Praktikantin bei Expo ängstlicher als Patientin

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Charlie Foxtrott
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Praktikantin bei Expo ängstlicher als Patientin

Beitrag Mo., 03.01.2022, 14:02

Hallo Ihr,

mir geht immer noch eine Situation aus einer länger zurückliegenden Expositionsübung nicht aus dem Kopf: Eine Praktikantin, die eigentlich zur Absicherung mitgenommen worden war, war bei einer Expo in vivo ängstlicher als ich! Traute sich gar nicht bis an den Tatort ran. Ich kam mir natürlich total vera*** vor. Ich musste ja schließlich nicht nur den Ort aushalten, sondern auch die Tat und manche gehässige Bemerkung von Theras und Umfeld (nicht der damals aktuelle). Manche wiesen mich ab mit der Begründung, mir sei ja doch nicht zu helfen. Manche meinten, die PTBS sei eine Angststörung und ich solle da hin gehen. Und nun ist die Praktikantin ängstlicher! Mit welchem Recht darf die Psychologie studieren, während ich ganz andere Einschränkungen hatte! Wie will die mal im Berufsleben bestehen? Ich hatte dann zu viel Hemmungen, in der Therapie Extremsituationen anzusprechen aus Angst, ihr wird schlecht und wir müssen uns mehr um sie kümmern als um mich.
Auch hat es mich massiv getriggert. Hätte sie am liebsten am Arm gepackt und dort hingezerrt. Hatte dabei ständig die Worte des Täters im Ohr. Ich weiss, das ist alles nicht fair und es spielte sich ja auch nur in meinem Kopf ab. Ist es Neid? Sie darf nein sagen, ich nicht. Sie darf "weiblich" gekleidet sein und ihr passiert nichts, während ich keinem der Klischees entsprach.
Auch kenne ich ihren Vater (Alkoholiker), was mir erst später klar wurde, sonst hätte ich ihr Beisein ja ablehnen müssen. Ich schrieb ja schon mal, dass ich aufgrund eines psych. kranken Familienmitglieds von manchen Theras in Sippenhaft genommen wurde. Sie jedoch steht auf der anderen Seite und darf später mal über Menschen wie mich richten.
Ja, das ist alles nicht fair von mir und die blanke Eifersucht. Wie komme ich an gegen meine Gefühle?

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Shukria
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Beitrag Di., 04.01.2022, 09:05

Hallo Foxtrott, das tut mir sehr leid für dich, wie das gelaufen ist.
Bei uns in der Ambulanz werden inzwischen keine Praktikant*innen mehr zu Stunden von Traumapatient*innen zugelassen. Vorher wurde zwar immer gefragt und es durfte nein gesagt werden aber die Reflexion ergab das viele Patient*innen sich nicht trauen das zu sagen oder einschätzen können ob es ihnen gut tut. Ebenso wurde erkannt das die meisten im Praktikum mit den Emotionen (den eigenen als auch denen der Betreffenden) noch völlig überfordert sind. Die sind ja erst in Ausbildung und das störend bzw schädlich für die Prozesse der Patient*innen ist.

Also dein Ärger ist berechtigt, gehört aber nicht zur Praktikantin sonder eher zum Therapeuten das er dich (und sie) in deiner Expo da nicht geschützt hat oder zur Klinikleitung.

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Charlie Foxtrott
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Beitrag Di., 04.01.2022, 10:54

Hallo Shukria,

das war eine hilfreiche Rückmeldung.
"Ebenso wurde erkannt das die meisten im Praktikum mit den Emotionen (den eigenen als auch denen der Betreffenden) noch völlig überfordert sind. Die sind ja erst in Ausbildung und das störend bzw schädlich für die Prozesse der Patient*innen ist. " Genau das trifft es und ist bei der Praktikantin so eingetreten. Na ja, die müssen ja auch was lernen, dachte ich mir und warum sollte Trauma da ausgespart bleiben. Sonst sind die nachher so auf Angststörung fixiert, oder?
Zumal ich bei der Tat auch Zuschauer*innen hatte und jene Praktikantin hat mich durch ihre Art da massiv angetriggert. Das konnte ich ja vorher nicht wissen. Der Therapeut wusste das eigentlich, also das mit den Zuschauern.
Über den Rest konnte ich mit ihm leider nicht reden, da er zutiefst beleidigt über meine Reaktion war und meinte, dann hätte es eben bei mir keinen Zweck. Ich fürchte, er bescheinigt mir Narzissmus. Ja, ein bisschen arrogant bin ich schon, weil ich ja so viel mehr geleistet habe als die Praktikantin.

