Guten Abend zusammen,
ich habe ein paar Fragen zum Thema Weinen.
Punkt 1: Auslöser
Ich muss ab und zu in der Sitzung weinen. Nicht extrem, aber so dass ich ein paar Minuten benötige, um mich wieder zu fangen. Mein Therapeut pausiert dann und schweigt in der Zeit. Soweit so gut. Das merkwürdig ist nur, dass ich manchmal keinen konkreten Auslöser / Grund habe. Es geht dann nicht um ein belastendes Thema. Ich habe lange darüber nachgedacht und bin zu dem Schluss gekommen, dass mich vielleicht etwas "getriggert" hat, was mich an die Vergangenheit erinnert. Aber ich sehe keinen Zusammenhang so sehr ich auch in meiner Erinnerung suche. Es ist eher so, dass ich mich durch das Gespräch wie in eine Ecke gedrängt fühle und dann bricht das Weinen einfach so aus mir heraus. Einfach weil ich es als zu intensiv empfinde und die Anspannung sich entladen muss.
Ist das für Euch nachvollziehbar? Kennt das jemand? Wenn ja, wie erklärt ihr euch das? Woher kommt die Traurigkeit?
Punkt 2: Gefühle beim Weinen
Wenn ich dann am weinen bin fühle ich mich eigentlich ganz schrecklich. Alles ist mir peinlich und ich schäme mich. Ich denke, ich sehe blöd aus und mache alles falsch. Rational gesehen weiß ich natürlich, dass das nicht so ist, nur mein Gefühl sagt mir, dasss es so ist. Und dieses Gefühl ist wahnsinnig stark! So stark, dass ich dabei fast weglaufen will und in der Zeit des Weinens nur zu Boden schauen kann. Und das schrecklichste ist eigentlich: Dadurch dass er schweigt wenn ich weine, weiß ich, dass er mich dabei natürlich beobachtet. Und das kann ich kaum ertragen.
Ich bin mir nicht sicher ob das "normal" ist. Was fühlt ihr während ihr weint? Genauso wie ich oder ganz anders?
Punkt 3: Aufmerksamkeit
Jetzt kommt noch was ganz merkwürdiges: Obwohl ich wie bei Punkt 2 beschrieben eigentlich nur negative Gefühle habe und in der Situation leide, so gibt es doch einen ganz winzigen Anteil in mir, der sich freut, dass jemand mein Weinen wahrnimmt und mir Aufmerksamkeit schenkt.
Ist das egoistisch von mir? Füttere ich nur meinen Aufmerksamkeits-Drang damit? Oder ist das normal? Wo ist die Grenze?
Freue mich auf Eure Berichte. Vielen Dank schonmal!
Eure Sindy
Weinen in der Sitzung
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Du fragst, woher die Traurigkeit kommt. Aber bist du denn traurig? Menschen weinen ja nicht nur bei Traurigkeit, sondern immer dann, wenn Gefühle extrem stark sind. Egal, welches Gefühl.
Vielleicht wäre es gut, dir das mal anzuschauen, welche Gefühle da überhaupt sind und wann. War die Scham zuerst da und ist sie der Auslöser? Oder schämst du dich erst, wenn du weinst?
Vielleicht wäre es gut, dir das mal anzuschauen, welche Gefühle da überhaupt sind und wann. War die Scham zuerst da und ist sie der Auslöser? Oder schämst du dich erst, wenn du weinst?
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- [nicht mehr wegzudenken]
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Es kommt sehr selten vor, dass ich in der Therapiestunde weine. Aber wenn ich es tue, dann bin ich währenddessen ganz "in dem Gefühl" weswegen ich weine und denke an nicht so viel anderes. Man kann sagen, ich bin dann sehr fokussiert auf das, was mich zum Weinen bringt. Und ich empfinde es fast als eine Art Erleichterung, weil ich damit nach außen das lassen kann, was in mir innen gerade ist. Das gelingt mir selten, weil ich sonst meist extrem kontrolliert bin.
Insofern: ich empfinde es eher als etwas positives, vor allem im Nachhinein, weil es etwas in mir "löst", was ich sonst zu sehr festhalte.
Wichtig für mich ist, darüber im Nachhinein noch mal zu sprechen mit dem Therapeuten. Du könntest mit ihm darüber sprechen, dass es Dir unangenehm ist, während des Weinens vom ihm "beobachtet" zu werden. Ihr könntet vielleicht besprechen, was Du gern hättest, wie er sich verhalten soll?
