Hallo,
dieser Thread enthält einen sehr intimen Einblick in meine Körperpsychotherapie. Ich möchte damit gerne zu Diskussionen anregen. Während meines jahrelangen Therapieprozesses in den gängigen Verfahren Verhaltenstherapie, Tiefenpsychologie und analytische Psychotherapie stiegen mein Leidensdruck und meine Verzweiflung ins Unermessliche. Auch der Versuch einer medikamentösen Behandlung mit Antidepressiva war mir keine Hilfe und führte zu einer Verschlechterung meines seelischen Zustandes. Tief verzweifelt entschied ich mich, ein körpertherapeutisches Verfahren auszuprobieren und sehe es als den Durchbruch in meiner jahrelang vergeblichen Depressionsbehandlung. Leider wird dieses Verfahren von der Krankenkasse nicht gezahlt.
Ich freue mich auf einen gemeinsamen Erfahrungsaustausch und kritische Gedanken.
Notizen aus meiner Körpertherapie:
"Ihr Raum war sehr warm. Es half mir, meinen Körper zu entspannen und mich reinsinken zu lassen in diese Atmosphäre des angenommen seins und der Entschleunigung. Flüsternd, kaum hörbar, bat ich sie auf dem Bauch liegend, gegen den unaushaltbaren Schmerz in meinem Inneren zu halten. Und sie tat es. Vorsichtig nahm sie ihre Hände von meinem linken Arm und umfasste mit etwas Druck meinen mittleren Rücken. Mein Körper begann zu zittern, obwohl er diesmal insgesamt weicher und ruhiger schien. Ihre Nähe tat weh und war so wunderbar zugleich. Sie hielt mich und ich konnte über meinen Schmerz sprechen.
Nach einer Zeit reichte auch ihr Halt nicht mehr und ich musste mich umdrehen, um sie anschauen zu können. Ich brauchte all diese vielen Verbindungen, um vertrauen zu können: Ihre Hände, die mich hielten und berührten. Ihre Haut, die Wärme abgab, die ich über meine Haut spüren konnte. Ihre Stimme, die mir signalisierte, dass sie im Raum war und Verständnis hatte. Ihren Geruch, der Geborgenheit und Nähe übertrug und ihre Augen, die meinen Blick hielten, wenn ich ihren suchte.
Mir wurde mein alter Schmerz bewusst und auch bewusst, dass ich zwei Welten gelebt hatte, die beide Zurückhaltung von mir gefordert hatten…"
"Gesprächstherapien bei warmherzigen Therapeuten luden dazu ein, zu berichten und zu vertrauen und reaktivierten doch zugleich den alten Mangel. Sie brachten nichts, außer dass sie mich in eine noch tiefere Verzweiflung stürzten, da ich mich auch dort zusammen nehmen musste, nicht mehr vom Therapeuten zu fordern, als er mir geben durfte.
Die Körpertherapie bringt einen tiefen Frieden über mich, weil sie mir gibt, was ich so sehr entbehren musste. Es ist ein unbeschreibliches Gefühl (des Glücks) auf dieser Welt doch noch zu finden, was ich nur noch auf anderen Sternen vermutet hatte. Sie ermöglicht mir, nachträglich erwachsen zu werden und in meinem Leben weiter gehen zu können."
Der Körperpsychoanalytiker Tilmann Moser schrieb einmal über das "Verhungern auf der Couch" von Psychoanalyse Patienten, das ich aus meiner Erfahrung bestätigen kann. Die meisten Psychoanalytiker betonen, dass es in der Therapie nicht um die Befriedigung irgendwelcher Bedürfnisse geht, sondern dass dies außerhalb geschehen müsse. Ich persönlich bin jedoch der Meinung, dass dies nicht jedem Patienten möglich ist, bevor er nicht entsprechende Erfahrungen in der Therapie gemacht hat. Ferner sehe ich in der zurückhaltenden Haltung- insbesondere der Psychoanalytiker- für manche Patienten eine Gefahr der Re-Traumatisierung.
Nichtsdestotrotz denke ich auch, dass eine Körperpsychotherapie besondere Risiken birgt (z.B. Abhängigkeit, Missbrauch...)
Mit der Bitte um einen offenen und respektvollen Austausch,
liebe Grüße
Silence95
Notizen aus meiner Körperpsychotherapie
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Hallo Silence, deinen Bericht finde ich sehr interessant. Ist das angefasst werden nicht ur schwer? Ich kann von vielen zur Begrüßung umarmt werden, wobei es da schon unangenehm war( jetzt zur Corinazeit eh nicht), doch eine Berührung von der Thera halte ich nicht aus. Eben, weil sie mir nah ist und ich sie als Thera mag und sie mich ziemlich gut kennt, wie mir scheint. Doch gerade deshalb halte ich ihre Nähe nicht aus und Berührung schon gar nicht.
