Ist es okay eine Sitzung NUR für SmallTalk zu nutzen?

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Sindy
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Ist es okay eine Sitzung NUR für SmallTalk zu nutzen?

Beitrag Sa., 02.10.2021, 13:45

Hallo zusammen!

Ich habe eine etwas komische Frage.

Normalerweise mache ich mit meinem Therapeut keinen SmallTalk. Es geht in der Sitzung immer direkt inhaltlich zur Sache. Nur ganze selten reden wir über Hobbies oder Alltag gegen Ende einer Sitzung für vielleicht 5 Minuten. Soweit finde ich das auch gut und richtig, schließlich ist eine Therapie auch kein Kaffeeklatsch.

Nun ist es aber so, dass ich das starke Bedürfnis habe (ich kann nicht genau erklären warum), meinem Therapeut ausführlich von meinem Freizeit-Aktivitäten / Hobbies zu berichten. Wahrscheinlich hat das keinen therapeutischen Wert, es ist mir nur ein Bedürfnis. Und wahrscheinlich interessiert es ihn auch nur teilweise. Es würde mir nur irgendwie gut tun, wenn ich "einfach jemand zum Reden" dafür hätte.

Nun zu meiner Frage: Macht es Sinn, wenn ich meinen Therapeut frage, ob wir eine Sitzung nur dafür verwenden können, dass ich ihm von meinen Freizeit-Aktivitäten / Hobbies erzähle? Oder ist das dann doch zu bescheuert?

Wie sind eure Erfahrungen? Redet ihr nur inhaltlich oder auch viel SmallTalk ?

Danke und Gruß

Sindy

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münchnerkindl
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Beitrag Sa., 02.10.2021, 14:05

Ich finde es schon wertvoll das zu erzählen. Wie soll sich der Therapeut sonst ein Bild davon machen wie du dein Leben lebst und generell so tickst wenn er keine Einblicke in deine generelle Lebensführung bekommt?

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saffiatou
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Beitrag Sa., 02.10.2021, 14:30

Normalerweise wird so etwas wie Hobbies oft ja auch in den Fragebögen abgefragt. Ich finde es auch wichtig, wenn dem thera davon erzählt wird, das bedeutet nicht gleich, dass es smalltalk wird und es muss und sollte ja keine Stunde füllen!

Wie lange machst du bereits dort Therapie?

Hast du mal selbst bei dir nachgeforscht, warum das Bedürfnis gerade so groß ist.

Smalltalk war keine meiner Stunden, da passen (passten) meine Theras auch auf. Sie wollten auch immer wissen, warum ich gerade etwas , dass nicht auf den ersten Blick mit der Therapie zu tun hat, erzählen will.
never know better than the natives. Kofi Annan

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Montana
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Beitrag Sa., 02.10.2021, 14:42

Für mich fällt das gar nicht unter Smalltalk. Es hat ja direkt etwas mit dir persönlich zu tun.
Smalltalk wäre dann doch eher, wenn du vielleicht über die echt merkwürdige Haarfarbe deiner Nachbarin erzählst, die seit Corona immer selber färbt, und was der Fußballtrainer deines Neffen davon hält. Das hätte nicht nur nichts mit dir zu tun, es wäre auch nächste Woche nicht mehr aktuell.

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Sindy
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Beitrag Sa., 02.10.2021, 15:12

Im Grunde habt ihr alle recht damit, dass es wohl tatsächlich kein SmallTalk ist. Ich dachte, es wäre welcher, weil es sich nicht um so "schwere" Themen handeln würde, wie in einer üblichen Sitzung.

Es geht mir tatsächlich auch ein Stück weit darum, ihm einen besseren Einblick in mein Leben zu geben. Ihm einen besseren Gesamtüberblick über mich zu geben.

Jetzt muss ich mir nur noch überlegen, wie ich das am besten in eine Sitzung einbaue.

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kaputt
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Beitrag Sa., 02.10.2021, 16:20

Meine Therapeuten wollten immer auch etwas über meinen Alltag erfahren. Da gehören dann auch Hobbys dazu. Habe oft zu Beginn erzählen müssen wie so meine Woche aussieht

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Joa
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Beitrag Sa., 02.10.2021, 16:48

Meine würde jetzt darauf antworten: "Es ist IHRE Stunde!"

Ja, solche Stunden hatte ich auch schon.


Waldschratin
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Beitrag Sa., 02.10.2021, 17:10

Hallo Sindy,
es ist dir ein Bedürfnis, ihm davon zu erzählen, also dadurch schon "therapeutisch genug". ;-)

Und vielleicht täuschst du dich ja auch in der "Schwere". Ihm Einblick zu gewähren in dein Alltagsleben, deine Vorlieben und Abneigungen, was dir wichtig ist, was für dich Bedeutung hat, kann sich viel "schwerer" gestalten, als wenn man ein bestimmtes schwieriges Thema angeht.

In die Sitzung einbauen : Ich hab mir da meist den ersten Satz, den ich sagen will, zurechtgelegt und mehr oder weniger "auswendig gelernt", damit ich ihn auch dann noch rausbekomme, wenn ich neben mir steh oder in Panik gerate.