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chrysokoll
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Beitrag Di., 04.01.2022, 12:27

das ist sehr ungünstig und absolut nicht hilfreich gelaufen und das tut mir sehr leid!
Ich kenne es nicht dass Praktikanten dabei sind, dein Fall zeigt ja auch wie ungünstig sowas sein kann.

Was mir aber auffällt: Du bist offenbar stolz auf deine Arroganz. Warum?
Natürlich müsste ein Therapeut auch damit umgehen können, zumal das ja meist Schutz ist. Der konnte es halt leider nicht.
Warum aber fürchtest du dir wird Narzissmus bescheinigt? Auch das wäre ja eine Diagnose mit der man arbeiten kann, die allerdings auch nur mit umfangreicher Diagnostik gestellt werden kann und nicht auf Zuruf.
Was der Therapeut da "bescheinigt" kann dir doch egal sein, du bist da ja nicht mehr.

Die Frage ist doch eher: Wie gehst du weiter vor?
Du brauchst und möchtest ja Therapie, um alle negativen Erfahrungen, auch die der vorangegangenen Therapien zu bearbeiten

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Jenny Doe
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Beitrag Di., 04.01.2022, 12:30

Charlie Foxtrott: Na ja, die müssen ja auch was lernen, dachte ich mir und warum sollte Trauma da ausgespart bleiben. Sonst sind die nachher so auf Angststörung fixiert, oder?
Das sind Erfahrungen, die zum Psychologiestudium dazugehören und die einem Psychologiestudenten auch dabei helfen sollen eigene Grenzen und eigene Baustellen zu erkennen und zu ersprüren, ob die Wahl des Psychotherapeutenberufes die richtige ist oder ob man in einem anderen Bereich der Psychologie tätig werden soll.

Im besten Fall erkennt die Psychologiestudentin, dass sie erst mal an sich selbst arbeiten muss, bevor sie Trauma-Patienten behandelt. Oder sie macht es wie meine damalige Professorin für Klinische Psychologie. Diese klammerte das Thema "Persönlichkeitsstörungen" aus ihrer eigenen Vorlesung und aus ihrer eigenen Praxis aus und sagte ehrlich, dass sie damit nicht umgehen kann. Das Thema übernahm ein Kollege für sie.
Es gibt durchaus Psychotherapeuten, die z.B. sagen, dass sie keine Suchtpatienten behandeln. Ist legitim, finde ich, wenn auch Psychotherapeuten ehrlich zu ihren eigenen Grenzen stehen und nur die Patienten behandeln, mit denen sie auch umgehen können.

Mir selber ist übrigens während einer Traumakonfrontation ähnliches während meines Studiums passiert. Ich habe aufgrund einer neurologischen Erkrankung, von der ich während des Studiums noch nichts wusste, Probleme mit Höhe. Eine Erkrankung, bei der das Symptom Schwindel auftritt, verträgt sich nicht mit einem Spaziergang in der Höhe. Da kam die Aufforderung an mich, ich solle einen Patienten mit seiner Höhenangst auf dem Kölner Dom konfrontieren, genau richtig. Ich übergab die Patientin einem Mitstudenten.
Wenn ich den Therapeutenberuf ergriffen hätte, dann hätte ich Menschen mit Höhenangst ablehnen müssen.
Sie jedoch steht auf der anderen Seite und darf später mal über Menschen wie mich richten.
Es gibt sicherlich auch Psychotherapeuten, die den Beruf ergriffen haben, ohne selber die nötige Distanz zu ihren eigenen Erfahrungen zu haben. So hatte ich z.B. mal eine Therapeutin, die mehr über ihren eigenen Missbrauch sprach, als mir zuzuhören.

Bleibt zu hoffen, dass Deine Psychologiestudentin aus ihren Erfahrungen während deiner Konfrontation lernt und erst mal an sich selber arbeitet und professsionelle Distanz lernt, bevor sie Trauma-Patienten therapiert.

Sei stolz auf dich. Du hast es besser geschafft als die Psychologiestudentin.
Lerne aus der Vergangenheit, aber mache sie nicht zu deinem Leben. Wut festhalten ist wie Gift trinken und darauf warten, dass der Andere stirbt. Das Gegenstück zum äußeren Lärm ist der innere Lärm des Denkens.

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Shukria
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Beitrag Di., 04.01.2022, 13:05

Charlie Foxtrott hat geschrieben: Ja, ein bisschen arrogant bin ich schon, weil ich ja so viel mehr geleistet habe als die Praktikantin.
Das passt aber so gar nicht zusammen. Meinst du du bist stolz auf dich, weil du mehr geleistet hast? Und was meinst du mit leisten?

