viel Kraft und birgt noch dazu das Risiko, dass dann so ein Rattenschwanz an Emotionen , Vermutungen, Ängsten ... dranhängt. So, wie Du es hier geschildert hast. Also zieht es noch mehr Deiner Kraft/Aufmerksamkeit WEIL es nicht offensiv geklärt wurde.
Das könnte durchaus eine Motivation und mutmachend sein, beim nächsten Mal auch unter "nicht optimalen Bedingungen" (wie wären die denn überhaupt ?) den Sprung ins kalte Wasser zu wagen und offen für sich einstehen und äußern was man braucht.

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Thread-EröffnerIn
combattante
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Beitrag Sa., 11.03.2023, 22:53

Hallo an alle,

Erstmal vielen herzlichen Dank für die Antworten. Ich versuche mal, der Reihe nach zu antworten.

@alatan
Du hast recht. Gerade in diesen Negativspiralen ist es typisch für mich, dass alles, egal ob es einen tatsächlichen Bezug zu meiner Person hat oder nicht, mir diesen Bezug einredet. Ich werde mal in mich gehen und mir überlegen, ob ich den Mut dazu habe, das anzusprechen. Danke!

@caduta
Richtig, im Grunde genommen weiß ich es nicht, auch wenn meine Gedanken und Hirngespinste dahingehend sehr überzeugend sein können. Dass diese Hirngespinste nicht von irgendwoher kommen, dessen bin ich mir bewusst - es sind die Glaubenssätze, welche ich seit meiner Kindheit mit mir trage und welche insgeheim immer auf erneute Bestätigung warten. Letztlich wird mir, um Licht ins Dunkel zu bekommen, nichts Anderes übrig bleiben, als nochmal zu meiner Therapeutin zu gehen. Ehrlich gesagt habe ich davor aber zwischenzeitlich etwas Bangel. Danke!

@Zephyr
Ich denke tatsächlich, dass durch ein Angebot, dass der ursprünglich vereinbarte Termin beibehalten werden kann, die Negativspirale nicht noch mehr in Bewegung gekommen wäre. Eventuell hätte mir auch eine einfache Begründung ausgelangt, warum der Termin nicht stattfinden kann. Bitte nicht falsch verstehen, sie ist hier natürlich nicht in der Pflicht, mir einen Grund für den Ausfall nennen zu müssen. Sonst hat sie dies aber immer getan und damit konnte ich umgehen - weil ich wusste, was Sache ist. Ich wusste was Sache ist und mein Kopf hatte nicht einen Grund, sich überlegen zu müssen, wieso und weshalb.
Ich danke dir vielmals, für deinen eigenen Erfahrungen. Ich erkenne mich darin tatsächlich auch - ich muss zugeben, dass ich gerade auch den ersten von dir genannten Punkt erstmal sacken lassen muss. Das bringt mich enorm zum Nachdenken.

Es fühlt sich an, als könnte ich nicht. Ich habe sage und schreibe 3 Stunden an der SMS geschrieben, welche ich an meine Therapeutin aufgrund der Terminnachfrage verschickte. 3 Stunden, die mich meinen letzten Nerv geraubt haben, weil ich permanent überlegte, ob ich ihr denn wirklich schreiben dürfe. Es ging dabei ja nur um eine kurze Nachfrage, "durch die Blume" zwar der Wunsch, dass der eigentlich vereinbarte Termin doch stattfindet, aber keine Bitte darum.
Sie zu bitten, noch mehr Zeit, welche sie ja für mich augenscheinlich nicht eingeplant hat, für mich aufzuwenden - das finde ich derzeit unvorstellbar, auch wenn ich wüsste, dass es das Sinnvollste wäre. Ich danke dir!

@Marlena
Richtig, der gestrichene Termin hätte gestern stattgefunden, der nächste Termin ist nächste Woche Freitag. Meine Therapeutin arbeitet verhaltenstherapeutisch. Es wurde ihrerseits nicht nachgefragt, ob das Streichen des weiteren Termins so okay ist, sondern sie hatte ihn für sich gestrichen- warum auch immer.