Weinen für sich allein ist ja noch mal was anderes, als in Gesellschaft, deshalb kann ich Punkt 2 + 3 ganz gut verstehen und finde es auch völlig normal. Vielleicht ist es ja gerade das, was es noch ein Stück wichtiger und wertvoller macht, dass jemand da ist, der Deine starken Emotionen wahrnimmt und aushält und bereit ist, mit Dir zu tragen?
Insofern: ich empfinde es eher als etwas positives, vor allem im Nachhinein, weil es etwas in mir "löst", was ich sonst zu sehr festhalte.
Wichtig für mich ist, darüber im Nachhinein noch mal zu sprechen mit dem Therapeuten. Du könntest mit ihm darüber sprechen, dass es Dir unangenehm ist, während des Weinens vom ihm "beobachtet" zu werden. Ihr könntet vielleicht besprechen, was Du gern hättest, wie er sich verhalten soll?
Weinen für sich allein ist ja noch mal was anderes, als in Gesellschaft, deshalb kann ich Punkt 2 + 3 ganz gut verstehen und finde es auch völlig normal. Vielleicht ist es ja gerade das, was es noch ein Stück wichtiger und wertvoller macht, dass jemand da ist, der Deine starken Emotionen wahrnimmt und aushält und bereit ist, mit Dir zu tragen?
So wie du es beschreibst kommt das Weinen beim Druckabbau. Du fühlst dich in die Enge gedrängt und es gelingt dir nicht das deinem Therapeuten verbal mitzuteilen. Also baust du den Druck über weinen ab. Es funktioniert ja auch weil er dich inhaltlich nicht weiter bedrängt.
Die Scham setzt hinterher ein. Wie war das denn früher wenn dich jemand hat weinen sehen und du dich hilflos gefühlt hast. Was für Reaktionen kennst du da?
Es ist völlig normal so zu reagieren. Klar wäre es schön wenn du nicht so oft unter Druck geraten würdest, aber an Themen dranbleiben gehört ja auch zu einer Therapie. Wichtiger wäre es vielleicht das nicht mehr so zu bewerten /dich dafür abzuwerten.
Scham ist genauso unnötig wie die Überlegung ob es Aufmerksamkeit erzeugen soll. Es ist einfach da.
Du könntest dir ja auch vorstellen das der Therapeut sich schämen könnte das er dich zum Weinen bringt, nicht du. Aber tut er ja auch nicht.
Ich habe bei meiner ersten Therapeutin öfter geweint, weil sie mich unvorbereitet in Themen schubste/hart konfrontiert, ich mich bedrängt und unter Druck gesetzt fühlte von ihr. Die Scham war irgendwann nicht mehr so präsent. Bei der jetzigen weine ich eigentlich nicht oft. Entweder bin ich gut an einem Thema dran was mich traurig macht, da spüre ich aber gut in meinem Tempo nach, das braucht nicht unbedingt Tränen und ganz selten nur noch , wenn ich mich unter Druck fühle. Ich merke, daß hängt viel von der Therapeutin ab wie sie mit mir umgeht und viel inzwischen wie sehr ich bereit bin mich einzulassen inhaltlich und ihr auch verbal Grenzen setze wenn mir was zuviel wird. Ich muss nicht mehr nur weinen um Druck rauszunehmen aus dem Prozess.
Die Scham setzt hinterher ein. Wie war das denn früher wenn dich jemand hat weinen sehen und du dich hilflos gefühlt hast. Was für Reaktionen kennst du da?
Es ist völlig normal so zu reagieren. Klar wäre es schön wenn du nicht so oft unter Druck geraten würdest, aber an Themen dranbleiben gehört ja auch zu einer Therapie. Wichtiger wäre es vielleicht das nicht mehr so zu bewerten /dich dafür abzuwerten.
Scham ist genauso unnötig wie die Überlegung ob es Aufmerksamkeit erzeugen soll. Es ist einfach da.
Du könntest dir ja auch vorstellen das der Therapeut sich schämen könnte das er dich zum Weinen bringt, nicht du. Aber tut er ja auch nicht.
