Soziale Probleme / Negativer Gedankenkreislauf

Nicht jedem fällt es leicht, mit anderen Menschen in Kontakt zu treten, "einfach" mal jemanden kennenzulernen oder sich in Gruppen selbstsicher zu verhalten. Hier können Sie Erfahrungen dazu (sowie auch allgemein zum Thema "Selbstsicherheit") austauschen.
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maxim
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Soziale Probleme / Negativer Gedankenkreislauf

Beitrag Mo., 28.07.2008, 07:09

Hallo miteinander!

Ich möchte heute mal die „sprichwörtlichen Hosen runterlassen“ (nicht falsch verstehen ) und euch von meinen sozialen Problem schildern. Ich hab schon eine Gruppentherapie gegen Sozialphobie hinter mir und hab mich in den letzten Monaten intensiv mit diesem Thema auseinandergesetzt. Ich las einige Bücher und dachte viel nach, sodass ich meine Gedanken jetzt mal so richtig ordnen konnte.

Hier ist mein neg. Gedankenkreislauf
1) Ich denke: „Alles was ich hab oder mach ist armselig und erbärmlich. Alles andern sind viel besser und schöner und führen ein erfolgreiches Leben. Nur ich bin eine Niete.“

2) Also mein Selbstbild ist total im A. Ich sehe mich als Versager und Looser. Ich bin es nicht wert gemocht zu werden.

3) Deshalb denke ich: „Keiner darf merken, dass ich so ein Versager bin, damit ich trotzdem gemocht werde. Ich muss anderen vorspielen, dass ich auch toll bin.“ Deshalb lass ich oft den Coolen/Lustigen raushängen. Doch diese Rolle kann ich nur schlecht und recht spielen. Eine Rolle spielen ist verdammt anstrengen und man hat immer Angst ertappt zu werden und unwohl fühlt man sich auch die ganze Zeit. Deshalb ziehe ich mich oft zurück. Es ist schon so, dass ich grundsätzlich fremde Menschen/-gruppen meide.

4) Daraus resultieren einige meiner Probleme :
- Angst vor Fremden bzw. Menschen die ich nicht so gut kenne (Begründung: Andere/Fremde könnten mich bewerten und herausfinden, dass ich erbärmlich bin.)
- Angst vor Menschen die ich besonders toll finde (Begr: Vor denen wäre es mir besonders peinlich „aufzufliegen“)
- Angst vor Kritik (Begr: Wenn mich jemand kritisiert, könnte die Kritik meine "Erbärmlichkeit", die ich verstecken will, betreffen)
- Angst vor Vorträgen (Begr: Klassische Bewertungssituation)
- Angst vor Ablehnung (Begr: Ablehnung könnte sich auf mein „Versagen“ gründen)
- Angst ausgelacht zu werden (Begr: Die härteste Art negativ bewertet zu werden)
- Angst vor Bewertung anderer (Begr: Denn da könnte ja jederzeit mein „Versagen“ erkannt werden)

Also aus 1) folgt zwingend 4) …

Diese Gedanken von 1-4 sind eine unglaubliche Einschränkung der Lebensqualität. Das kann man sich wohl leicht vorstellen.

Ich denke ich muss noch an Punkt 1 arbeiten und analysieren, was genau mir da nicht passt. Wenn man mal weiß was nicht gut läuft, kann man das auch ändern.
Gleichzeitig sollte ich wohl auch Expositionsübungen machen und mich bewusst (und auch wenn es mir tlw. extrem schwerfällt) Situationen wie Vorträgen oder allgemein Bewertungssituationen stellen.

Was meint ihr dazu, kann mir jemand Tipps und Tricks geben?
Würde mich sehr freuen Erfahrungen oder auch eure Geschichte (hoffentlich mit Happy End!) zu lesen.

Danke im voraus!
Maxim

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Hiob
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Beitrag Mo., 28.07.2008, 22:49

Hmm. Du machst das ja wissenschaftlich. Das sieht ja fast wie ein Regelkreis bei einer Maschine aus. Bist du denn eine Maschine? *neugierig um dich herumlaufe*

Direkt Tricks finde ich sinnlos, wie „du musst wenn du eine Frau ansprichst die Beine überkreuzen und das Haar nach hinten werfen...und dir kleine beschriebene Zettelchen auf den Spiegel kleben und Grimassen üben...“. Mit sowas kann man allenfalls Seminare verkaufen und Zeitungen und sich umprogrammieren...wenn du das willst, warum nicht. Neu booten, die Maschine, bis sie perfekt funktioniert. Ich würde es neben all dem, was du tust, auch grundsätzlicher betrachten.

Das was die Menschen machen scheint mir doch, dass sie ihr ganzes Leben lang zappeln und strampeln, um kein Versager zu sein. Um zu wachsen. Ziele zu erreichen. Um nicht allein zu sein. Nicht ausgegrenzt zu werden, nicht ausgelacht.

Schau doch mal, wie die Welt ist. Gefällt sie dir?

