Frage zur Teilearbeit

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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parisblues
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Frage zur Teilearbeit

Beitrag Mi., 26.08.2020, 17:43

Mein Therapeut hat heute mit mir gemeinsam geschaut welche Anteile es so in mir gibt. Ich nehme diese Teile, die ich eigentlich gut beschreiben kann, als etwas "Externes" wahr. Also ich kann nicht spüren, dass das Teile von meinem Ich sind. Mir ist zwar bewusst, dass es Teile sind, die in diesem Körper sind aber ich habe nicht das Gefühl, dass ich das bin. Mich würde jetzt interessieren ob das "normal" ist. Nimmt ein gesunder Mensch das so wahr? Vielleicht könnt ihr mir ja beschreiben wie ihr das so wahrnehmt?
Vielen Dank schon mal.

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chrysokoll
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Beitrag Mi., 26.08.2020, 17:51

was ist schon "normal" ?

Psychisch gesunde Menschen hören wohl keine Stimmen im Kopf und nehmen auch nicht externe Teile wahr.

Ich kenn in mir sowohl Teile von "ich", die aber sehr stark getrennt sind als auch "andere", die ich wohl wie du als "nicht ich" wahrnehme, als extern.
Meine Therapeutin arbeitet da auch mit mir dran und sagt es ginge um Integration, darum sich besser zu verstehen und alle Teile wahrzunehmen.

Was ist denn dein Therapieziel? Das ganze geht ja nur wenn du das auch so möchtest

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parisblues
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Beitrag Mi., 26.08.2020, 18:00

Danke dir für deine Antwort. Mein Therapieziel ist wohl mehr Klarheit zu bekommen, wer ich bin, ein Gefühl für mich zu bekommen. Ich weiß eben gar nicht wie sich das anfühlen "sollte". Und vielleicht dann in weiterer Folge irgendwie auch handlungsfähiger zu werden und nicht nur "niedere" Impulse auszuagieren.

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chrysokoll
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Beitrag Mi., 26.08.2020, 18:06

ich glaube die Frage ist gar nicht so sehr wie sich das anfühlen "sollte", sondern wie es sich für dich so anfühlen kann dass du besser damit zurecht kommst, eben ein Gefühl für dich als Ganzes bekommst.
Und ja, ich glaube (und merke) dass das mit einem guten Therapeuten eben möglich ist.
Das wünsch ich dir auch !

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parisblues
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Beitrag Mi., 26.08.2020, 18:17

Da hast du absolut Recht, ich glaube ich wollte nur wissen, ob die meisten Menschen das so wahrnehmen. Aber es stimmt, eigentlich geht es nicht darum wie es sein "sollte". Es ist schön zu hören, dass es anders werden kann. Freut mich, dass du da schon was verändern konntest.

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chrysokoll
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Beitrag Mi., 26.08.2020, 18:30

die Frage ob das andere Menschen so wahrnehmen oder wie die das wahrnehmen stelle ich mir natürlich auch immer wieder. Das bringt aber letztlich nichts, auch wenns schwer fällt: Konzentrier dich auf dich!

Und ja, ich komme weiter und stelle immer mehr fest: Je weniger ich die Teile, "die anderen" leugne, unterdrücke, weg haben will, desto besser geht es mir.

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Vivy
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Beitrag Mi., 26.08.2020, 18:39

Wie das andere Menschen wahrnehmen, weiß ich nicht.

Ich selbst kenn das aber auch, dass es da „ andere“ gibt, die ich nicht als „ ich“ wahrnehme.
Ich kann das nicht richtig beschreiben, wenn sie in der Therapie mit dem Therapeuten reden dann überlasse ich ihnen den Körper und schau aus dem Hintergrund zu (meistens zumindest)
Wobei „überlassen“ noch zu willentlich ist, so kontrolliert ist es nicht.

Mein Therapeut sagte mal, dass das Ziel wäre, dass ich und die „anderen“ nicht mehr separiert voneinander leben, dass es da eine Verbindung geben würde.

Inzwischen erlebe ich es so, dass ich manchmal tatsächlich wahrnehmen kann, dass „ich“ das bin.
Und manchmal rede ich dann sogar von „mir“ statt von jemand anderem.

