Gibt es 'milde' Dissoziationen?

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meersein
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Gibt es "milde" Dissoziationen?

Beitrag Mo., 11.04.2022, 19:02

Hallo zusammen,

ich bin noch recht neu hier (bzw. sonst mehr stille Mitleserin).

Folgende Frage beschäftigt mich aktuell und da in meiner Therapie gerade Oster-Pause ist, würde ich mich über Erfahrungen und Ansichten freuen.

Gibt es soetwas wie "milde Formen" von Dissoziationen?

Oft wenn ich in (geselligen) Gruppen-Situationen bin (z.B. Mittagessen mit mehreren Kollegen, Partys, Tagungen/Messen) habe ich im Anschluss das Gefühl, nicht richtig "da/dabei" gewesen zu sein. Ich kann mich an alles erinnern, aber als wär ich wie eine Video-Kamera nur als Beobachter dabei gewesen. Ich kann in den Situationen selbst auch kaum in einen lebendigen Austausch kommen, sondern "funktioniere" nur - also gebe halbwegs vernünftige, aber oft eher "hölzerne/sachliche" Antworten, wenn ich gefragt werde. Habe aber gleichzeitig auch nicht das Gefühl, dass meine Wahrnehmung komplett anders ist (nicht das typische komplett neben sich stehen, das hier oft beschrieben wird).
Ich kenne das seit meiner Kindheit aus ganz vielen Gruppen-Situationen.

In der Therapie ist Kontakt/Beziehung das zentrale Thema und ich habe schon viele negative Glaubenssätze und abwertend Gedanken identifiziert und ein Stück weit entschärfen können (ich gehöre nicht dazu, keiner akzeptiert mich wie ich wirklich bin, ich bin lieber alleine...)
Aber selbst ohne all diese negativen Gedanken bin ich am Wochenende in einer Gruppen-Situation wieder in einen Zustand geraten, wo ich mich nicht am Gespräch beteiligen konnte und nachher selbst nicht mehr verstanden habe, was das Problem war.

Ich bin momentan etwas ratlos, was ich in solchen Situationen anders machen kann. Kurze Pausen (frische Luft schnappen z.B.) bringen nicht viel, sobald ich wieder in der Situation bin, spüre ich mich selbst nicht mehr.

Soweit erstmal, damit der Text nicht noch länger wird...

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münchnerkindl
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Beitrag Mo., 11.04.2022, 19:38

Stressen dich die Situationen in denen das auftritt oder sind sie mit mehr Sinnesreizen verbunden als du verkraften kannst?

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candle.
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Beitrag Mo., 11.04.2022, 19:55

Hallo,

das klingt jetzt vielleicht blöd, aber ich denke, wenn dein Alter stimmt, dann wird man mit zunehmenden Alter empfindlicher. Was passiert denn auf Parties? Gibt es da auch Alkohol?

Ich weiß auch nicht, ob das eine Dissoziation ist was du da nach deinen geselligen Treffen beschreibst. Weißt du denn warum du dich danach so beobachtest?
Von früher weiß ich auch, dass der Nachhall der Nacht etwas komisch war, wenn man zur Ruhe kommen wollte.

Ich werde mal deine anderen Posts lesen.

LG candle
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lisbeth
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Beitrag Mo., 11.04.2022, 20:02

meersein hat geschrieben: Mo., 11.04.2022, 19:02 Gibt es soetwas wie "milde Formen" von Dissoziationen?
Dissoziationen sind -wie fast alles im Leben- ein Kontinuum. Das reicht von sogenannten Alltagsdissoziationen (zb wenn man auf der Autobahn fährt und während dessen in einer Art 'Trance' ist so dass man sich gar nicht mehr an die Fahrt selbst erinnert) bis hin zur DIS mit eigenständigen Anteilen, die voneinander nichts mitbekommen. Und zwischen diesen Polen kann es alle möglichen Ausprägungen von Dissoziation geben....
When hope is not pinned wriggling onto a shiny image or expectation, it sometimes floats forth and opens.
― Anne Lamott

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meersein
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Beitrag Mo., 11.04.2022, 20:32