Vielleicht kannst du auch einfach so stolz auf dich sein. Ohne zu vergleichen. Nur für dich.


Jenny Doe
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Beitrag Di., 04.01.2022, 13:15

Ist doch normal, dass man sich mit anderen vergleicht und stolz ist, wenn man als Lehrling etwas besser macht als der Chef.
Ohne Vergleich mit anderen wüsste man nicht wie weit man von "Gesund" versus "Krank" entfernt ist.
Lerne aus der Vergangenheit, aber mache sie nicht zu deinem Leben. Wut festhalten ist wie Gift trinken und darauf warten, dass der Andere stirbt. Das Gegenstück zum äußeren Lärm ist der innere Lärm des Denkens.

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münchnerkindl
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Beitrag Di., 04.01.2022, 19:37

Ganz einfach. Jede Arbeit an Traumata würde ich nur mit und in Anwesenheit von Personen vornehmen lassen die ich gut kenne und wo ich das explizit möchte. Und auch nur dann wenn ich dabei ein gutes Gefühl habe.

Praktikanten haben da nichts verloren. Klarerweise ist es angemessen, abzulehnen wenn an dich herangetragen wird, das mit der Praktikantin zu machen.

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Charlie Foxtrott
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Beitrag Di., 04.01.2022, 20:36

Ja, hinterher ist man immer schlauer. Der Thera hätte mir die Praktikantin ja auch vorher mal vorstellen können, wäre das mindeste gewesen.
@Jenny Doe/chrysokoll: Stimmt, ich bin einfach nur stolz wie Bolle, weil ich in der Hinsicht besser war als ne Psychologiestudentin.

Wütend bin ich, weil Theras, Lehrer etc. in der Vergangenheit etwas von mir verlangt haben, was sie selbst nicht bringen. Es gibt ja da auch diesen extrem tragischen Vorfall mit Susanne Preusker. Klar kann ich da nicht eine ganze Berufsgruppe in Sippenhaft nehmen. Es ist meine riesige Wut über mangelhafte Täterarbeit im Allgemeinen und in meinem Fall im Vorfeld und über Täter-Opfer-Umkehr, die sich da Bahn bricht und auch der eigentliche Grund für meinen Post ist. Wohin mit der Wut?
Klar kann nicht jeder alles und das gilt auch für Psycholog*innen.


montagne
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Beitrag Di., 04.01.2022, 20:52

Psychologinnen und Lehrer müssen nicht alles selbst können, was sie anderen näher bringen. Das mag in der Grundschule aus pädagogischen Gründen so sein, dann hört es langsam auf.
Zu meinen sie müssten das können oder wären erstmal besser als man selbst, stellt sie auf einen Sockel, von dem du sie ja wiederum gerne schubsen möchtest. (;
Warum sollte eine Psychologiestudentin irgendwie "besser " sein als du? Warum? Inwiefern? Ist doch auch nur ein Mensch, der mit Wasser kocht und eine Lebensgeschichte hat.

Unabhängig davon finde ich es tatsächlich ein Unding eine Praktikantin zu einer Traumabearbeitung mitzunehmen. Eine allgemeine Irritationen darüber kann ich verstehen.
amor fati

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Shukria
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Beitrag Di., 04.01.2022, 21:05

Wohin mit der Wut...

Ich weiß nicht. Vielleicht selber aktiv werden und in die Täter oder Opferarbeit gehen und selber im System mitmischen.

Zumindest eine Option aus der passiven Opferrolle herauszufinden und ins Handeln kommen.

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Montana
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Beitrag Di., 04.01.2022, 22:38

montagne hat geschrieben: Di., 04.01.2022, 20:52 Psychologinnen und Lehrer müssen nicht alles selbst können, was sie anderen näher bringen.
Zu einem gewissen Grad: doch. Ich ritt jahrelang Pferde einer Dame, die von sich sagte, sie sei doch eine tolle Reitlehrerin, obwohl sie selber kaum reiten könne. Das fand ich damals schon falsch. Später, als ich selber lernte, mit dem Hintern zu reiten, bestätigte sich das nochmal. Sie hatte schlicht keine Ahnung gehabt, was reiten eigentlich ist. Und darum noch nichtmal erkannt, dass es da eine ihr völlig verschlossene Welt gab. Anders sieht es natürlich aus, wenn jemand etwas körperlich nicht mehr kann, aber mal konnte. Oder ein gutes Gefühl entwickelt hat, aber nie die körperliche Leistungsfähigkeit zur perfekten Ausführung hatte (Stabhochsprung-Trainer?).