Bei mir hat sich schon viel entspannt, seit ich weiß, wie es sich anfühlt, wenn kleinere die Kontrolle übernehmen. Ich habe wenig Amnesien, konnte mir aber nie erklären, warum ich immer wieder Dinge einfach nicht mehr konnte und hab es immer auf großen Stress geschoben.
»Man versteht nur die Dinge, die man zähmt«, sagte der Fuchs.
aus: Der kleine Prinz, Antoine de Saint-Exupéry

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parisblues
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Beitrag Fr., 28.08.2020, 20:36

Kann das genau so nachempfinden, Vivy. Danke für deine Antwort. Sie ist sehr hilfreich. Bis jetzt war mir nicht mal bewusst, dass ein Ziel sein könnte, dass sich diese unterscheidlichen Teile vielleicht mal annähern, geschweige denn verbinden könnten. Arg was man alles verdrängen kann. Hab noch so viel vor mir.

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Candykills
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Beitrag Fr., 28.08.2020, 20:59

Ich finde, du bist schon sehr weit, wenn du dir deiner Anteile überhaupt bewusst bist und diese einzeln wahrnimmst.

Mir geht es seit Jahren noch so, dass ich sie meist nicht (bewusst) mitbekomme, unter Amnesien leide und einen guten Teil überhaupt gar nicht kenne, also auch noch nicht mit kommunizieren konnte.
Aber das ist inzwischen OK für mich.
Am Anfang, als ich von der DIS erfuhr, wollte ich einfach nur EINS werden. Das Ziel stellte sich aber sehr bald als ziemlich hochgesteckt raus und heute habe ich das Ziel gar nicht mehr. Mir geht's nur noch darum, dass wir uns möglichst wenig gegenseitig boykottieren und das Leben dadurch schwer machen. Jeder Anteil darf so leben wie er will (so mein Denken und Wunsch), solang er keinem anderen Anteil dabei schadet.
Das hat lange Zeit nicht hingehauen, schon allein, weil wir in Psychotherapie waren und dadurch ständig alle angetriggert wurden.
Heute klappt das ganz gut mit "jeder darf sein Ding machen".
Demnach: es gibt nicht DAS Ziel, jeder muss das (allein oder am besten mit seinen Anteilen zusammen) selbst schauen, was für ihn auf Dauer passend ist. Und Ziele verschieben sich ja auch immer wieder. So meine Erfahrung.
Ich bin wie einer, der blindlings sucht, nicht wissend wonach noch wo er es finden könnte. (Pessoa)

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parisblues
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Beitrag Fr., 28.08.2020, 21:54

Danke dir lieber Candykills. Naja im Alltag wahrnehmen kann ich die einzelnen Anteile nicht wirklich. Da bin ich eher im Funktionsmodus und checke nichts. Nur wenn ich darüber reflektiere kann ich sehen, dass es da verschiedene Anteile gibt, die unterschiedlich die Dinge betrachten, agieren, fühlen etc.
Ich habe mit dem Therapeuten einfach mal so eine Übersicht erfasst, welche Teile wahrnehmbar sind.
Weil jetzt noch einmal die Diagnose DIS erwähnt wurde. Die Teilearbeit wird schon auch in Psychotherapie angewandt bei Klienten, die keine DIS diagnostiziert haben, oder? Wendet man die auch bei jemanden an, der null in die Richtung dissoziative Störungen geht?

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Fairness
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Beitrag Sa., 29.08.2020, 11:35

Liebe parisblues,

vorerst möchte ich schreiben, dass ich kein Vergleich habe, was die Teilarbeit bei DIS und bei Einssein eventuell unterscheiden könnte, da ich keine Erfahrungen habe, was sie bei DIS kennzeichnet.

Ich habe Verhaltenstherapie gemacht und der Therapeut hat sich schematherapeutischer Elemente bedient. Er hat einmal solche Teile-Interpretation reingebracht, ganz locker und in mir sind die Teile gleich drauf eingesprungen. Was ein Teil in mir ausgemacht hat, war die Kombination eines Introjektes plus die entsprechende Angst, welche sich an dieses Introjekt "geklebt" hat.

So ich würde vom Bauch aus sagen, ja, es ist auch bei "Einssein" angewandt. Nur, ob da Unterschiede bestehen, dazu weiß ich leider nichts sagen...

Viele Grüße.
Sometimes your heart needs more time to accept what your mind already knows.