Wie hälst du das aus silence?
Wie hälst du das aus silence?
Hallo Silence95,
eine explizite Körperpsychotherapie mache ich zwar nicht, jedoch bin ich seit einem Jahr bei einer Traumatherapeutin (u.a. Somatic Experiencing und NARM), die in ihre Arbeit mit mir auch immer mal wieder körperpsychotherapeutische Elemente mit einfließen lässt.
Für mich ist diese Art der Arbeit ein riesengroßer Durchbruch in meiner Entwicklung und Heilung.
Zuvor habe ich eine 17 Jahre andauernde Gesprächspsychotherapie gemacht, die mir zwar durchaus einige Erkenntnisse verschafft hat aber nie echte Veränderungen mit sich brachte. In diesem einen Jahr bei meiner TT habe ich wahnsinnige Fortschritte gemacht, die ich niemals so schnell erwartet hätte. Kennst du die Bücher von Bessel van der Kolk und Peter Levine? Vor allem van der Kolk hat mir geholfen, zu verstehen warum zur Heilung reine Gesprächstherapien einfach nicht hinreichend sind. In meinem persönlichen Fall - das mag bei anderen natürlich anders ausschauen.
Zum Risiko der Abhängigkeit und des Missbrauchs: ich denke, dass ist bei jeder Therapieform gegeben und hängt auch wieder individuell von der therapierenden Person ab. Bei meiner jetzigen TT sehe ich - trotz der teilweise tiefen tiefen Nähe, die Körperarbeit mit sich bringt - keinerlei Gefahr des Missbrauchs von ihrer Seite aus und für mich keinerlei Gefahr der Abhängigkeit. Bei meiner vorherigen Therapeutin gab es eine massive Abhängigkeit meinerseits, die entstanden ist durch einen jahrelangen emotionalen Missbrauch, den meine Therapeutin an mir begangen hat.
Ich denke also zusammenfassend nicht, dass das Risiko einer Abhängigkeit oder eines Missbrauchs bei einer körperpsychotherapeutisch ausgelegten Arbeit zwingend höher/anders ist als bei den anderen Therapieformen.
LG Nerdia
eine explizite Körperpsychotherapie mache ich zwar nicht, jedoch bin ich seit einem Jahr bei einer Traumatherapeutin (u.a. Somatic Experiencing und NARM), die in ihre Arbeit mit mir auch immer mal wieder körperpsychotherapeutische Elemente mit einfließen lässt.
Für mich ist diese Art der Arbeit ein riesengroßer Durchbruch in meiner Entwicklung und Heilung.
Zuvor habe ich eine 17 Jahre andauernde Gesprächspsychotherapie gemacht, die mir zwar durchaus einige Erkenntnisse verschafft hat aber nie echte Veränderungen mit sich brachte. In diesem einen Jahr bei meiner TT habe ich wahnsinnige Fortschritte gemacht, die ich niemals so schnell erwartet hätte. Kennst du die Bücher von Bessel van der Kolk und Peter Levine? Vor allem van der Kolk hat mir geholfen, zu verstehen warum zur Heilung reine Gesprächstherapien einfach nicht hinreichend sind. In meinem persönlichen Fall - das mag bei anderen natürlich anders ausschauen.
Zum Risiko der Abhängigkeit und des Missbrauchs: ich denke, dass ist bei jeder Therapieform gegeben und hängt auch wieder individuell von der therapierenden Person ab. Bei meiner jetzigen TT sehe ich - trotz der teilweise tiefen tiefen Nähe, die Körperarbeit mit sich bringt - keinerlei Gefahr des Missbrauchs von ihrer Seite aus und für mich keinerlei Gefahr der Abhängigkeit. Bei meiner vorherigen Therapeutin gab es eine massive Abhängigkeit meinerseits, die entstanden ist durch einen jahrelangen emotionalen Missbrauch, den meine Therapeutin an mir begangen hat.
Ich denke also zusammenfassend nicht, dass das Risiko einer Abhängigkeit oder eines Missbrauchs bei einer körperpsychotherapeutisch ausgelegten Arbeit zwingend höher/anders ist als bei den anderen Therapieformen.
LG Nerdia
Hallo Tupsy,
danke für deinen wertvollen Einwand! In der Tat ist es so, dass ich eigentlich unter starken Berührungsängsten leide (vielleicht auch, weil es so ungewohnt ist). Ich habe aber festgestellt, dass mich die Berührungsangst auf Dauer noch "lebloser" macht und ich diese Angst angehen möchte. Wir gehen in der Therapie sehr kleinschrittig vor und ich werde immer wieder gefragt, ob eine Berührung für mich in Ordnung ist. Manchmal hilft es mir auch schon, dick zugedeckt zu sein und die Berührung nur über der Decke zu erfahren. Bestimmte Körperstellen fühlen sich außerdem weniger angstbesetzt an als andere. Es kommt vor, dass es z.B. "nur" bei einem Halten der Hand bleibt oder einer leichten Berührung der Schulter.