Ich habe bei meiner ersten Therapeutin öfter geweint, weil sie mich unvorbereitet in Themen schubste/hart konfrontiert, ich mich bedrängt und unter Druck gesetzt fühlte von ihr. Die Scham war irgendwann nicht mehr so präsent. Bei der jetzigen weine ich eigentlich nicht oft. Entweder bin ich gut an einem Thema dran was mich traurig macht, da spüre ich aber gut in meinem Tempo nach, das braucht nicht unbedingt Tränen und ganz selten nur noch , wenn ich mich unter Druck fühle. Ich merke, daß hängt viel von der Therapeutin ab wie sie mit mir umgeht und viel inzwischen wie sehr ich bereit bin mich einzulassen inhaltlich und ihr auch verbal Grenzen setze wenn mir was zuviel wird. Ich muss nicht mehr nur weinen um Druck rauszunehmen aus dem Prozess.
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Liebe Sindy,
mir kamen 2 Gedanken beim Lesen, die ich dir mal dalassen möchte.
Der erste Gedanke bezieht such auf Punkt 3:
man macht sich ja irgendwie einsam, wenn man niemanden seinen Schmerz sehen lässt. Was wäre die Alternative. Man zwingt sich nicht zu weinen weil man nicht will, dass es gesehen wird. Vielleicht weint man dann nach der Stunde alleine? Oder man weint gar nicht, und kann diesen Druck nicht abbauen. So oder so fühlt man sich nicht gut und ist damit allein. Und das macht alleine. Da ist es ja viel "schöner", wenn das mal jemand sieht, dass es einem nicht gut geht, und man nicht immer die Fassade aufrecht erhalten muss. Das hat sicherlich etwas mit Aufmerksamkeit zu tun, aber wie ich finde mit ganz menschlicher, nicht-egoistischen Aufmerksamkeit.
Was ich mich beim lesen gefragt habe: war weinen für dich früher vielleicht verboten? Oder wurde einfach ignoriert oder ähnliches?
Ich denke wenn weinen bspw. ignoriert wird, und sich einfach nicht um das Kind gekümmert wird fühlt es sich einfach falsch beim weinen, was sicherlich bis ins Erwachsenenalter anhält. Und im Umkehrschluss finde ich es dann auch logisch, wenn man es trotzdem genießt, dass jemand da ist wenn man weint, weil das einfach gefehlt hat.
Du schreibst ja bspw. du fühlst dich beobachtet von deinem Therapeuten wenn du weinst. Für mich impliziert das irgendwie: er nimmt dein weinen wahr, sicherlich berührt es ihn auch. Er ist irgendwie präsent.
Wenn man das nicht so kennt, kann sich das ja vielleicht ganz komisch und "falsch" anfühlen....
Das wären jetzt so meine Gedanken dazu
LG
Lillern
mir kamen 2 Gedanken beim Lesen, die ich dir mal dalassen möchte.
Der erste Gedanke bezieht such auf Punkt 3:
man macht sich ja irgendwie einsam, wenn man niemanden seinen Schmerz sehen lässt. Was wäre die Alternative. Man zwingt sich nicht zu weinen weil man nicht will, dass es gesehen wird. Vielleicht weint man dann nach der Stunde alleine? Oder man weint gar nicht, und kann diesen Druck nicht abbauen. So oder so fühlt man sich nicht gut und ist damit allein. Und das macht alleine. Da ist es ja viel "schöner", wenn das mal jemand sieht, dass es einem nicht gut geht, und man nicht immer die Fassade aufrecht erhalten muss. Das hat sicherlich etwas mit Aufmerksamkeit zu tun, aber wie ich finde mit ganz menschlicher, nicht-egoistischen Aufmerksamkeit.
Was ich mich beim lesen gefragt habe: war weinen für dich früher vielleicht verboten? Oder wurde einfach ignoriert oder ähnliches?
Ich denke wenn weinen bspw. ignoriert wird, und sich einfach nicht um das Kind gekümmert wird fühlt es sich einfach falsch beim weinen, was sicherlich bis ins Erwachsenenalter anhält. Und im Umkehrschluss finde ich es dann auch logisch, wenn man es trotzdem genießt, dass jemand da ist wenn man weint, weil das einfach gefehlt hat.
Du schreibst ja bspw. du fühlst dich beobachtet von deinem Therapeuten wenn du weinst. Für mich impliziert das irgendwie: er nimmt dein weinen wahr, sicherlich berührt es ihn auch. Er ist irgendwie präsent.
Wenn man das nicht so kennt, kann sich das ja vielleicht ganz komisch und "falsch" anfühlen....
Das wären jetzt so meine Gedanken dazu
LG
Lillern
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- [nicht mehr wegzudenken]
- , 40
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Ist eines deiner Themen sagen wir "Grenzüberschreitungen" in der Therapie?
..:..
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