Ich danke dir für den anderen Blickwinkel. Tatsächlich ist Wut auf Andere etwas, was ich für mich so nicht kenne, dementsprechend fällt es mir schwer das Ganze einzuschätzen. Wenn ich ehrlich bin, könnte ich mir die Wut auf meine Therapeutin dahingehend auch nicht erlauben. Ich kann für meine Bedürfnisse nicht einstehen, kann nicht äußern, dass es gerade für mich wichtig gewesen wäre. Dann habe ich ja eigentlich kein Recht, wütend auf sie zu sein? Es liegt ja augenscheinlich das Problem bei mir, sei es, weil ich es schlichtweg nicht direkt kommunizieren konnte, oder, weil sie tatsächlich eine Auszeit von mir bräuchte.

Entschuldige, es ist wohl etwas wirr geworden, ich hoffe, man kann es trotzdem verstehen, was ich damit aussagen will.

@Kreativus50
Danke auch für deine Sicht. Du hast recht, dass es gewissermaßen auch viel an Energie und Kraft kostet, das Ganze permanent durchzugehen, sich zu überlegen, warum, wieso, weshalb. Und statt einer Klärung sich immer weiter in die Selbstzerstörung zu stürzen.

Ich habe für mich zugegebenermaßen noch nicht die Erfahrung machen können, meine Bedürfnisse offen zu äußern und so ggfs. Missverständnisse aus dem Weg räumen zu können. Deine Erfahrung regt mich allerdings zum Nachdenken an, ob ich nicht doch mutig genug sein kann, das mal auszuprobieren. Vielen Dank!


ziegenkind
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Beitrag Sa., 11.03.2023, 23:14

combattante hat geschrieben: Sa., 11.03.2023, 22:53 Ich denke tatsächlich, dass durch ein Angebot, dass der ursprünglich vereinbarte Termin beibehalten werden kann, die Negativspirale nicht noch mehr in Bewegung gekommen wäre. Eventuell hätte mir auch eine einfache Begründung ausgelangt, warum der Termin nicht stattfinden kann. ... Sonst hat sie dies aber immer getan und damit konnte ich umgehen - weil ich wusste, was Sache ist. Ich wusste was
Combattante, wenn ich diese Zeilen lese, dann spüre ich sehr viel verhaltene, aber durch die Verhaltenheit nicht weniger aggressive Wut. Ein Stück weit ist es vielleicht auch so, dass Du mit Deinem Verzicht darauf, Deine Bedürfnisse klar zu benennen, Deine Therapeutin in die Position der Täterin schieben kannst. Es klingt vielleicht komisch, aber davon kann man auch etwas haben und damit kann genau das AUCH ein Grund sein nichts zu sagen.

Ich will das gar nicht skandalisieren oder moralisch bewerten. Viele Menschen machen das und brauchen das. Es kann aber wichtig sein, das auch zu sehen und damit Selbstbilder zu hinterfragen, denen zufolge man nicht wütend sein kann ...

In dem Zusammenhang finde ich auch Deinen Nick ganz interessant. Gegen wen und für was kämpfst Du?
Die Grenzen meines Körpers sind die Grenzen meines Ichs. Auf der Haut darf ich, wenn ich Vertrauen haben soll, nur zu spüren bekommen, was ich spüren will. Mit dem ersten Schlag bricht dieses Weltvertrauen zusammen.

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alatan
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Beitrag So., 12.03.2023, 05:28

combattante hat geschrieben: Sa., 11.03.2023, 22:53 Tatsächlich ist Wut auf Andere etwas, was ich für mich so nicht kenne, dementsprechend fällt es mir schwer das Ganze einzuschätzen. Wenn ich ehrlich bin, könnte ich mir die Wut auf meine Therapeutin dahingehend auch nicht erlauben. Dann habe ich ja eigentlich kein Recht, wütend auf sie zu sein?
Diese Wut gilt nicht wirklich der Therapeutin, ist dir das eigentlich klar? Wichtig wäre für dich, dies nicht abzuwehren, in dem du dich in einen Rechtfertigungsk(r)ampf mit dir selbst und der Therapeutin begibst, sondern schaust, woher diese Gefühle tatsächlich kommen (zusammen mit der Therapeutin!), denn ansonsten bleibst du in deiner Selbstdestruktivität hängen.