Danke für eure schnellen Antworten!
candle. hat geschrieben: Mo., 11.04.2022, 19:55 wenn dein Alter stimmt, dann wird man mit zunehmenden Alter empfindlicher. Was passiert denn auf Parties? Gibt es da auch Alkohol?
Um Alkohol geht es nicht - es tritt ja in ganz unterschiedlichen Zusammenhäbgen auf, nicht nur Parties. Empfindlicher kann schon sein (bin Mitte 30), aber wie gesagt kenne ich das Phänomen schon seit meiner Jugend. Dachte immer, es wäre "nur" dass ich mich unwohl fühle (a la "bin halt introvertiert, unsicher"). Aber jetzt merke ich, dass es sich wirklich anfühlt, als wäre ich nicht "da", körperlich und mental.
candle. hat geschrieben: Mo., 11.04.2022, 19:55 Weißt du denn warum du dich danach so beobachtest?
Weil es mich im Nachgang immer sehr unzufrieden macht, dass ich mich gar nicht beteiligen kann und kein Austausch mit den anderen Personen zustande kommt. Ich rede dann meistens wirklich sehr wenig (bis gar nicht). Früher kamen in der Situation und im Nachgang immer viele abwertende Gedanken, aber das ist wie gesagt durch die Therapie schon besser geworden. Ich hatte erwartet, dass ich mich dadurch mehr entspannen kann und das Problem verschwindet, aber bin eben dieses Wochenende wieder "abgerutscht" in so einen Zustand.
münchnerkindl hat geschrieben: Mo., 11.04.2022, 19:38 Stressen dich die Situationen in denen das auftritt oder sind sie mit mehr Sinnesreizen verbunden als du verkraften kannst?
Ja, emotional gestresst bin ich schon, s.o. Sinnesreize verstärken das Problem ein wenig, sind aber glaube ich nicht entscheidend. Es kann auch in ruhigen Situationen (z.B. Waldspaziergang mit mehreren Personen) vorkommen.

Ich merke schon, es ist wohl etwas speziell und gehört eher mit der Therapeutin angeguckt.
Ich hatte mich halt gefragt, ob das andere auch kennen - dass man in bestimmten Alltagssituationen "nicht da" ist, ohne dass es eine klare Dissoziation mit Trigger, Anfang, Ende... ist.

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meersein
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Beitrag Mo., 11.04.2022, 20:48

lisbeth hat geschrieben: Mo., 11.04.2022, 20:02 Dissoziationen sind -wie fast alles im Leben- ein Kontinuum.
Genau die "Zwischenstufen" und "Ausprägungen" interessieren mich, weil ich dazu wenig Beschreibungen kenne.

Die beiden Pole "Alltagsdissoziation" und die extreme "Trauma-Trigger Dissoziation" passen nicht ganz auf das, was ich erlebe.
Bei einer Alltagsdissoziation kann ich mich (wenn ich möchte) währenddessen bewusst entscheiden, "da" zu sein - also meine Umwelt während der Autofahrt wieder bewusst wahrzunehmen. Ich schaffe es während der Zustände nicht, etwas zu ändern. Außerdem erinnere ich im Anschluss an alles.

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candle.
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Beitrag Mo., 11.04.2022, 21:01

In deinen ersten Posts hast du ja eine Diagnose geschrieben, die ich nicht kenne. Kann das damit zusammenhängen?

Es scheint ja, dass du sozial aus irgendwelchen Gründen nicht so agierst wie du es eigentlich möchtest. Was möchtest du denn sein oder erleben?
Und was passiert denn hinterher überhaupt, wenn es genauer geht? Man braucht da ja immer etwas mehr Parameter um daraus etwas schließen zu können. Bist du wütend auf dich? Oder die anderen?

Die Alltagsdissoziationen wurden mir mit dem Kino erklärt, dass man völlig in den Film eintaucht und "nichts weiter bemerkt". Ich selbst habe das eher als volle Konzentration und Aufmerksamkeit interpretiert als ich den Begriff Dissoziationen nicht kannte.

candle
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Waldschratin
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Beitrag Di., 12.04.2022, 08:57

Hallo meersein,
das, was du da beschreibst, erleb ich ähnlich, hängt bei mir aber im Wesentlichen damit zusammen, wie "viel" ich in meinem Körper "bin" oder nicht.
Fällt ja auch unter Dissoziation, aber ich hab das irgendwie von Anfang an lernen müssen, meinen Körper nur "punktuell" mit meiner Bewusstheit zu "bewohnen", von daher ist das eher mein "Normalzustand".

Inzwischen mach ich schon seit vielen Jahren täglich meine Körperwahrnehmungsübungen, schon mal prophylaktisch. Und versuche mich zu konzentrieren auf körperliches Erleben, denn nur so erlebe ich ja "tatsächlich", also mit "Spüren" etc., und guck mir nicht nur einfach beim Leben zu von "nebenan".

Geht inzwischen auch viel über "Genuss üben", also mich ganz konkret auf mein körperliches Empfinden zu konzentrieren, wenn ich was Angenehmes grad mache/erlebe.