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Candykills
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Beitrag Sa., 29.08.2020, 19:14

Ja, also das ist im Moment vielleicht so ein Trend, dass überall von "Anteilen" gesprochen wird. Das ist auch grobgesehen so richtig, jeder Mensch hat verschiedene Funktionsanteile. Jeder verhält sich bei der eigenen Mama anders, als beim Chef auf der Arbeit.
Bei DIS sind diese Anteile halt komplett abgespalten und führen mehr oder weniger ein ziemliches Eigenleben. So war es bei mir lange Zeit, was zu viel Verwirrungen und Problemen führte. Das ging soweit, dass ich in zwei Unis (an verschiedenen Standorten) gleichzeitig eingeschrieben war, weil ich mich hier einschrieb und ein anderer Anteil woanders. Oder dass ich mich plötzlich dann in einer anderen Stadt wiedergefunden habe, in die wir dann gezogen sind, weil dieser andere Anteil sich dort einschrieb.
All das passiert heute so nicht mehr bei mir, aber ich glaub das zeigt ganz gut, wie Anteile bei einer DIS agieren können und wie abgespalten die teilweise sind.
Ich bin wie einer, der blindlings sucht, nicht wissend wonach noch wo er es finden könnte. (Pessoa)

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parisblues
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Beitrag Sa., 29.08.2020, 20:34

Danke dir liebe Fairness, fürs Teilen deiner Erfahrungen.
@Candykills, es ist echt beeindruckend welche Wege der Mensch findet, mit Dingen umzugehen. Muss ein riesen Schock sein pötzich zu realisieren, dass ein Teil von einem ein komplett anderes Leben führt und man kriegt nichts davon mit. Schön zu hören, dass es anscheinend schon etwas "besser" geworden ist.

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Anna-Luisa
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Beitrag So., 30.08.2020, 09:00

parisblues hat geschrieben: Mi., 26.08.2020, 17:43 Vielleicht könnt ihr mir ja beschreiben wie ihr das so wahrnehmt?
Ich spüre keine "Anteile" in mir - sondern sehe mich immer als "vollständig".

Für mich wäre die Arbeit mit "Anteilen" wie dem "inneren Kind" o.ä. also rein gar nichts.
Fordere viel von dir selbst und erwarte wenig von den anderen. So wird dir Ärger erspart bleiben.
(Konfuzius)

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Montana
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Beitrag So., 30.08.2020, 09:29

Ich habe etwas interessantes erlebt letztens und das besondere ist, dass ich mich an die letzte Stunde ziemlich gut erinnern kann. Um das zu erreichen habe ich etwas aufgeschrieben. Es ging nämlich auch bei mir um die Diagnose. Und der Therapeut hat von einer anderen Patientin erzählt, der er mittels einer Videoaufnahme hätte zeigen können, dass sie switcht. Was ein Beweis für ihre DIS gewesen wäre. Er sagte ihr dies und sie brach die Therapie ab. Es war ihr lieber, es nicht zu wissen und sich woanders gegen Depressionen behandeln zu lassen. Bei dieser Schilderung gingen mir echt die Augen auf. Ich habe verstanden, warum Therapeuten evtl. extrem vorsichtig mit solch einer Diagnose sind. Ich selbst hätte furchtbar gerne einen "Beweis", aber ich kann auch nicht ausschließen, dass ich danach flüchte, weil ich damit gar nicht umgehen könnte. Oder weil es vielleicht in mir jemanden gibt, der es nicht kann oder will. Stand jetzt habe ich eine Hintertür: es gibt keine Beweise und vielleicht ist es gar nicht wahr. Wenn auch der Therapeut erklärt hat, es gäbe verschiedene Abstufungen von Überzeugt-sein und was meine DIS angehe sei er schon ziemlich stark überzeugt.
Für mich ist gerade wichtig, dass ich mich daran erinnern kann, dass wir über dieses No-go-Thema gesprochen haben. Ich weiß noch alles.
Anna-Luisa hat geschrieben: So., 30.08.2020, 09:00 Für mich wäre die Arbeit mit "Anteilen" wie dem "inneren Kind" o.ä. also rein gar nichts.
Für mich auch nicht. So möchte ich nicht reden oder denken und ich finde es befremdlich, wenn mein Therapeut mit anderen redet.

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