Und warum in die Stunde einbauen und nicht gleich zu Anfang zu "dem" Thema der Stunde machen?

Ich hab übrigens mal ne Zeit lang mit dem Thera ein Spiel gespielt als Thema der Stunde. Damit ich mal lerne, aus Scham und Panik und Verknotetheit rauszukommen, wenn ich in der Stunde hock.
War alles andere als untherapeutisch.

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Kreativus50
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Beitrag Sa., 02.10.2021, 17:14

Natürlich ist das aus meiner Sicht genauso wichtig, wie die Problemthemen. Es ist genauso Therapie. Es schafft ein Gegengewicht. Und ich finde es schön, wie Du schreibst, dass Du plötzlich das dringende Bedürfnis dazu hast. Also Deinem Therapeuten mehr und andere Seiten von Dir zu zeigen. Denn Du bist mehr als Deine Schwierigkeiten, die Dich in Therapie geführt haben.

Aus eigenem Erleben: Mir fällt es eher schwerer, von den guten Sachen in meinem Leben in der Therapie zu erzählen. Habe bei mir als Ursachen gewisse Ängste ausgemacht, dass er dann denkt 'prima, dann ist ja alles gar nicht so schlimm' - obwohl das für mich nicht gegenzurechnen geht. Dass ich dann als "gesund" rausgeschmissen werde. Mein Thera freut sich immer mega, wenn ich aus meinem Alltag, von meinen Hobbies erzähle.

Warum denkst Du, dass ihn das nur teilweise (oder überhaupt nicht) interessiert? Warum denkst Du, das hätte keinen Wert, wäre "nur" Kaffeeklatsch? (Kaffeeklatsch im Leben ist auch wichtig 😎)
Kennst Du diese Reaktionen vielleicht aus anderen Situationen in Deinem Leben?

Ich wünsche Dir: Mach es einfach, hau' es raus. Du musst auch nicht wissen, warum Du das gerade so dringend willst. Alleine, dass Du es willst, reicht :) Viel Mut und viel Glück!

PS: Ich fände es schön, wenn Du es probiert hast, zu erfahren, wie es für Dich war und wie er reagiert hat.

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Sindy
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Beitrag Sa., 02.10.2021, 17:15

Joa hat geschrieben: Sa., 02.10.2021, 16:48 Meine würde jetzt darauf antworten: "Es ist IHRE Stunde!"

Ja, solche Stunden hatte ich auch schon.
Das ist ein guter Punkt. Mein Therapeut sagte auch schon oft, dass es ja meine Therapie sei.

Das gibt mir auch immer das gute Gefühl, dass ich mitbestimmen darf, wie die Sitzungen ablaufen. Aber allein schon wenn ich mir vorstelle, dass ich davon gebrauch machen würde und tatsächlich mitbestimme was besprochen wird, ist sofort die Angst da, dass es negativ bei ihm ankommt weil ich ihm dann ja in sein Konzept reinrede. Und wenn ich diese Ängste äußern würde, dann würde er sicher sagen, dass es kein Problem ist. Und dann würde ich ihm das nicht glauben, weil ich dann denke, dass er das ja nur sagt, um mir ein gutes Gefühl zu geben ... args.

Sind meine Bedenken nachvollziehbar? Habt ihr auch solche Ängste? Ich zerdenke es gerade wohl zu sehr...

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Montana
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Beitrag Sa., 02.10.2021, 19:41

Welches fertige Konzept könnte es denn geben, das besser ist, als ein laufend durch aktuelle Informationen angepasstes?

Ich wurde mal gebeten, von einer Bekannten mit Pferd im gleichen Stall, ihr Unterricht zu erteilen. Es ging nur um ein einziges Mal. Sie hatte das Gefühl, sie steckt fest und braucht eine unabhängige Meinung. Sie hatte bereits regelmäßig Unterricht bei einer besser qualifizierten Person. Ich hab ihr gesagt, sie soll reiten und ich gucke und sie soll sich nicht wundern, denn ich werde keine Anweisungen geben. Das hat sie gemacht und ich habe sehr viel Input bekommen. Und dann habe ich ihr dazu etwas erzählt. Aber mit der Variante, dass ein Reitlehrer ununterbrochen Kommandos raushaut, kann ich gar nicht. Weder als Schüler noch als Lehrer. In einer Therapie müsste es ähnlich sein?

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Kreativus50
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Beitrag So., 03.10.2021, 11:13

Ja und ja ☺️
Für mich sind Deine Bedenken nachvollziehbar und ich habe/ hätte genau diese Ängste. Ich finde, das ist grade ein großer Fortschritt und eine ganz wichtige und normale Phase in Therapie. Du entdeckst jetzt Dich :)

Was würde denn passieren, wenn er es tatsächlich gut aufnimmt und Dich beruhigt und Dir damit ein gutes Gefühl gibt - wenn er das therapeutisch und menschlich genau so meint und keine "Hintergedanken" und Erwartungen hat? Wenn Deine Befürchtungen, er fühle sein Konzept durcheinander gebracht, gar nicht eintreffen? Oder wenn sie eintreffen und er wäre ärgerlich? Was dann? Kennst Du sowas schon aus der Vergangenheit?
Wenn Du dort (fast) alles darfst - und nicht musst? Wenn Du Deine Therapiethemen bestimmst? Wenn Du das durchziehst und einfach mal probierst? Was löst dieses "Dich gut damit fühlen" jetzt schon bei Dir aus? Darfst Du das, dich auch richtig gut fühlen? Gab es Zeiten in Deinem Leben, wo Dich jemand da eingeschränkt hat?