Bei aller Überei all die Jahre ist das immer noch nicht was Selbstverständliches für mich geworden.
Ich bewohne meinen Körper allerdings inzwischen eher "partiell" als "punktuell", so dass das schon mal ein Fortschritt ist.

In Fachbüchern etc. hab ich da bisher auch noch nichts drüber gefunden, aber was Dissos angeht hinken da die Fachleute, behindert durch ihren Abgleich "Wo fängt "krank" an?" (meiner Meinung nach), meilenweit dem Tatsächlichen hinterher.

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Scars
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Beitrag Di., 12.04.2022, 11:12

meersein hat geschrieben: Mo., 11.04.2022, 19:02 Ich bin momentan etwas ratlos, was ich in solchen Situationen anders machen kann. Kurze Pausen (frische Luft schnappen z.B.) bringen nicht viel, sobald ich wieder in der Situation bin, spüre ich mich selbst nicht mehr.
Hallo meersein! Ich kann das gut nachvollziehen, was du schreibst. Früher hatte ich keine Bewusstsein dafür, inzwischen weis ich schon, dass ich in der Gegenwart von Menschen so bin und in diesen Modus falle. Insofern ist das ja schonmal was, wenn du dir dessen bewusst bist, „Hölzern“ trifft es auch ganz gut finde ich, mir ist mal aufgefallen, dass meine Stimme dann auch einfach ganz anders klingt, einfach unlebendig. Fühlst du dich denn wenn du alleine bist anders? Mehr bei dir selbst oder mehr in deinem Körper?

Gegenmittel habe ich auch keins, die klassischen Tipps funktionieren für mich auch nicht. Ich denke es ist ein Schutzmechanismus und lässt sich am ehesten damit verändern, dass man lernt in Gegenwart von anderen Menschen Emotionen zuzulassen.
Waldschratin hat geschrieben: Di., 12.04.2022, 08:57 In Fachbüchern etc. hab ich da bisher auch noch nichts drüber gefunden, aber was Dissos angeht hinken da die Fachleute, behindert durch ihren Abgleich "Wo fängt "krank" an?" (meiner Meinung nach), meilenweit dem Tatsächlichen hinterher.
Ich glaube das kommt auch daher, dass sich dissoziatives Erleben so schwer versprachlichen lässt. Auf der Körperebene kann man zwar sagen, dass man seinen Körper nicht fühlt o.ä. aber eigentliche Qualität der Wahrnehmung oder Nicht-Wahrnehmung lässt sich für mich nicht richtig beschreiben - schon gar nicht für jemanden, der nur die eine „normale“ Seite kennt. Wenn man das dann noch in standardisierte Parameter packen möchte um psychologisch zu forschen, wird’s ganz schwierig... zumal es Dissoziation in jeder Form glaube ich inhärent ist nicht auffallen zu wollen und sie sich sehr gut tarnt.
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meersein
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Beitrag Di., 12.04.2022, 14:42

Danke für die weiteren Rückmeldungen!

Es tut auf jeden Fall schon gut zu lesen, dass ihr es nachvollziehen könnt (Waldschratin und Scars). Ich tue mich nämlich schwer, das "Problem" genau zu beschreiben. Und habe auch bei meiner Therapeutin das Gefühl, dass sie das Ausmaß nicht ganz erfasst. Und immer versucht, dann an den Gedanken/Gefühlen/Überzeugungen der jeweiligen Situation zu arbeiten - und dabei wenig darauf eingeht, dass es sich für mich so sehr auf einer Körper-/Bewusstseins-Ebene abspielt. Wobei das natürlich auch alles zusammenhängt, also ist ihr Ansatz sicher auch nicht falsch.

Waldschratin, dein Beitrag motiviert mich, noch mal genauer in Richtung Körperwahrnehmung zu schauen - darüber habe ich in letzter Zeit schon häufiger nachgedacht. Ich spüre meinen Körper nämlich tatsächlich grundsätzlich sehr wenig.
Am besten wenn ich alleine und in Ruhe bin. In Anwesenheit von 1-2 Freundinnen schon weniger aber immerhin fühle ich mich da noch "anwesend" (wenn auch eher kopflastig). Und wahrscheinlich "kippt" es dann, wenn ich in Gruppen bin und es mir zu viel wird. Wobei ich noch genauer herausfinden muss, was genau mir dann zu viel wird. Das kann ich bislang nicht genau benennen.

Mein Verstand ist auch hervorragend darin, zu überspielen, dass ich mich wenig spüre. Vermutlich habe ich mir dadurch lange selbst vorgemacht, alles wäre in Ordnung - weil ich ja meistens "funktioniere".