Es passiert ab und an, dass meine Angst unter der Berührung stark ansteigt, aber ich stelle doch immer wieder fest, dass mir nichts passiert und ich in Sicherheit bin. Diese korrigierende Erfahrung finde ich sehr wertvoll und ich habe den Eindruck, dass die Berührungsangst allmählich abnimmt.
Wegen Corona gelten natürlich aktuell strenge Hygienemaßnahmen- die Therapie kann aber zum Glück trotzdem stattfinden.
Liebe Grüße
Silence95
danke für deinen wertvollen Einwand! In der Tat ist es so, dass ich eigentlich unter starken Berührungsängsten leide (vielleicht auch, weil es so ungewohnt ist). Ich habe aber festgestellt, dass mich die Berührungsangst auf Dauer noch "lebloser" macht und ich diese Angst angehen möchte. Wir gehen in der Therapie sehr kleinschrittig vor und ich werde immer wieder gefragt, ob eine Berührung für mich in Ordnung ist. Manchmal hilft es mir auch schon, dick zugedeckt zu sein und die Berührung nur über der Decke zu erfahren. Bestimmte Körperstellen fühlen sich außerdem weniger angstbesetzt an als andere. Es kommt vor, dass es z.B. "nur" bei einem Halten der Hand bleibt oder einer leichten Berührung der Schulter.
Es passiert ab und an, dass meine Angst unter der Berührung stark ansteigt, aber ich stelle doch immer wieder fest, dass mir nichts passiert und ich in Sicherheit bin. Diese korrigierende Erfahrung finde ich sehr wertvoll und ich habe den Eindruck, dass die Berührungsangst allmählich abnimmt.
Wegen Corona gelten natürlich aktuell strenge Hygienemaßnahmen- die Therapie kann aber zum Glück trotzdem stattfinden.
Liebe Grüße
Silence95
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Liebe Silence,
Was du beschreibst kann ich gut nachvollziehen. Ich war eine zeitlang auf der Suche nach einer Körpertherapeutin. Da es aber in meiner Gegend niemanden gab bzw. ich 1h Autofahrt in Kauf nehmen hätte müssen, hab ich mich dann für Osteopathie (mit Erfahrung mit Traumatisierungen) und neben Psychotherapie entschieden.
Ich hab die Erfahrung gemacht, dass Gesprächstherapie gut ist, aber man irgendwann an ihre Grenzen stößt. Osteopathie ermöglicht mir da eine ganz andere Art der Bearbeitung, in der der Kopf viel mehr ausgeschaltet ist. Das mit Angst vor Berührung kenn ich grundsätzlich auch, ist aber in der Osteopathie wesentlich weniger Thema für mich als im Alltag. Ich erlebe es auch als sehr behutsam - am Anfang ging Berührung nur am Kopf, mittlerweile genieße ich es auch sehr an den Schultern und am oberen Rücken. Und ja, das mit der Decke kommt mir auch sehr bekannt vor.
Abhängigkeit/Missbrauch hin oder her - ich denke, das sind Dinge, die so wie bei anderen Therapieformen auch auftreten können, aber nur wegen diesem Risiko es nicht in Anspruch nehmen, wenn es hilfreich ist?
Was du beschreibst kann ich gut nachvollziehen. Ich war eine zeitlang auf der Suche nach einer Körpertherapeutin. Da es aber in meiner Gegend niemanden gab bzw. ich 1h Autofahrt in Kauf nehmen hätte müssen, hab ich mich dann für Osteopathie (mit Erfahrung mit Traumatisierungen) und neben Psychotherapie entschieden.
Ich hab die Erfahrung gemacht, dass Gesprächstherapie gut ist, aber man irgendwann an ihre Grenzen stößt. Osteopathie ermöglicht mir da eine ganz andere Art der Bearbeitung, in der der Kopf viel mehr ausgeschaltet ist. Das mit Angst vor Berührung kenn ich grundsätzlich auch, ist aber in der Osteopathie wesentlich weniger Thema für mich als im Alltag. Ich erlebe es auch als sehr behutsam - am Anfang ging Berührung nur am Kopf, mittlerweile genieße ich es auch sehr an den Schultern und am oberen Rücken. Und ja, das mit der Decke kommt mir auch sehr bekannt vor.
Abhängigkeit/Missbrauch hin oder her - ich denke, das sind Dinge, die so wie bei anderen Therapieformen auch auftreten können, aber nur wegen diesem Risiko es nicht in Anspruch nehmen, wenn es hilfreich ist?
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