Und wäre es nicht möglich, dass sie eben deshalb so ist? Weil alle irgendwo hinstreben? Neuerdings mit der Methode, sich selbst und andere bei jedem Furz zu analysieren. Immer mit einer ABSICHT. Besser , schöner schneller werden wollen, einen noch größeren Flachbildschirm, noch ein bisschen mehr Bauchmuskeln, noch einen Fachartikel mehr schreiben und noch ein bisschen besseres Auto, noch einen reicheren Ehemann, der natürlich witzig sein und gezupfte Augenbrauen haben muss....

Was würden wir tun, wenn wir unsere Zeit nicht mit diesem strampeln, hoffen und uns vergleichen und bekämpfen vertun würden. Würde da nicht unheimlich viel Zeit, Kraft und Ruhe übrig bleiben? Was würdest du tun, wie würdest du leben wollen, wenn du ein Versager sein dürftest. Gefällt es dir, deine Zeit mit Selbstanalyse und „an dir arbeiten“ zu verbringen? Oder würdest du lieber dein Leben so einrichten wollen, dass es dir guttut? Eben als Versager, naja.

Seit ich niemanden mehr kenne, vor dem ich mich als besonders toll darstellen will, geht’s mir besser. Dafür tue ich, was mir Freude macht und bemerke, dass Schule und Studium mir nichts brauchbares vermittelt haben, nichts mitgegeben haben, wo ich mich selbst erlebe, das war alles sinnloses Füllen von Speicherplatz, Hoffnungen schüren, mit Versprechen. Aber heute hat sich das verändert. Die Bedeutung dieses Wortes „Versager“ zu sein, verändert sich. Weil ich bemerke, was ich kann. Und wenn ich damals dachte, ein Diplom würde mich erheben, wenn ich dachte, eine toll betitelte Arbeitsstelle würde mein Wachstum sein...dann sehe ich heute, dass das als ich es alles „geschafft hatte“ gegenüber meinem heutigen Leben ein reines Gedankenspiel war. Mach dir Zeit Lebens einen Namen, vielleicht ist das die perfekte Zeitverschwendung. Du kannst rackern, bis du ihn hast...und hast du ihn, kannst du ihn verteidigen. Das nenn ich Zeitmanagement. Wahrscheinlich kannst du wählen, ob du den Weg gehen willst und all diese versprechen abklappern (all das was du haben und sein sollst) oder ob du deins entdecken willst, deins auszuprobieren, neues aufnehmen...zu schauen, wie es ist, einem Mädchen gegenüber verletzlicher zu sein, deine Angst zuzugeben.

Wenn du mit bestimmten Menschen nicht auskommst, dich nicht gleichwertig empfindest, dieses ständige vergleichen hasst, weil du einfach normal sein willst, dann könntest du doch mal überlegen, ob die Kreise in denen du verkehrst, dir überhaupt gut tun...oder ob dich dein Kopf nur an sie fesselt. Dann weg damit. Ich hab auch Angst, aber ich nehm sie halt mit...und das fühlt sich ganz ohne mich zurechtzutherapieren schöner an. Es beibt bei mir neuerdings etwas übrig...dass ich eigentlich sogar wieder Menschen kennenlernen möchte...ohne Absicht.

Da bekommt selbst die Angst langsam Angst, denn wo bleibt sie, wenn sie ahnt dass es nichts gibt, was man verteidigen muss und erreichen müsste?

Hiob

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Maria
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Beitrag Di., 29.07.2008, 11:36

hallo maxim

diese Gefühle u. Gedanken hatte ich zeitweise auch

aaaaber - wer sagt mir, dass es den anderen nicht auch so geht ?

Genauso wenig, wie man es mir ansah/ansieht, genauso wenig sehe ich es anderen an.
und wenn du schreibst, dass du so tust als ob - vllt. tun die anderen es auch so ? Vllt. sind sie gar nicht so tough, so tüchtig, so lustig, so unwiderstehlich, wie sie dir/uns erscheinen (wollen) ?

ist es nicht manchmal so, dass uns diese "Hans-dampf-in-allen-Gassen" auch zeitweise gehörig auf den Keks gehen? dass uns manchmal die ruhigeren, die zurückhaltenderen lieber wären ?
es kommt da viel auf die Stimmung an, in der wir selber sind.

manchmal beneide(te) ich die, die sich so toll durchsetzen können, die sich 'nichts gefallen' lassen - aber wenn sie keine Probleme hätten, müssten sie sich auch nicht so aufführen - denke ich mal.

Von daher bin ich dazu übergegangen, mich so zu akzeptieren wie ich bin.(wenn ich auch ni. immer gut finde, was ich tu,z.B.jetzt hier schreiben anstatt zu arbeiten )
Genauso wenig wie mir die anderen alle gefallen (auch nicht immer die zuvor beneideten) - genauso wenig kann ich allen gefallen.

Seit dem sehe ich das viel entspannter. Es hat jede-r seine Probleme u. Schwierigkeiten u. seine Art, damit umzugehen. Früher meinte ich, dass es Männer viel leichter im Leben hätten als Frauen - heute weiß ich, dass das so pauschal nicht stimmt. Die haben auch ihre Probleme - eben andere - u. gehen anders damit um.