Ich freue mich über alle Anregungen zum Thema Körperwahrnehmung - Übungen, Therapieformen...Habe schon etwas über Somatic Experiencing und NARM gelesen - weiß aber immer nicht so recht, wie fundiert die Methoden und die Behandler (oft Heilprakriker) sind.
Ich werde auf jeden Fall mal schauen, was ich für mich selbst schon an Übungen für zuhause/zwischendurch finde.
Normaler Sport + Entspannung ist sicher auch nicht verkehrt, aber auch dabei (z.B. Yoga) habe ich meistens das Gefühl, noch recht deutlich im Kopf zu sein.

Viele Grüße!

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meersein
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Beitrag Di., 12.04.2022, 16:27

Scars hat geschrieben: Di., 12.04.2022, 11:12 lässt sich am ehesten damit verändern, dass man lernt in Gegenwart von anderen Menschen Emotionen zuzulassen.
Das ist das zentrale Thema meiner Therapie.
Damit hast du meine Hoffnung auf eine schnelle/einfache/handfeste Lösung dann wohl zerstört :anonym:
Muss ich wohl geduldig weiter meine Therapie machen und an meinen Themen arbeitem - wer hätte das gedacht :lol:

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Scars
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Beitrag Di., 12.04.2022, 20:32

meersein hat geschrieben: Di., 12.04.2022, 14:42 Normaler Sport + Entspannung ist sicher auch nicht verkehrt, aber auch dabei (z.B. Yoga) habe ich meistens das Gefühl, noch recht deutlich im Kopf zu sein.
Bei mir bewirken diese Sachen genau das Gegenteil. Sport ist für mich aber auch erst Sport wenn’s Mord ist :anonym: Was ich gut finde sind Dehnübungen oder ganz bewusst ausgeführte Körperbewegungen, z.B. einfach eine Hantel bewegen, nicht mit dem Fokus auf Training sondern auf die Bewegung - wie fühlt sich meine Hand gerade an, der Arm, die Hantel, ist das warm, anstrengend etc. Oder sich einfach an einem angenehmen Ort hinsetzten, atmen, die Gedanken schweifen lassen und dann versuchen sich zu „erden“. Alles ohne Druck oder Leistungsgedanken, sondern mehr wie Achtsamskeitsübungen, alles kann, nichts muss. Für mich ist es aber generell schwierig, weil ich nur wenig Vorstellung von dem habe, wie sich mein Körper anders anfühlen könnte. Das ist dann ein bisschen wie ein weißer Fleck auf der Landkarte, den man erst erkunden muss.
meersein hat geschrieben: Di., 12.04.2022, 14:42 Es tut auf jeden Fall schon gut zu lesen, dass ihr es nachvollziehen könnt (Waldschratin und Scars). Ich tue mich nämlich schwer, das "Problem" genau zu beschreiben. Und habe auch bei meiner Therapeutin das Gefühl, dass sie das Ausmaß nicht ganz erfasst. Und immer versucht, dann an den Gedanken/Gefühlen/Überzeugungen der jeweiligen Situation zu arbeiten - und dabei wenig darauf eingeht, dass es sich für mich so sehr auf einer Körper-/Bewusstseins-Ebene abspielt. Wobei das natürlich auch alles zusammenhängt, also ist ihr Ansatz sicher auch nicht falsch.
Ich habe mal gesagt, dass ich mich für einen kurzen Moment wie ein echter Mensch aus Fleisch und Blut gefühlt hätte... fand man glaube ich etwas schräg :lol: Gesprächstherapeuten arbeiten halt immer mehr auf der kognitiven Ebene. Grundsätzlich ist es ja auch weder falsch noch schlimm, dass du dich so erlebst. Ich würde es auch nicht pathologisieren, es ist halt eine Wahrnehmungsveränderung, die ihren Sinn und Zweck hat, vermutlich aus einer Stressreaktion heraus. Insofern macht es Sinn zu verstehen, was dich im Kontakt mit Menschen so stresst, sodass du die Situation dann irgendwann für dich anders gestalten kannst - wenn du das willst. Dieser abgeschottete Modus kann ja auch ganz praktisch sein. Ich steige z.B. bei Reizüberflutung oder Schmerzen auch mal ganz aus, was eigentlich ganz nett ist, weil dann ist es zack, auch schon wieder vorbei. :lol:
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münchnerkindl
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Beitrag Di., 12.04.2022, 21:00

meersein hat geschrieben: Di., 12.04.2022, 14:42
Es tut auf jeden Fall schon gut zu lesen, dass ihr es nachvollziehen könnt (Waldschratin und Scars). Ich tue mich nämlich schwer, das "Problem" genau zu beschreiben. Und habe auch bei meiner Therapeutin das Gefühl, dass sie das Ausmaß nicht ganz erfasst. Und immer versucht, dann an den Gedanken/Gefühlen/Überzeugungen der jeweiligen Situation zu arbeiten - und dabei wenig darauf eingeht, dass es sich für mich so sehr auf einer Körper-/Bewusstseins-Ebene abspielt. Wobei das natürlich auch alles zusammenhängt, also ist ihr Ansatz sicher auch nicht falsch.