Die Ängste gehören genauso da mit rein. Deine Zweifel. Alles. Nur Mut!
Als Zwischenschritt kann es manchmal helfen, das erstmal nur theoretisch in der Therapie durchzuspielen in mehreren möglichen Varianten. Was wäre wenn...?
Oder ins Ausrobieren zu gehen in einem kleineren Schritt: z.B. erstmal nur die erste Stundenhälfte dafür zu verwenden . Da bliebe dann auch noch Zeit zu gucken und zu sprechen, was Du dabei empfindest, was das auslöst.

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Sindy
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Beitrag Mo., 06.12.2021, 17:09

Waldschratin hat geschrieben: Sa., 02.10.2021, 17:10 Ich hab übrigens mal ne Zeit lang mit dem Thera ein Spiel gespielt als Thema der Stunde. Damit ich mal lerne, aus Scham und Panik und Verknotetheit rauszukommen, wenn ich in der Stunde hock.
War alles andere als untherapeutisch.
Hallo Waldschratin,

du schreibst, ihr habt in der Thera mal ein Spiel gespielt in der Stunde. Das würde ich gerne ich meiner Theraphie auch mal ausprobieren um (genau wie bei dir) etwas lockerer zu werden.

Darf ich fragen was für ein Spiel das war? Und ob der Vorschlag von dir oder deinem Therapeut ausging? Falls es von dir ausging, wie hast du ihn darum gebeten?

Danke und Gruß

Sindy


Waldschratin
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Beitrag Di., 07.12.2021, 12:26

Hallo Sindy,

das war ein stinknormales Gesellschaftsspiel. Wohl ein etwas moderneres, denn ich kannte es noch nicht.
Ein bissl strategisch, ein bissl auf Kommunikation, ein bissl auf Wettbewerb ausgerichtet.

Ich hatte da nur angesprochen, dass ich das mal machen möchte. Er hatte das Spiel grade zur Hand (Er hat auch viele Kinder und Jugendliche als Klienten) und so haben wir das halt gespielt.
Kam gar nicht drauf an, was für ein Spiel. Wichtiger war, dass wir "einfach spielten" und mal "ganz normal"" Zeit ohne therapeutischen Anspruch miteinander verbrachten.

Aber es war dann an sich therapeutischer denn je, in den Auswirkungen auf mich. :->

Dabei war es gar nicht so wichtig, dass ich den Thera als "normalen Menschen" mal wahrnehmen lernte. Das konnte ich eh, hab da irgendwie nie was anderes gemacht, trotz der Übertragereien ab und zu.

Wichtiger war, mich zu erleben als "ganz normales Gegenüber" meines Theras und eben nicht der ach so kaputte anormale, behandlungsbedürftige Klient.
So ist mir zwar mein Thera nie begegnet, aber ich hab das immer automatisch so innegehabt : Die Missratene, die Kaputte, die Wertlose, die Lästige blabla.

Wie ich ihn drum gebeten hab?
Ich hab mir bei schwierigen Sachen meist einen Anfangssatz zurechtgelegt und den vor der Stunde sowas wie "auswendig gelernt", damit ich ihn auch notfalls noch in ner Disso raushauen kann.
Und wenn ich sowas Praktisches umsetzen wollte und nicht wusste, wie ichs rüberbringen soll, dann am besten reingehen, hinsetzen und gleich, sofort den Satz sagen. Nicht denken vorher, nicht fühlen vorher, nicht überlegen, ob es denn grad passt oder nicht etc.

Und dann die Dinge ihren Gang gehen lassen.

Bin gespannt, was du für Erfahrungen machen wirst!
Wäre schön, wenn du wieder davon berichten möchtest, was passiert ist oder auch nicht. Ich drück dir jedenfalls mal feste die Daumen, dass du dich traust und dann ne wirklich gute, hilfreiche Erfahrung machst! :ja:

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Shukria
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Beitrag Di., 07.12.2021, 16:42

Mir geht's in und mit der Therapie grad nicht so gut, wahrscheinlich weil sich beim Thema mir etwas die Kontrolle über meine Gefühle verloren geht und es so anstrengend ist.

Ich hab total das Bedürfnis bekommen in der Stunde ein Spiel zu spielen und gefragt. Seitdem spielen wir am Ende der Stunde ein Karten oder Brettspiel. Je nachdem worauf ich Lust habe. Es tut mir total gut. Ein bißchen fehlt dadurch die Zeit zum Reden aber dadurch sind die Themen nicht so vertieft in zu kurzer Zeit und ich wesentlich stabiler.

Insofern, kann ich dir nur empfehlen, hör auf dein inneres Bedürfnis :)

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