Wenn es bei 'den anderen' keine Probleme u. Schwierigkeiten gäbe, bräuchte man nicht die vielen Ratgeberbücher u. Foren. Von daher sehe ich mich viel mehr in einer Reihe mit ganz vielen anderen, die auch ihre Versagensmomente u. -ängste haben - u. zum Glück auch Glücks- und Erfolgsmomente - eingebettet in den ganz normalen Alltag.

frdl. Grüsse
Maria

PS: im Grunde könntest du jetzt denken: was die Alte da zusammenschreibt - so ein Schmarrn ! Vllt. ist es das für dich auch. ich schreibs aber trotzdem, vllt. nützt es jemand anders. ansonsten war's eine Schreibübung
Zuletzt geändert von Maria am Di., 29.07.2008, 12:36, insgesamt 1-mal geändert.
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SilentMode
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Beitrag Di., 29.07.2008, 12:13

Da bekommt selbst die Angst langsam Angst, denn wo bleibt sie, wenn sie ahnt dass es nichts gibt, was man verteidigen muss und erreichen müsste?
Echt toller Beitrag, Hiob, schön zu sehen daß manche Menschen doch nachdenken können. Ich stimme dir 100%ig zu!
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maxim
neu an Bo(a)rd!
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Beitrag So., 03.08.2008, 21:26

Tolles Posting von dir Hiob und auch an dich ein Danke Maria!

Ich bin Techniker von Beruf und wahrscheinlich merkt man das recht deutlich an meinem Ursache->Wirkung Schreibstil. Ich wollte mit meinem Beitrag nur ausdrücken, dass ich in den letzten Monaten zum ersten Mal in der Lage war zu erkennen, was meine Probleme sind und von was sie herrühren. Das ist ein großer Schritt für mich vorwärts …

Ich habe seit Jahren oft so ein diffuses, dumpfes Gefühl, dass irgendwas mit mir nicht stimmt. Das ich nicht so bin wie andere. Nicht so locker, nicht so selbstbewusst, nicht so „leicht“. Über die Jahre breitete sich dieses Unbehagen immer weiter in meinem Leben aus mit Anfang 20 wars hpts. in der Arbeit, dann erreichte es meinen Bekanntenkreis. Irgendwann fühlte ich mich selbst in meinem engsten Freundeskreis unbehaglich und beobachtet. Ist echt ein scheußliches Gefühl, wenn dein bester Freund auf Besuch bist und du immer 3mal überlegst was du jetzt sagen sollst und dich selbst beobachtest, damit du ja keinen „Fehler“ machst oder deine Unsicherheit zeigst. Der Höhepunkt war, dass ich mich selbst in meiner Familie (Vater, Mutter, Bruder) unwohl fühlte.

Nachdem sich meine Freundin dann von mir vertschüßte, wusste ich das ich etwas tun musste. Ich ging in eine Sozialphobiegruppe. Die mir dadurch half, dass ich sah, es gibt noch andere die ähnliche Probleme haben. Und das interessante dabei war, dass dort Leute waren, bei denen ich nie geglaubt hätte, dass sie auch „Betroffene“ sind, wenn ich sie auf der Straße oder sonstwo getroffen hätte.

Außerdem begann ich mit Autogenem Training was mir auch etwas geholfen hat. Ich habe das Gefühl, dass ich mich selbst besser verstehe, genauer spüre was mir gut tut und was nicht und hab das Gefühl so langsam drauf zu kommen wer ich eigentlich bin. (Das war jetzt ein bisschen philosophisch, aber es trifft ganz gut was ich meine.)

@Hiob: Du hast recht mit deiner „Aufforderung“ nicht alles so ernst zu nehmen und seine vermeintlichen Schwächen zu akzeptieren. Ich nehme an, dass es dir früher mal ähnlich ging wie mir und du einfach für dich als „Therapie“ beschlossen hast, dich so zu akzeptieren wie du bist … offensichtlich klappt es ganz gut für dich. Das freut mich ehrlich! Ich werde in Zukunft die Dinge nicht so verkrampft sehen, wie ichs jetzt vielleicht tue … meine Expositionsübungen werd ich trotzdem auch in Angriff nehmen.

@Maria: Ich seh dien Posting überhaupt nicht als Schreibübung. Es ist ein guter Hinweis von dir, dass es anderen Menschen vielleicht ähnlich wie mir geht. Das die auch oft nicht so sicher/selbstbewusst/… sind, wie sie auf mich wirken. Das ist eine Erfahrung die ich auch in der Gruppe (siehe oben) gemacht hab.
ist es nicht manchmal so, dass uns diese "Hans-dampf-in-allen-Gassen" auch zeitweise gehörig auf den Keks gehen? dass uns manchmal die ruhigeren, die zurückhaltenderen lieber wären ?
Das unterschreib ich dir sofort. Es gibt tatsächlich so extreme Leute, die einen wirklich nur noch nerven. Da kenn ich auch einige Exemplare.

Hast du dich selbst schlussendlich 100%ig so akzeptiert wie du jetzt bist, oder arbeitest du auch in irgendeiner Form an dir?

Schönen Abend!
Maxim

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