Naja, das ist ungefähr so wie wenn man zu jemand der ein Problem damit hat zu schwimmen sagt, das lösen wir jetzt indem wir darüber reden.

Es gibt zwei Punkte:

Es erst garnicht passieren lassen, also rausfinden was genau es auslöst, also was davor war und diese Faktoren abstellen.

Lösungsansätze dafür wenn es eingetreten ist. Und da kann ich sagen dass es bei mir absolut nichts gibt. Nur den Auslöser wegnehmen und abwarten.

Ich kenne das auch dass es sich anfühlt wie Bewustsein nicht korrekt in den eigenen Körper eingeloggt.

Es ist generell schwierig jemandem zu erklären der sowas noch nie erlebt hat. Ich vergleiche es immer mit mehrere Nächte nicht geschlafen und nach dem Auffahrunfall aus dem Auto ausgestiegen. Die beiden Zustände kommen dem von der irrealität des Erlebens her noch am nächsten, zumindest bei mir.

meersein hat geschrieben: Di., 12.04.2022, 14:42Und immer versucht, dann an den Gedanken/Gefühlen/Überzeugungen der jeweiligen Situation zu arbeiten
Für den Zustand während man da drin ist völlige Zeitverschwendung da nutzlos.
Zuletzt geändert von münchnerkindl am Di., 12.04.2022, 21:10, insgesamt 1-mal geändert.

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Joa
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Beitrag Di., 12.04.2022, 21:10

Das kenne ich auch zu gut, liebe Meersein. Es ist schwer, das so richtig in Worte zu fassen...


Waldschratin
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Beitrag Mi., 13.04.2022, 08:17

So wirklich in treffend beschreibende Worte fassen konnte ich das auch noch nie.
Vielleicht wurde es bei mir leichter toleriert, da ich ja auch noch multipel war, und unter dieser Diagnose "wegsortiert".

Jetzt, Jahre nach Integration und mich nur noch als "Eine" zu erleben, kann ich mit Fug und Recht sagen, dass das jedenfalls bei mir immer noch so ist mit dieser "Dauerdisso". Da hat auch das Bearbeiten von zig Traumata und Triggern wenig dran geändert.

Eigentlich "nur", dass ich mich besser und leichter und eingehender mit Körperwahrnehmung und Achtsamkeit beschäftigen kann und mich nicht mehr dauernd mit Wiedererleben und Flashbacks dabei rumschlagen muss.

meersein hat geschrieben:Das ist das zentrale Thema meiner Therapie.
Das ist auch bei mir immer noch zugrundeliegendes Hauptthema : "Mensch" ist per se lebensbedrohlich, das hat mein Innerstes dermaßen absolut abgespeichert, dass da auch zig Therapie etc. nichts grundsätzlich dran verändert hat.

Ich krieg immer noch "Abwehrstacheln" auf den Pelz, wenn mir jemand weismachen will, es ginge darum, den Menschen wieder vertrauen zu lernen.
Nö, werde ich nicht, will ich auch nicht, ich steh nämlich nicht drauf, mir selber was vorzulügen und mich in rosarote Traumwatte zu hüllen.

Ich habe mich schon in meinen ersten Therapien viel lieber drauf konzentriert, mir wieder mehr vertrauen zu lernen.
Mir meine Fähigkeiten, Ressourcen und Stärken ebenso wie meine Schwachstellen, wunden Punkte und Unfähigkeiten bewusst zu machen.

Damit ich, wenn mal wieder ein Mensch mir ans Leder will, gut dagegenstehen kann und mich nicht mehr davon vernichten lassen muss.

Und das trägt mittlerweile gute Früchte. Ich kann mich auf Nähe einlassen, sogar auf Bindung.
Hatte grade wieder mal einen "Realitätstest" in der Form, dass eine jahrzehntelange enge Freundschaft am Querdenkertum zerbrochen ist. Da ist keine Klärung und Bereinigung etc. möglich.
Dass ich da dran nicht zerbreche, verdanke ich dieser Arbeit am Vertrauen zu mir selber.

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