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combattante
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Beitrag So., 12.03.2023, 17:08

@ziegenkind
Wenn ich dich richtig verstehe, meinst du, dass ich durch meine nicht erfolgte Kommunikation bzgl. meiner Bedürfnisse meiner Therapeutin die Verantwortung und sie in die Rolle der Tätern schieben wollte?

Ich habe lange darüber nachgedacht, würde aber für mich behaupten, dass die meinerseits nicht stattfindende Kommunikation über meine Bedürfnisse eher von eingebrannten Glaubenssätzen und Täterintrojekten kommt, die sich in mir festgesetzt haben.

Ich weiß im Grunde genommen, warum ich mir selbst keine Wut auf Andere erlaube - weil ich erleben musste und teilweise leider noch immer erleben muss, wie sich diese Wut äußern kann. Ich weiß für mich, dass ich niemals so werden will und aus Wut keine anderen Leute verletzen will. Ich könnte mir aber gut vorstellen, dass wenn ich tief in mich gehe, schon eine gewisse Wut auf andere Personen hätte - diese aber nicht zulassen kann und sie dementsprechend gegen mich selbst richte.

Bezugnehmend auf meinen Nick: ich würde behaupten, dass ich versuche, gegen die Krankheiten zu kämpfen - sie nicht gewinnen zu lassen. Ich kämpfe dafür, irgendwann akzeptieren zu können, dass die Vergangenheit nicht gut war, aber dies nicht bedeuten muss, dass ich mein Leben lang so stark darunter leiden muss, wie ich es derzeit tue.

Ich danke dir für deine Sichtweise!

@alatan
Ich glaube, tief in mir schlummert da genug Wut Anderen gegenüber, nur dass ich mir das nicht erlauben kann und dementsprechend die Wut gegen mich selbst richte.

Du hast mir dahingehend die Augen geöffnet und ich denke, dass ich diesen Punkt unbedingt genauer ansehen muss.
Vielen Dank dafür!

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Fundevogel
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Beitrag Mo., 13.03.2023, 21:11

Hallo combattante,

ich finde es eigentlich relativ selbsterklärend, dass ein Ersatztermin einen Termin ersetzt und nicht zwei.
Das hat jetzt mal mit deinen Bedürfnissen überhaupt nichts zu tun, sondern mit einem vereinbarten Rahmen.

Ich kann durchaus nachvollziehen - auch aus eigener Erfahrung - dass man es in so einer Situation nicht schafft, das zu klären und sich hintennach ärgert über sich selber und / oder die Therapeutin und tagelang Kopfkino läuft, kenne ich alles.

Du hast oben geschrieben, dass du derzeit keine Kraft für Selbstfürsorge hast. Das Ärgern, die Wut und alles, was sonst noch durch die Unterlassung entsteht, kostet aber auch Kraft und nicht zu knapp.

Nach meiner Erfahrung kostet das Einstehen für Bedürfnisse keine Kraft, sondern "nur" Mut. Was Kraft kostet, ist die Angst vor dem Konflikt, vor Ablehnung, Beschädigung der Beziehung und was da sonst noch so alles an Ängsten reinspielt. Das ist aber alles Kopfkino.

Ich habe für mich gelernt, dass es völlig ausreichend ist, wenn ich es schaffe zu sagen wie es mir mit etwas ergangen ist. Allenfalls um Aufklärung zu bitten. Auch wenn die Reaktion vielleicht nicht so ist wie erhofft, aber ich habe es gesagt. Zu meiner Überraschung hat alleine das oft gereicht, damit ich beruhigt war.

Ich muss ja nicht kämpfen oder Vorwürfe machen, ich kann einfach nur sagen, was ist. Es gibt Kraft, für sich einzustehen, das ist meine Erfahrung und ich möchte dich ermuntern, das mal auszuprobieren. So ein Missverständnis (ich nehme das mal als solches an) ist eine tolle Gelegenheit, ohne sich emotional allzuweit aus dem Fenster zu lehnen oder hochoffizielle und schambesetzt Bedürfnisse anzumelden.
Fundevogel

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