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münchnerkindl
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Beitrag Di., 04.01.2022, 22:53

montagne hat geschrieben: Di., 04.01.2022, 20:52 Psychologinnen und Lehrer müssen nicht alles selbst können, was sie anderen näher bringen.


Äh, doch. Müssen sie.

Therapeuten die selbst unreflektiert sind ihre eigenen Neurosen nicht gelöst haben sind nutzlos.

Und Lehrer sollten erheblich mehr wissen als die Schüler, weil sie auch alle ggf auftretenden Fragen sinnvoll beantworten können müssen.


montagne
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Beitrag Mi., 05.01.2022, 06:52

Ich meine das nicht so eng gefasst. Was ich meine, ein Therapeut oder Lehrer muss andere anleiten können gewisde Dinge in der Praxis umzusetzen, muss es aber nicht selbst umsetzen können. Natürlich muss ein Lehrer der Integralrechnung beibringen will die und mehr können.
Aber nicht wenige gute Trainer in nahezu allen Sportarten waren nie auf dem Niveau, auf das sie ihre Sportler bringen. Natürlich gibt es auch Trainer, die schlechte Sportler UND schlechte Trainer sind. Vielleicht wie diese Reitlehrerin.
Wir sind ja erwachsen. So eins zu eins funktioniert es nicht mehr, wie in der Schule. Bezüglich Therapie. Genau das . Eine Therapeutin muss/kann ja auch nicht alle Störungen haben, die sie behandelt. Ergo hat die manche innere Prozesse, die sie in Klienten anregt nie durchgemacht und kann das nur auf der theoretischen Ebene anleiten, hat es aber nie umgesetzt. Gerade in der Traumarbeit wird es so sein.

Wenn man aufhört zu meinen die Lehrer des Lebens seien es Schullehrer, Therapeuten, Coaches, Trainer müssen das selbst leisten, was man von ihnen lernt, kann man über sie hinauswachsen und seinen eigenen Weg, seine eigene Größe finden.


Nochmal, davon abgesehen finde ich es prinzipiell sehr fraglich das eine quasi fremde Person, dann noch Praktikantin in einer Traumaarbeit dabei war, zudem ohne explizites Einverständnis der Klientin. Das da Wut aufkommt, verstehe ich. Denn es ist ja ein Mermal einer Traumafolgestörung eigene Grenzen nicht gut achten zu können. Dabei braucht man Hilfe, bis man es selbst kann.
amor fati

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Montana
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Beitrag Mi., 05.01.2022, 09:26

Es geht um das Verstehen von Grundlagen. Beim Reiten ist das das Gefühl, dass das Pferd unter mein Gewicht tritt und ich es daher mit meinem Hintern lenken und schneller oder langsamer machen kann. Ein Reitlehrer, der das für Hokus-Pokus hält und denkt, die bekannten großen Meister aus der grauen Vorzeit hätten ihre Pferde mit den Zügeln und womöglich Hilfszügeln und Sporen usw. "gefügig gemacht", der ist schon am Anfang falsch abgebogen. Der taugt noch nichtmal zum Unterricht für Kinder. Mich hat es unglaublich motiviert, als ich gesehen habe, wie einer bei einem Pferd, das ich selber kannte, einfach die Trense abnahm und weiterritt, als wäre sie noch da. Da wusste ich: dass ich sowas mit dem Pferd nicht kann liegt ganz allein an mir. Das Pferd kann es schon. Und ich kann das lernen.

Und von einem Therapeuten erwarte ich durchaus ähnliches. Der darf seinen Job nicht durch das Lesen von Büchern erlernt haben. Das gehört zwar dazu, aber es reicht nicht. Ein eigenes Trauma bewältigt zu haben würde ich da auch nicht als Voraussetzung ansehen. Das würde womöglich in eine schwierige Richtung führen, denn was einem geholfen hat, das hilft sowieso nicht automatisch auch allen anderen. Aber sich seiner eigenen Gefühle bewusst sein und sich authentisch zu zeigen, seine Grenzen selbst zu wahren und das nicht von anderen zu erwarten (dass sie auf seine aufpassen) und überhaupt alles, was einen psychisch gesunden und in diesem Sinne "starken" Menschen ausmacht, das sollte er erreicht haben. Und damit als Vorbild zur Verfügung stehen.

PS: Eine Praktikantin dabei zu haben, das ist einfach gruselig. Es erinnert mich an die Chefarzt-Visite in einer Klinik. Da waren neben dem Arzt noch drei weitere Personen anwesend, und eine davon führte am Computer Protokoll. Wer es schaffte, da ein Wort rauszubringen, der konnte quasi schon als geheilt entlassen werden. Die waren nämlich alle nicht zum Helfen da, sondern zum Gucken.

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